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[AZA] 
C 200/98 Vr 
 
IV. Kammer  
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Fessler 
 
Urteil vom 31. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
K.________, 1955, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau, 
Rain 53, Aarau, Beschwerdegegner, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
    A.- Die 1955 geborene K.________ arbeitete nach der 
Handelsmatura im Jahre 1975 als Sekretärin und begann 
schliesslich im Herbst 1985 mit dem Studium der Rechte an 
der Universität X.________. Nach dem Wechsel an die Uni- 
versität Bern und dem Bestehen der ersten juristischen 
Teilprüfung wurde ihr im Juli 1990 der Fähigkeitsausweis 
Fürsprecher-Kandidatin ausgestellt. In der Folge übte sie 
im Rahmen des Studiums verschiedene Praktikumstätigkeiten 
aus, unter anderem im Büro für die Gleichstellung von Mann 
und Frau, an der Sozialversicherungsrechtlichen Abteilung 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, in der Gerichts- 
schreiberei Z.________ sowie während eines Jahres in einer 
Anwaltskanzlei. Nachdem sie die Prüfungen zum Fürsprecher 
(dreimal) nicht bestanden hatte, gab sie Ende 1996 das 
Studium auf. 
    Im Mai 1993 war K.________ in den Grossen Rat des Kan- 
tons Aargau gewählt worden. 
    Am 24. Januar 1997 meldete sich K.________ zur Ar- 
beitsvermittlung an, und sie bezog ab diesem Zeitpunkt Ar- 
beitslosentaggelder. Vom 25. April bis 12. Mai 1997 besuch- 
te sie den Einführungskurs "Selbständige Erwerbstätigkeit" 
und vom 30. April bis 18. Juni 1997 einen Excel-Kurs, wofür 
die Arbeitslosenversicherung die gesetzlichen Leistungen 
erbrachte. Hingegen lehnte es das zuständige Industrie, 
Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau ab, seine Zu- 
stimmung zum Besuch des Kurses "Ausbildung in Familien- 
mediation 1997-99" am Institut für Ehe und Familie (Dauer: 
 
1. September 1997 bis 10. Februar 1999, Kosten: 
Fr. 14'010.-) zu erteilen, was es der Gesuchstellerin mit 
Verfügung vom 20. Juni 1997 eröffnete. Ihre ablehnende 
Haltung begründete die Verwaltung unter anderem damit, bei 
der fraglichen Vorkehr handle es sich um eine umfassende 
Zweitausbildung, in welcher die bisherigen beruflichen 
Kenntnisse nur eine untergeordnete Rolle spielten. Sodann 
könne bei einer Kursdauer von eineinhalb Jahren auch nicht 
von einer Verbesserung der Vermittlungschancen innert nütz- 
licher Frist gesprochen werden. 
 
    B.- Die von K.________ hiegegen erhobene Beschwerde 
mit dem Antrag auf Gutheissung des Kursgesuches und Zuspre- 
chung von Leistungen in der Höhe von Fr. 7000.- wies das 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau nach Einholung der 
Vernehmlassung der Amtsstelle mit Entscheid vom 28. April 
1998 ab. 
 
    C.- K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit 
dem Rechtsbegehren, es sei das Kursgesuch gutzuheissen 
und ihr Leistungen "in vom Gesetz maximal zulässiger Höhe 
zuzusprechen". 
    Die Amtsstelle beantragt Abweisung der Verwaltungs- 
gerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit 
(seit 1. Juli 1999: Staatssekretariat für Wirtschaft) hat 
sich nicht vernehmen lassen. 
 
    D.- K.________ hat in einer weiteren Eingabe Ergän- 
zungen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemacht, wozu die 
Amtsstelle Stellung genommen hat. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Im angefochtenen Entscheid werden die nach Gesetz 
(Art. 59 Abs. 1 und 3 AVIG) und Rechtsprechung (statt vie- 
ler BGE 112 V 398 Erw. 1a und ARV 1998 Nr. 39 S. 220 f. 
Erw. 1) erforderlichen (materiellen) Kriterien für die 
Anerkennung des Kurses "Ausbildung in Familienmediation 
1997-99" als arbeitsmarktliche Massnahme im vorliegenden 
Fall zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu er- 
gänzen ist, dass unter der Vermittlungsfähigkeit, die 
gemäss Art. 59 Abs. 3 AVIG durch die Umschulung, Weiter- 
bildung oder Eingliederung verbessert werden muss, die 
objektive arbeitsmarktabhängige Vermittelbarkeit zu ver- 
stehen ist (BGE 122 V 266 Erw. 4 und ARV 1992 Nr. 3 S. 79 
Erw. 3a). 
 
    2.- Das kantonale Gericht hat die Ablehnung des Kurs- 
gesuchs durch die Amtsstelle bestätigt, weil die zu erwar- 
tende Verbesserung der Vermittelbarkeit als eher gering 
einzustufen sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es 
momentan nur sehr wenig Stellen für eine Familienmediatorin 
gebe, besonders da sich gemäss Kursbroschüre die Mediation 
in der Schweiz noch immer in der Aufbauphase befinde. Die 
Revision des Scheidungsrechts, auf welche die Broschüre 
Bezug nehme, sei noch nicht abgeschlossen und habe auf die 
momentane Vermittelbarkeit noch keinen Einfluss. Durch die 
geplante Ausbildung werde der Beschwerdeführerin folglich 
nur ein verhältnismässig kleines Zusatzsegment des Stellen- 
marktes erschlossen. Eine Verbesserung der Vermittelbarkeit 
in diesem bescheidenen Umfang vermöge einen überjährigen 
Kurs mit einem finanziellen Aufwand von Fr. 14'000.- nicht 
zu rechtfertigen. Das Gesuch sei daher schon infolge Unan- 
gemessenheit des Kurses abzuweisen. 
 
    3.- a) Die arbeitsmarktliche Indikation des Kurses 
"Ausbildung in Familienmediation 1997-99" ist insofern zu 
bejahen, als die Vermittelbarkeit aus der massgeblichen 
Sicht der Verhältnisse bei Stellung des Gesuchs (BGE 112 V 
398 Erw. 1a) als erheblich erschwert zu gelten hat. Die 
Beschwerdeführerin hatte sich seit Aufgabe ihres Studiums 
um zahlreiche Stellen beworben, die grösstenteils ihrem 
beruflichen Profil entsprachen (Sachbearbeiterin mit juris- 
tischen und sehr guten Kenntnissen in Französisch), und wo 
sie sich gute Chancen für eine Anstellung ausrechnen durf- 
te. Die Gründe für die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen 
sind wohl zur Hauptsache im fehlenden Studienabschluss zu 
suchen. Daneben mögen auch das Alter und die Tatsache, dass 
sie aufgrund des Grossratsmandates lediglich eine Beschäf- 
tigung im Umfang von höchstens 80 % eines Vollzeitpensums 
mit flexibler Arbeitszeit suchte, eine gewisse Rolle ge- 
spielt haben, dass es in den meisten Fällen nicht einmal zu 
einem Vorstellungsgespräch kam. Wie es sich damit verhält, 
kann hier indessen offen bleiben. 
 
    b) aa) Der Anspruch auf arbeitsmarktliche Massnahmen 
zulasten der Arbeitslosenversicherung setzt (weiter) vo- 
raus, dass durch die Umschulung, Weiterbildung oder Ein- 
gliederung die Anstellungschancen voraussichtlich tatsäch- 
lich und in erheblichem Mass verbessert werden (ARV 1988 
Nr. 4 S. 31 Erw. 1c, 1987 Nr. 12 S. 114 Erw. 2c je mit Hin- 
weisen). Dieses Erfordernis muss vorliegend verneint wer- 
den. Es fehlt, wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, an 
einer hinreichenden zeitlichen Nähe der vom fraglichen Kurs 
zu erwartenden positiven Effekte auf die Vermittelbarkeit 
als Arbeitnehmerin. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass für 
die Beschwerdeführerin von Anfang an klar war, dass ledig- 
lich eine selbstständige Ausübung der Tätigkeit als Media- 
torin in Betracht fällt. In diesem Sinne äusserte sie sich 
im Begleitschreiben zum Gesuch, wo sie die fragliche Aus- 
bildung als Realisierungskurs zur Einführung in die selbst- 
ständige Erwerbstätigkeit bezeichnete, und in der Beschwer- 
de, in welcher sie aufgrund der persönlichen und berufli- 
chen Umstände sowie der Arbeitsmarktsituation eine selbst- 
ständige Berufsausübung gleichsam als zwingend notwendig 
erachtete. Wenn die Beschwerdeführerin im Übrigen in ihrer 
Eingabe vom 26. Dezember 1998 ausführt, sie erwarte, "nach 
ca. einem Jahr der Aquisitions-Arbeit als selbständige Me- 
diatorin eine Auslastung (...) in der Höhe einer 50 %-Teil- 
zeitarbeit [zu] erzielen", bestätigt sie damit zumindest 
indirekt, dass eine erhebliche kursbedingte Verbesserung 
der Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht hinreichend gesi- 
chert ist. 
 
    bb) Im Übrigen kann aufgrund der Akten ein von der 
konkreten Arbeitsmarktsituation losgelöstes persönliches 
Interesse an Mediation nicht ganz ausgeschlossen werden. 
Bereits im Formular "Antrag auf Arbeitslosenentschädigung" 
vom 27. Januar 1997 gab die Beschwerdeführerin an, sie be- 
mühe sich um eine Zusatzausbildung als Mediatorin. Und in 
der Beschwerde führte sie u.a. aus, sie habe sich während 
der Praktikumszeit die Fähigkeit angeeignet, Rechtsuchende 
zu beraten und Verhandlungen zu führen. Soweit in diesen 
Umständen eine persönliche Präferenz, (selbstständig) bera- 
tend in einem rechtlichen Umfeld tätig zu sein, zu erbli- 
cken ist, spricht dies ebenfalls gegen den arbeitsmarkt- 
lichen Massnahmecharakter des fraglichen Kurses (BGE 111 V 
276 Erw. 1d sowie Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: 
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S. 213 
Rz 567). Dabei wird eine gewisse Notwendigkeit einer Zusatz- 
ausbildung nach dem verpassten Studienabschluss als Für- 
sprecherin durchaus nicht verkannt. Indessen ist dieser Ge- 
sichtspunkt nur, aber immerhin für die Frage der erschwer- 
ten Vermittelbarkeit als ein Element der arbeitsmarktlichen 
Indikation von Bedeutung (vgl. Erw. 3a hievor), nicht hin- 
gegen in Bezug auf das bei erfolgreichem Kursabschluss zu 
erwartende (qualitative und quantitative) Ausmass der ver- 
besserten Chancen auf dem konkreten Arbeitsmarkt. 
 
    c) Ist nach dem Gesagten unter den gegebenen Umständen 
der arbeitsmarktliche Massnahmecharakter des Kurses "Aus- 
bildung zur Familienmediatorin 1997-99" zu verneinen, er- 
übrigen sich Ausführungen zur Frage der von der Vorinstanz 
verneinten Angemessenheit dieses Lehrganges. 
 
    4.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, einer Stu- 
dienkollegin seien für den Mediationskurs Leistungen der 
Arbeitslosenversicherung ausgerichtet worden. Sie bean- 
trage, die Rechtsgleichheit sei herzustellen und ihr der 
maximal zulässige Betrag an die Kurskosten zuzugestehen. 
Dieses Begehren ist unbegründet. 
    Dem Grundsatz der einheitlichen Handhabung des Bundes- 
rechts geht die richtige Rechtsanwendung im Einzelfall vor 
(Legalitätsprinzip). Von dieser Regel abzuweichen, etwa un- 
ter Berufung auf eine "Gleichbehandlung im Unrecht" 
(vgl. dazu BGE 122 II 451 Erw. 4a, 115 Ia 83 Erw. 2, 115 V 
238/239, je mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung), 
besteht vorliegend kein Anlass, und zwar umso weniger, als 
in dem von der Beschwerdeführerin erwähnten Fall eine ande- 
re als die hier am Recht stehende Amtsstelle beteiligt war. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs- 
    gericht des Kantons Aargau, der Öffentlichen Arbeits- 
    losenkasse des Kantons Aargau und dem Staatssekreta- 
    riat für Wirtschaft zugestellt. 
 
 
Luzern, 31. Mai 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: