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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_173/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. August 2013  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Barmettler, 
 
gegen  
 
Verkehrsamt des Kantons Schwyz, Administrativmassnahmen, Postfach 3214, 6431 Schwyz.  
 
Gegenstand 
Strassenverkehrsrecht; Führerausweisentzug, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 14. Dezember 2012 des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Schwyz, Kammer III. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 Am 10. Juli 2012 entzog das Verkehrsamt des Kantons Schwyz X.________ den Führerausweis in Anwendung von Art. 16b Abs. 1 lit. c und Abs. 2 lit. a SVG für einen Monat. Zur Begründung führte es an, er habe am 3. März 2012 in Küssnacht mit einem Personenwagen einen gewerbsmässigen Personentransport durchgeführt, ohne im Besitz des entsprechenden Führerausweises zu sein. Die polizeilichen Ermittlungen hätten zudem ergeben, dass er seit längerer Zeit regelmässig Personen gegen Entgelt chauffiere. Nachdem X.________ die zweimal eingeschrieben zugestellte Entzugsverfügung nicht abgeholt hatte, wurde sie ihm per A-Post ein drittes Mal zugestellt. 
 
 Am 16. Oktober 2012 wurde X.________ von der Kantonspolizei über seinen Anwalt aufgefordert, seinen Führerausweis bis am 31. Oktober 2012 zu deponieren. 
 
 Am 30. Oktober 2012 erhob X.________ Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit dem Antrag, die Führerausweisentzugsverfügung vom 10. Juli 2012 ersatzlos aufzuheben. Er machte einerseits geltend, diese sei nichtig, da weder das SVG noch die VZV eine Ausweiskategorie "Motorwagen zum gewerbsmässigen Personentransport" kennen würden und damit kein Entzugstatbestand vorliege. Ausserdem setze eine Administrativmassnahme nach Art. 16b Abs. 1 lit. c SVG ein strafbares Verhalten im Sinn von Art. 95 SVG voraus. Ihm sei kein Strafverfahren gegen ihn bekannt, weshalb auch diese für einen Ausweisentzug fehle. 
 
 Mit Entscheid vom 14. Dezember 2012 trat das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz auf die Beschwerde im Sinne der Erwägungen nicht ein. Es hielt dafür, die angefochtene Verfügung sei nicht nichtig und die Beschwerde verspätet. 
 
B.  
 
 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________, diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts sowie die Entzugsverfügung aufzuheben. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
C.  
 
 Das Verwaltungsgericht verweist in seiner Vernehmlassung auf den angefochtenen Entscheid. 
 
D.  
 
 Nachdem X.________ dem Bundesgericht mitgeteilt hatte, dass das Strafverfahren gegen ihn kurz vor dem Abschluss stehe, sistierte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung am 18. April 2013 das Verfahren längstens bis am 28. Juni 2013. 
 
 Mit Eingabe vom 24. April 2013 reichte X.________ die Verfügung der Staatsanwaltschaft Innerschwyz vom 2. April 2013 ein, mit welcher das Strafverfahren gegen ihn eingestellt wurde. Die Einstellungsverfügung wurde von der Oberstaatsanwaltschaft am 8. April 2013 genehmigt und blieb unangefochten. 
 
E.  
 
 Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
 
F.  
 
 X.________ verzichtet auf Replik. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Bundesrecht, was zulässig ist (Art. 95 lit. a, Art. 97 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Das Führen eines Motorfahrzeugs ohne den erforderlichen Führerausweis wird nach Art. 95 Abs. 1 lit. a SVG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Verwaltungsrechtlich stellt dieses Verhalten eine mittelschwere Widerhandlung gegen die Verkehrsregeln dar (Art. 16b Abs. 1 lit. c SVG), die mit einem Führerausweisentzug von mindestens einem Monat geahndet wird (Art. 16 Abs. 2 lit. a SVG).  
 
2.2. Das Verkehrsamt entzog dem Beschwerdeführer den Führerausweis gestützt auf den Polizeirapport vom 18. Mai 2012. Weitere Beweise wurden nicht erhoben. Er beteiligte sich nicht am Verfahren und nahm die Zustellungen der Entzugsverfügung nicht entgegen. Der Beschwerdeführer kritisiert die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach er die Entzugsverfügung des Verkehrsamts nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und damit verspätet angefochten habe, zu Recht nicht, es kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid (E. 1.2 - 3.2 S. 3 ff.) verwiesen werden. Sein Einwand, er habe vom Strafverfahren gegen ihn keine Kenntnis gehabt und deshalb nicht damit rechnen müssen, dass ein Administrativverfahren gegen ihn hängig sei, ist unbegründet. Nachdem der Beschwerdeführer am 3. März 2012 von der Polizei kontrolliert worden war, musste er davon ausgehen, dass gegen ihn unabhängig von einem allfälligen Strafverfahren ein Administrativverfahren eröffnet werden würde.  
 
2.3. Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich die funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwere Verfahrensfehler in Betracht. Inhaltliche Mängel haben nur in seltenen Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge (vgl. BGE 138 III 49 E. 4.4.3; 132 II 21 E. 3.1 S. 27 mit Hinweisen).  
 
 Die Entzugsverfügung des Verkehrsamts wurde von der zuständigen Behörde im dafür vorgesehenen Verfahren erlassen. Dass ihm dabei schwere Verfahrensfehler unterlaufen wären, ist weder dargetan noch ersichtlich. Die vom Beschwerdeführer gerügten (angeblichen) inhaltlichen Mängel - namentlich die Verletzung des Legalitätsprinzips - vermögen die Annahme von Nichtigkeit nicht zu begründen. Die Entzugsverfügung ist daher, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, keineswegs nichtig. 
 
2.4. Damit ergibt sich, dass die nicht an einem Nichtigkeitsgrund leidende Entzugsverfügung des Verkehrsamts zu spät - nämlich erst zusammen mit der polizeilichen Aufforderung vom 16. Oktober 2012, den Führerausweis abzugeben - angefochten wurde. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht eintrat.  
 
2.5. Am 2. April 2013 und damit während des bundesgerichtlichen Verfahrens hat die Staatsanwaltschaft Innerschwyz das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt. Diese Einstellungsverfügung stellt somit ein Novum dar. Es kann vom Bundesgericht nicht berücksichtigt werden, da das Straf- und das Administrativverfahren unabhängig voneinander geführt wurden und der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts damit keineswegs Anlass zum Erlass der Einstellungsverfügung im Sinn von Art. 99 Abs. 1 BGG bot.  
 
 Allerdings stellt die Einstellungsverfügung nachträglich die Rechtmässigkeit der Entzugsverfügung in Frage. Das Strafverfahren wurde eingestellt, weil dem Beschwerdeführer kein tatbeständliches Verhalten nachzuweisen war. Es ist unter diesen Umständen wohl nicht ausgeschlossen, dass das Verkehrsamt auf seine Verfügung zurückkommt, obwohl der Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte im Administrativverfahren versäumt und die Frist zur Anfechtung der Anordnung verpasst hat, was er grundsätzlich selber zu verantworten hat. Ein Rückkommen auf die Entzugsverfügung wäre in einem Wiedererwägungsverfahren abschliessend zu klären, welches das dem Gesetzmässigkeitsprinzip verpflichtete Verkehrsamt von Amtes wegen oder auf Antrag des Beschwerdeführers eröffnen kann. 
 
3.  
 
 Die Beschwerde ist damit unbegründet und abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches indessen abzuweisen ist, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG); der Umstand, dass sich die Rechtslage durch die nachträglich ergangene Einstellungsverfügung zu seinen Gunsten verändert hat, ändert daran nichts. Indessen erscheint es mit Blick auf die gesamten Umstände als gerechtfertigt, ihm nur eine bescheidene Gerichtsgebühr aufzuerlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Verkehrsamt des Kantons Schwyz, Administrativmassnahmen, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. August 2013 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi