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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_346/2022  
 
 
Urteil vom 1. November 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille, 
Gerichtsschreiber Brugger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Bartels, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Rechtsschutz in klaren Fällen, Mieterausweisung, Streitwert, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Juni 2022 (HE220039-O). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.________ AG (Gesuchsgegnerin; Beschwerdeführerin) mietete mit Mietvertrag vom 19. Juli 2007 von der B.________ AG (Gesuchstellerin; Beschwerdegegnerin) ein Ladenlokal und einen Lagerraum in U.________. Der monatliche Mietzins belief sich zuletzt auf brutto Fr. 7'985.--. 
Mit Schreiben vom 14. Februar 2022 mahnte die Gesuchstellerin die Gesuchsgegnerin für den ausstehenden Mietzins für Februar 2022, bat um Begleichung des Ausstandes und setzte unter Hinweis auf Art. 257d Abs. 1 OR sowie unter Androhung der ausserordentlichen Kündigung eine Frist von 30 Tagen zur Zahlung des Mietzinses an. Nachdem die Zahlung der Gesuchsgegnerin innert Frist ausblieb, kündigte die Gesuchstellerin das Mietverhältnis mit amtlichem Kündigungsformular vom 25. März 2022 auf den 30. April 2022. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 4. Mai 2022 ersuchte die Gesuchstellerin am Handelsgericht des Kantons Zürich um Ausweisung der Gesuchsgegnerin aus dem von dieser gemieteten Ladenlokal samt Lagerraum im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen. 
Mit Urteil vom 15. Juni 2022 hiess das Handelsgericht das Gesuch gut und befahl der Gesuchsgegnerin, das Mietobjekt unverzüglich zu räumen und der Gesuchstellerin ordnungsgemäss zu übergeben. Es wies das Stadtammannamt Zürich an, den Befehl auf erstes Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken. Das Handelsgericht setzte sodann die Gerichtsgebühr fest (Dispositivziffer 3), auferlegte diese der Gesuchsgegnerin (Dispositivziffer 4) und verpflichtete die Gesuchsgegnerin, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Dispositivziffer 5). 
 
C.  
Dagegen erhebt die Beschwerdeführerin Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Sie beantragt, die Dispositivziffern 4 und 5 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben und die Sache sei zuständigkeitshalber an das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Audienz, zur Festlegung des Streitwerts und der Verteilung der Kosten zurückzuweisen. 
 
Auf das Einholen von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin macht vor Bundesgericht geltend, vorliegend habe eine unzuständige Instanz ein Urteil gefällt. Die Zuständigkeit liege nicht beim Handelsgericht, da aufgrund der einvernehmlichen Verkürzung der Kündigungsfrist auf drei Wochen nicht unbesehen von einem Streitwert von sechs Bruttomonatsmieten ausgegangen werden könne. Vielmehr sei bei einer Kündigungsfrist von drei Wochen von einem Streitwert von knapp Fr. 5'600.-- auszugehen. Das Verfahren vor der Vorinstanz habe auch weniger als eineinhalb Monate gedauert, weshalb auch bei Berücksichtigung der Verfahrensdauer der Streitwert deutlich unter Fr. 30'000.-- zu liegen komme. Die Ausweisung aus dem Mietobjekt sei zwar nicht mehr Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens, da das Mietobjekt der Beschwerdegegnerin zurückgegeben worden sei. Das Handelsgericht sei aber mangels Zuständigkeit nicht berechtigt, über die Kosten und deren Verteilung zu urteilen, weshalb die Dispositivziffern 4 und 5 des angefochtenen Urteils aufzuheben seien. Die Sache sei zu neuer Entscheidung an das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Audienz, zu überweisen. 
 
2.  
Das Bundesgericht hat in BGE 144 III 346 für die Streitwertberechnung bei Ausweisungsklagen im Rechtsschutz in klaren Fällen einheitliche Regeln aufgestellt. Es ist danach zu unterscheiden, ob nur die Ausweisung aus dem Mietobjekt als solche oder ob vorfrageweise auch die Kündigung des Mietvertrages streitig ist (BGE 144 III 346 E. 1.2). 
 
2.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanz bestritt die Beschwerdeführerin weder den Zahlungsverzug für den Februarmietzins noch den folgenden Ablauf mit Mahnung/Fristansetzung und Kündigung, noch machte sie geltend, den Mietzinsausstand innert Frist beglichen zu haben. Die Rechtmässigkeit der Kündigung war damit nicht Streitgegenstand vor der Vorinstanz. Die Beschwerdeführerin erklärt auch vor Bundesgericht, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um die Kündigung des Mietvertrages gehe, sondern nur um die Ausweisung, da die ausserordentliche Kündigung formell korrekt erfolgt sei.  
Unter diesen Umständen gelangt die Rechtsprechung zur Streitwertberechnung für den Fall, dass auch die Kündigung des Mietvertrages streitig wäre, von vornherein nicht zur Anwendung. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf diese beruft, ist auf ihre Vorbringen nicht einzutreten. 
 
2.2. Für den Fall, dass es im Verfahren - wie vorliegend - nur um die Frage der Ausweisung aus dem Mietobjekt geht, hat das Bundesgericht in BGE 144 III 346 entschieden, dass das wirtschaftliche Interesse der Parteien im Mietwert bestehe, der durch die Verzögerung infolge des Summarverfahrens selber entsteht. Diesbezüglich ist unabhängig von allfälligen kantonalen Unterschieden in der tatsächlichen Bewältigung solcher Summarverfahren von einer Dauer von sechs Monaten auszugehen (BGE 144 III 346 E. 1.2.1; Urteil 4A_284/2022 vom 22. August 2022 E. 2).  
Abgestellt wird damit auf eine voraussichtliche Verfahrensdauer von sechs Monaten ("la durée prévisible du procès": Urteile 5A_404/2022 vom 15. August 2022 E. 3; 5A_232/2020 vom 14. Mai 2020 E. 1.1; 5A_828/2019 vom 27. November 2019 E. 2.1). Für die hier strittige Frage des Streitwertes für die Bestimmung der Zuständigkeit, welche grundsätzlich bei Einreichung des Gesuchs zu bestimmen ist (vgl. dazu: Manfred Strik, Das Verfahrensrecht bei der Wohn- und Geschäftsraummiete nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2018, N. 386; Thomas Koller, Die mietrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2018, ZBJV 2019, S. 529 ff., S. 544 f.), wird mithin einheitlich von einer mutmasslichen Verfahrensdauer von einem halben Jahr ausgegangen. Ob das konkrete Ausweisungsverfahren mehr oder weniger als sechs Monate dauert, ist für diese Streitwertberechnung unerheblich. 
 
2.3. Von diesen Grundsätzen ging auch die Vorinstanz aus. Sie legte den Streitwert aufgrund der mutmasslichen Dauer des Ausweisungsverfahrens auf sechs Monatsmietzinsen fest, insgesamt Fr. 47'910.--, (6 x Fr. 7'985.--). Dass das Ausweisungsverfahren im vorliegenden Fall weniger als sechs Monate dauerte, ändert entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nichts an der Zuständigkeit des Handelsgerichts. Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet. Die Höhe der Gerichtsgebühr (Dispositivziffer 3) ficht die Beschwerdeführerin nicht an und sie macht auch nicht geltend, zumindest nicht hinreichend (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116), dass der Streitwert für die Höhe der Kosten- und Entschädigungsfolgen anders berechnet werden müsste, sodass dies nicht beurteilt werden braucht.  
 
3.  
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
4.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein entschädigungspflichtiger Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. November 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Brugger