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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_625/2022  
 
 
Urteil vom 18. April 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Habegger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 20. September 2022 
(200 22 291 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geboren 1961, arbeitete seit 2000 vollzeitlich in der Spital B.________ AG. Erstmals meldete sie sich am 27. April 2012 wegen Morbus Bechterew (diagnostiziert 1987) und einem im Dezember 2011 erlittenen cerebrovaskulären ischämischen Insult bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 8. April 2014 sprach ihr die IV-Stelle Bern (fortan: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) bei einem Invaliditätsgrad von 40 % für die befristete Dauer von Dezember 2012 bis Januar 2013 eine Viertelsrente zu.  
 
A.b. Ab 1. Januar 2014 betrug das Arbeitspensum von A.________ in der Spital B.________ AG noch 80 %. Am 4. Januar 2017 meldete sie sich bei anhaltender Arbeitsunfähigkeit ab August 2016 wegen Mobbing und Rückenbeschwerden erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Weil sie der Änderungskündigung vom 11. Januar 2017 zwecks Pensumsreduktion auf 50 % nicht zustimmte, verlor sie die Arbeitsstelle in der Spital B.________ AG per 31. Mai 2017. Nach Durchführung verschiedener beruflicher Massnahmen und erfolgreichem Abschluss der Arbeitsvermittlung trat A.________ am 10. April 2018 eine neue unbefristete Arbeitsstelle als Pharma-Assistentin mit einem 60%-Pensum in der Apotheke C.________ an. Gegen den Vorbescheid vom 5. Juni 2018, mit welchem die IV-Stelle A.________ basierend auf einem Invaliditätsgrad von 45 % ab 1. August 2017 die Zusprechung einer Viertelsrente ankündigte, erhob die Pensionskasse der Spital B.________ AG verschiedene Einwände. Nach weiteren medizinischen und erwerblichen Abklärungen ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 30 % und verneinte in der Folge einen Rentenanspruch (Verfügung vom 28. März 2022).  
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Urteil vom 20. September 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das kantonale Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Einholung einer polydisziplinären Begutachtung und Neubeurteilung der Beschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem seien ihr die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. 
Mit Eingaben vom 15. November 2022 und 11. Januar 2023 lässt A.________ unaufgefordert weitere medizinische Unterlagen einreichen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4; Urteil 8C_154/2022 vom 19. Mai 2022 E. 1).  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz sind nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend sind. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
1.3. Der Vorinstanz steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.1 i.f. mit Hinweisen; Urteil 9C_109/2013 vom 9. April 2013 E. 1). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1; zum Begriff der Willkür BGE 144 II 281 E. 3.6.2 mit Hinweisen). Inwiefern das Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3; Urteil 8C_548/2021 vom 25. Februar 2022 E. 7.2.1 i.f. mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 144 V 50 E. 4.2 i.f. mit Hinweis; vgl. auch BGE 148 IV 205 E. 2.6; Urteil 8C_503/2022 vom 8. Februar 2023 E. 1.3).  
 
2.  
Die Vorinstanz hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen rechtlichen Grundlagen zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG). 
 
3.  
Bei den erstmals vor Bundesgericht mit Eingaben vom 15. November 2022 und 11. Januar 2023 unaufgefordert neu eingereichten Arztberichten handelt es sich allesamt um echte Noven (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG), d.h. Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid entstanden und folglich vor Bundesgericht unzulässig sind (BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen). 
 
4.  
 
4.1. Laut angefochtenem Urteil ist auf das im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholte (vgl. dazu BGE 135 V 465 E. 4.4; Urteil 8C_701/2020 vom 17. Februar 2021 E. 6.2) polydisziplinäre Gutachten der ZVMB GmbH in Bern vom 1. Juli 2019 (fortan: ZVMB-Gutachten) abzustellen. Es entspricht den praxisgemässen Anforderungen (BGE 143 V 124 E. 2.2.2; 137 V 210 E. 6.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3 mit Hinweisen). Demnach steht fest, dass die Versicherte in einer leidensangepassten - leichten wechselbelastenden, überwiegend im Sitzen auszuübenden - Tätigkeit seit der ZVMB-Begutachtung im November 2018 zu 70 % arbeitsfähig ist. Soweit die im Begutachtungszeitpunkt mit einem 60%-Pensum ausgeübte Tätigkeit als Pharma-Assistentin rein stehend und gehend zu verrichten war, gingen die ZVMB-Gutachter interdisziplinär von einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit in einer solchen, nicht leidensadaptierten Tätigkeit von 50 % aus.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt, der Sachverhalt sei offensichtlich unrichtig erhoben worden. Die seitens des Morbus Bechterew verursachten "mechanischen Probleme" an der Wirbelsäule hätten nach Massgabe des Untersuchungsgrundsatzes durch einen "spezialisierten Wirbelsäulenspezialisten" begutachtet werden müssen. Die effektive Ursache der Rückenbeschwerden sei somit nicht restlos geklärt worden.  
 
4.2.1. Die Beschwerdeführerin legt auch nicht ansatzweise dar, inwiefern die einlässliche Würdigung der umfangreichen medizinischen Aktenlage und die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gemäss angefochtenem Urteil das Willkürverbot verletzen würden (vgl. hiervor E. 1.2 f.). Insbesondere führte das kantonale Gericht zutreffend aus, hinsichtlich der Beurteilung der trotz ausgewiesener gesundheitlicher Einschränkungen verbleibenden Leistungsfähigkeit sei nicht in erster Linie die konkrete Diagnose oder Ursache einer bestimmten Krankheit, sondern die medizinisch fundierte und rechtlich überzeugende Folgenabschätzung ausschlaggebend (vgl. Urteil 8C_53/2022 vom 5. Juli 2022 E. 4.1.2). Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern anlässlich der polydisziplinären Exploration - insbesondere der rheumatologischen ZVMB-Teilbegutachtung - die aus den geklagten Rückenbeschwerden resultierenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit nicht lege artis beurteilt worden wären. Entgegen ihrem Vorbringen verwies die Vorinstanz zu Recht auf das einschlägige Urteil 8C_376/2018 vom 9. Oktober 2018 E. 3.1 i.f. mit Hinweis. Schliesslich hat das kantonale Gericht überzeugend erkannt, dass auch die erst im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Berichte vom 11. Mai und 23. Juni 2022 des behandelnden Wirbelsäulenspezialisten der Klinik D.________ nichts an der Beweiskraft des ZVMB-Gutachtens ändern.  
 
4.2.2. Vermag die Beschwerdeführerin keine konkreten Indizien aufzuzeigen, die gegen die Zuverlässigkeit und damit den vollen Beweiswert (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470 mit Hinweisen) des ZVMB-Gutachtens sprechen, hat es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden. Die auf dem Ergebnis des ZVMB-Gutachtens beruhende Einschränkung der Leistungsfähigkeit schliesst gemäss vorinstanzlichem Urteil einen anspruchsbegründenden Invaliditätsgrad von mindestens 40 % aus. Gegen die konkrete Ermittlung des Invaliditätsgrades erhebt die Beschwerdeführerin zu Recht keine Einwände.  
 
5.  
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG), wird sie im vereinfachten Verfahren mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf das kantonale Gerichtsurteil (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt. 
 
6.  
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (E. 5 hiervor), ist sie als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (vgl. Urteile 8C_703/2021 vom 28. Juni 2022 E. 7 und 8C_409/2020 vom 5. Oktober 2020 E. 5.2; je mit Hinweisen). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist demnach abzuweisen. Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. April 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli