Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_299/2023, 1B_307/2023  
 
 
Urteil vom 29. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Kölz, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1B_299/2023 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dominique Jud, 
 
und 
 
1B_307/2023 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Bleuler, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, 
Weiherallee 15, Postfach, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Haftentlassung Sicherheitshaft, 
 
Beschwerden gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, Präsident der I. Strafkammer, vom 4. Mai 2023 (SB230208-O/Z2/sb). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland des Kantons Zürich führt ein Strafverfahren wegen Drohung, Beschimpfung und weiteren Delikten gegen A.________. Ihm wird insbesondere vorgeworfen, am 11. März 2022 eine E-Mail an seine ehemalige Partnerin mit Kopie an weitere Personen, darunter seinen Bruder und seine Schwester, mit folgendem Wortlaut gesandt zu haben: "Weil wenn du mich weiter stresst, [...] Ja, dann werde ich über Leichen gehen. Auch Deine. Zuerst B.________. Und dann diejenigen meiner Drecksfamilie. Einfach ALLE. [...]". 
Das Bezirksgericht Zürich sprach A.________ mit Urteil vom 9. Januar 2023 insbesondere der mehrfachen, teilweise versuchten Drohung schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten, einer unbedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 100.--. Zudem ordnete das Bezirksgericht eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB (Behandlung von psychischen Störungen) an. A.________ erhob Berufung gegen dieses Urteil. 
 
B.  
A.________ wurde am 30. März 2022 festgenommen und befindet sich seither in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft. Die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich verlängerte die Sicherheitshaft mit Präsidialverfügung vom 4. Mai 2023 "bis zum möglichen (vorzeitigen) Massnahmeantritt, längstens jedoch zum Entscheid der Berufungsinstanz in der Sache selbst". 
 
C.  
Mit Eingaben vom 5. Juni 2023 führt A.________, zum einen vertreten durch Rechtsanwältin Dominique Jud (Verfahren 1B_299/2023) und zum andern vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Bleuler (Verfahren 1B_307/2023), mit zwei separaten Eingaben Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, die Präsidialverfügung vom 4. Mai 2023 aufzuheben und ihn aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Eventualiter sei er aus der Haft zu entlassen und ihm "im Sinne einer Ersatzmassnahme zu untersagen, mit dem Privatkläger in irgendeiner Weise (persönlich, schriftlich, SMS, Mail, etc.) Kontakt aufzunehmen oder durch Drittpersonen aufnehmen zu lassen" und "die Liegenschaften U.________ und V.________ zu betreten, unter Androhung von Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung". Ebenfalls eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft haben in beiden Verfahren (1B_299/2023 und 1B_307/2023) jeweils auf Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer hat mit zwei Eingaben vom 27. Juni 2023 repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die zwei Beschwerden betreffen dieselben Parteien und richten sich beide gegen die Präsidialverfügung vom 4. Mai 2023. Die Verfahren 1B_299/2023 und 1B_307/2023 sind daher zu vereinigen.  
 
1.2. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Verlängerung der Sicherheitshaft. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich nach wie vor in Haft. Er hat folglich ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und ist somit gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist grundsätzlich auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den besonderen Haftgrund der Ausführungsgefahr bejahen durfte. 
 
2.1. Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sind unter anderem zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Ausführungsgefahr; Art. 221 Abs. 2 StPO). Bei der Annahme des Haftgrundes der Ausführungsgefahr ist besondere Zurückhaltung geboten. Erforderlich ist eine sehr ungünstige Risikoprognose. Nicht vorausgesetzt ist hingegen, dass die verdächtige Person bereits konkrete Anstalten getroffen hat, um das angedrohte schwere Verbrechen zu vollenden. Vielmehr genügt es, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Ausführung aufgrund einer Gesamtbewertung der persönlichen Verhältnisse sowie der Umstände als sehr hoch erscheint. Besonders bei drohenden schweren Gewaltverbrechen ist dabei auch dem psychischen Zustand der verdächtigen Person bzw. ihrer Unberechenbarkeit oder Aggressivität Rechnung zu tragen (BGE 140 IV 19 E. 2.1.1; 137 IV 122 E. 5.2). Je schwerer das ernsthaft angedrohte schwere Verbrechen ist, desto eher rechtfertigt sich grundsätzlich - aufgrund der gebotenen Risikoeinschätzung - eine Inhaftierung (BGE 140 IV 19 E. 2.1.1; Urteil 1B_522/2022 vom 31. Oktober 2022 E. 4.1 mit Hinweisen). Bei einer zu befürchtenden vorsätzlichen Tötung darf an die Annahme der Ausführungsgefahr kein allzu hoher Massstab angelegt werden. Anders zu entscheiden hiesse, das potenzielle Opfer einem nicht verantwortbaren Risiko auszusetzen (BGE 123 I 268 E. 2e; Urteile 1B_125/2023 vom 27. März 2023 E. 3.1; 1B_522/2022 vom 31. Oktober 2022 E. 4.1; 1B_432/2022 vom 8. September 2022 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Vorinstanz bejaht im angefochtenen Entscheid den besonderen Haftgrund der Ausführungsgefahr und verweist zur Begründung auf den im vorhergehenden Haftverfahren ergangenen Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. Februar 2023 sowie das Urteil des Bundesgerichts 1B_125/2023, mit dem der Beschluss vom 3. Februar 2023 geschützt wurde. Nach der Vorinstanz hat sich seit diesen Haftentscheiden an der Sach- und Rechtslage nichts geändert.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass Ausführungsgefahr von ihm ausgehe. Er rügt dabei zunächst eine Verletzung der behördlichen Begründungspflicht. Seiner Auffassung nach hätte sich die Vorinstanz nicht darauf beschränken dürfen, auf die in früheren Haftverfahren ergangenen Entscheide zu verweisen. Zudem sei Ausführungsgefahr bereits mit Beschluss vom 3. Februar 2023 zu Unrecht bejaht worden. Die III. Strafkammer habe darin eine eigene psychiatrische Evaluation des Beschwerdeführers vorgenommen, die im psychiatrischen Gutachten keine Stütze finde und sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein weiterer Konflikt innerhalb der Familie des Beschwerdeführers immanent sei. Sie sei damit in Willkür verfallen. Im Übrigen habe der Sachverständige im psychiatrischen Gutachten selbst festgehalten, es liege keine unmittelbar drohende, sondern lediglich eine " (juristisch) abstrakte Ausführungsgefahr" vor. Es fehle somit an der Unmittelbarkeit der befürchteten Ausführung der Drohung. Dieses Kriterium werde vom Gesetzgeber, der damit die bundesgerichtliche Rechtsprechung kodifiziere, im künftigen Art. 221 Abs. 2 StPO ausdrücklich vorgesehen. Schliesslich sei auch unberücksichtigt geblieben, dass der Beschwerdeführer im Falle der Haftentlassung nicht in desolate Lebensumstände zurückkomme, sondern in seine "herkömmliche Wohnung", "langjährige Partnerschaft" und "angestammte Therapie".  
 
2.4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durfte die Vorinstanz im vorliegenden Fall zur Begründung der Ausführungsgefahr auf die vorangegangenen Haftentscheide verweisen (vgl. Urteile 1B_5/2023 vom 23. März 2023 E. 2.7.1; 1B_461/2020 vom 14. Oktober 2020 E. 4; je mit Hinweisen); eine Verletzung der behördlichen Begründungspflicht ist nicht ersichtlich.  
Auch sonst geht die Rüge des Beschwerdeführers fehl: Das Bundesgericht hat über den Haftgrund der Ausführungsgefahr bereits mit Urteil 1B_125/2023 entschieden und dabei keine Bundesrechtsverletzung erkannt. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen keine neuen Argumente vor und legt auch nicht dar, inwiefern sich die Verhältnisse seither verändert haben sollen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Soweit er geltend macht, die III. Strafkammer - und damit auch die Vorinstanz - seien bei der Feststellung des Sachverhalts in Willkür verfallen, kann ihm nicht gefolgt werden: Das Bundesgericht hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Ausführungsgefahr auf das psychiatrische Gutachten vom 29. August bzw. dessen Ergänzung vom 29. Dezember 2022, worin von einer mittelgradigen Ausführungsgefahr ausgegangen wurde, abgestellt werden darf (vgl. Urteil 1B_125/2023 vom 27. März 2023 E. 4.3). Schliesslich kann der Beschwerdeführer auch aus dem Wortlaut des neuen Art. 221 Abs. 2 StPO (BBl 2022 1560) nichts zu seinen Gunsten ableiten. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer bestreitet die Verhältnismässigkeit der Haft, welche zu prüfen ist. 
 
3.1.  
 
3.1.1. Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die Haft verhältnismässig ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und d sowie Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar, weshalb nach Art. 212 Abs. 3 StPO Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht länger dauern dürfen als die mutmasslich zu erwartende Freiheitsstrafe. Das Gericht darf die Haft somit nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung) konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 145 IV 179 E. 3.1; 143 IV 168 E. 5.1; Urteil 1B_495/2022 vom 20. Oktober 2022 E. 6.2.2).  
Wenn bereits ein Urteil des erstinstanzlichen Strafgerichts vorliegt, hat die beschuldigte Person, welche die Strafbarkeit bestreitet oder das Strafmass als überhöht kritisiert, darzulegen, inwiefern das Strafurteil klarerweise fehlerhaft erscheint bzw. inwiefern eine entsprechende Korrektur im Berufungsverfahren mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Urteile 1B_389/2022 vom 18. August 2022 E. 2.3; 1B_55/2020 vom 21. Februar 2020 E. 3.4; 1B_176/2018 vom 2. Mai 2018 E. 3.2; je mit Hinweisen). Soweit bereits eine Urteilsbegründung vorliegt, haben sich die Parteien des Haftprüfungsverfahrens auch mit den betreffenden Erwägungen des Sachgerichts auseinanderzusetzen (vgl. BGE 139 IV 270 E. 3; Urteile 1B_389/2022 vom 18. August 2022 E. 2.3; 1B_55/2020 vom 21. Februar 2020 E. 3.4; 1B_176/2018 vom 2. Mai 2018 E. 3.2). 
 
3.1.2. Nach der Vorinstanz ist die Sicherheitshaft weiterhin verhältnismässig. Sie erwägt, der Beschwerdeführer habe die erstinstanzlich ausgesprochene Freiheitsstrafe zwar bereits erstanden, aufgrund der Empfehlungen des Sachverständigen könne aber mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die erstinstanzlich angeordnete stationäre Massnahme vom Berufungsgericht bestätigt werde. Angesichts der einstweiligen maximalen Dauer einer stationären Massnahme von fünf Jahren sei Überhaft zu verneinen.  
 
3.1.3. Der Beschwerdeführer macht Überhaft geltend und bringt dazu vor, entgegen der Auffassung der Vorinstanz könne nicht davon ausgegangen werden, dass die erstinstanzliche Anordnung einer stationären Massnahme im Berufungsverfahren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestätigt werde. Tatsächlich sei diese Massnahme nämlich kontraindiziert bei einer bipolaren Störung, bei der es sich im Übrigen auch nicht um eine "schwere Störung" im Sinne von Art. 59 StGB handle. Das Bezirksgericht habe sich zudem bei der Anordnung dieser Massnahme auf ein unverwertbares "Aktengutachten" gestützt, bei dessen Erstellung die Teilnahmerechte des Beschwerdeführers verletzt worden seien. Schliesslich habe der Sachverständige selbst eingeräumt, dass die von ihm empfohlene stationäre Massnahme seiner Ansicht nach nicht zwingend in einer geschlossenen Abteilung vollzogen werden müsse.  
 
3.1.4. Der Argumentation des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Das Bundesgericht hat bereits im vorhergehenden Haftverfahren festgehalten, dass bei der Beurteilung der Frage, ob Überhaft droht, auf das erstinstanzliche Urteil, mit dem eine stationäre therapeutische Massnahme angeordnet wurde, abgestellt werden darf (Urteil 1B_125/2023 vom 27. März 2023 E. 4.3). Der Beschwerdeführer beschränkt sich weitgehend darauf, seine bereits im vorherigen Verfahren vorgebrachten Rügen zu wiederholen. Damit vermag er keine drohende Überhaft darzutun. Auch soweit er geltend macht, die Vorinstanz hätte sich nicht auf das psychiatrische "Aktengutachten" stützen dürfen, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Würdigung des psychiatrischen Gutachtens ist grundsätzlich dem Sachgericht vorbehalten. Eine schwerwiegende Verletzung der Teilnahmerechte, die zu einer offensichtlichen Unverwertbarkeit des Gutachtens führen könnte, tut der Beschwerdeführer - der im Übrigen nicht zu bestreiten scheint, dass er bei der Erstellung des Gutachtens seine Mitwirkung verweigerte - nicht dar.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz hält die Inhaftierung des Beschwerdeführers im Gefängnis W.________ trotz dessen Behandlungsbedürftigkeit noch für verhältnismässig. Sie hält fest, Abklärungen hätten ergeben, dass ein Therapieplatz innert zwei bis fünf Monaten nach der Anordnung des (vorzeitigen) Massnahmenvollzugs zur Verfügung stehe. Da Tharapieplätze "bekanntlich rar" seien, entspreche es nicht der Praxis, einen solchen "auf Vorrat" sicherzustellen. Ob und wie rasch der Beschwerdeführer in den vorzeitigen Massnahmevollzug übertreten könne, hänge in erster Linie von ihm selbst ab. Zurzeit liege kein entsprechender Antrag von ihm vor.  
 
3.2.2. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, angesichts seiner Behandlungsbedürftigkeit sei seine Inhaftierung im Gefängnis W.________ nicht mehr verhältnismässig. Er habe bereits mit Eingabe vom 18. November 2022 einen Antrag um vorzeitigen Massnahmeantritt gestellt, der aufgrund der nahenden Hauptverhandlung vom 9. Januar 2023 abgewiesen worden sei. Nachdem sein Antrag somit unter Hinweis auf praktische Probleme und zeitliche Schwierigkeiten zurückgewiesen worden sei, erweise sich die Fortführung der Sicherheitshaft als nicht mehr verhältnismässig.  
 
3.2.3. Nach der Aktenlage erscheint unklar, ob der Beschwerdeführer nun in den vorzeitigen Massnahmevollzug eingewilligt hat oder nicht. Dies geht auch nicht eindeutig aus seinen beiden Beschwerden hervor. Das Bundesgericht hat bereits im vorhergehenden Haftverfahren bemängelt, dass sich seit der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 9. Januar 2023 keine Abklärungen hinsichtlich eines allfälligen vorzeitigen Massnahmeantritts in den Vorakten finden, obschon der Beschwerdeführer scheinbar Bereitschaft zum vorzeitigen Massnahmeantritt signalisierte (und mit Eingabe vom 18. November 2022 auch bereits einen solchen Antrag gestellt hatte). Bei dieser Sachlage ist es nach wie vor an der Verfahrensleitung, die nötigen Abklärungen nun umgehend vorzunehmen. In der dafür benötigten Zwischenzeit erweist sich die Fortführung der Haft gerade noch als verhältnismässig; es kann auf Urteil 1B_125/2023 vom 27. März 2023 E. 4.3 verwiesen werden.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Strafprozessuale Haft darf nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von ihrer Anordnung oder Fortdauer abgesehen werden und an ihrer Stelle müssen Ersatzmassnahmen verfügt werden (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1; 142 IV 367 E. 2.1; 140 IV 74 E. 2.2). Als Ersatzmassnahme kommen namentlich die Auflage in Frage, sich nicht an einem bestimmten Ort aufzuhalten, oder das Verbot, mit bestimmten Personen Kontakte zu pflegen (vgl. Art. 237 Abs. 2 lit. c und g StPO).  
 
3.3.2. Der Beschwerdeführer beantragt eventualiter die Anordnung von Ersatzmassnahmen anstelle von Haft, begründet diesen Antrag jedoch nicht weiter, sondern bringt einzig vor, im Falle einer Haftentlassung sei anzunehmen, dass die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) unter anderem prüfen werde, ob er fürsorgerisch untergebracht werden müsse; "allfälligen Restbedenken" könne daher mit Ersatzmassnahmen begegnet werden. Mit diesen Ausführungen kommt er seiner Begründungspflicht nicht nach (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG); im Übrigen kann auf Urteil 1B_125/2023 vom 27. März 2023 E. 5.2 verwiesen werden.  
 
4.  
Nach diesen Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (siehe Art. 66 Abs. 1 BGG). Er ersucht indes um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Dem Gesuch kann entsprochen werden, zumal der Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen Verfahren glaubhaft dargelegt hat, dass er im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG bedürftig ist, und auch die weiteren Voraussetzungen von Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG erfüllt sind. Das Bundesgericht bestellt Rechtsanwalt Dr. Max Bleuler, der nach den Vorakten im kantonalen Verfahren den Beschwerdeführer amtlich verteidigt hat, als unentgeltlichen Rechtsbeistand. 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
 
1.  
Die bundesgerichtlichen Verfahren 1B_299/2023 und 1B_307/2023 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 
 
3.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
3.2. Rechtsanwalt Dr. Max Bleuler wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- entschädigt.  
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft See/Oberland und dem Obergericht des Kantons Zürich, Präsident der I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Juni 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern