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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_595/2023  
 
 
Urteil vom 11. Dezember 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Hurni und Hofmann, 
Gerichtsschreiber Clément. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Frau B.A.________, 
 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus, Postgasse 29, 8750 Glarus, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung; Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Glarus vom 14. Juli 2023 (OG.2023.00009). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.A.________, geb. xx.xx.1936, wurde nach einer Hirnblutung mit halbseitiger Lähmung und zwischenzeitlicher Altersdemenz vom 19. März 2016 bis am 25. Januar 2018 im Alters- und Pflegeheim C.________ in U.________ (GL) betreut. 
 
B.  
 
B.a. Am 21. Juni 2017 erstattete deren Tochter, B.A.________, Strafanzeige wegen einfacher Körperverletzung gegen Unbekannt zum Nachteil von A.A.________. Die Vorfälle sollen sich während deren Aufenthalt im Alters- und Pflegeheim C.________ in U.________ zwischen dem 19. März 2016 und dem Datum der Anzeige zugetragen haben. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus nahm das Verfahren nicht an die Hand. Die dagegen von A.A.________ erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Glarus mit Beschluss vom 7. September 2018 ab. Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.  
 
B.b. Am 7. Mai 2018 reichte B.A.________ erneut eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Nötigung, Körperverletzung und allenfalls weiteren Delikten zum Nachteil ihrer Mutter ein. Die zur Anzeige gebrachten Vorfälle sollen sich zwischen dem 19. März 2016 und dem 25. Januar 2018 im Alters- und Pflegeheim C.________ in U.________ zugetragen haben. Das Pflegepersonal soll A.A.________ wider ihren Willen mit einem Bauchgurt befestigt, ohne Informationen sedierende Medikamente erhöht, rezeptpflichtige Medikamente ohne Vorliegen eines gültigen Rezepts verabreicht und die Pflege und Körperhygiene generell vernachlässigt haben. A.A.________ sei nicht ausreichend mobilisiert worden und habe jede Nacht zwischen 12 und 14 Stunden in Rückenlage gelegen. Sie habe Verletzungen erlitten, indem das Personal sie im Rollstuhl sitzend mit den Beinen gegen das Bett gefahren und ihren Arm auf die Rollstuhlkante fallen gelassen habe, und es sei zu Verletzungen gekommen, als sie aus dem Rollstuhl gefallen sei oder gegen das Bettgitter geschlagen habe. Sie habe ferner Verletzungen an Wange und Hals aufgewiesen. A.A.________ habe innerhalb eines halben Jahres 5.9 Kilogramm zugenommen, das Pflegepersonal habe sie laut angeschrien. Weiter habe das Alters- und Pflegeheim versucht, A.A.________ zwangsweise in eine psychiatrische Klinik zu überweisen. Schliesslich seien die Patientenakten hinsichtlich der Verabreichung von Medikamenten falsch geführt worden.  
 
B.c. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus nahm das Verfahren gemäss der unter lit. B.b. erwähnten Anzeige mit Verfügung vom 31. Januar 2023 wiederum nicht an die Hand. Das Obergericht des Kantons Glarus schützte die Nichtanhandnahme mit Beschluss vom 14. Juli 2023.  
 
C.  
A.A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. Sie beantragt, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei durch das Bundesgericht neu zu beurteilen. Es sei ihr eine Genugtuung bzw. Schmerzensgeld zuzusprechen. Die gesamten Kosten seien der Staatskasse und/oder den Alters- und Pflegeheimen Glarus Nord aufzuerlegen. Weiter stellt sie verschiedene verfahrensrechtliche Anträge, namentlich in Bezug auf (nicht) zu berücksichtigende Beweismittel. 
Die kantonalen Akten, nicht jedoch Vernehmlassungen, wurden eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der angefochtene Beschluss ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Strafsache, gegen welchen die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Auf die fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist unter Vorbehalt nachfolgender Ausführungen grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Die Vorinstanz anerkennt die Ernennung der Tochter der Beschwerdeführerin als Vertretungsbeiständin, indem sie auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin eintritt und die Rügen inhaltlich behandelt. Insoweit ist die Rüge unzutreffend, die Vorinstanz berücksichtige die "Vollmacht" der Tochter nicht. Die Vorinstanz begründet überdies zutreffend, warum sie auf die in eigenem Namen der Tochter erhobene Beschwerde nicht eintritt. In diesem Punkt ist die Beschwerdeführerin nicht beschwert und sie setzt sich überdies auch nicht mit der entsprechenden vorinstanzlichen Begründung auseinander. Darauf ist nicht einzutreten.  
 
1.2.2. Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens ist ausschliesslich der angefochtene Beschluss des Obergerichts vom 14. Juli 2023 (vgl. Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG). Nicht einzutreten ist entsprechend auf die Beschwerde, soweit sie sich auf Sachverhalte bezieht, für welche das Verfahren bereits rechtskräftig nicht an die Hand genommen wurde (vgl. oben Sachverhalt lit. B.a), oder welche ausserhalb des Verfahrensgegenstandes liegen (Aufsichtsverfahren, KESB-Verfahren, Krankenversicherungsverfahren).  
 
1.2.3. Nicht einzutreten ist schliesslich auf die Beschwerde, soweit die Beschwerdeführerin im bundesgerichtlichen Verfahren neue Beweismittel einreicht, ohne zu begründen, weshalb ihr dies im kantonalen Verfahren nicht möglich gewesen sein sollte (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
1.3.  
 
1.3.1. In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Um den Begründungsanforderungen zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2 mit Hinweis). Das bedeutet, dass die Rechtsschrift auf den angefochtenen Entscheid und seine Begründung Bezug nehmen und sich damit auseinandersetzen muss (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 140 III 86 E. 2; je mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2 mit Hinweisen).  
 
1.3.2. Die Privatklägerschaft verfügt über ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beschwerde, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als solche gelten Ansprüche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1). Nicht in diese Kategorie fallen Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus öffentlichem Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 131 I 455 E. 1.2.4; 128 IV 188 E. 2.2 f.).  
 
1.4.  
 
1.4.1. Gemäss Art. 19 Abs. 2 des Organisationsreglements vom 1. Januar 2020 der Alters- und Pflegeheime Glarus Nord (APGN, abrufbar unter https://www.glarus-nord.ch/online-schalter/reglemente-der-gemeinde.html/2398), richtet sich die Haftung der Institution für Schäden, die Angestellte in Ausübung ihrer Tätigkeit für die Institution gegenüber Dritten verursachen, nach dem Staatshaftungsgesetz des Kantons Glarus. Vorbehalten bleibt Absatz 4 der genannten Bestimmung. Dieser bestimmt, dass sich die Haftung nach den Bestimmungen des OR richtet, sofern die Institution mit den Kunden einen privatrechtlichen Vertrag abgeschlossen hat.  
 
1.4.2. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, wie ihr Vertragsverhältnis mit den Alters- und Pflegeheimen Glarus Nord ausgestaltet war. Damit fehlt es an einer Begründung, weshalb ihr nicht ausschliesslich öffentlich-rechtliche Ansprüche zustehen sollen. Die Beschwerdeführerin kommt ihrer Substantiierungspflicht nach Art. 42 Abs. 2 BGG nicht nach. Unbesehen davon setzt sich die Beschwerdeführerin nicht mit den überzeugenden vorinstanzlichen Argumenten auseinander, weshalb das Verfahren einzustellen war. Sie begnügt sich damit, ihre in der Strafanzeige und in der Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme vorgebrachten Argumente zu wiederholen und den Sachverhalt unter Verweis auf ihre bisherigen Rechtsschriften (siehe dazu BGE 143 IV 122 E. 3.3; 140 III 115 E. 2; je mit Hinweisen) frei zu schildern. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, dass das Bundesgericht nicht wie die Vorinstanz mit voller Kognition ausgestattet ist, den Sachverhalt nicht frei prüft und kein eigenes Beweisverfahren durchführt. Die Beschwerdeführerin setzt sich nicht mit dem angefochtenen Beschluss auseinander und bleibt eine Begründung schuldig, weshalb kein Fall nach Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO vorliegen sollte, der eine Nichtanhandnahme rechtfertigt. Insgesamt ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass und inwiefern die Vorinstanz mit dem angefochtenen Beschluss gegen das geltende Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen haben könnte. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.  
 
2.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Dezember 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Koch 
 
Der Gerichtsschreiber: Clément