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[AZA 7] 
I 668/00 Vr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und nebenamtlicher 
Richter Maeschi; Gerichtsschreiber Renggli 
 
Urteil vom 5. Juni 2001 
 
in Sachen 
H.________, 1956, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich, 
 
gegen 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- H.________, geboren 1956, leidet seit Geburt an spastischer Hemiparese rechts. Im Jahre 1982 schloss er an der Universität X.________ das Rechtsstudium mit dem Lizentiat ab. In der Folge beschäftigte er sich mit der Ausarbeitung einer Dissertation, ohne jedoch zu einem Abschluss zu gelangen. Nach einer Tätigkeit als Finanzanalytiker bei der Bank Y.________ in den Jahren 1986 und 1987 absolvierte er vom 1. Mai 1994 bis 28. Juni 1995 ein Praktikum am Bezirksgericht Z.________. Am 13. Februar 1998 meldete er sich bei der Invalidenversicherung an mit dem Begehren um Berufsberatung und Hilfsmittel in Form eines Computers mit Diktiersoftware. Die IV-Stelle des Kantons Zürich traf nähere Abklärungen und wies das Begehren mit der Begründung ab, dass der Versicherte im erlernten Beruf als Jurist voll arbeitsfähig sei, weshalb sich berufliche Massnahmen erübrigten; bezüglich der Hilfsmittel am Arbeitsplatz könne nicht entschieden werden, weil er zur Zeit nicht erwerbstätig sei und kein Erwerbseinkommen erziele (Verfügung vom 28. Oktober 1998). 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher H.________ geltend machte, er sei invaliditätsbedingt sowohl beruflich als auch ausserberuflich auf das beantragte Hilfsmittel angewiesen, wurde vom Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich insoweit teilweise gutgeheissen, als die IV-Stelle verpflichtet wurde, für die Kosten der Diktiersoftware aufzukommen (Entscheid vom 27. September 2000). 
 
 
C.- H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben sinngemäss mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben, soweit damit der Anspruch auf Hilfsmittel abgewiesen werde, und es sei die Verwaltung zu verpflichten, für die Kosten des benötigten Computers aufzukommen. 
Das kantonale Gericht äussert sich zur Sache, ohne einen bestimmten Antrag zu stellen. Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Im vorinstanzlichen Entscheid werden die für den Anspruch auf Hilfsmittel nach Art. 21 IVG und Art. 14 IVV sowie der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) geltenden Voraussetzungen im Allgemeinen und für invaliditätsbedingte Geräte am Arbeitsplatz, im Aufgabenbereich sowie zur Schulung und Ausbildung (Ziff. 13 HVI Anhang) im Besonderen zutreffend dargelegt, sodass darauf verwiesen werden kann. 
 
b) Der Vorinstanz ist auch darin beizupflichten, dass der vom Beschwerdeführer beantragte Computer mit Diktiersoftware unter die in Ziff. 13.01* HVI Anhang erwähnten Arbeitsgeräte und Zusatzeinrichtungen subsumiert werden kann. Der Anspruch ist an die Voraussetzung geknüpft, dass das Hilfsmittel für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder die funktionelle Angewöhnung erforderlich ist (Art. 2 Abs. 2 HVI). Des Weiteren ist zu beachten, dass bei der Abgabe von Geräten, die auch ein Gesunder in gewöhnlicher Ausführung benötigt, dem Versicherten eine Kostenbeteiligung aufzuerlegen ist (Ziff. 13.01* HVI Anhang). 
 
2.- a) Anlässlich der Anmeldung zum Leistungsbezug vom 13. Februar 1998 gab der Beschwerdeführer an, als Jurist sei er krankheitsbedingt auf ein effizientes Schreibsystem (Computer mit Diktiersoftware) angewiesen, welches sich "als entscheidendes Argument" bei der Stellensuche erweisen könnte. Der behandelnde Arzt Dr. med. T.________, FMH Orthopädische Chirurgie, führte in einem Bericht vom 6. April 1998 aus, der Versicherte sollte unbedingt das Anwaltspatent erwerben können, und es wäre zu begrüssen, wenn er diesbezüglich von einer Fachperson beraten würde; für die Schreibarbeiten benötige er einen Computer mit Spracherkennungssoftware. 
 
 
Bei der von der Invalidenversicherung angeordneten beruflichen Abklärung zeigte sich, dass der Versicherte keine klaren Vorstellungen über seine beruflichen Ziele hatte. Seitens der Berufsberaterin wurde ihm empfohlen, entweder das Anwaltspatent zu erlangen oder eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung zu suchen. Für eine entsprechende Stellenvermittlung zeigte der Versicherte jedoch kein Interesse (Bericht vom 29. August 1998). Erst in der Beschwerde gegen die ablehnende Verfügung vom 28. Oktober 1998 gab er an, sich zur Zeit auf die Anwaltsprüfung vorzubereiten; gleichzeitig machte er geltend, er benötige das beantragte Hilfsmittel nicht nur im Hinblick auf die schriftliche Klausur, sondern auch für die spätere Stellensuche oder die Eröffnung einer eigenen Kanzlei. Mit der Vorinstanz ist als glaubhaft zu erachten, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr auf die Anwaltsprüfung vorbereitet, zumal er bereits ein Gerichtspraktikum absolviert hat. Es vermag sodann ohne weiteres zu überzeugen, dass er zur Vorbereitung auf das Anwaltsexamen wegen des Gesundheitsschadens auf die beantragten Hilfsmittel angewiesen ist, wie seitens mehrerer Ärzte ausdrücklich bestätigt wird. Hievon geht auch die Vorinstanz aus; sie hält indessen dafür, dass sich die invaliditätsbedingte Notwendigkeit auf die beantragte Software beschränke, während es sich bei der erforderlichen Hardware nicht um ein invaliditätsbedingt notwendiges Hilfsmittel handle, weil auch Nichtbehinderte für das Rechtsstudium und die Vorbereitung auf das Anwaltsexamen üblicherweise einen Computer anschafften. 
 
b) Der Beschwerdeführer bringt hiegegen vor, entscheidend sei nicht, ob auch Nichtbehinderte üblicherweise einen Computer anschafften, sondern ob gesunde Personen unter sonst gleichen Umständen auf ein solches Gerät angewiesen seien; im Hinblick auf die erforderliche Diktiersoftware habe der Computer im vorliegenden Fall zudem besonderen Anforderungen zu genügen. Die Vorinstanz hält dem entgegen, nach dem heutigen Stand der Computertechnik setze die Nutzung von Spracherkennungsprogrammen keine überdurchschnittlich leistungsfähige Hardware mehr voraus, sodass ein handelsüblicher Personalcomputer genüge. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben, weil jedenfalls nicht gesagt werden kann, dass ein Computer auch von einer gesunden Person unter sonst gleichen Umständen benötigt würde. Während der Computer für eine Anwaltskanzlei heute ohne Zweifel ein unerlässliches Arbeitsinstrument darstellt, trifft dies für das Rechtsstudium und die hier zur Diskussion stehende Anwaltsprüfung nicht in gleicher Weise zu. Die Benutzung eigener Computer (Personalcomputer, Labtops, Notebooks) ist unter Studierenden zwar weit verbreitet und wohl auch üblich, nicht aber unerlässlich. Für den Zugang auf die elektronische Dokumentation (juristische Datenbanken) stehen den Studierenden an Universitäten und Bibliotheken Computer zur Verfügung. Auch ist es für Gesunde durchaus möglich, die Vorbereitung auf die Anwaltsprüfung ohne eigenen Computer zu bewältigen, indem das Studium von Literatur und Praxis auf Grund herkömmlicher Quellen (Bücher, Entscheidsammlungen) und, soweit erforderlich, auf Grund handschriftlicher Notizen erfolgt. Auch schriftliche Prüfungsarbeiten setzen nicht notwendigerweise einen Computer voraus. Selbst wenn die Verwendung eines eigenen Computers heute als üblich zu betrachten ist, kann nicht gesagt werden, das streitige Hilfsmittel müsste auch von einer gesunden Person unter sonst gleichen Umständen angeschafft werden, weshalb dem Beschwerdeführer neben der Diktiersoftware der erforderliche Computer zu Lasten der Invalidenversicherung zuzusprechen ist. Weil er als Gesunder nicht notwendigerweise auf einen Computer angewiesen wäre, entfällt eine Kostenbeteiligung gemäss Ziff. 13.01* HVI Anhang (vgl. auch Rz 1030 des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung [KHMI], gültig ab 1. Februar 2000). Die Verwaltung wird jedoch zu prüfen haben, ob dem Versicherten eine Kostenbeteiligung aufzuerlegen ist, weil er das Gerät auch im Rahmen der künftigen Erwerbstätigkeit als Anwalt verwenden kann, wo es nach dem Gesagten auch für eine gesunde Person ein unerlässliches Arbeitsinstrument darstellt. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden 
der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des 
Kantons Zürich vom 27. September 2000 und die Verwaltungsverfügung 
vom 28. Oktober 1998 aufgehoben, und es 
wird die Sache an die IV-Stelle des Kantons Zürich zurückgewiesen, 
damit sie über den Anspruch des Beschwerdeführers 
auf Hilfsmittel im Sinne der Erwägungen 
neu verfüge. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von 
 
 
Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung 
 
 
zugestellt. 
Luzern, 5. Juni 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: