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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_79/2017    {T 0/2}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. April 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber R. Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen 
vom 9. Januar 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 17. Juli 2014 lehnte die IV-Stelle des Kantons    St. Gallen das Gesuch des 1965 geborenen A.________ um Zusprechung einer Invalidenrente für die Folgen eines am 11. März 2009 erlittenen Verkehrsunfalls, für welchen die AXA Winterthur als obligatorische Unfallversicherung bis 31. August 2013 die gesetzlichen Leistungen erbracht hatte, ab. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen eingereichte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen gut, hob die angefochtene Verfügung vom 17. Juli 2014 auf und sprach dem Versicherten rückwirkend ab 1. September 2011 eine halbe Invalidenrente zu (Entscheid vom 9. Januar 2017). 
 
C.   
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Verfügung vom 17. Juli 2014 zu bestätigen. Ferner ersucht sie darum, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
Während A.________ auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz stellte zunächst fest, der Versicherte sei in somatischer Hinsicht nicht in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Gestützt auf das zu Handen der AXA Winterthur verfasste Gutachten der Klinik B.________ vom 10. Juni 2013 führte sie aus, der Beschwerdegegner leide an einer Somatisierungsstörung; diese sei den psychosomatischen Störungen zuzuordnen. Aufgrund des psychiatrischen Teilgutachtens bestehe im Ergebnis eine Störung mit Krankheitswert mit nachvollziehbar eingeschränkter Arbeitsfähigkeit hinsichtlich Belastbarkeit und Stressanfälligkeit. Aus den Angaben in der psychiatrischen Expertise schloss das kantonale Gericht auf eine verbliebene Arbeitsfähigkeit von 50 %.  
2.2 Die IV-Stelle wendet ein, die Voraussetzungen, unter denen anhaltende somatoforme Schmerzstörungen und vergleichbare psychosomatische Leiden nach Massgabe der mit BGE 141 V 281 geänderten Rechtsprechung eine rentenbegründende Invalidität zu bewirken vemögen, seien nicht erfüllt. Die Prüfung anhand der Indikatoren, die rechtsprechungsgemäss zu beachten sind, führe bei gesamthafter Betrachtung zum Schluss, dass eine medizinisch-gesundheitliche Anspruchsgrundlage, welche zur Anerkennung einer Invalidität führen könnte, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist. Die Beweislosigkeit wirke sich zum Nachteil des Versicherten aus. 
 
3.   
Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, dass ein invalidisierender Gesundheitsschaden nicht erstellt ist. Nach der Rechtsprechung fallen bezüglich ihrer Folgen auf die Arbeitsfähigkeit nur schlüssig beweisbare schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen als invalidisierende Leiden in Betracht (BGE 140 V 290 E. 3.3.1 S. 296 und       E. 4.2 S. 298; vgl. auch BGE 140 V 193 E. 3 S. 194 ff. und BGE 141 V 281 E. 4.3 S. 298 ff.). Der angefochtene Entscheid verkennt diese Voraussetzungen für die Bejahung einer Invalidität. Stattdessen stellt das kantonale Gericht für seine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit auf psychiatrische Hypothesen im Gutachten der Klinik B.________ ab. Die Stellungnahme der Frau med. pract. C.________, Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie, vom 15. Mai 2013 lässt keinen solchen schlüssigen Nachweis eines schwerwiegenden psychischen Leidens erkennen, sondern erschöpft sich in ungesicherten Annahmen über den Gesundheitszustand, dessen Ursachen und den Grad der Arbeitsunfähigkeit. Dies genügt dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht, wie sich insbesondere aus den von der Gutachterin verwendeten Formulierungen sowohl im Zusammenhang mit den Diagnosen wie auch der Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ("scheint", "möglicherweise" usw.) ergibt (in diesem Sinne Urteil 9C_1026/2012 vom 13. Februar 2013 E. 3.3). 
Der kantonale Gerichtsentscheid missachtet diese in ständiger Rechtsprechung angewendeten Beweisgrundsätze und verletzt damit Bundesrecht. 
 
4.   
Mit dem Entscheid in der Hauptsache wird das Gesuch der IV-Stelle um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. 
 
5.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. Januar 2017 wird aufgehoben und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 17. Juli 2014 bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 800.-werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. April 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer