Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.93/2003 /kil 
 
Urteil vom 21. März 2003 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merkli, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Amt für Migration Basel-Landschaft, Parkstrasse 3, 4402 Frenkendorf, 
Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Postfach, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Ausschaffungshaft (Art. 13b ANAG), 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 7. März 2003. 
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung: 
1. 
Das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft nahm am 6. März 2003 den aus Serbien/Montenegro stammenden X.________ (geb. 1948) in Ausschaffungshaft. Der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht am Kantonsgericht Basel-Landschaft bestätigte diese tags darauf bis zum 5. Mai 2003. X.________ hat sich hiergegen mit dem sinngemässen Antrag an das Bundesgericht gewandt, ihn aus der Haft zu entlassen. Das Amt für Migration beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesamt für Flüchtlinge hat keine Stellungnahme eingereicht und X.________ von ergänzenden Ausführungen abgesehen. 
2. 
2.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, soweit die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid bzw. eine strafrechtliche Landesverweisung vorliegt, deren Vollzug noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 128 II 103 ff.). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3). Die Ausschaffung hat rechtlich und tatsächlich möglich zu sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; vgl. dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5 S. 384; 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.). Ihr Vollzug muss mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG; Beschleunigungsgebot; BGE 124 II 49 ff.) und die Haft als Ganzes verhältnismässig erscheinen (vgl. BGE 126 II 439 E. 4; 125 II 377 E. 4 S. 383; 119 Ib 193 E. 2c S. 198 f.). 
2.2 Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich auf Lebzeiten des Landes verwiesen worden; gegen ihn besteht zudem eine Einreisesperre. Dennoch ist er immer wieder in die Schweiz zurückgekommen, wo er seit 1983 in verschiedenen Kantonen jeweils - zum Teil auch massiv (Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Einbruchdiebstähle usw.) - straffällig geworden ist. Insgesamt musste er bereits dreimal ausgeschafft werden. Seine letzten Verurteilungen datieren vom 23. Mai 2001 und 21. August 2002 (Gefängnisstrafe von insgesamt 25 Monaten) sowie vom 5. März 2003 (12 Tage Gefängnis wegen Diebstahls, Sachbeschädigung sowie Hausfriedensbruchs). Gestützt hierauf bietet der Beschwerdeführer offensichtlich keine Gewähr dafür, dass er sich ohne Haft den Behörden zu gegebener Zeit für den Vollzug der Ausschaffung zur Verfügung halten wird; es besteht bei ihm Untertauchensgefahr im Sinne von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG. Im Übrigen erfüllt er auch den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. b (in Verbindung mit Art. 13a lit. c) ANAG, wonach in Ausschaffungshaft genommen werden kann, wer trotz Einreisesperre das Gebiet der Schweiz betritt und nicht sofort weggewiesen werden kann; der Einreisesperre ist die strafrechtliche Landesverweisung gleichgesetzt (Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/ Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel 2002, Rz. 7.49). Anhaltspunkte dafür, dass der Vollzug der Ausschaffung rechtlich oder tatsächlich nicht in absehbarer Zeit möglich wäre, bestehen nicht. Ebenso wenig sind Umstände ersichtlich, welche die Haft als unverhältnismässig erscheinen liessen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass er sich nun schon seit dreissig Monaten in Haft befinde, verkennt er, dass es dabei jeweils um Untersuchungshaft oder Strafvollzug ging. Seine heutige Inhaftierung ist hingegen nicht strafrechtlicher, sondern administrativer Natur und dient einzig der Sicherung des Vollzugs der gegen ihn angeordneten Landesverweisung. Nur die Ausschaffungshaft bildet im Übrigen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weshalb auf die Ausführungen zu angeblichen Verletzungen bundesrechtlicher Vorgaben bei der am 21. Februar 2003 gegen ihn angeordneten Untersuchungshaft zum Vornherein nicht einzutreten ist. Der entsprechende Freiheitsentzug kann nicht auf die Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft angerechnet werden (Hugi Yar, a.a.O., Rz. 7.79 und 7.80); er ist jedoch bei der Beurteilung zu berücksichtigen, ob dem Beschleunigungsgebot gehörig nachgelebt wurde (Urteil 2A.87/2003 vom 17. März 2003, E. 2), was der Beschwerdeführer sinngemäss bestreitet ("perché le instituzioni competenti non anno fato niente per completare i miei documenti per la mia eventuale espulsione...."). 
3. 
3.1 Die für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung nötigen Vorkehrungen sind nach Art. 13b Abs. 3 ANAG umgehend zu treffen. Befindet sich ein Ausländer in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug, sind bei klarer fremdenpolizeilicher Ausgangslage schon während diesen die Abklärungen im Hinblick auf die Ausschaffung einzuleiten (BGE 124 II 49 E. 3a S. 50; Urteil 2A.87/2003 vom 17. März 2003, E. 3.1.3). Die Straf- und Fremdenpolizeibehörden müssen hierfür zusammenarbeiten; es ist unerheblich, welche Behörde gegebenenfalls eine Verzögerung zu verantworten hat (BGE 124 II 49 E. 3a S. 50). Wann solche (vorgezogenen) Abklärungen geboten erscheinen, bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, wobei das Verhalten des Betroffenen mitzuberücksichtigen ist. Befindet sich dieser im Rahmen der Strafverfolgung oder des Strafvollzugs bereits in Haft, sind hinsichtlich des Beschleunigungsgebots nicht gleich weit reichende Massnahmen erforderlich wie nach der Anordnung der Ausschaffungshaft. Ist der Weg- oder Ausgewiesene in Untersuchungshaft, lässt sich häufig nicht abschätzen, wann er auf freien Fuss gesetzt wird und die Ausreiseverpflichtung damit durchgesetzt werden kann. Verbüsst der Ausländer eine Freiheitsstrafe, ist das definitive Strafende und häufig auch der Zeitpunkt seiner vorzeitigen bedingten Entlassung hingegen voraussehbar. In diesem Fall muss deshalb bereits möglichst frühzeitig darauf hingewirkt werden, dass zum Zeitpunkt des Austritts aus dem Strafvollzug nicht nur die Identität des Betroffenen geklärt ist, sondern auch seine Reisepapiere vorliegen. Da die Gültigkeit eines Laissez-Passer-Papiers regelmässig zeitlich limitiert wird, darf mit der Papierbeschaffung bei mehrmonatigen Freiheitsstrafen eher etwas zugewartet werden; die Abklärungen betreffend die Identität und Herkunft sind hingegen unverzüglich vorzunehmen, wenn Zweifel an diesen bestehen (Urteile 2A.87/2003 vom 17. März 2003 E. 3.1.3; 2A.575/1996 vom 10. Dezember 1996, veröffentlicht in: RDAF 1997 I 29 ff., E. 4a; 2A.497/2001 vom 4. Dezember 2001, E. 4b/bb). 
3.2 In diesem Rahmen hält die vorliegende Haft vor Art. 13b Abs. 3 ANAG stand, auch wenn es wünschbar gewesen wäre, dass die Behörden den für den Beschwerdeführer erforderlichen Laissez-passer bereits während des Strafvollzugs bzw. während der letzten Untersuchungshaft zu beschaffen versucht hätten: Der Beschwerdeführer befand sich vom 8. Oktober 2002 bis 23. Februar 2003 im Kanton Waadt im Strafvollzug. Seine Personalien waren gesichert, nachdem er bereits wiederholt nach Belgrad hatte ausgeschafft werden können. Am 22. Oktober 2002 ist er im Zusammenhang mit einem im Juli im Kanton Basel-Landschaft eingeleiteten Untersuchungsverfahren wegen eines Einbruchsdiebstahls zur Fahndung ausgeschriebene worden. Am 13. Januar 2003 informierten die Waadtländer Behörden jene des Kantons Basel-Landschaft, dass sich der Betroffene im Strafvollzug befinde und eine Haftentlassung auf den 23. Februar 2003 vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge am 21. Februar 2003 nach Arlesheim überführt, wo er bis zum Strafbefehl vom 5. März 2003 (12 Tage Gefängnis als Zusatzstrafe) in Untersuchungshaft genommen wurde. Weder für die Behörden des Kantons Waadt noch für jene des Kantons Basel-Landschaft war damit hinreichend konkretisiert absehbar, auf welches Datum hin der Beschwerdeführer für die Ausschaffung tatsächlich zur Verfügung stehen würde. Sobald dies - nach Erlass des Strafbefehls - feststand, sind die nötigen Massnahmen sofort eingeleitet worden. Im Übrigen blieben die Behörden auch zuvor nicht (gänzlich) untätig. Bereits am 11. Oktober 2002 bestätigte Interpol Belgrad die Identität des Beschwerdeführers, womit davon ausgegangen werden konnte, dass die Organisation seiner Ausschaffung keine grösseren Probleme stellen würde. In den Akten des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements befinden sich zudem eine Original-Zustimmung aus Belgrad vom 11. Januar 1999 sowie ein abgelaufener jugoslawischer Original-Laissez-Passer (gültig bis zum 23. Januar 1999); gestützt hierauf sei - so das Departement - damit zu rechnen, dass in etwa drei Wochen ein Flug reserviert und das notwendige Reisedokument abgerufen werden könne. Zu berücksichtigen ist schliesslich, dass der Beschwerdeführer wiederholt illegal in Verletzung der Einreisesperre bzw. der Landesverweisungen in die Schweiz gekommen ist und dabei jeweils in verschiedenen Kantonen straffällig wurde, was eine Verfahrenskoordination hinsichtlich seiner Ausschaffung erschwerte. Das entsprechende Verhalten muss er sich ebenso anrechnen lassen, wie die Tatsache, dass er seinen Reisepass am 26. April 1999 auslaufen liess, was seine Ausschaffung heute kompliziert. Aufgrund der Vorgeschichte und der Regelmässigkeit, mit welcher der Beschwerdeführer zum Delinquieren in die Schweiz gekommen ist, erscheint wahrscheinlich, dass er bei einer Haftentlassung versuchen wird, sich der Ausschaffung durch Untertauchen zu entziehen. Nachdem diese nunmehr absehbar und alles hierzu Erforderliche in die Wege geleitet ist, wäre es gestützt auf die gesamten Umstände unverhältnismässig, eine Weiterführung der Ausschaffungshaft wegen einer Verletzung des Beschleunigungsgebots im Strafvollzug zu untersagen. 
4. 
4.1 Die Beschwerde ist somit unbegründet und deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss rügt, dass er im Haftprüfungsverfahren zu Unrecht nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, genügt der Hinweis, dass eine Verbeiständungspflicht in diesem Stadium des Verfahrens nach der Rechtsprechung in der Regel nicht besteht (vgl. BGE 122 I 275 E. 3b S. 276 ff.). Seinen Einwand, die Haftprüfung sei zu Unrecht ohne Dolmetscher durchgeführt worden, hätte er unmittelbar an der Haftverhandlung selber vorbringen müssen und ist heute verspätet. Im Übrigen erklärte der Beschwerdeführer am 21. Februar 2003 gegenüber dem Untersuchungsbeamten des Bezirksstatthalteramts Arlesheim, dass er keinen Dolmetscher benötige, da er der deutschen Sprache mächtig sei. 
4.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 OG). Es rechtfertigt sich indessen, praxisgemäss von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 154 und Art. 153a Abs. 1 OG). Das Amt für Migration wird ersucht, dafür besorgt zu sein, dass der vorliegende Entscheid dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und nötigenfalls verständlich gemacht wird. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, sowie dem Bundesamt für Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 21. März 2003 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: