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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_807/2022  
 
 
Urteil vom 2. August 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Zentrales Amt, Postfach, 1950 Sitten 2, 
2. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Basile Couchepin, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (üble Nachrede); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, Strafkammer, vom 19. Mai 2022 
(P3 21 273). 
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner 2 lernten sich im November 2013 kennen und führten bis März 2018 eine Beziehung. Die aussereheliche gemeinsame Tochter kam am xxx.yyy.201zzz zur Welt. Am 6. Juli 2020 und 10. März 2021 reichte die Beschwerdeführerin Strafanzeige ein. Nach polizeilichen Befragungen beider Parteien verfügte die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis am 28. Oktober 2021 die Nichtanhandnahme. Eine dagegen gerichtete Beschwerde hiess das Kantonsgericht Wallis betreffend den formulierten Vorwurf der sexuellen Nötigung mit Verfügung vom 19. Mai 2022 gut, wies das Rechtsmittel indessen in Bezug auf den Vorwurf der üblen Nachrede ab. Dagegen gelangt die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht und beantragt, die kantonsgerichtliche Verfügung sei betreffend die Abweisung der Beschwerde aufzuheben und die Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Vorwurf der üblen Nachrede anzuweisen, ein Strafverfahren zu eröffnen. 
 
2.  
Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung geltend gemacht. Indessen muss sie in jedem Fall im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). 
Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR
Nach Art. 49 OR ist eine Genugtuung nur geschuldet, sofern die Schwere der Verletzung dies rechtfertigt. Der Eingriff muss aussergewöhnlich schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigen (Urteile 6B_1105/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 3; 6B_559/2021 vom 29. Juni 2021 E. 1.4; 6B_326/2021 vom 19. April 2021 E. 2.1; je mit Hinweisen). Leichte Persönlichkeitsverletzungen, wie beispielsweise unbedeutende Ehrverletzungen, rechtfertigen keine finanzielle Genugtuung (vgl. BGE 129 III 715 E. 4.4.). Inwiefern die Persönlichkeitsverletzung objektiv und subjektiv schwer wiegt, ist in der Beschwerde an das Bundesgericht darzulegen (Urteile 6B_559/2021 vom 29. Juni 2021 E. 1.4; 6B_736/2020 vom 28. Mai 2021 E. 1.2; je mit Hinweisen). 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin sieht sich durch eine Formulierung in einer Rechtsschrift des Beschwerdegegners 2 vom 7. Januar 2021 im Zusammenhang mit einem zivilrechtlichen Unterhaltsabänderungsverfahren in ihrer Ehre verletzt. Es geht dabei um den Satz "En proie à une [...], B.________ a rencontré Mme A.________, [...], durant l'année 2013", mit welchem die Zeugung des gemeinsamen Kindes - nach dem Verständnis der Beschwerdeführerin - in einen beruflichen Kontext gestellt werde, was geeignet sei, ihren Ruf zu schädigen. Die Folgen der üblen Nachrede seien für sie als alleinstehende Frau mit erheblichen psychischen Verletzungen verbunden und gingen einher mit weitreichenden Konsequenzen am Arbeitsplatz, am Wohnort und in der Gesellschaft. Die Ehrverletzung sei aussergewöhnlich schwer und übersteige das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge. Sie leide seit jeher unter massiven sexuellen Funktionsstörungen. Deshalb handle es sich um eine schwerwiegende Verletzung, wenn man erfahre, welche Version des Kennenlernens der Ex-Partner erzähle. Sie sei seit Sommer 2020 zu 100 % krankgeschrieben aufgrund einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung mit schweren Symptomen und erhalte mittlerweile eine IV-Rente bevorschusst. Würde der vorinstanzliche Entscheid rechtskräftig, würde das von ihr initiierte Verfahren gegen den Beschwerdegegner 2 hinsichtlich Ehrverletzung eingestellt, was sich auf die damit verbundenen Zivilansprüche auswirken würde. 
 
4.  
Die Ausführungen in der Beschwerde genügen zur Begründung der Legitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG nicht. Die Beschwerdeführerin legt nicht hinreichend dar, dass und welche Zivilansprüche ihr gegen den Beschuldigten konkret zustehen und inwiefern sich die angefochtene Verfügung darauf auswirken kann. Sie zeigt namentlich nicht auf und es ist auch nicht ersichtlich, dass und inwiefern ihr ein Vermögensschaden im Zusammenhang mit dem angezeigten Deliktssachverhalt entstanden sein könnte. Ebenso wenig legt sie hinreichend dar, inwiefern sie eine genugtuungsbegründende Persönlichkeitsverletzung unmittelbar aufgrund der angezeigten angeblichen üblen Nachrede erlitten haben soll. Es genügt nicht, dass die Persönlichkeitsverletzung (nur) subjektiv als schwer empfunden wird; sie muss vielmehr auch objektiv schwer wiegen, was vorliegend jedoch weder substanziiert dargetan noch ohne Weiteres ersichtlich ist. Dass die angebliche Ehrverletzung unmittelbare (Teil-) Ursache für die ins Feld geführte posttraumatische Belastungsstörung sein könnte, liegt zudem auch nicht auf der Hand, zumal jene erst am 7. Januar 2021 erfolgt ist, die Beschwerdeführerin aber gemäss ihren eigenen Angaben bereits seit Sommer 2020 aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung zu 100 % krankgeschrieben ist. Die inkriminierte Äusserung wurde zudem in einer Rechtsschrift im Rahmen eines zivilrechtlichen Unterhaltsabänderungsverfahrens gemacht. Da ein solches Verfahren nicht öffentlich ist und die Behörden ausserdem an das Amts- und Berufsgeheimnis gebunden sind, ist die von der Beschwerdeführerin befürchtete Rufschädigung oder ein Ansehensverlust in der Öffentlichkeit auch nicht ohne Weiteres erkennbar. In der Sache ist die Beschwerdeführerin folglich nicht zur Beschwerde in Strafsachen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG legitimiert. 
 
5.  
Formelle Rügen, zu deren Vorbringen die Beschwerdeführerin unbesehen der fehlenden Legitimation in der Sache befugt wäre (sog. "Star-Praxis", vgl. BGE 146 IV 76 E. 2 mit Hinweisen), erhebt sie nicht. 
 
6.  
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Der Beschwerdeführerin werden die Gerichtskosten von Fr. 800.-- auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. August 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill