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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
8C_394/2007 
{T 0/2} 
 
Urteil vom 28. Februar 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Heine. 
 
Parteien 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54 9016 St. Gallen, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
A.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Bodenmann, Brühlgasse 39, 9000 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Mai 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1969 geborene A.________ war seit 1. Juni 1991 in der Firma X.________ als Lackierer angestellt. Mit Verfügung vom 30. Januar 1998 (vorinstanzlich bestätigt durch Entscheid des Versicherungsgerichts St. Gallen vom 30. Mai 2000, IV 1998/40) verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen einen Rentenanspruch. 
 
Am 22. Mai 2002 meldete sich der Versicherte erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Nach verschiedenen medizinischen Untersuchungen holte die IV-Stelle ein Gutachten der Klinik Y.________ vom 27. Februar 2006 ein, um schliesslich gestützt darauf mit Verfügung vom 2. Mai 2006 das Leistungsbegehren abzuweisen. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 9. Oktober 2006 fest. 
B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die Beschwerde in dem Sinne gut, dass es dem Versicherten eine Rente der Invalidenversicherung auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 44 % zusprach. Im Übrigen verpflichtete es die IV-Stelle, A.________ eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.- zu bezahlen (Entscheid vom 16. Mai 2007). 
C. 
Mit Beschwerde beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids; eventualiter sei der Entscheid aufzuheben und die Sache zu ergänzenden Abklärungen an sie zurückzuweisen. 
 
A.________ lässt Abweisung der Beschwerde beantragen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
1. 
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Gemäss Art. 95 i.V.m. Art 97 BGG prüft das Bundesgericht daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde. 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Begriffe der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG; BGE 130 V 343) sowie die Bedeutung ärztlicher Auskünfte für die Belange der Invaliditätsbemessung zutreffend dargelegt (BGE 115 V 133 E. 2 S. 134; vgl. auch BGE 125 V 256 E. 4 S. 261). Darauf wird verwiesen. 
3. 
Aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ist streitig, ob die Einschätzung des IV-Grades durch die Vorinstanz zu Recht erfolgte. 
3.1 Dem vorinstanzlichen Entscheid ist zu entnehmen, dass gestützt auf die Beurteilung des Dr. med. K.________, Leitender Arzt, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 22. März 2005 eine Arbeitsunfähigkeit von 30 % besteht. 
3.2 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die Vorinstanz habe den Sachverhalt offensichtlich nicht richtig festgestellt. Das Gericht ginge fälschlicherweise von einer Aussage auf Seite acht des Teilgutachtens aus, anstatt auf die Schlussbeurteilung des Gutachtens auf Seite 41 abzustellen, und habe folglich die Arbeitsfähigkeit falsch eingeschätzt. 
3.3 Im Gutachten der Klinik Y.________ vom 27. Februar 2006 wird auf Seite 41 ausgeführt, dem Versicherten sei eine angepasste Tätigkeit ganztägig ohne zeitliche Einschränkungen somatisch und psychiatrisch zumutbar. Die Erwägungen der Vorinstanz beziehen sich hingegen auf Seite acht der psychiatrischen Abklärung vom 22. März 2005. Das Gericht geht gestützt darauf von einer generellen 30%igen Einschränkung aus. Dies wird unter anderem damit begründet, dass bereits die Fachärzte der Klinik G.________ im psychiatrischen Gutachten vom 28. Juli 2004 aus psychiatrischer Sicht eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestieren. Die Vorinstanz räumt diesbezüglich zwar ein, die bestehenden Krankheitsbilder (somatoforme Schmerzstörungen und Persönlichkeitsstörungen) liessen sich nicht oder nicht gänzlich bestätigen. Im psychiatrischen Gutachten der Klinik Y.________ wird zwar eine 30%ige Arbeitsunfähigkeit festgehalten, diese beschränkt der Psychiater aber auf die bisher ausgeübten Tätigkeiten. Bezüglich einer leidensangepassten Tätigkeit führt er eine Seite vorher aus, dem Versicherten sei eine solche ganztags zumutbar; er räumt jedoch ein, eine prozentuale Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in Bezug auf verschiedene Stellenprofile erweise sich als schwierig. Entsprechend ist das psychiatrische Gutachten der Rehaklinik Y.________ bezüglich der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nicht ganz schlüssig. 
3.4 Nach dem Gesagten bildet das Gutachten der Rehaklinik Y.________ keine hinreichende Beurteilungsgrundlage für die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht. Die IV-Stelle und die Vorinstanz wären kraft des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und 61 lit. c ATSG) gehalten gewesen, eine diesbezügliche Abklärung zu veranlassen. Demnach enthält der kantonale Entscheid nicht rechtsgenügliche Feststellungen zur Arbeits(un)fähigkeit, denen mit Blick auf Art. 97 BGG Verbindlichkeit beigemessen werden kann. Die Sache ist daher zur weiteren psychiatrischen Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen. 
4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdegegner die Kosten ( Art. 66 BGG). Er hat indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches gutzuheissen ist, da seine Bedürftigkeit gegeben erscheint und die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war (Art. 64 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Mai 2007 und der Einspracheentscheid vom 9. Oktober 2006 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen wird, damit sie nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Beschwerde neu verfüge. 
2. 
Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 
3. 
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
4. 
Rechtsanwalt Werner Bodenmann, St. Gallen, wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdegegners bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.- ausgerichtet. 
5. 
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wird über den Anspruch auf eine Parteientschädigung und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Ostschweizerische AHV-Ausgleichskasse für Handel und Industrie und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 28. Februar 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Heine