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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 628/02 
 
Urteil vom 22. April 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiberin Fleischanderl 
 
Parteien 
N.________, 1965, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Rita Diem, Schaffhauserstrasse 345, 8050 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn 
 
(Entscheid vom 9. August 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1965 geborene, vorwiegend als Bauhilfsarbeiter in Temporäreinsätzen tätige N.________ meldete sich am 26. Oktober 1998 unter Hinweis auf seit 1997 bestehende Rückenprobleme bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Umschulung auf eine neue Tätigkeit) an. Nach Abklärungen in medizinischer sowie beruflich-erwerblicher Hinsicht, namentlich der Einholung eines Berichtes des Dr. med. A.________, Spezialarzt FMH für Innere Medizin, speziell Rheumaerkrankungen, vom 18. Februar 2000, sprach die IV-Stelle des Kantons Solothurn dem Versicherten am 15. August 2000 verfügungsweise rückwirkend ab 1. Oktober 1999 eine halbe Invalidenrente auf der Basis einer Erwerbsunfähigkeit von 66 % zu. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn bestätigte diesen Verwaltungsakt im Ergebnis unter Annahme eines Invaliditätsgrades von 54,5 % mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 2. Februar 2001. 
 
Im Rahmen eines von der IV-Stelle im Mai 2001 eingeleiteten Revisionsverfahrens machte N.________ die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seit 1998 geltend, woraufhin die Verwaltung u.a. einen Verlaufsbericht des Hausarztes Dr. med. B.________, Arzt für Allgemeine Medizin, vom 22. Juni 2001 einverlangte, welchem Berichte des Dr. med. A.________ vom 8. Oktober 1999 sowie der Frau Dr. med. C.________, Spezialärztin FMH für physikalische Medizin und Rehabilitation, speziell Rheumatologie, vom 8. Juni 2001 beilagen, und ein polydisziplinäres Gutachten durch das Ärztliche Begutachtungsinstitut GmbH (ABI) vom 25. Oktober 2001 erstellen liess. Gestützt darauf lehnte sie - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens - eine revisionsweise Heraufsetzung der Rente mit Verfügung vom 16. Januar 2002 ab. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher N.________ u.a. einen Kurzaustrittsbericht des Dr. med. D.________, Assistenzarzt am Spital E.________, vom 3. August 2001 hatte zu den Akten reichen lassen, wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn ab (Entscheid vom 9. August 2002). 
C. 
N.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm spätestens ab 1. November 2001 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie Bestellung der unterzeichnenden Rechtsanwältin als unentgeltlichen Rechtsbeistand. 
 
Während Vorinstanz und IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; vgl. auch BGE 128 V 30 Erw. 1), die Rentenrevision (Art. 41 IVG; BGE 125 V 369 Erw. 2 mit Hinweis), namentlich die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (BGE 125 V 369 Erw. 2), sowie die Rechtsprechung zur Beweiswürdigung von medizinischen Berichten und Gutachten (BGE 122 V 160 f. Erw. 1c; vgl. auch BGE 125 V 352 Erw. 3a) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Anzufügen bleibt, dass bei einer Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit die anspruchsbeeinflussende Änderung zu berücksichtigen ist, sobald sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat (Art. 88a Abs. 2 Satz 1 IVV). 
1.2 Zu ergänzen ist ferner, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2002 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 16. Januar 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer spätestens ab 1. November 2001 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente hat. Zeitliche Vergleichsbasis für die Beurteilung, ob sich die für den Rentenanspruch massgeblichen Verhältnisse revisionsrechtlich geändert haben, bilden die ursprüngliche Rentenverfügung vom 15. August 2000 und die diese bestätigende Verfügung vom 16. Januar 2002. 
3. 
3.1 Mit Entscheid vom 2. Februar 2001 hatte die Vorinstanz rechtskräftig festgestellt, dass im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung vom 15. August 2000 ein Invaliditätsgrad von 54,5 % bestand. Sie stützte sich dabei im Wesentlichen auf den Bericht des Dr. med. A.________ vom 18. Februar 2000 ab, wonach dem Beschwerdeführer auf Grund eines chronisch-rezidivierenden cervicocephalen/cervicothorakospondylogenen Syndroms beidseits, eines chronisch-rezidivierenden lumbospondylogenen Syndroms beidseits sowie einer chronisch-rezidivierenden posttraumatischen PHS (Periarthropathiahumeroscapularis) tendopathica und ankylosans rechts der bisherige Beruf als Bauhilfsarbeiter zwar nicht mehr zumutbar sei, eine körperlich leichte Tätigkeit unter Vermeidung stereotyper Arbeitshaltungen, monotoner Arbeitsabläufe, langem Sitzen/Stehen sowie repetitiver Bück- und Hebebelastungen medizinisch-theoretisch indes noch im Umfang von 50 % ausgeübt werden könne. 
3.2 Zur Klärung der Frage, ob sich der Gesundheitszustand und damit die Arbeitsfähigkeit des Versicherten seit dieser Beurteilung in anspruchsbeeinflussender Weise geändert hat, holte die Beschwerdegegnerin im Rahmen des Revisionsverfahrens u.a. ein interdisziplinäres Gutachten des ABI vom 25. Oktober 2001 ein. Dieses ist, wie das kantonale Gericht zutreffend erkannt hat, für die streitigen Belange umfassend, beruht auf sorgfältigen eigenen Untersuchungen und berücksichtigt die medizinischen Vorakten wie auch die vom Beschwerdeführer geklagten Gesundheitseinschränkungen. Es leuchtet in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation ein und die darin gezogenen Schlussfolgerungen sind begründet, weshalb es alle rechtsprechungsgemäss erforderlichen Kriterien für beweiskräftige ärztliche Entscheidungsgrundlagen erfüllt und darauf abgestellt werden kann (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis). 
3.2.1 Aus rheumatologischer Sicht attestierten die Ärzte des ABI dem Beschwerdeführer seit 19. Oktober 1998 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit als Bauhilfsarbeiter, wohingegen körperlich leichte, angepasste Verweisungstätigkeiten ohne Überkopfarbeiten, repetitives Bücken und kniende Verrichtungen sowie ohne Heben, Stossen und Ziehen von Lasten über 5 kg mindestens im Umfang von 50 % zuzumuten seien. In psychiatrischer Hinsicht wurde - jedoch ohne Beeinflussung der Arbeitsfähigkeit - der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Einschränkend hielten die Ärzte jedoch fest, auf Grund eines am 3. August 2001 erlittenen Auffahrunfalles (Kurzaustrittsbericht des Dr. med. D.________ vom 3. August 2001) sei es sicherlich zu einer Aktivierung der vorbestehenden Gesundheitsprob-lematik gekommen, sodass vorübergehend von einer etwas grösseren Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Die zuvor geäusserte medizinisch-theoretische Einschätzung eines 50 %igen Leistungsvermögens in einer leidensadaptierten Beschäftigung könne, sofern nicht triftige Gründe (objektivierbare Verschlechterung bildgebend oder klinisch) dagegen sprechen würden, wieder ab Januar 2002 angenommen werden. 
3.2.2 Im Lichte dieser, nach dem Gesagten nachvollziehbaren und überzeugenden Schlussfolgerungen vermögen die Berichte der Frau Dr. med. C.________ vom 8. Juni 2001 und des Dr. med. B.________ vom 22. Juni 2001, zumindest soweit darin die Ansicht vertreten wird, bereits für den Zeitraum zwischen dem 15. August 2000 (ursprüngliche Rentenverfügung) und dem 2. August 2001 habe eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit bestanden, - auch aus den im angefochtenen Entscheid dargelegten Gründen - zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Auf Grund der Abklärungsergebnisse der Experten des ABI ist indessen von einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes - und damit nach den gutachtlichen Ausführungen auch der Arbeitsfähigkeit - des Versicherten ab 3. August bis Ende Dezember 2001 auszugehen. Als anspruchsbeeinflussende Änderung ist, wie hievor dargelegt (Erw. 1.1 in fine), bereits eine ohne wesentliche Unterbrechung während dreier Monate andauernde Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen, weshalb vorliegend entgegen der Betrachtungsweise von Vorinstanz und Verwaltung gewichtige Anhaltspunkte für einen, wenn auch womöglich nur befristet geltenden Revisionsgrund bestehen. Da den medizinischen Akten, insbesondere dem Gutachten des ABI, jedoch keine Angaben darüber zu entnehmen sind, in welchem Umfang sich die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers durch die mit dem Unfallereignis vom 3. August 2001 verbundene Verschlechterung des Gesundheitszustandes zusätzlich reduziert hat, kann an dieser Stelle keine abschliessende Beurteilung der Revisionsfrage vorgenommen werden. 
 
 
 
Die Sache ist daher an die IV-Stelle zurückzuweisen, welche die entsprechenden Abklärungen nachzuholen und hernach erneut über das Revisionsersuchen des Versicherten zu befinden haben wird. Sollte sie zum Ergebnis gelangen, dass durch den Unfall vom 3. August 2001 tatsächlich eine revisionsbegründende Tatsachenänderung eingetreten ist, wäre dem Beschwerdeführer, soweit dieser Zustand im Sinne der Ausführungen der Ärzte des ABI bis mindestens Ende Dezember 2001 andauerte, in Nachachtung von Art. 88a Abs. 2 IVV in Verbindung mit Art. 29 Abs. 2 IVG eine ganze Rente ab 1. November 2001 zuzusprechen. Einer im Gutachten des ABI prognostizierten, jedoch wiederum durch die Verwaltung revisionsweise abzuklärenden Verbesserung des Gesundheitszustandes - und damit vermutungshalber der Erwerbsfähigkeit - ab Januar 2002 hätte die IV-Stelle, jedoch nicht mehr im Rahmen dieses Verfahrens, das bezogen auf die zeitliche Sachverhaltsrelevanz mit Erlass der Verfügung vom 16. Januar 2002 seinen Abschluss fand, nach Massgabe des Art. 88a Abs. 1 IVV Rechnung zu tragen. Gemäss den Empfehlungen der Ärzte des ABI, welche die Durchführung von beruflichen Massnahmen ab Januar 2002 für zumutbar erachten, wäre die Verwaltung im Falle einer tatsächlich eingetretenen Verminderung der Beschwerden des Versicherten überdies getreu dem Grundsatz, wonach der Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen dem Rentenanspruch prinzipiell vorangeht (BGE 126 V 241, 121 V 190, je mit Hinweisen; AHI 2001 S. 284 Erw. 5a/bb in fine), auch diesbezüglich zu näheren Abklärungen angehalten, zumal der heute erst 38-jährige Beschwerdeführer anlässlich seiner erstmaligen Anmeldung bei der Invalidenversicherung einzig um Umschulung auf eine neue Tätigkeit ersuchte. 
4. 
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb von der Auferlegung von Gerichtskosten abzusehen ist (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend ist dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, einschliesslich der unentgeltlichen Verbeiständung, erweist sich damit als gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 9. August 2002 und die Verfügung vom 16. Januar 2002 aufgehoben werden, und die Sache an die IV-Stelle des Kantons Solothurn zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers neu befinde. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wird über eine Neuverlegung der Parteikosten für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 22. April 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: