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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_385/2018  
 
 
Urteil vom 10. September 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, 
Büro A-1, Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon, 
Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, 
Straf- und Massnahmenvollzug 3, 
Hohlstrasse 552, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Anordnung von Sicherheitshaft im gerichtlichen Nachverfahren betreffend Verwahrung; 
therapeutische Behandlung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 12. Juli 2018 (UB180088). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 5. Mai 1999 verurteilte das Bezirksgericht Horgen A.________ wegen mehrfacher (teilweise versuchter) sexueller Handlungen mit Kindern und mehrfacher (teilweise versuchter) Schändung zu fünf Jahren Zuchthaus. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zugunsten einer Verwahrung (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB) aufgeschoben. Mit Beschluss vom 30. Juli 2008 hob das Bezirksgericht Horgen die Verwahrung auf und ordnete eine stationäre psychotherapeutische Massnahme (Art. 59 Abs. 3 StGB) an. Diese Massnahme verlängerte es mit Beschluss vom 2. Juli 2013 um weitere fünf Jahre bis zum 1. Juli 2018. 
 
B.   
Mit Verfügung vom 20. April 2018 hob das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich die stationäre Massnahme auf. Dagegen erhob der Verurteilte am 23. Mai 2018 Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich. Ebenso beantragte das Amt für Justizvollzug am 20. April 2018 beim Bezirksgericht Horgen die nachträgliche Verwahrung des Verurteilten (gestützt auf Art. 62c Abs. 4 i.V.m. Art. 64 Abs. 1 StGB). Gleichzeitig ersuchte es das Bezirksgericht um Prüfung der notwendigen Sicherungsmassnahmen (im Hinblick auf den Ablauf der auf den 1. Juli 2018 befristeten stationären Mass-nahme). 
 
C.   
Mit Verfügung vom 21. Juni 2018 bestellte das Bezirksgericht dem Verurteilten für das eingeleitete massnahmenrechtliche Nachverfahren einen amtlichen Verteidiger. Gleichzeitig überwies es die Akten dem Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Horgen (ZMG) zur Prüfung der Anordnung von Sicherheitshaft. Mit Verfügung vom 28. Juni 2018 versetzte das ZMG den Verurteilten (per 2. Juli 2018 und bis 2. Januar 2019) in Sicherheitshaft. Dagegen erhob dieser Beschwerde beim kantonalen Obergericht. Er beantragte seine sofortige Haftentlassung; eventualiter sei anstelle bzw. während der Sicherheitshaft die stationäre Massnahme im bisherigen Rahmen weiterzuführen. Das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, wies die Haftbeschwerde mit Beschluss vom 12. Juli 2018 ab. 
 
D.   
Gegen den Haftentscheid des Obergerichtes gelangte der Verurteilte mit Beschwerde vom 16. August 2018 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die "provisorische Verlängerung der stationären Massnahme" anstelle bzw. im Rahmen der vollzugsrechtlichen Sicherheitshaft. 
Das Obergericht hat am 20. August 2018 auf eine Vernehmlassung ausdrücklich verzichtet. Von der Staatsanwaltschaft und dem kantonalen Amt für Justizvollzug sind innert der auf 27. August 2018 angesetzten Frist keine Stellungnahmen eingegangen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer stellt kein Haftentlassungsgesuch. Auch in der Beschwerdebegründung stellt er ausdrücklich klar, dass er, anders als noch im vorinstanzlichen Verfahren, keine Haftentlassung mehr beantragt. Er wehre sich "nicht mehr dagegen, vorderhand nicht in Freiheit zu kommen, möchte aber bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens wenigstens die bisherige stationäre Massnahme fortsetzen können". Dabei handle es sich um eine "mildere" Massnahme. Einen entsprechenden Eventualantrag habe er schon im vorinstanzlichen Verfahren gestellt. 
Soweit der Beschwerdeführer an gleicher Stelle (beiläufig) äussert, er sei nach wie vor der Meinung, dass für die Anordnung von Sicherheitshaft im massnahmenrechtlichen gerichtlichen Nachverfahren "keine ausreichende gesetzliche Grundlage" bestehe, sich aber mit den anderslautenden Erwägungen der Vorinstanz und der dort zutreffend dargelegten Praxis des Bundesgerichtes (angefochtener Entscheid, S. 3 f., E. II/1.1.-1.2) nicht auseinandersetzt, sondern betont, dass er sich im vorliegenden Verfahren gegen die betreffende Praxis "nicht mehr wehrt", ist auf dieses "ceterum censeo" nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, bei der "bisherigen stationären Massnahme", also der bis zum 1. Juli 2018 im Sanktionsvollzug durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung, handle es sich aus haftrechtlicher Sicht um eine "mildere" Massnahme. Die Vorinstanz sei in Verletzung von Bundesrecht seinem Eventualantrag nicht gefolgt, die Wiederaufnahme der therapeutischen Behandlung als weniger einschneidende und verhältnismässige Massnahme anzuordnen. Insofern kann die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers (im Sinne von Art. 81 BGG) grundsätzlich bejaht werden. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind erfüllt und geben zu keinen weiteren Vorbemerkungen Anlass. 
 
2.   
Der Beschwerdeführer rügt, die Verweigerung der von ihm beantragten Rückversetzung in den stationären Massnahmenvollzug (bzw. der Wiederaufnahme der Psychotherapie während des Haftvollzugs) verletze den Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 BV). Die Behandlung stehe ihm zu. Ohne sie gehe ihm "wertvolle Lebenszeit verloren". 
 
2.1. Im angefochtenen Entscheid hat das Obergericht ausreichende Haftgründe für Sicherheitshaft (im gerichtlichen Nachverfahren betreffend nachträgliche Verwahrung) bejaht. Was den Haftgrund der Wiederholungsgefahr betrifft, erwog die Vorinstanz, es sei derzeit ernsthaft zu befürchten, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Freilassung erneut Sexualverbrechen an Kindern begehen würde. Seine Rückfallprognose sei sehr ungünstig, und es bestehe bei einer Haftentlassung eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Das Obergericht kam sodann zum Schluss, es seien derzeit keine strafprozessualen Ersatzmassnahmen für Haft (im Sinne von Art. 237 f. i.V.m. Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO) ersichtlich (etwa betreutes Wohnen, Electronic Monitoring oder deliktsspezifische Rayon- und Kontaktverbote), welche die festgestellte erhebliche Wiederholungsgefahr für schwere Verbrechen ausreichend bannen könnten.  
 
2.2. Auch dem Eventual-Antrag auf Rückversetzung in den stationären Massnahmenvollzug bzw. auf Wiederanordnung der therapeutischen Behandlung leistete die Vorinstanz keine Folge. Das Obergericht erwog, im Haftbeschwerdeverfahren sei "ausschliesslich über die Anordnung oder Nichtanordnung der Sicherheitshaft bzw. allfälliger Ersatzmassnahmen i.S.v. Art. 237 Abs. 2 StPO zu befinden". Eine gesetzliche Grundlage, um im Haftbeschwerdeverfahren "quasi vorsorglich über vollstreckungsrechtliche Belange" zu entscheiden, bestehe hingegen nicht (angefochtener Entscheid, S. 18 E. 5.2). Schon das Zwangsmassnahmengericht hatte im erstinstanzlichen Haftentscheid (S. 12 E. 9.2) analog entschieden.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer beantragt vor Bundesgericht keine Haftentlassung gegen strafprozessuale Ersatzmassnahmen (wie betreutes Wohnen, Electronic Monitoring oder deliktsspezifische Rayon- und Kontaktverbote) mehr, sondern seine Rückversetzung in den (bis zum 1. Juli 2018 durchgeführten) stationären therapeutischen Massnahmenvollzug als "mildere" Massnahme. Insofern versucht er faktisch, die Frage der Fortführung einer strafrechtlichen Massnahme nach rechtskräftiger Verurteilung (Art. 59 Abs. 3 StGB) zum Gegenstand des strafprozessualen Haftbeschwerdeverfahrens zu erheben. Dass die kantonalen Instanzen dem betreffenden Rechtsbegehren keine Folge geleistet haben, hält vor dem Bundesrecht stand:  
 
2.4. Mit Verfügung vom 20. April 2018 hob das kantonale Amt für Justizvollzug (wegen Scheiterns der langjährigen Therapiebemühungen) die stationäre Massnahme per 1. Juli 2018 auf. Dagegen erhob der Beschwerdeführer, wie er selber darlegt, am 23. Mai 2018 Rekurs bei der kantonalen Direktion der Justiz und des Innern und am 16. August 2018 Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht. Ebenso beantragte das Amt für Justizvollzug am 20. April 2018 beim Bezirksgericht Horgen die nachträgliche Verwahrung des Verurteilten im gerichtlichen Nachverfahren. Eine allfällige Rückversetzung in den stationären therapeutischen Massnahmenvollzug ist somit Gegenstand des hängigen vollzugsrechtlichen Verwaltungsgerichtsverfahrens bzw. des konnexen massnahmenrechtlichen Nachverfahrens.  
Eine freiheitsentziehende strafrechtliche Sanktion (vorliegend: Art. 59 Abs. 3 StGB) stellt denn auch keine "Ersatzmassnahme" für strafprozessuale Sicherheitshaft dar. Folgerichtig werden stationäre therapeutische Massnahmen oder andere Sanktionen als mögliche Ersatzmassnahmen für Sicherheitshaft im Gesetz nicht erwähnt (Art. 237 f. StPO); sie passen auch nicht in deren System. 
 
2.5. Auch unter dem Gesichtspunkt der vom Beschwerdeführer angerufenen Verhältnismässigkeit der Zwangsmassnahme (Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c-d StPO) besteht kein Anlass, die Wiederaufnahme der therapeutischen Behandlung als Haftmodalität (vgl. Art. 235 StPO) anzuordnen:  
Zum einen wird im angefochtenen Entscheid (S. 13-15) ausführlich dargelegt, dass die Therapie mangels Behandlungsaussichten bzw. mangels Therapiebereitschaft des Beschwerdeführers abgebrochen werden musste. Zum anderen ist nicht ersichtlich, weshalb die Fortführung der stationären Psychotherapie im vorliegenden Fall als "milderer" strafprozessualer Eingriff einzustufen wäre: Da die Sicherheitshaft (wie zuvor der Sanktionsvollzug) nach wie vor in einer Vollzugsanstalt und nicht in einem Untersuchungsgefängnis durchgeführt wird, hat sich am Vollzugsregime (abgesehen vom Wegfall der Therapiesitzungen) nichts Wesentliches geändert. Inwiefern mit dem blossen Wegfall von Therapiesitzungen ein einschneidenderes Haftregime verbunden wäre, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Noch viel weniger ist ersichtlich, inwiefern ihm dadurch "wertvolle Lebenszeit" entginge. Inwiefern er derzeit einen Rechtsanspruch auf psychiatrische Behandlung habe (wie er behauptet), legt er ebenfalls nicht substanziiert dar (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). 
Im Übrigen stünde es dem Beschwerdeführer nötigenfalls frei, bei der zuständigen Verfahrensleitung des mit dem massnahmenrechtlichen Nachverfahren befassten Bezirksgerichtes ein Gesuch um vorzeitigen stationären Therapievollzug zu stellen (Art. 236 StPO). Ein solcher Schritt könnte sich umso mehr aufdrängen, als der Beschwerdeführer seine (von den kantonalen Vollzugsbehörden festgestellte) mangelnde Therapiebereitschaft sinngemäss bestreitet. Die materiellen Aussichten eines solchen allfälligen Gesuches um vorzeitigen Sanktionsvollzug beim zuständigen Sachgericht sind allerdings nicht im vorliegenden Haftbeschwerdeverfahren zu prüfen. 
Schliesslich weist der Beschwerdeführer auch noch selber darauf hin, dass er am 16. August 2018 (gleichzeitig mit der vorliegenden Haftbeschwerde) Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht gegen den abschlägigen vollzugsrechtlichen Rekursentscheid der kantonalen Justizdirektion vom "24. Juli" (recte: 25. Juli) 2018 erhoben habe. Es stünde ihm somit frei, beim Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung (gegen die von ihm angefochtene Aufhebung der stationären Massnahme) zu beantragen. 
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Der Beschwerdeführer ist amtlich verteidigt und stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Er befindet sich schon seit langer Zeit im stationären Sanktionsvollzug bzw. in strafprozessualer Haft. Seine finanzielle Bedürftigkeit ergibt sich aus den Akten. Das Gesuch ist daher (gestützt auf Art. 64 BGG) gutzuheissen. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt: 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwalt Stephan Bernard wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit einem Honorar von Fr. 1'500.-- (pauschal, inkl. MWST) entschädigt.  
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. September 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster