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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_244/2010 
 
Urteil vom 5. August 2010 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Borella, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Kernen, Seiler, 
Gerichtsschreiber Ettlin. 
 
Verfahrensbeteiligte 
K.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sebastian Lorentz, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Massnahmen beruflicher Art), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz 
vom 5. Februar 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die 1975 geborene K.________ absolvierte nach der obligatorischen Schulzeit das Lehrerinnenseminar, welches sie 1996 mit der Patentierung zur Primarlehrerin abschloss. Am 9. Dezember 2002 meldete sie sich zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an (Invalidenrente). Die IV-Stelle Basel-Landschaft genehmigte in der Folge die Umschulung zur Arbeits- und Organisationspsychologin (Verfügung vom 9. Januar 2006 sowie Kostengutsprachen während des Studiums) und am 14. März 2008 auf Ersuchen der Versicherten hin den Studienwechsel zur klinischen Psychologie. Den Bachelor erlangte K.________ im Sommer 2009, worauf sie das Gesuch auf Kostenübernahme für den Masterstudiengang in klinischer Psychologie stellte, welches Begehren die IV-Stelle Schwyz mit Verfügung vom 2. Oktober 2009 abwies. 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 5. Februar 2010). 
 
C. 
K.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Invalidenversicherung zur Kostengutsprache für die Umschulung zum Master in klinischer Psychologie zu verpflichten. 
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin beantragt die Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 3 BGG), welches Begehren sie mit dem Recht auf Replik begründet. Indessen haben weder die Verwaltung noch das vorinstanzliche Gericht eine Stellungnahme eingereicht. Dem Verfahrensantrag ist schon deswegen nicht zu entsprechen. 
 
3. 
3.1 Unter Umschulung im Sinne von Art. 17 IVG ist rechtsprechungsgemäss grundsätzlich die Summe der Eingliederungsmassnahmen berufsbildender Art zu verstehen, die notwendig und geeignet sind, der vor Eintritt der Invalidität bereits erwerbstätig gewesenen versicherten Person eine ihrer früheren annähernd gleichwertige Erwerbsmöglichkeit zu vermitteln. Dabei bezieht sich der Begriff der "annähernden Gleichwertigkeit" nicht in erster Linie auf das Ausbildungsniveau als solches, sondern auf die nach erfolgter Eingliederung zu erwartende Verdienstmöglichkeit. In der Regel besteht nur ein Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren. Denn das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 130 V 488 E. 4.2 S. 489 f. mit Hinweisen; 124 V 108 E. 2a S. 109; Urteile I 210/05 vom 10. November 2005 E. 3.3.1 und I 73/04 vom 30. September 2004 E. 2.2). Das Erfordernis der Gleichwertigkeit als Ausdruck der Verhältnismässigkeit begrenzt den Umschulungsanspruch "nach oben". Hingegen steht dieser Gesichtspunkt Umschulungen nicht entgegen, die den Versicherten zu einem bescheideneren beruflichen Ziel führen, was in vielen Fällen - invaliditätsbedingt - zutreffen dürfte. Erforderlich ist einzig, dass sich der erwartete Teilerfolg noch als genügend eingliederungswirksam bezeichnen lässt, was wiederum unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes von Bedeutung ist. Massgebend ist demnach, dass die beabsichtigte Umschulung in einen minderbezahlten Beruf zu einer dauerhaften und wesentlichen Verbesserung der Erwerbsfähigkeit führt, wie es Art. 17 Abs. 1 IVG ausdrücklich verlangt (BGE 122 V 77 E. 3b/bb S. 79). 
 
3.2 Die Verhältnismässigkeit der Eingliederungsmassnahmen ist im Weiteren nicht mehr erfüllt, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen den Kosten und dem voraussichtlichen Nutzen der Vorkehr besteht (ULRICH MEYER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 2010, S. 102; vgl. BGE 115 V 191 E. 4e/cc S. 198). Dabei umfassen die Kosten einer Umschulung neben den Kurskosten auch die Taggeldleistungen (vgl. zu deren akzessorischem Charakter BGE 123 V 20 E. 3a S. 22 und AHI 2002 S. 110 E. 3a). Für den Nutzen einer Eingliederungsmassnahme ist bei einem mit dem Bildungsstand vergleichbar hohen oder sogar höheren angestrebten Ausbildungsniveau und bei annähernder Gleichwertigkeit der Erwerbsmöglichkeiten vor und nach deren Durchführung neben der Erhaltung der Erwerbsfähigkeit in erster Linie die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer nach Art. 8 Abs. 1bis IVG von Bedeutung. Darunter ist die verbleibende Zeitspanne bis zum ordentlichen Pensionierungsalter gemäss Art. 21 Abs. 1 AHVG zu verstehen (Urteil I 761/05 vom 15. Februar 2006 E. 3.4). 
 
4. 
Offenbleiben kann, ob es sich bei der Umschulung zum Bachelor in klinischer Psychologie um eine den Anforderungen von Art. 17 IVG entsprechende Eingliederungsmassnahme gehandelt hat. Selbst wenn die Beschwerdeführerin mit diesem Abschluss keine Berufschancen haben sollte - wie sie behauptet - und die Erwerbsfähigkeit durch die Umschulung weder erhalten noch verbessert werden konnte (Art. 17 Abs. 1 IVG), gäbe ihr dies keinen zwangsläufigen Anspruch auf eine Umschulung zum Master. Die Kostenübernahme für den Bachelor-Studiengang präjudiziert jene des Masters nicht. Der Bachelor ist zwar Voraussetzung für die Zulassung zu den Master-Studiengängen (Art. 3 Abs. 1 Richtlinien der Schweizerischen Universitätskonferenz für die koordinierte Erneuerung der Lehre an den universitären Hochschulen der Schweiz im Rahmen des Bologna-Prozesses [Bologna-Richtlinien; SR 414.205.1]), hingegen bilden anders als im einstufigen Lizentiatsstudium der Bachelor und der Master jeweils eine Ausbildungsstufe (Art. 1 Abs. 2 Bologna-Richtlinien). Es ist demzufolge unabhängig von der genehmigten und bereits abgeschlossenen Umschulung zum Bachelor der Anspruch auf das Masterstudium zu prüfen. 
 
5. 
5.1 Die Beschwerdeführerin trägt gestützt auf Angaben des Schweizerischen Berufsverbandes für Angewandte Psychologie vor, als klinische Psychologin mit dem Masterabschluss ein Einkommen von maximal Fr. 54'000.- erzielen zu können, wogegen sie als Lehrerin einen Lohn zwischen Fr. 79'576.- und Fr. 127'349.- erhielte. Aus den Lohnunterschieden kann die Versicherte indessen nichts für ihren Standpunkt herleiten; denn der mit dem Abschluss des Masters in klinischer Psychologie zu erwartende Lohn läge nach ihrer Darstellungsweise etwa um 30 % tiefer als das Einkommen im angestammten Beruf. Unter diesem Aspekt sind die zu vergleichenden Ausbildungen nicht gleichwertig. Es kommt dazu, dass ein Hochschulabschluss in klinischer Psychologie auf der Stufe des Masters deutlich über dem Ausbildungsniveau der Primarlehrerin steht: Zutreffend geht die Beschwerdeführerin davon aus, das Lehrerpatent entspreche der Maturität. Der Abschluss zur Primarlehrerin (Diplomierung im Jahr 1996) ermächtigt sie zwar zum Besuch der Hochschule und ist als solches Voraussetzung für den Bachelor-Abschluss. Hingegen öffnet erst dieser den Weg zur Masterausbildung (Art. 3 Abs. 1 Bologna-Richtlinien). Folglich übertrifft schon der Bachelor das Niveau der ursprünglichen Ausbildung; umso mehr der Master. Auch insofern ist die Gleichwertigkeit zwischen dem ins Auge gefassten Masterabschluss in klinischer Psychologie und der Primarlehrerinnen-Ausbildung nicht gegeben. Ferner kann mit Blick auf das Ausbildungsniveau trotz des nach der Umschulung erwarteten tieferen Lohnes nicht von einem bescheideneren beruflichen Ziel gesprochen werden, welches einem Anspruch grundsätzlich nicht entgegenstünde (vgl. E. 2.1 hievor). 
 
5.2 Zu berücksichtigen ist sodann das Missverhältnis zwischen den Kosten und der vergleichsweise geringen Eingliederungswirksamkeit der Masterausbildung. Denn die Leistungen der Invalidenversicherung beinhalten neben den Schul- und Materialkosten (E. 2.2 hievor) auch ein Taggeld, welches während der Bachelor-Ausbildung von 2005 bis 2009 zwischen Fr. 218.80 und Fr. 263.- betragen hat. Die zusätzlichen Kosten der Ausbildung zum Master sind erheblich. Im Lichte des Dargelegten verstösst der angefochtene Entscheid nicht gegen Bundesrecht und die Beschwerde ist unbegründet. 
 
6. 
Die Beschwerdeführerin wird als unterliegende Partei kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 5. August 2010 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Borella Ettlin