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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.240/2004 /gij 
 
Urteil vom 12. Mai 2004 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, 
Bundesrichter Aeschlimann, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Markus Koch, 
 
gegen 
 
Bezirksamt Bremgarten, Rathausplatz 3, 5620 Bremgarten AG, 
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Präsident der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau. 
 
Gegenstand 
Art. 29 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 2 BV, Art. 5 Ziff. 2 und 3 EMRK (Haftverlängerung), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Präsidenten der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau vom 19. April 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Gestützt auf einen Haftbefehl des Bezirksamtes Bremgarten vom 2. März 2004 wurde X.________ verhaftet und am 9. März 2003 in Untersuchungshaft genommen. Er wird der Gehilfenschaft zu vorsätzlicher Tötung verdächtigt. 
 
Auf Antrag des Bezirksamtmann-Stellvertreters des Bezirksamtes Bremgarten vom 15. März 2004 verfügte der Vizepräsident der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau am 18. März 2004 die Verlängerung der Untersuchungshaft gegen X.________ bis zum Eingang der Anklage beim Gericht. 
 
Auf staatsrechtliche Beschwerde von X.________ hin hob das Bundesgericht diesen Entscheid am 8. April 2004 auf, wies hingegen das Haftentlassungsgesuch ab. 
B. 
Auf Antrag des Bezirksamtmann-Stellvertreters vom 16. April 2004 verlängerte der Präsident der Beschwerdekammer die Untersuchungshaft gegen X.________ am 19. April 2004 erneut bis zum Eingang der Anklage beim Gericht. 
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 21. April 2004 wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 2 BV sowie von Art. 5 Ziff. 2 und 3 EMRK beantragt X.________, diesen Entscheid aufzuheben und ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Er beantragt zudem, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und ihn "vorsorglich und somit vor Einholung einer Vernehmlassung aus der Untersuchungshaft zu entlassen". Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
C. 
In seiner Vernehmlassung beantragt der Präsident der Beschwerdekammer, die Beschwerde abzuweisen. Die Staatsanwältin verzichtet auf Vernehmlassung. 
 
In seiner Replik hält X.________ an der Beschwerde fest. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Auf die Beschwerde ist aus den gleichen Gründen einzutreten wie im ersten in dieser Sache ergangenen Urteil 1P.182/2004 vom 8. April 2004. 
1.2 Das Bundesgericht hat den Beschwerdeführer nicht sofort superprovisorisch aus der Haft entlassen und damit seinen entsprechenden Antrag stillschweigend abgelehnt. Die Sach- und Rechtslage erlaubte entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, sofort über eine Haftentlassung zu entscheiden. 
2. 
Das Bundesgericht hat bereits im ersten in dieser Sache ergangenen Entscheid 1P.182/2004 (E. 2) dargelegt, dass der Verhaftete Anspruch darauf hat, über die Haftgründe und insbesondere auch über den Tatverdacht informiert zu werden; darauf ist zu verweisen. Es hat den Haftverlängerungsentscheid aufgehoben, weil dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt worden war, wessen er konkret verdächtigt werde. Strittig ist, ob dies in der Zwischenzeit nachgeholt wurde. 
Im Haftverlängerungsantrag vom 16. April 2004 wird der Beschwerdeführer verdächtigt, er habe am Tötungsdelikt der F.Y.________, die am 27. Januar 2004 ihren Ehemann A.Y.________ erschossen habe, als Gehilfe mitgewirkt, indem er ihr Tage zuvor die Tatwaffe beschafft habe. Dieser Tatvorwurf ist, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, in diesem frühen Untersuchungsstadium auch in zeitlicher Hinsicht genügend konkret. 
3. 
3.1 Nach § 67 Abs. 1 und 2 der Aargauer Strafprozessordnung vom 11. November 1958 darf Untersuchungshaft u.a. angeordnet werden, wenn der Beschuldigte einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Tat dringend verdächtig ist und Flucht- oder Kollusionsgefahr besteht. Liegt ausser dem allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachts einer dieser beiden besonderen Haftgründe vor, steht einer Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft auch unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit von Art. 10 Abs. 2 BV und von Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK grundsätzlich nichts entgegen. 
3.2 Aus dem angefochtenen Entscheid bzw. dem Haftverlängerungsantrag des Bezirksamtes geht nicht hervor, worauf sich der Tatverdacht stützt. Dies ergibt sich ausdrücklich erst aus der Vernehmlassung des Beschwerdekammerpräsidenten vom 27. April 2004. Daraus geht hervor, dass F.Y.________ nicht nur aussagte, der Beschwerdeführer habe ihr die Tatwaffe beschafft, sondern auch noch den Waffenlieferanten benannte, von dem dieser sie bezogen habe. 
 
Es gibt keinen Anlass zu zweifeln, dass der Beschwerdekammerpräsident die belastenden Aussagen von F.Y.________ zutreffend zusammenfasste. In diesem frühen Verfahrensstadium ist daher gestützt auf dessen Darstellung davon auszugehen, dass er den Tatverdacht zu Recht bejahte, auch wenn die Aussagen von F.Y.________ in den Haftprüfungsakten fehlen. Die Beschwerdekammer wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht angeht, dem nunmehr über zwei Monate inhaftierten Beschwerdeführer die Beweismittel, auf die sie ihren Tatverdacht stützt, länger vorzuenthalten. Solange er sich in Untersuchungshaft befindet, kann er nicht kolludieren, sodass die "ermittlungstaktischen Gründe", aus denen ihm die belastenden Aussagen vorenthalten werden, jedenfalls ohne weitere - hier ausgebliebene - Erklärungen hierzu nicht genügen. 
3.3 Dem angefochtenen Entscheid bzw. dem Haftverlängerungsantrag des Bezirksamtes ist ebenfalls nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen Flucht- und Kollusionsgefahr bestehen soll. 
 
Aus den Akten und der Vernehmlassung des Beschwerdekammerpräsidenten, zu der der Beschwerdeführer Stellung nehmen und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör wahren konnte, geht indessen ohne weiteres hervor, dass zumindest die Annahme von Fluchtgefahr haltbar ist, da der zurzeit arbeitslose Beschwerdeführer für den Fall einer Verurteilung mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen hat, erst seit 1997 in der Schweiz lebt und gute Kontakte zu seiner Heimat Serbien-Montenegro unterhält, sodass er versucht sein könnte, sich der weiteren Strafverfolgung durch Flucht zu entziehen, selbst wenn er seine Familie in der Schweiz zurücklassen müsste. 
 
Ob auch Kollusionsgefahr besteht, kann unter diesen Umständen offen bleiben. Das Bundesgericht könnte dies auch nicht beurteilen, da sich die dafür nötigen Akten nicht bei den Verfahrensakten befinden. 
 
4. 
Die Beschwerde ist damit abzuweisen. Der Beschwerdekammerpräsident wird indessen darauf hingewiesen, dass er in einem Haftprüfungsentscheid wenigstens kurz zu begründen hat, weshalb er die gesetzlichen Haftgründe bejaht. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, in den Akten - soweit sie überhaupt eingereicht werden - nach Gründen zu suchen, die die angefochtene Haftverlängerung rechtfertigen könnten. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird an sich der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 OG). Er hat indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches gutzuheissen ist, da die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ausgewiesen scheint und die Beschwerde nicht aussichtslos war (Art. 152 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen: 
2.1 Es werden keine Kosten erhoben. 
2.2 Rechtsanwalt Markus Koch wird für das bundesgerichtliche Verfahren als unentgeltlicher Verteidiger eingesetzt und aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- entschädigt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksamt Bremgarten, der Staatsanwaltschaft und dem Präsidenten der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Mai 2004 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: