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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.517/2003 /gij 
 
Urteil vom 7. Juni 2004 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesrichter Féraud, Ersatzrichter Ackeret, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Baumeler, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern, 
Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, Postfach, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, 
vom 3. Juni 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 7. Mai 2002 bestrafte der Amtsstatthalter von Sursee X.________ mit einer Busse von Fr. 1'000.-- wegen Widerhandlung gegen das kantonale Planungs- und Baugesetz (PBG). X.________ wurde vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Instandsetzung des Belages der Y.________-strasse in Z.________ als Geschäftsführer der X.________AG auf der von ihm gepachteten Parzelle Nr. ___ entlang der Y.________-strasse einen Belagstreifen von ca. 27,5 x 3 m ohne Bewilligung der zuständigen Behörde asphaltiert zu haben. Auf Einsprache von X.________ hin wurde die Sache dem Amtsgericht Sursee zur Beurteilung überwiesen, das ihn am 26. August 2002 ebenfalls der Widerhandlung gegen die Baubewilligungspflicht nach § 184 Abs. 1 PBG schuldig befand und die vom Amtsstatthalter ausgesprochene Busse bestätigte. 
 
Zum gleichen Entscheid gelangte das mit Appellation angerufene Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 3. Juni 2003. 
B. 
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben; er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. 
C. 
Das Obergericht hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid. Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit unter dem Gesichtswinkel von Art. 86 OG zulässig. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und daher zur Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). 
1.2 Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht willkürliche Beweiswürdigung und damit eine Verletzung von Art. 9 BV vor. Bei der Beweiswürdigung steht den kantonalen Behörden nach ständiger Rechtsprechung ein weiter Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur ein, wenn tatsächliche Feststellungen offensichtlich falsch sind oder auf einem offenbaren Versehen beruhen (BGE 105 Ia 190 E. 2a). Zur Begründung der Willkürrüge genügt es nicht, den Feststellungen des Sachrichters mit einer appellatorischen Kritik, auf die nicht eingetreten werden kann (BGE 107 la 186), die eigene Version der Ereignisse gegenüberzustellen. Die Beweiswürdigung ist nicht schon dann und deshalb willkürlich, wenn und weil vom Sachrichter gezogene Schlüsse nicht mit der Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen. Vielmehr hat dieser aufzuzeigen, weshalb die Nichtberücksichtigung seiner Einwände schlechterdings unhaltbar sei, und er hat im Einzelnen darzulegen, inwiefern die vom Sachrichter vorgenommene Beweiswürdigung willkürlich sein soll (BGE 110 Ia 1 E. 2a). Diesen Voraussetzungen genügt die Eingabe des Beschwerdeführers in weiten Teilen nicht. 
1.3 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur. Das heisst, dass das Bundesgericht, abgesehen von hier nicht gegebenen Ausnahmen, einen als verfassungswidrig erkannten Entscheid nur aufheben, nicht aber abändern oder ersetzen kann (BGE 118 Ia 64 E. 1e S. 69). Soweit der Beschwerdeführer beantragt, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen, kann auf die Beschwerde deshalb nicht eingetreten werden. 
2. 
In seinem Urteil stützt sich das Obergericht auf § 185 aPBG, wonach Reparatur- und Unterhaltsarbeiten keiner Baubewilligung bedürfen. Darüber hinausgehende Bauarbeiten sind dagegen gemäss § 184 Abs. 1 lit. b aPBG bewilligungspflichtig. 
 
Wie das Obergericht feststellt, haben in Bezug auf die Bauarbeiten an der Y.________-strasse diejenigen Elemente, die dem ordentlichen Unterhalt zuzurechnen waren, dominiert, weshalb diese Arbeiten keiner Baubewilligung bedurften. Bei der fraglichen Asphaltierung des Belagstreifens von rund 27,5 x 3 m könne demgegenüber entgegen dem Beschwerdeführer nicht von einer Sicherung der sanierten Y.________-strasse gesprochen werden. Es handle sich vielmehr um eine markante Strassenverbreiterung, welche sich wesentlich auf die Nutzungsordnung auswirke und deshalb als bewilligungspflichtig zu qualifizieren sei. Die gepachtete Parzelle Nr. ___, GB Z.________, auf welcher der Belagstreifen asphaltiert wurde, liege zudem unbestrittenermassen in der Landwirtschafts- und Schutzzone. Der Belagstreifen diene keinem landwirtschaftlichen und deshalb keinem zonenkonformen Zweck, und es hätte das ausserhalb der Bauzone liegende Bauvorhaben für seine Realisierung vorab einer Ausnahmebewilligung des kantonalen Raumplanungsamtes und alsdann einer Baubewilligung des Gemeinderates von Z.________ bedurft. Ein entsprechendes Bewilligungsverfahren sei aber nie durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe deshalb den Tatbestand der Widerhandlung gegen die Baubewilligungspflicht objektiv erfüllt. In subjektiver Hinsicht habe er zumindest fahrlässig der Baubewilligungspflicht zuwider gehandelt. Die anlässlich einer Zusammenkunft vom 13. Juli 2000 mit Vertretern der Unterhaltsgenossenschaft Z.________ (UHG), der S.________AG, des kantonalen Landwirtschaftsamtes und des Gemeinderates von Z.________ getroffene schriftliche Vereinbarung, wonach der Beschwerdeführer den Rand der Strasse unterhalb des Sanierungsstückes entlang des Gebäudes auf eigene Kosten reparieren lasse, habe sich auf die Kostenbeteiligung für die Bauarbeiten bezogen, und es könne aus dem Wortlaut der Vereinbarung nicht geschlossen werden, dass die Asphaltierung des Belagstreifens nicht bewilligungspflichtig sei. Zumindest bei Beginn der zweiten Bauphase sei der Beschwerdeführer im Übrigen vom Bauführer T.________ darauf hingewiesen worden, dass die Arbeiten am Belagstreifen nicht ausgeführt werden dürften. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer nicht mehr davon ausgehen dürfen, dass sein Bauvorhaben ohne Baubewilligung zulässig sei. Da er keinerlei Abklärungen getroffen habe, könne er sich auch nicht nachträglich auf einen Rechtsirrtum gemäss Art. 20 StGB berufen. Das Obergericht beurteilte deshalb auch den subjektiven Tatbestand der Widerhandlung als erfüllt. 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer stellt die rechtlichen Grundlagen nicht in Frage. Er rügt eine willkürliche Beweiswürdigung, indem er entgegen dem obergerichtlichen Beweisergebnis aufgrund des damaligen Sachverhaltes habe davon ausgehen können, dass er für die Strassenverbreiterung bei der Y.________-strasse keine spezielle Baubewilligung habe einholen müssen. 
3.2 Zur Begründung seiner Rüge wegen willkürlicher Erhebung und Zugrundelegung des rechtserheblichen Sachverhaltes macht der Beschwerdeführer vorab geltend, dass sich sowohl die Y.________-strasse wie auch die Strassenverbreiterung in der Landwirtschaftszone gemäss § 54 des Planungs- und Baugesetzes befänden. Für beide Abschnitte gälten somit betreffend die Baubewilligungspflicht die gleichen gesetzlichen Voraussetzungen, und es sei jegliche Differenzierung betreffend die Baubewilligungspflicht sachfremd und rechtlich unhaltbar. Als die X.________AG das Werkareal auf Grundstück Nr. ___, GB Z.________, von der S.________AG vor 16 Jahren gemietet habe, hätten sowohl die Y.________-strasse wie auch die vorliegend relevante Strassenverbreiterung bereits bestanden. Letztere bestehe seit mindestens 1972, und es habe dieser Abstellplatz, der stets eingeschottert gewesen sei, der X.________AG seit Mietbeginn als Umschlagplatz für Container gedient. Die gleiche Oberflächenbeschaffenheit der Y.________-strasse und der Strassenverbreiterung und die nachfolgenden identischen Bauarbeiten hätten in keiner Weise den Verdacht zu erwecken vermocht, dass diese Flächen einer unterschiedlichen Bewilligungspflicht unterstünden. 
 
Diese Vorbringen sind nicht geeignet, die Feststellungen des Obergerichts, wonach zwischen der Sanierung der Y.________-strasse und der Asphaltierung des Belagstreifens ein rechtserheblicher Unterschied bestand, als abwegig erscheinen zu lassen. Wie das Obergericht dazu festgestellt hat, war die Y.________-strasse vor den Bauarbeiten unbestrittenermassen in einem schlechten Zustand und demzufolge sanierungsbedürftig. Es konnte deshalb ohne Willkür davon ausgegangen werden, dass die Behebung dieser Schäden und der Einbau eines neuen Belages auf der Y.________-strasse dem normalen Unterhalt dienten und keiner Baubewilligung bedurften. Andererseits war es in keiner Weise unhaltbar, wenn das Obergericht betreffend die Asphaltierung des Belagstreifens von ca. 82,5 m2 feststellte, dass diesbezüglich nicht mehr von einer Stützung des Strassenbanketts und einem integrierten Bestandteil oder einer untergeordneten Änderung gesprochen werden könne, sondern vielmehr eine markante Strassenverbreiterung gegeben sei, welche sich wesentlich auf die Nutzungsordnung auswirke, weshalb diesbezüglich eine Bewilligungspflicht bestehe. 
3.3 Der Beschwerdeführer macht im Weiteren geltend, dass er aufgrund des Verhaltens der anwesenden Behördenmitglieder anlässlich der Besprechung vom 13. Juli 2000 und der damals vorliegenden Umstände nicht von anderen Bewilligungsvoraussetzungen als bei den Bauarbeiten an der Y.________-strasse habe ausgehen müssen. 
 
So sei er anlässlich der Besprechung von keiner Seite auf eine Bewilligungspflicht betreffend den Ausbau der Strassenverbreiterung hingewiesen worden. Anlässlich der Besprechung vom 13. Juli 2000 habe er explizit geäussert, dass die Strassenverbreiterung an der besagten Stelle asphaltiert würde, und es hätten sämtliche Teilnehmer einen Plan in den Händen gehalten, in welchem die Strassenverbreiterung eingezeichnet und ausgemasst war. Die Teilnehmer, allen voran Gemeindeammann R.________ als Bauverantwortlicher der Gemeinde Z.________ oder der Vertreter des kantonalen Landwirtschaftsamtes, hätten den Beschwerdeführer auf eine Bewilligungspflicht hinweisen müssen. Stattdessen hätten sämtliche Beteiligten eine Vereinbarung unterzeichnet, worin sich der Beschwerdeführer im Namen der X.________AG verpflichtet habe, einen namhaften Betrag an die Baukosten der Y.________-strasse zu bezahlen. Er habe auch offiziell gesagt, dass auf Parzelle Nr. ___ ein Streifen asphaltiert werden sollte, und habe sich ausdrücklich bereit erklärt, die Kosten der Asphaltierung zu übernehmen. Die Asphaltierung sei auf dem Plan eingezeichnet gewesen. Niemand habe auf seine Äusserung hin interveniert. Die Vereinbarung sei von sämtlichen Beteiligten unterzeichnet worden. 
 
Diese Vorbringen sind offensichtlich nicht geeignet, die Beweiswürdigung des Obergerichtes als willkürlich erscheinen zu lassen. Wie das Obergericht festgestellt hat und vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt wird, wusste er, dass ein Bauvorhaben grundsätzlich bewilligungspflichtig ist, und es war ihm auch bekannt, dass der Streifen Land von rund 82,5 m2 auf Parzelle Nr. ___, GB Z.________, in der Landwirtschaftszone lag. Auch diente die Zusammenkunft vom 13. Juli 2000 in erster Linie der Regelung der Kostenbeteiligung für die Strassensanierung. Es ist deshalb vom Obergericht mit haltbarer Begründung festgestellt worden, dass aus dem Stillschweigen der Beteiligten nicht geschlossen werden konnte, dass der Belagstreifen ohne weiteres realisierbar sei, und das Nichterwähnen einer Baubewilligungspflicht keinen entsprechenden Vertrauensschutz zu bilden vermochte. 
3.4 Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, er habe nicht gewusst, dass die Parzelle Nr. ___ gemäss einem Verwaltungsverfahren schon seit längerer Zeit hätte rekultiviert werden müssen, so stösst das ins Leere, weil das Obergericht darauf von vornherein nicht abgestellt, sondern ausdrücklich festgehalten hat, dass ihm das Gegenteil anhand der Aktenlage nicht nachgewiesen werden könne. 
3.5 Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass er schon vor ca. 16 Jahren einen eingeschotterten und befestigten Platz übernommen habe, und er sich im Übrigen auf einen Augenschein vom 2. September 1992 auf dem Areal der X.________AG beruft, anlässlich dessen das kantonale Amt für Umweltschutz und der Gemeinderat Z.________ anwesend gewesen seien und das Amt für Umweltschutz für den Containerplatz keine Bewilligung gemäss § 56 des EG USG als notwendig bezeichnet habe, kann daraus vom Beschwerdeführer schon aufgrund der verschiedenen Bewilligungsgrundlagen nichts zu seinen Gunsten abgeleitet werden und ist auch diesbezüglich die Rüge willkürlicher Beweiswürdigung offensichtlich unbegründet. 
3.6 Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, das Obergericht habe zu Unrecht festgestellt, dass aufgrund des Hinweises von T.________ am 11. September 2000 die Unrechtmässigkeit der Asphaltierung offen zu Tage getreten und damit der vorherige Vertrauensschutz zerstört worden sei. 
 
Abgesehen davon, dass ein solcher Vertrauensschutz vom Obergericht schon aus rechtlichen Gründen verneint worden ist, können die obergerichtlichen Feststellungen jedenfalls nicht als willkürlich bezeichnet werden, wonach dem Beschwerdeführer, spätestens dann, als er vom Bauführer T.________ darauf angesprochen wurde, hätten Zweifel an der bewilligungsfreien Ausführung seines Bauvorhabens aufkommen müssen. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, ist offensichtlich unbehelflich, die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen in Frage zu stellen bzw. als unhaltbar erscheinen zu lassen. 
4. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde unbegründet ist. Sie ist deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. Juni 2004 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: