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[AZA 0/2] 
6S.189/2001/zga 
 
KASSATIONSHOF 
************************* 
 
31. Mai 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des 
Kassationshofes, Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin 
Escher und Gerichtsschreiber Luchsinger. 
 
_________ 
 
In Sachen 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Raess, Ilgenstrasse 22, Zürich, 
 
gegen 
Staatsanwaltschaft des Kantons S t. G a l l e n, 
betreffend 
 
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz 
(Art. 19 Ziff. 1 BetmG), 
(eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 25. Januar 2001)hat sich ergeben 
 
A.- X.________ betrieb ab Ende September 1998 in gemieteten Kellerräumlichkeiten einer Industrieliegenschaft in St. Margrethen eine Indoor-Hanfkultur mit automatisierter Beleuchtung, Lüftung, Bewässerungs- und Düngeanlagen. An derselben Adresse eröffnete er am 1. November 1999 unter der Firma einer Aktiengesellschaft einen Laden. Gemäss Preisliste bot er Hanfstecklinge, Hanfsamen und technisches Zubehör zur Aufzucht von Hanfpflanzen zum Verkauf an. Die Kantonspolizei St. Gallen fand am 15. September 1999 auf rund 280m2 Fläche etwa 1200 Hanfpflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien vor, welche sie am 12. November 1999 beschlagnahmte. 
Die Pflanzen wiesen einen THC-Gehalt von 1 % (vier Proben junger Blüten und Blätter), respektive von 6, 10 und 11 % (sechs Proben von verschiedenen Blüten) auf. 
 
B.- Mit Entscheid vom 5. April 2000 verurteilte das Bezirksgericht Unterrheintal X.________ wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfachen Betäubungsmittelkonsums und Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer zu vier Monaten Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren. Die von X.________ dagegen erhobene Berufung wies das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 25. Januar 2001 ab. 
 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und das Kantonsgericht anzuweisen, ihn vom Vorwurf der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes freizusprechen. 
 
Das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Der Beschwerdeführer beantragt, von der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 BetmG freigesprochen zu werden. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen ist kassatorischer Natur (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung des angefochtenen Urteils verlangt, ist auf die Beschwerde daher nicht einzutreten. 
 
Der Kassationshof darf nicht über die Anträge des Beschwerdeführers hinausgehen (Art. 277bis BStP). Damit ist die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Betäubungsmittelkonsums und Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer nicht zu überprüfen. 
 
2.- a) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe einzig Hanfsamen und Stecklinge zum Verkauf angeboten, die nicht direkt als Betäubungsmittel konsumiert werden könnten; es liessen sich direkt auch keine Betäubungsmittel daraus gewinnen. Die Schwelle zur Strafbarkeit werde erst überschritten, wenn jemand ausgewachsene Hanfpflanzen mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,3% ziehen und sie in Verkehr bringen würde. Der Beschwerdeführer habe die ausgewachsenen Hanfpflanzen aber nicht Dritten angeboten, sondern sie ausschliesslich zur Gewinnung neuer Samen gebraucht, weshalb ihm auch kein Anbau von Hanf zur Betäubungsmittelgewinnung vorgeworfen werden könne. Der THC-Gehalt einer ausgewachsenen Hanfpflanze hänge im Wesentlichen von der Art und Weise der Aufzucht ab, worauf der Beschwerdeführer nach dem Verkauf der Samen oder Stecklinge keinen Einfluss mehr gehabt hätte. Der Zusammenhang zwischen den vom Beschwerdeführer angebotenen Samen und Stecklingen und den allenfalls daraus zu gewinnenden Betäubungsmitteln sei nicht mehr eng genug, um ihm vorwerfen zu können, er habe die Gewinnung von Betäubungsmitteln in Kauf genommen. 
 
Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschwerdeführer ausgewachsenes Hanfkraut angebaut habe, um Samen und Stecklinge gewinnen zu können. Dessen THC-Gehalt von bis zu 11 % habe weit über dem gesetzlichen Grenzwert von 0,3 % gemäss Sortenkatalog-Verordnung gelegen (Art. 4 und Anhang 4 S. 19 der Verordnung des Bundesamts für Landwirtschaft über den Sortenkatalog für Getreide, Kartoffeln, Futterpflanzen, Öl- und Faserpflanzen sowie Betarüben vom 7. Dezember 1998, SR 916. 151.6). Da der Beschwerdeführer über keine Ausnahmebewilligung zum Anbau von Hanf in Betäubungsmittelqualität verfüge, habe er damit den Tatbestand von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 BetmG objektiv bereits erfüllt. 
 
Der Beschwerdeführer habe Hanf in durchschnittlicher bis ausgezeichneter Marihuana-Qualität angebaut und dies auch zugegeben. Er habe den Hanf selber als Betäubungsmittel konsumiert und eingeräumt, dass Dritte ebenso verfahren könnten. Auch der Hinweis in der Preisliste, dass es strafbar sei, Hanf zu Betäubungsmitteln zu verarbeiten, zeige nichts anderes. Der beabsichtigte Verkaufspreis von Fr. 4.-- bis 7.-- pro Steckling und der erwartete monatliche Umsatz von Fr. 20'000.-- bis 25'000.-- sprächen gegen die angebliche Verwendung der Pflanzen als Zierpflanzen, ebenso die aufwendige und kostspielige Zucht, die der Beschwerdeführer betrieben habe. Es fänden sich keine Hinweise auf eine zulässige Verwendung der Pflanzen. Damit habe der Beschwerdeführer auch den subjektiven Tatbestand erfüllt, zumal Eventualvorsatz genüge. 
 
b) Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a Ziff. 4 BetmG wird Hanfkraut als Rohmaterial vom Betäubungsmittelgesetz erfasst, ohne Rücksicht auf den Gehalt an psychoaktiven Substanzen. 
Handel und Umgang mit Hanfkraut unterstehen somit der staatlichen Kontrolle (Art. 2 BetmG). Dient das Hanfkraut der Gewinnung von Betäubungsmitteln, so verbietet Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG ausnahmslos Anbau und Inverkehrbringen. 
Das Verbot trifft die ganze Pflanze, nicht nur die Teile mit hohem Gehalt an THC (BGE 126 IV 198 E. 1, 60 E. 2a). 
 
Ein Hanfsetzling ist eine Cannabispflanze und Hanfsamen sind Bestandteil der Cannabispflanze. Das Inverkehrbringen von Hanfsetzlingen und Hanfsamen ist daher nach Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG verboten, sofern das zur Betäubungsmittelgewinnung geschieht (BGE 125 IV 185 E. 2b hat in diesem Sinne auch die Einziehung von Hanfsamen als mit dem Bundesrecht vereinbar erachtet). Dies ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Hanfkraut kann einerseits angebaut und in Verkehr gebracht werden zur Herstellung verschiedener unbedenklicher Erzeugnisse wie Seile, Textilien, Papier usw. Diese Möglichkeit wollte der Gesetzgeber nicht ausschliessen. Anderseits kann Hanfkraut auch angebaut und in Verkehr gebracht werden zur Gewinnung von Betäubungsmitteln. Dem wollte der Gesetzgeber einen Riegel schieben. Das Verbot, Hanfkraut zur Betäubungsmittelgewinnung in Verkehr zu bringen, wäre lückenhaft, wenn das Inverkehrbringen von Hanfsetzlingen und Hanfsamen insoweit nicht erfasst würde (Urteil des Bundesgerichts vom 3. August 2000 i.S.P., 6P.51/2000 E. 2b). Dies muss auch für den Anbau gelten. 
Hat der Beschwerdeführer Hanf angebaut, um daraus Setzlinge und Samen zu ernten, die nach Aufzucht der Pflanzen der Betäubungsmittelgewinnung dienen, hat er sich nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 BetmG strafbar gemacht. 
 
Es steht angesichts des festgestellten THC-Gehaltes der beschlagnahmten Hanfpflanzen ausser Frage, dass die vom Beschwerdeführer gezüchteten Stecklinge und Samen von Hanfsorten stammten, die zur Betäubungsmittelgewinnung geeignet sind (BGE 126 IV 198 E. 1). Dem Beschwerdeführer war dies bewusst, sein eigener Konsum, seine Aussagen und die Warnung in der Preisliste zeigen dies deutlich. Die Preisliste umfasst zudem ein umfangreiches Sortiment an technischem Zubehör, das dazu geeignet ist, Hanfpflanzen mit möglichst hohem THC-Gehalt heranzuziehen. Unter diesen Umständen hat der Beschwerdeführer es in Kauf genommen, dass seine Kunden die von ihm angebotenen Hanfstecklinge und Hanfsamen zu THC-reichen Hanfpflanzen aufziehen und zur Gewinnung von Betäubungsmitteln verwenden. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie daraus auf einen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz mit Eventualvorsatz schliesst. 
 
3.- Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen (Strafkammer) sowie der Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt. 
 
--------- Lausanne, 31. Mai 2001 
 
 
Im Namen des Kassationshofes 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: