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[AZA 7] 
H 163/99 Ge 
 
IV. Kammer 
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Fessler 
 
Urteil vom 4. Oktober 2000 
 
in Sachen 
 
I.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Dubs, Kasinostrasse 2, Winterthur, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- Der 1959 geborene I.________, Inhaber eines Elektrobetriebes, ist seit 1. Januar 1991 als Selbstständigerwerbender der Ausgleichskasse des Kantons Zürich angeschlossen. Aufgrund der Meldung der kantonalen Steuerbehörde (Abteilung Direkte Bundessteuer) vom 31. Mai 1995 über die 1993/94 erzielten Einkommen und das im Betrieb investierte Eigenkapital setzte die Kasse mit Nachtragsverfügungen vom 13. September 1996 die persönlichen Beiträge für 1993 bis 1997 (definitiv) fest. Der Beitragsbemessung hatte sie für 1993 und 1994 die jeweiligen Jahreseinkommen, für 1995 bis 1997 das Durchschnittseinkommen 1993/94 zu Grunde gelegt. 
 
B.- Die von I.________ hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Neutaxation ab 1995 aufgrund einer Gegenwartsbemessung wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 16. März 1999 ab. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt I.________ das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern. 
Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
D.- Im Rahmen der instruktionsrichterlichen Abklärungen ergab sich, dass die Invalidenversicherung I.________ am 4. August 1999 mit Wirkung ab 1. Juli 1996 eine Invalidenrente zugesprochen hatte. 
Die Ausgleichskasse hat sich dazu nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Im angefochtenen Entscheid werden die materiellen Voraussetzungen für einen Wechsel vom ordentlichen zum ausserordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahren gemäss Gesetz (Art. 25 Abs. 1 AHVV in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 AHVG) und Rechtsprechung (BGE 106 V 76 f. Erw. 3a sowie ZAK 1992 S. 474 f. Erw. 2b, 1988 S. 511 Erw. 2c) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
2.- Im vorliegenden Fall hat die Ausgleichskasse in Anwendung von Art. 25 Abs. 4 AHVV in der bis 31. Dezember 1994 gültig gewesenen, intertemporalrechtlich hier anwendbaren Fassung (dazu AHI 1995 S. 3 ff. und dortige Hinweise auf die Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts sowie Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl. , S. 300 f. Rz 14.78) die Beiträge für 1993 und 1994 aufgrund einer Gegenwartsbemessung und ab 1995 als dem Vorjahr der übernächsten ordentlichen Beitragsperiode bis 1997 aufgrund der zweijährigen Vergangenheitsbemessung festgesetzt. 
 
3.- Nach zutreffender Feststellung der Vorinstanz stellt der (massive) Einkommensrückgang infolge Nichtberücksichtigung bei der Arbeitsvergabe durch den Hauptauftraggeber ab 1995 keinen Neueinschätzungsgrund im Sinne von Art. 25 Abs. 1 AHVV dar. Nach dem Ausmass der Einkommensverminderung zu unterscheiden oder danach, ob sich Anzahl und Umfang der Aufträge ändern und aus welchen Grün- den und wie sich dies auf einen arbeitsintensiven Einmannbetrieb mit einfachsten Strukturen auswirkt, bieten weder Gesetz und Verordnung noch die Praxis (vgl. neben den im angefochtenen Entscheid genannten Präjudizien auch BGE 96 V 64 Erw. 1 mit Hinweisen; ferner BGE 115 Ib 10 oben) eine Handhabe. Dass der Beschwerdeführer seine selbstständige Tätigkeit aufgegeben hatte und seine Firma nur noch dem Namen nach weiter bestand, wird nicht geltend gemacht. 
 
4.- a) Fragen kann sich einzig, ob der Neueinschätzungsgrund der Invalidität gegeben und ab welchem Zeitpunkt er bejahendenfalls zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus den in diesem Verfahren eingereichten (und aufgrund des Hinweises auf die Anmeldung zum Bezug von IV-Leistungen in der vorinstanzlichen Replik zu berücksichtigenden) Unterlagen, dass sich der Beschwerdeführer am 12. Juli 1995 bei der Arbeit mit einer Bohrmaschine an der rechten Hand verletzt hatte. Gemäss Vorbescheid der kantonalen IV-Stelle vom 21. Oktober 1998 ist der Versicherte seit dem Unfalldatum im bisher ausgeübten Beruf als selbstständiger Elektromonteur zu 100 % arbeitsunfähig, und es steht ihm rückwirkend ab 1. Juli 1996 aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 53 % eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Die instruktionsrichterlichen Abklärungen haben ergeben, dass die IV-Stelle am 8. August 1999 in diesem Sinne verfügt hat. 
 
b) aa) Die Vorinstanz hat eine Neueinschätzung wegen Änderung der Einkommensgrundlagen infolge Invalidität vor- weg deshalb verneint, weil gemäss Verwaltungspraxis (Rz 1258 ff. der Wegleitung über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen [WSN] in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung) auch in diesem Fall eine einschneidende Veränderung in der wirtschaftlichen oder rechtlichen Struktur des Betriebes gegeben sein müsse, was vorliegend nicht zutreffe. Dem kann nicht beigepflichtet werden. 
 
bb) Nach der Gerichtspraxis ist bei Selbstständigerwerbenden, die aufgrund einer lang andauernden Krankheit (vgl. dazu BGE 119 V 102 Erw. 4a, 111 V 22 Erw. 2b) eine Rente der Invalidenversicherung beziehen, in der Regel auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Wartezeit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG eine Neueinschätzung des beitragspflichtigen Einkommens vorzunehmen (SVR 1997 AHV Nr. 122 S. 373 und nicht veröffentlichtes Urteil W. vom 19. Juni 1995 [H 85/95]). Dies gilt insbesondere, wenn, wie im zweit genannten Entscheid und auch im vorliegenden Fall, die Arbeitsfähigkeit im bisher ausgeübten Beruf zu 100 % oder doch in bedeutendem Umfang eingeschränkt ist. Unter diesen Umständen ist eine zu einer Neutaxation Anlass gebende Veränderung der Einkommensgrundlage als solcher (infolge Invalidität) nach Art. 25 Abs. 1 AHVV zu bejahen (in diesem Sinne schon BGE 106 V 76 f. Erw. 3a [Ziff. 1]). 
 
c) Nach dem Gesagten ist entgegen Vorinstanz und Verwaltung am 12. Juli 1995 (Unfalldatum) eine das ausserordentliche Beitragsfestsetzungsverfahren auslösende Änderung eingetreten. Die Ausgleichskasse wird auf diesen Zeitpunkt eine Neutaxation vorzunehmen haben und anschliessend neue Beitragsverfügungen erlassen. 
 
5.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Es rechtfertigt sich vorliegend, die Gerichtskosten vollumfänglich der Ausgleichskasse aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
Dem Beschwerdeführer steht eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 3 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 16. März 1999 und die die Beitragsjahre 1995 bis 1997 betreffenden Verfügungen vom 13. September 1996 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 3500. - werden der Ausgleichskasse des Kantons Zürich auferlegt. 
 
III. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 3500. - wird dem Beschwerdeführer rückerstattet. 
 
IV.Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2000. - (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
V.Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
 
VI.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 4. Oktober 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: