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[AZA] 
C 218/99 Hm 
 
I. Kammer  
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Rüedi, Meyer 
und Ferrari; Gerichtsschreiber Maillard 
 
Urteil vom 26. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesgasse 8, Bern, 
Beschwerdeführer, 
gegen 
 
B.________, 1944, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechts- 
anwalt E.________, 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
    A.- Mit Verfügung vom 8. Mai 1996 hiess das Kantonale 
Arbeitsamt Luzern ein Gesuch des 1944 geborenen B.________ 
gut und sprach ihm für die Aufnahme einer selbstständigen 
Erwerbstätigkeit ab 26. April 1996 60 besondere Taggelder 
zu. Nachdem er die besonderen Taggelder bezogen und im Mai 
1996 die selbstständige Tätigkeit (Baumanagement) aufgenom- 
men hatte, ersuchte er am 9. November 1997 um Ausrichtung 
von Arbeitslosenentschädigung, da er keine Aufträge mehr 
habe. Mit Verfügung vom 7. Januar 1998 legte das Amt die 
Vermittlungsfähigkeit von B.________ seit Wiederanmeldung 
"im Ausmass von 50 %" fest. Auf diese Entscheidung kam es 
am 26. Januar 1998 verfügungsweise zurück, hob die Verfü- 
gung vom 7. Januar 1998 auf und verneinte die Vermittlungs- 
fähigkeit und damit einen Anspruch auf Arbeitslosenentschä- 
digung. 
 
    B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess 
die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 
30. April 1999 gut und hob die Verfügung vom 26. Januar 
1998 auf. 
 
    C.- Das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (ab 1. Ju- 
li 1999 Staatssekretariat für Wirtschaft [seco]) führt Ver- 
waltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vor- 
instanzliche Entscheid sei aufzuheben. 
    B.________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde, eventuell auf Rückweisung der Sache an 
das kantonale Gericht zur Neuentscheidung, während das kan- 
tonale Amt deren Gutheissung beantragt. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Während der Rechtsmittelfrist kann die Verwaltung 
auf eine (unangefochtene) Verfügung zurückkommen, ohne an 
die für die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfü- 
gungen geltenden Voraussetzungen gebunden zu sein (BGE 107 
V 191). Das kantonale Amt durfte daher am 26. Januar 1998 
auf die - noch nicht rechtskräftig gewordene - Verfügung 
vom 7. Januar 1998 zurückkommen, ohne die für die Wiederer- 
wägung formell rechtskräftiger Verfügungen geltenden Ein- 
schränkungen zu beachten. Ob die Verfügung vom 26. Januar 
1998 zu Recht besteht, ist demnach ohne Rücksicht auf die- 
jenige vom 7. Januar 1998 zu prüfen. 
    2.- Die Vorinstanz hat die massgeblichen rechtlichen 
Bestimmungen über die Förderung der selbstständigen Er- 
werbstätigkeit (Art. 71a-71d AVIG) zutreffend dargestellt. 
Darauf wird verwiesen. 
 
    3.- Strittig und zu prüfen ist, ob der Beschwerde- 
gegner nach dem Bezug besonderer Taggelder nach Art. 71a 
Abs. 1 AVIG weitere Ansprüche gegenüber der Arbeitslosen- 
versicherung hat. 
 
    a) Die neue Leistungsart (Art. 71a ff. AVIG) kann 
ihrem Zweck entsprechend nur beansprucht werden, wenn die 
Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer selbstständigen 
Erwerbstätigkeit voraussichtlich ganz beendet werden kann. 
Als Anspruchsvoraussetzung wird deshalb u.a. die Vorlage 
eines Grobprojekts zur Aufnahme einer wirtschaftlich trag- 
fähigen und dauerhaften selbstständigen Erwerbstätigkeit 
(Art. 71b Abs. 1 lit. d AVIG) verlangt. Dieses Kriterium 
der Dauer ist das Abgrenzungsmerkmal zum Zwischenverdienst 
in Form einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (Nussbaumer, 
Die Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundes- 
verwaltungsrecht [SBVR], S. 233 Rz 634). Nimmt die versi- 
cherte Person nach Bezug des letzten besonderen Taggeldes 
eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf oder hat sie sie 
zu diesem Zeitpunkt bereits aufgenommen, ist ihre Arbeits- 
losigkeit beendet und sie erhält keine weiteren Leistungen 
der Arbeitslosenversicherung mehr (Nussbaumer, a.a.O., 
S. 236 Rz 647). Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst 
dann, wenn sie in ihrer neuen Tätigkeit unter mangelnder 
Beschäftigung steht, bezweckt doch das spezifische Taggeld 
nicht die Finanzierung der mangelnden Beschäftigung einer 
Person, die eine selbstständige Tätigkeit aufnimmt (SVR 
1999 AlV Nr. 23 S. 56 Erw. 2a). Dem Umstand eines möglichen 
späteren Scheiterns des Unterfangens trägt der Gesetzgeber 
dadurch Rechnung, dass mit Aufnahme der selbstständigen 
Erwerbstätigkeit die Rahmenfrist zum Leistungsbezug von 
zwei auf vier Jahre verlängert wird (Art. 71d Abs. 2 AVIG 
und Art. 95e Abs. 2 AVIV). 
    b) Vorliegend steht fest, dass der Beschwerdegegner 
unbestrittenermassen die projektierte selbstständige Er- 
werbstätigkeit nicht nur aufgenommen und bis zur Wieder- 
anmeldung rund 1 1/2 Jahre ausgeübt hat, sondern diese auch 
weiterhin ausübt. Es bestehen keine Hinweise dafür, dass er 
sie als gescheitert betrachtet und endgültig aufzugeben 
gewillt ist. Mit dem Bezug des letzten besonderen Taggeldes 
wurde seine Arbeitslosigkeit nach dem Gesagten beendet und 
es besteht entgegen der Ansicht der Vorinstanz keinerlei 
Möglichkeit, weitere Taggeldleistungen von der Arbeits- 
losenversicherung zu beziehen. Damit erübrigt sich auch die 
Prüfung der Frage, ob der Beschwerdegegner ab 6. November 
1997 vermittlungsfähig gewesen ist oder nicht. 
 
    4.- Mit dem Ergebnis, dass nach dem Bezug der besonde- 
ren Taggelder keine weitere Anspruchsberechtigung auf Tag- 
gelder besteht, steht indessen noch nicht fest, ob dem 
Beschwerdegegner die anbegehrten Leistungen nicht doch 
- allerdings unter einem anderen Rechtstitel - zu gewähren 
sind. Er macht - wie bereits im vorinstanzlichen Verfah- 
ren - unter sinngemässer Berufung auf den öffentlichrecht- 
lichen Vertrauensschutz bei einer falschen Auskunft einer 
Verwaltungsbehörde (vgl. dazu BGE 121 V 66 f. Erw. 2a mit 
Hinweisen), geltend, der Vorsteher des kantonalen Amtes 
habe ihm die Auskunft erteilt, er könne nach dem Scheitern 
der selbstständigen Erwerbstätigkeit, was auch ein teil- 
weises Scheitern beinhalte, wieder Taggeld der Arbeits- 
losenversicherung beziehen. Es bleibt daher die von der 
Vorinstanz offen gelassene Frage zu prüfen, ob der Be- 
schwerdegegner aus dem erwähnten Grundsatz etwas zu seinen 
Gunsten ableiten kann. Die Sache ist daher an das kantonale 
Gericht zurückzuweisen, welches hierüber befinden wird. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne  
    gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsge- 
    richts des Kantons Luzern vom 30. April 1999 aufgeho- 
    ben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen 
    wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und 
    über die Beschwerde gegen die Verfügung vom 26. Januar 
    1998 neu entscheide. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge-  
    richt des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrecht- 
    liche Abteilung und dem Kantonalen Arbeitsamt Luzern 
    zugestellt. 
 
 
Luzern, 26. Mai 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: