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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_712/2022  
 
 
Urteil vom 2. November 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Frey, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration Kanton Aargau, 
Sektion Asyl und Rückkehr, 
Bahnhofstrasse 88, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Durchsetzungshaft gestützt auf Art. 78 AIG 
(Haftverlängerung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 20. Juli 2022 
(WPR.2022.47). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1988) stammt aus Tunesien. Am 15. Mai 2014 wies das Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration [SEM]) sein Asylgesuch ab und hielt ihn an, das Land zu verlassen. Der Entscheid ist seit dem 16. Juli 2014 rechtskräftig. Auf den 16. Februar 2019 war für A.________ ein Rückflug nach Tunis gebucht, welcher annulliert werden musste, da er untergetaucht war. Am 18. April 2019 wurde A.________ bei einer erneuten Einreise an der Grenze nach Italien zurückgewiesen und ihm ein Einreiseverbot in die Schweiz und Liechtenstein bis zum 15. Februar 2024 eröffnet.  
 
A.b. Nach einer (illegalen) Wiedereinreise befand sich A.________ vom 6. Mai 2019 bis 12. Januar 2022 in Untersuchungshaft bzw. im Strafvollzug. Auf dessen Ende hin wies das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau (MIKA) A.________ am 12. Januar 2022 aus der Schweiz weg und ordnete an, dass er diese unverzüglich zu verlassen habe; es nahm ihn gleichzeitig in Ausschaffungshaft. Auf den 9. März 2022 wurde für ihn ein weiterer Rückflug nach Tunis organisiert, der wiederum annulliert werden musste, da die tunesischen Behörden ohne Freiwilligkeitserklärung von A.________ nicht bereit waren, ihm ein Ersatzreisepapier auszustellen. Am 11. März 2022 ersetzte das MIKA die Ausschaffungshaft durch eine Durchsetzungshaft. Im Hinblick auf eine weitere Strafverbüssung wurde A.________ am 25. Mai 2022 aus dieser entlassen.  
 
B.  
Nach Abschluss des entsprechenden Strafvollzugs nahm das MIKA A.________ ab dem 29. Juni 2022 wiederum in Durchsetzungshaft, da er - wie bereits zuvor - nicht bereit war, die für den Wegweisungsvollzugerforderliche Freiwilligkeitserklärung zu unterzeichnen. Die Haft wurde in der Folge jeweils verlängert - letztmals am 18. Juli 2022. Der Haftrichter am Verwaltungsgericht des Kantons Aargau prüfte diese am 20. Juli 2022 und genehmigte sie bis zum 28. September 2022, 12.00 Uhr. 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht, den Haftgenehmigungsentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. Juli 2022 aufzuheben und ihn aus der Durchsetzungshaft zu entlassen. Allenfalls sei der Haftgenehmigungsentscheid aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für den Fall des Unterliegens ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. A.________ macht geltend, die Durchsetzungshaft sei unverhältnismässig, da er so oder anders nicht bereit sei, die Freiwilligkeitserklärung zu unterschreiben; sie verletze zudem das Übermassverbot. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und das MIKA beantragen, die Beschwerde abzuweisen. A.________ befinde sich erst seit 7 Monaten in Administrativhaft. Die Erfahrungen zeigten, dass eine Kooperation wiederholt auch erst kurz vor Ende der Durchsetzungshaft erfolge, weshalb die Haftverlängerung im konkreten Fall nicht unverhältnismässig erscheine. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat darauf verzichtet, sich vernehmen zu lassen. Von A.________ ist keine weitere Stellungnahme eingegangen. 
Das MIKA hat am 14. September 2022 die Durchsetzungshaft von A.________ bis zum 28. November 2022 verlängert. Am 4. Oktober 2022 ist A.________ aus dieser entflohen. Das MIKA beendete hierauf am 21. Oktober 2022 die Durchsetzungshaft rückwirkend auf den 4. Oktober 2022. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 13. September 2022 hatte die Abteilungspräsidentin es abgelehnt, A.________ im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme aus der Durchsetzungshaft zu entlassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über Zwangsmassnahme im Ausländerrecht kann die betroffene Person mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangen (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; vgl. das Urteil 2C_35/2021 vom 10. Februar 2021 E. 1 mit Hinweisen). Wegen des mit der Anordnung ausländerrechtlicher Administrativhaft verbundenen schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit kommt dem entsprechenden Freiheitsentzug eigenständige Bedeutung zu; die Haft erscheint nicht als bloss untergeordnete Vollzugsmassnahme zur Wegweisung, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht entgegensteht (BGE 147 II 49 E. 1.1; Urteil 2C_38/2022 vom 7. Juli 2022 E. 1.1).  
 
1.2. Zwar ist der Beschwerdeführer am 4. Oktober 2022 aus der Durchsetzungshaft entflohen, doch besteht im Hinblick auf die zu beantwortende Grundsatzfrage (vgl. nachstehende E. 3) ein hinreichendes öffentliches Interesse daran, dass das Bundesgericht die vorliegende Beschwerde dennoch prüft (vgl. hierzu: BGE 146 II 335 E. 1.3; 142 I 135 E. 1.3.1). Da auch alle weiteren Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist auf diese einzutreten (vgl. BGE 147 II 49 E. 1.2; Art. 42, Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d; Art. 90; Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Hinsichtlich der Rügepflicht und der Prüfungsbefugnis gilt: Das Bundesgericht wendet das Recht zwar von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), es beurteilt unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) jedoch nur die vorgebrachten Argumente, falls weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt ein qualifiziertes Rüge- und Substanziierungsgebot (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2; 136 II 304 E. 2.5). Das Bundesgericht ist zudem an den Sachverhalt gebunden, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig bzw. seine Feststellung beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 142 I 135 E. 1.6; 133 II 249 E. 1.4.3), was in der Beschwerdeschrift eingehend begründet aufgezeigt werden muss. Soweit die vorliegende Eingabe den entsprechenden Vorgaben nicht genügt und sich auf appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid beschränkt, wird darauf nicht weiter eingegangen (vgl. BGE 145 I 26 E. 1.3 mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Hat eine Person ihre Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innerhalb der ihr angesetzten Frist nicht erfüllt und kann die rechtskräftige Weg-, Aus- oder Landesverweisung aufgrund ihres persönlichen Verhaltens nicht vollzogen werden, so kann sie, um der Ausreisepflicht Nachachtung zu verschaffen, in Haft genommen werden, sofern die Anordnung der Ausschaffungshaft nicht zulässig ist und eine andere mildere Massnahme nicht zum Ziel führt (Art. 78 Abs. 1 AIG [SR 142.20]).  
 
2.2. Zweck der Durchsetzungshaft ist es, die ausreisepflichtige Person in jenen Fällen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, in denen nach Ablauf der Ausreisefrist der Vollzug der rechtskräftig gegen sie angeordneten Weg-, Aus- oder Landesverweisung - trotz entsprechender behördlicher Bemühungen - ohne ihre Kooperation nicht (mehr) möglich ist. Die Durchsetzungshaft bildet das letzte Mittel, wenn und soweit keine andere Massnahme (mehr) zum Ziel führt, die illegal anwesende ausländische Person auch gegen ihren Willen in ihre Heimat verbringen zu können. Der damit verbundene Freiheitsentzug stützt sich auf Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK (Haft zur Sicherung eines "schwebenden" Ausweisungsverfahrens) und dient in diesem Rahmen der Durchsetzung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung (vgl. Art. 90 AIG; Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK; BGE 140 II 409 E. 2.1; Urteil 2C_774/2020 vom 9. Oktober 2020 E. 3.1).  
 
2.3. Die Durchsetzungshaft darf - zusammen mit einer bereits verbüssten Ausschaffungs- oder Vorbereitungshaft - maximal 18 Monate betragen (Art. 78 Abs. 2 i.V.m. Art. 79 AIG), muss aber in jedem Fall verhältnismässig sein. Innerhalb dieser Höchstdauer ist jeweils aufgrund der Umstände im Einzelfall zu prüfen, ob die ausländerrechtliche Festhaltung insgesamt (noch) geeignet bzw. erforderlich erscheint und nicht gegen das Übermassverbot verstösst (vgl. BGE 140 II 409 E. 2.1; 135 II 105 E. 2.2.1; 134 II 201 E. 2; 134 I 92 E. 2.3).  
 
3.  
 
3.1. In der Doktrin wird teilweise die Auffassung vertreten, dass die Durchsetzungshaft auf Personen keine Anwendung finden könne, die nach dem erstinstanzlichen Wegweisungsentscheid sofort in Ausschaffungshaft genommen würden und keine Gelegenheit zu einer frei bestimmten Ausreise erhalten hätten (vgl. ANDREAS ZÜND, in: Spescha/Zünd/Bolzli/Hruschka/de Weck [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 5. Aufl. 2019, N. 2 zu Art. 78 AIG; CONSTANTIN HRUSCHKA, in: SFH, Handbuch zum Asyl- und Wegweisungsverfahren, 3. Aufl. 2021, XIII. Wegweisungsvollzug und Zwangsmassnahmen, S. 567; BAHAR IREM CARAK KANBER, Die ausländerrechtliche Administrativhaft, Bern 2017, S. 176 Fn. 700; GREGOR CHATTON/LAURENT MERZ, in: Nguyen/Amarelle [Editeurs], Code annoté de droit des migrations, vol. II: LEtr, N. 9 ad art. 78 LEtr; MARTIN BUSINGER, Ausländerrechtliche Haft, 2015, S. 195 f.; TARKAN GÖKSU, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], SHK Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Bern 2010, N. 7 zu Art. 78 AuG; THOMAS HUGI YAR, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser/Vetterli [Hrsg.], HAP Ausländerrecht, 3. Aufl. 2022 [im Druck], N. 12.133).  
 
3.2. Soweit diese Literaturstellen in dem Sinn zu verstehen sein sollten, dass bereits ausländerrechtlich inhaftierte Personen vor der Anordnung der Durchsetzungshaft erst noch für eine freiwillige Ausreise aus der Ausschaffungshaft entlassen werden müssten, wäre dem nicht zu folgen (zu den Auslegungsregeln: BGE 147 V 297 E. 6.1; 146 V 224 E. 4.5.1; 145 II 270 E. 4.1) :  
 
3.2.1. Die Ausschaffungshaft kann angeordnet werden, wenn ein erstinstanzlicher Weg- oder Ausweisungsentscheid bzw. eine entsprechende Landesverweisung ergangen ist. Zwar verlangt Art. 78 Abs. 1 AIG, auf den Art. 78 Abs. 3 AIG verweist, dass die betroffene Person ihre Pflicht zur Ausreise "innerhalb der ihr angesetzten Frist nicht erfüllt" haben muss; diese Haftvoraussetzung ist jedoch bereits dann gegeben, wenn sie - wie hier - rechtskräftig (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 3 1. Satz AIG) ohne Ansetzung einer Ausreisefrist weggewiesen worden ist (vgl. Art. 64d AIG) und sie die Voraussetzungen von Art. 76 AIG (Ausschaffungshaft) erfüllt (vgl. das Urteil 2C_624/2011 vom 12. September 2011 E. 2.1 u. 2.2).  
 
3.2.2. Die Ausschaffung, d.h. die zwangsweise Verbringung in einen anderen Staat, ist möglich, wenn die ausländische Person sich bereits in Ausschaffungshaft befindet und ein rechtskräftiger Wegweisungsentscheid gegen sie vorliegt (Art. 69 Abs. 1 lit. c AIG). Die Regelung von Art. 78 Abs. 3 AIG nimmt diesen Punkt auf, wenn sie davon spricht, dass die betroffene Person in ausländerrechtlicher "Haft belassen" werden kann, falls sie sich bereits in einer solchen befindet, und die Voraussetzungen von Art. 78 Abs. 1 AIG erfüllt sind. Nach Art. 64d Abs. 2 AIG kann die Wegweisung - wie hier - unter anderem als sofort vollstreckbar erklärt werden, wenn die ausländische Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (lit. a) oder konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sie sich der Ausschaffung entziehen will (lit. b).  
 
3.2.3. Es widerspräche nun Sinn und Zweck dieser Regelung und dem Wesen der Durchsetzungshaft, die inhaftierte Person vor deren Anordnung aus der Ausschaffungshaft zu entlassen, um ihr erst noch Gelegenheit zu geben, selbständig ausreisen zu können, wozu sie bereits bisher bzw. während der Ausschaffungshaft nicht bereit gewesen ist (vgl. ZÜND, a.a.O., N. 5 zu Art. 69 AIG). Die betroffene Person dürfte sich in diesem Fall ihrer Ausschaffung entziehen. Es würden damit gerade Verhaltensweisen begünstigt, die mit der Ausschaffungshaft verhindert werden sollen (so DANIÈLE REVEY, in: Nguyen/Amarelle [Editeurs], Code annoté, a.a.O., n. 10 ad art. 69 LEtr und THOMAS GÄCHTER/MATTHIAS KRADOLFER, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], SHK, a.a.O., N. 20 zu Art. 69 AuG), was nicht Sinn und Zweck des Zwangsmassnahmensystems entspricht. Auch der Wortlaut von Art. 78 Abs. 1 AIG ("ihre Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innerhalb der ihr angesetzten Frist nicht erfüllt"; "si l'étranger n'a pas obtempéré à l'injonction de quitter la Suisse dans le délai prescrit"; "lo straniero che non adempie al suo obbligo di lasciare la Svizzera entro il termine impartitogli) legt mit Blick auf Art. 78 Abs. 3 AIG, der gerade ausdrücklich den Fall der Anordnung der Durchsetzungshaft bei bereits bestehender ausländerrechtlicher Haft regelt (vgl. vorstehende E. 3.2.2), keine abweichende Gesetzesauslegung nahe; er ist vielmehr im dargelegten Sinn auslegungsbedürftig.  
 
3.2.4. Der betroffenen Person steht es während der Ausschaffungshaft jederzeit frei, mit den Behörde zu kooperieren und ihre (freibestimmte) Ausreise zu ermöglichen, auch wenn sie mit dem Wegweisungsentscheid in Haft genommen worden ist. Die Durchsetzungshaft wurde dafür geschaffen, um ihren Widerstand zu überwinden (vgl. vorstehende E. 2.2; Urteil 2C_624/2011 vom 12. September 2011 E. 2.1). Gerade in Fällen, in denen die (laufende) Ausschaffungshaft nicht mehr zulässig ist und die zwangsweise Rückführung - wie hier - ausschliesslich noch am persönlichen Verhalten der inhaftierten Person scheitert, macht eine Haftentlassung aus der Ausschaffungshaft, um erst noch fristgerecht freiwillig ausreisen zu können, mit Blick auf den Charakter der Durchsetzungshaft als ultima ratio keinen Sinn.  
 
3.2.5. Soweit das Bundesgericht festgestellt hat, dass Art. 78 Abs. 1 AIG voraussetze, dass die weggewiesene Person die Schweiz nicht innerhalb der ihr angesetzten Frist freiwillig verlassen habe, und die Ausreisefrist nicht bereits als verstrichen gelten könne, wenn der Wegweisungsentscheid rechtskräftig werde, da in diesem Fall Sinn und Zweck von Art. 78 Abs. 1 AIG unterlaufen würde, bezog sich dies auf einen spezifischen Fall, in dem ohne vorgängige Ausschaffungshaft im Asylbereich vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bereits direkt eine Durchsetzungshaft angeordnet worden war, wobei berücksichtigt wurde, dass im Asylgesetz gerade keine Art. 64d Abs. 2 AIG entsprechende Reglung besteht (vgl. vorstehende E. 3.2.1; Urteil 2C_961/2020 vom 24. März 2021 E. 2.3.2).  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verlängerung seiner Durchsetzungshaft sei unverhältnismässig. Je länger die ausländerrechtlich motivierte Festhaltung dauere und je weniger die Ausschaffung absehbar erscheine, desto strengere Anforderungen seien an die fortbestehende Hängigkeit des Ausweisungsverfahrens im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK zu stellen. Der Umstand, dass er nicht bereit sei, seine Freiwilligkeitserklärung zu unterschreiben, rechtfertige keine Haftverlängerung. Er könne zwar noch für weitere 11 Monate inhaftiert werden, doch sei "völlig ausgeschlossen, dass er seine Meinung ändern" werde. Im Übrigen sei im Kanton Solothurn ein Strafverfahren gegen ihn hängig. Er könne nur in Freiheit mit Entlastungszeugen in Kontakt treten, weshalb er auch aus diesem Grund aus der Durchsetzungshaft entlassen werden müsse.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Seine Argumente überzeugen nicht: Der Beschwerdeführer ist hier mehrmals straffällig geworden und hat die ihm auferlegten Ausgrenzungen (Kanton Solothurn und Kanton Basel-Landschaft) wiederholt verletzt. Er hat bei seiner Einreise die gegen ihn bis zum 15. Februar 2024 bestehende Einreisesperre missachtet. Die kantonalen Behörden haben ihn hierauf am 12. Januar 2022 (erneut) aus der Schweiz weggewiesen. Es war ihm bereits zuvor längstens bekannt, dass er die Schweiz zu verlassen bzw. nicht zu betreten hatte.  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer ist von seinen heimatlichen Behörden als tunesischer Staatsangehöriger identifiziert worden. Die Rückführung hängt davon ab, dass er eine Freiwilligkeitserklärung unterzeichnet. Er weigert sich - auch noch im vorliegenden Verfahren -, dies zu tun. Gerade für solche Fälle ist die Durchsetzungshaft geschaffen worden (vgl. vorstehende E. 2). Der Beschwerdeführer verhält sich renitent. Zwei Rückflüge in seine Heimat mussten wegen seines Verhaltens annulliert werden, womit er klar zu erkennen gab, dass er nicht bereit ist, auszureisen und freiwillig nach Tunesien zurückzukehren. Er kann sich nicht auf sein eigenes missbräuchliches Verhalten berufen, um geltend zu machen, die Durchsetzungshaft sei ungeeignet, ihn dazu zu veranlassen, bei seiner Rückführung nach Tunesien mitzuwirken ("nemo auditur propriam turpitudinem allegans").  
 
4.2.3. Der Beschwerdeführer befand sich vor seiner Flucht erst seit rund 7 Monaten in Administrativhaft. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, ist nicht ausgeschlossen, dass er sich doch noch eines Besseren besonnen hätte. Nach der Rechtsprechung liegt keine relevante Unmöglichkeit vor, falls die betroffene Person freiwillig ausreisen kann, d.h. diesbezüglich keine technischen Hindernisse bestehen; die Durchsetzungshaft ist nur dann untauglich, wenn sowohl die Ausschaffung als auch die freiwillige Ausreise objektiv unmöglich sind, was hier nicht der Fall war (vgl. BGE 147 II 49 E. 4.2.2 mit weiteren Hinweisen; Urteil 2C_774/2020 vom 9. Oktober 2020 E. 3.3). Über seinen Verteidiger konnte der Beschwerdeführer sich hinreichend auf das Strafverfahren im Kanton Solothurn vorbereiten. Auch insofern war die Verlängerung seiner Durchsetzungshaft nicht zu beanstanden.  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
5.2. Da der Beschwerdeführer bedürftig ist und seine Eingabe nicht als offensichtlich aussichtslos zu gelten hatte (vgl. vorstehende E. 3), ist seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen (Art. 64 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
2.2. Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwalt Dominic Frey, Aarau, als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben und diesem aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar