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[AZA 7] 
I 469/99 Vr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl 
 
Urteil vom 21. November 2000 
 
in Sachen 
 
W.________, 1938, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
und 
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- Die 1938 geborene W.________, verheiratet und Mutter einer erwachsenen Tochter (geboren 1967) sowie eines seit früher Kindheit an einer schweren spastischen Tetraplegie leidenden Sohnes (geboren 1973), ist vollzeitlich im Haushaltsbereich und mit der Betreuung ihres Sohnes beschäftigt. Am 2. April 1990 erlitt sie bei einem Treppensturz eine Distorsio pedis rechts. Seither leidet sie an anhaltenden Schmerzen im rechten Fuss, welche sich auch durch eine operative Behandlung sowie verschiedene konservative medizinische Massnahmen nicht vermindern liessen. Die IV-Stelle des Kantons Zürich, bei welcher sich W.________ am 21. Oktober 1996 zum Rentenbezug angemeldet hatte, holte unter anderem Berichte des behandelnden Arztes Dr. med. T.________, Innere Medizin FMH, vom 24. Oktober 1995 und 1. November 1996 sowie die Akten des zuständigen Unfallversicherers, der Basler Versicherungs-Gesellschaft, darunter namentlich das Gutachten des Dr. med. T.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie und Orthopädie, vom 6. Februar 1997 ein. Ferner liess sie die Verhältnisse an Ort und Stelle abklären (Haushaltsbericht vom 13. Februar 1997). 
Gestützt darauf ermittelte sie einen Invaliditätsgrad von 30 % und verneinte den Anspruch auf eine Invalidenrente (Verfügung vom 17. März 1997). 
 
B.- Hiegegen liess W.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde erheben und das Rechtsbegehren um Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie Zusprechung der gesetzlichen Leistungen, insbesondere einer halben Rente, stellen. In Würdigung der Akten, namentlich auch der Berichte des Dr. med. M.________, Psychiatrie und Psychotherapie, Zürich, vom 22. August 1997 sowie des Dr. med. T.________ vom 4. November 1997 wies das Gericht die Beschwerde bei einem Invaliditätsgrad von 38 % ab (Entscheid vom 21. Juni 1999). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt W.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sowie eine nochmalige Haushaltsabklärung vor Ort. 
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) und die Bemessung des Invaliditätsgrades bei Nichterwerbstätigen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG, namentlich im Haushalt tätigen Versicherten nach der spezifischen Methode (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 IVV), sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 104 V 136 Erw. 2a; ZAK 1992 S. 128 Erw. 1b; vgl. auch AHI 1997 S. 291 Erw. 4a) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
 
2.- Im Streite liegen die Qualifikation der Beschwerdeführerin als nichterwerbstätige Hausfrau (und demzufolge die Anwendbarkeit der spezifischen Methode für die Invaliditätsbemessung) sowie das Ausmass der Beeinträchtigung im Aufgabenbereich als Hausfrau und der Invaliditätsgrad. 
 
3.- a) Die Feststellung im angefochtenen Entscheid, die Versicherte würde auch bei voller Gesundheit keine Erwerbstätigkeit ausüben, sondern ausschliesslich im Haushalt beschäftigt sein, wird von der Beschwerdeführerin letztinstanzlich mit der Begründung bestritten, sie hätte ohne gesundheitliche Probleme sehr wohl mindestens eine Teilzeitarbeit aufgenommen, wenn die Kinder aus dem Haus gewesen wären und ihr Sohn keinen Unfall erlitten hätte. 
 
b) Die Frage, ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig erwerbstätig oder als nichterwerbstätig einzustufen ist, ergibt sich aus der Prüfung, was jemand - bei sonst unveränderten gegeben Umständen - täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde (Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, Zürich 1997, S. 199). Unbestrittenermassen betreute die Beschwerdeführerin bis zum zeitlich massgeblichen Erlass der Verwaltungsverfügung (17. März 1997; BGE 121 V 366 Erw. 1b) ihren pflegebedürftigen Sohn. Wie der Verwaltungsgerichtsbeschwerde entnommen werden kann - die Versicherte bezieht klar Stellung gegen eine mögliche Heimeinweisung ihres Sohnes -, hätte sie dies indes auch bei voller Gesundheit getan, weshalb sie im invalidenversicherungsrechtlichen Sinne als Nichterwerbstätige zu qualifizieren ist und für die Invaliditätsbemessung die spezifische Methode zur Anwendung gelangt. 
 
4.- a) Die Verwaltung liess die gesundheitliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin im Haushalt durch ihren Abklärungsdienst vor Ort prüfen (Bericht vom 13. Februar 1997), wobei die prozentuale Bewertung der einzelnen Aufgabenbereiche nach Rz 2122 der Wegleitung des BSV über Invalidität und Hilflosigkeit (WIH), in der vom 1. Januar 1993 bis Ende Dezember 1999 gültig gewesenen Fassung, vorgenommen wurde. Gestützt hierauf ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 30 %. 
In Nachachtung des im kantonalen Verfahren vorgebrachten Einwandes der Beschwerdeführerin, der durch die Betreuung des behinderten Sohnes bedingte erhebliche zeitliche Mehraufwand sei bei der Gewichtung der einzelnen Aufgabenbereiche zu wenig berücksichtigt worden, erhöhte die Vorinstanz die Bereiche "Betreuung von Kindern oder anderen Familienangehörigen" von 20 auf 30 % sowie "Verschiedenes" von 5 um zusätzliche 20 % für den Teilbereich "Krankenpflege" auf insgesamt 25 %. Stattdessen reduzierte sie die Bereiche "Ernährung" von 30 auf 15 %, "Wohnungspflege" von 15 auf 10 %, "Einkauf und weitere Besorgungen" von 10 auf 5 % sowie "Wäsche- und Kleiderpflege" von 15 auf 10 %. Indem sie bezüglich der prozentualen Bemessung der gesundheitlichen Einschränkungen in den einzelnen Aufgabenbereichen der Auffassung der Verwaltung folgte, gelangte sie zu einem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 38 %. 
Hiegegen macht die Versicherte erneut im Wesentlichen geltend, das Ausmass des Pflegeaufwandes für ihren Sohn, welches einen Anteil von 50 bis 60 % ihrer Gesamttätigkeit erreiche, sei anlässlich der Haushaltsabklärung durch den Mitarbeiter der IV-Stelle ungenügend berücksichtigt und gewichtet worden. 
 
b) Bei nichterwerbstätigen Versicherten im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG wird für die Bemessung der Invalidität darauf abgestellt, in welchem Masse sie behindert sind, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen (Art. 27 Abs. 1 IVV). Als Aufgabenbereich der im Haushalt tätigen Versicherten gilt nach Art. 27 Abs. 2 IVV unter anderem die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Erziehung der Kinder. Bei der Bemessung der Invalidität von im Haushalt tätigen Versicherten ist die Gewichtung der einzelnen hauswirtschaftlichen Aufgaben gemäss dem in der WIH festgelegten Schema vorzunehmen; ein Abweichen von der Regel rechtfertigt sich, wenn auf Grund besonders auffälliger Merkmale ein Sonderfall anzunehmen ist (ZAK 1986 S. 237 f. Erw. 3f und 4a). 
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine (heute) schon im AHV-Alter stehende Frau, welche ihren erwachsenen, schwer behinderten (gelähmten) Sohn zu Hause betreut und pflegt. Es stellt sich die Frage, was in solchen - speziellen - Verhältnissen als bisheriger Aufgabenbereich der nichterwerbstätigen Person im Sinne von Art. 27 Abs. 1 IVV zu betrachten ist. Da die Versicherte ihren Sohn über Jahre hinweg gepflegt und der tägliche Betreuungsaufwand einen erheblichen Anteil des üblichen Arbeitstages einer den Haushalt führenden Person ausmacht (vgl. Erw. 4c hienach), ist diese Pflegetätigkeit als primärer bisheriger Aufgabenbereich anzuerkennen. Hingegen kann die Beschwerdeführerin nicht beanspruchen, dass die sich aus der gleichzeitigen Haushaltführung ergebende "Anderthalb- oder Doppelbelastung" ebenfalls Berücksichtigung findet. Denn der Versicherungsschutz auch für nichterwerbliche Beschäftigungen wird nur im Rahmen eines durchschnittlichen Pensums gewährt (ZAK 1988 S. 477 Erw. 2; nicht veröffentlichte Urteile K. vom 1. März 1996, I 331/95, und L. vom 3. August 1993, I 40/93). Die Unmöglichkeit, der sich aus der Pflege des Sohnes ergebenden Belastung und (kumulativ) der Aufgabe, den grossen Haushalt (8-Zimmer-Einfamilienhaus mit Umschwung) zu führen, zu genügen, hat demnach ausser Acht zu bleiben. 
 
c) Was die Gewichtung und Feststellung der Behinderung im anerkannten Aufgabenbereich anbelangt, geht aus den Akten hervor, dass der schwer spastisch-tetraplegisch gelähmte Sohn der Beschwerdeführerin täglicher Pflege im Umfang von 5 Stunden und 45 Minuten bedarf (Abklärungsbericht Hauspflege vom 17. Juni 1993). Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass dieser Pflegeaufwand seither wesentlich kleiner geworden wäre. Er entfällt auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Sohn von Montag bis Freitag jeweils von 9.00 bis 16.00 Uhr in einer Tagesstruktur aufhält. Denn die Beschwerdeführerin ist von 6.00 bis 8.30 Uhr (Abfahrt Taxi) und von 16.30 bis 21.00 Uhr (Bettruhe) mit der Pflege und Betreuung des Sohnes beschäftigt. Angesichts dieses Pflegeaufwandes dürfen die übrigen Verrichtungen nach dem in Erw. 4b hievor Gesagten nur im Umfange der Differenz der 5,75 Stunden zu einem üblichen Arbeitstag einer nichterwerbstätigen (Haushalt führenden) Person von 8 bis 9 Stunden gewichtet werden. Der Pflegeanteil für den Sohn nimmt somit rund zwei Drittel des anerkannten Aufgabenbereichs ein (5,75 Stunden im Verhältnis zu 8 bis 9 gesamthaften Tagesarbeitsstunden). Gestützt auf den Haushaltsabklärungsbericht vom 13. Februar 1997 gingen sowohl Verwaltung als auch Vorinstanz von einer Einschränkung der Beschwerdeführerin infolge ihrer Fuss- und Gehbehinderung von 50 % in der Betreuung ihres Sohnes aus. Diese 50 %ige Einschränkung führt in der mit zwei Dritteln gewichteten Pflegetätigkeit zu einem Invaliditätsgrad von 33 2/3 %. Wird ferner berücksichtigt, dass der Haushaltsbericht gesundheitliche Einschränkungen von 20 % im Bereich Ernährung, von 40 % in der Wohnungspflege, von 20 % bei Einkauf und weiteren Besorgungen sowie von 20 % bei Wäsche und Kleiderpflege attestiert, so resultiert aus diesen vier Teilbereichen ungewichtet eine Einschränkung von durchschnittlich 25 %. Diese wirkt sich im Lichte des Ausgeführten in einem restlichen Tätigkeitsbereich von einem Drittel aus, was einen Invaliditätsgrad von rund 8 % ergibt. Damit ergibt sich ein Invaliditätsgrad von gut 40 %, weshalb ihr eine Viertelsrente zuzusprechen ist. Da die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine halbe Rente im Härtefall gemäss Art. 28 Abs. 1bis IVG in Verbindung mit Art. 28bis IVV nach Lage der Akten offensichtlich fehlen, kann auf diesbezügliche nähere Abklärungen verzichtet werden (BGE 116 V 23; ZAK 1991 S. 317 Erw. 4). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Juni 1999 und die Verwaltungsverfügung vom 17. März 1997 aufgehoben, und es wird die Sache an die IV-Stelle des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit sie über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Viertelsrente in masslicher und zeitlicher Hinsicht verfüge. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 21. November 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: