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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_80/2022  
 
 
Urteil vom 7. Juli 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________ AG, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
5. E.________ AG, 
6. F.________, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Müller, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, 
Hermann-Götz-Strasse 24, Postfach, 8401 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Verleumdung, Erpressung, Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung, unlauterer Wettbewerb, Bestechung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 24. März 2022 (UE210010-O/U/BEE). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 11. Mai 2020 erstatteten die A.________ AG, B.________, C.________, D.________, die E.________ AG, F.________, G.________, H.________ und I.________ Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung, Erpressung, Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung, unlauteren Wettbewerbs sowie Bestechung, eventualiter wegen übler Nachrede und Nötigung.  
 
A.b. Der Strafanzeige liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die A.________ AG, deren Verwaltungsratsmitglieder B.________, C.________, G.________ und H.________ seien, habe auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück in U.________ ein Gebäude errichtet. Darin befinde sich das Hotel J.________. Dieses Hotel werde von der K.________ AG betrieben. F.________ sei deren Inhaber und auch Inhaber bzw. Verwaltungsrat der E.________ AG. D.________ sei Leiter des Baumanagements der A.________ AG. Für die Errichtung der Liegenschaft habe die A.________ AG verschiedene Unternehmen beigezogen, darunter die mittlerweile konkursite und im Handelsregister gelöschte L.________ GmbH. Diese habe unter anderem mit der M.________ AG und der N.________ AG Subunternehmerverträge abgeschlossen. Der Verwaltungsrat der M.________ AG habe die A.________ AG unter Druck gesetzt, Schulden der L.________ GmbH zu übernehmen, da sie sonst die Arbeiten nicht fortsetzen werde. Dieser Forderung sei die A.________ AG nachgekommen. Sie habe eine Vereinbarung unterzeichnet und eine Zahlung geleistet. Wegen späterer Unstimmigkeiten betreffend angeblicher Forderungen habe die M.________ AG der A.________ AG mit der Presse gedroht und die TV-Systeme im Hotel abgestellt. Nachdem sich die A.________ AG nicht mehr habe erpressen lassen, müssten die M.________ AG und die N.________ AG an die Presse gelangt sein, um die A.________ AG zu verleumden, zu schädigen und den Wettbewerb zu ihren Ungunsten zu beeinflussen. So seien Mitte März im Beobachter und im Blick Artikel erschienen, welche falsche, irreführende und verleumderische Angaben enthalten hätten. Sodann sei ein Bild mit B.________, C.________ und F.________ nicht aus dem Artikel des Beobachters entfernt worden, obwohl das Bezirksgericht Zürich dies mittels superprovisorischer Verfügung angeordnet habe.  
 
A.c. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland verfügte am 18. Dezember 2020 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung.  
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Zürich hiess die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 24. März 2022 in Bezug auf den Straftatbestand des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gut. Hingegen wies es die Beschwerde in Bezug auf die anderen angezeigten Delikte ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Gegen diesen Beschluss erheben die A.________ AG, B.________, C.________, D.________, die E.________ AG und F.________ Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragen, den vorinstanzlichen Beschluss aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, ein Strafverfahren betreffend die in der Strafanzeige genannten Delikte und Begebenheiten zu eröffnen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschuldigten, eventualiter der Staatskasse. 
 
D.  
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich als Straf- oder Zivilkläger am Strafverfahren zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist, wer mithin Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist (Art. 115 Abs. 1 StPO; BGE 143 IV 77 E. 2.1 f. mit Hinweisen). Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG sind unmittelbar aus der Straftat resultierende und ordentlicherweise vor den Zivilgerichten geltend zu machende Ansprüche, in erster Linie auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR (vgl. BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 6B_345/2021 vom 27. April 2022 E. 2.2.1).  
 
1.2. Nach Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG hat die beschwerdeführende Partei darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind. Wird die Beschwerde - wie hier - von mehreren Privatklägern gemeinsam erhoben, hat jeder von ihnen individuell den ihm persönlich entstandenen Schaden darzulegen (Urteile 6B_103/2021 vom 26. April 2021 E. 1.1; 6B_1026/2019 vom 3. Oktober 2019 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die Begründung muss in der Beschwerde selbst enthalten sein; der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 143 IV 122 E. 3.3; 140 III 115 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführer 1, 2 und 3 machen geltend, sie hätten einen Schaden erlitten, indem die Beschwerdeführerin 1 infolge der Nötigung Fr. 100'000.-- an die M.________ AG und die N.________ AG überwiesen habe. Dadurch sei das Vermögen der Beschwerdeführerin 1 vermindert worden und diese bzw. die Aktionäre der Gesellschaft hätten einen Schaden erlitten. Sie seien "Opfer" und Geschädigte mit Zivilansprüchen.  
 
2.2. Diese Argumentation der Beschwerdeführer reicht nicht aus, um ihre Beschwerdelegitimation hinreichend zu substantiieren. Die Beschwerdeführer 2 und 3 vermögen aus ihrer Eigenschaft als Aktionäre der Beschwerdeführerin 1 keinen eigenen direkten und unmittelbaren Schaden aus der beanzeigten Straftat der Nötigung herzuleiten (Art. 115 Abs. 1 StPO), geschweige denn ihre Opfereigenschaft zu belegen (vgl. zur Definition des Opfers Art. 116 Abs. 1 StPO: Voraussetzung ist ein Schaden der körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität). Weiter ergibt sich in Bezug auf den angeblichen Schaden der Beschwerdeführerin 1 nicht, ob und in welcher Höhe ihr tatsächlich ein solcher entstanden sein soll. Hierzu führt die Vorinstanz aus, die Zahlung von Fr. 100'000.-- sei für tatsächliche Leistungen der M.________ AG und der N.________ AG im Rahmen des Bauprojekts geflossen. Diese Leistungen seien der Beschwerdeführerin 1 als Eigentümerin des Gebäudes direkt zugute gekommen. Diese mache nicht geltend, dass sie die besagten Leistungen zweimal hätte bezahlen müssen (angefochtener Beschluss S. 11 Ziff. 4.4). Angesichts dieser vorinstanzlichen Erwägungen wäre es an der Beschwerdeführerin 1 gelegen, die genannten vorinstanzlichen Ausführungen im Rahmen ihrer Vorbringen zur Beschwerdelegitimation substantiiert zu widerlegen. Dieser Pflicht kommt sie nicht hinreichend nach. Ihre gegenteiligen Behauptungen, sie habe einen Schaden erlitten, da unklar sei, ob die Summe von Fr. 100'000.-- für effektive Leistungen der M.________ AG und der N.________ AG bezahlt wurde bzw. sie habe Drittschulden beglichen, reicht zur Begründung der von ihr diesbezüglich behaupteten Willkür nicht aus (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG, vgl. zum Begriff der Willkür und den Anforderungen an die Willkürrüge: BGE 148 I 160 E. 3; 147 IV 73 E. 4.1.2; 141 IV 369 E. 6.3; je mit Hinweisen).  
Zu allfälligen, aus der angezeigten Erpressung resultierenden Zivilansprüchen äussert sich die Beschwerdeführerin 1 sodann nicht. Soweit die Beschwerdeführer 2 und 3 eine Erpressung behaupten, ist zudem darauf hinzuweisen, dass bei Vermögensdelikten zum Nachteil einer Aktiengesellschaft weder die Aktionäre noch die Gesellschaftsgläubiger unmittelbar verletzt sind (BGE 148 IV 170 E. 3.3.1 mit Hinweis). 
 
3.  
 
3.1. In Bezug auf die weiteren angezeigten Delikte zeigen die sechs Beschwerdeführer nicht auf, wem von ihnen welcher Schaden aus welchem Deliktssachverhalt unmittelbar entstanden sein soll, und sie legen auch nicht dar, inwiefern sich der angefochtene Beschluss aus welchen Gründen auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Um welche Zivilforderungen es im Einzelnen konkret gehen könnte, ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich.  
 
3.2. Dies gilt namentlich hinsichtlich des Vorbringens, wonach der Beschwerdeführerin 5 ein Schaden durch das Abschalten der TV-Programme entstanden sei. Bereits durch die Vorinstanz wurde ausgeführt, dass diese nicht Betreiberin des Hotels ist (angefochtener Beschluss S. 16 Ziff. 4.6). Die blosse Behauptung (Beschwerde S. 6), die Beschwerdeführerin 5 sei "Vermieterin und Lizenzhalterin", gibt keinen näheren Aufschluss über die bestehenden vertraglichen Beziehungen und deren Ausgestaltung. Insoweit lässt sich aus dem Hinweis, die Beschwerdeführerin 5 sei "Vermieterin und Lizenzhalterin", auch kein Bezug zu einem allfälligen, aus einem strafrechtlichen Verhalten abzuleitenden Schaden herstellen.  
 
3.3. Ebensowenig ergibt sich aus der Beschwerde, dass und in welcher Höhe den jeweiligen Beschwerdeführern wegen der Berichterstattung im Blick und im Beobachter Kosten für "weitere Schadenspositionen" bzw. Anwaltshonorare entstanden sein sollen. Es mangelt an einer hinreichenden Darlegung der angeblichen Schadenspositionen jedes einzelnen Beschwerdeführers unter Bezugnahme auf das jeweilige Delikt. Im Übrigen zielt die Entschädigung nach Art. 433 StPO, welche die Zivilklägerschaft für ihre notwendigen Aufwendungen im Strafverfahren verlangen kann, nicht darauf ab, den Schaden zu decken, den die Partei als Folge der Straftat erlitten hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine Zivilforderung im Sinne von Art. 81 BGG (vgl. Urteil 6B_52/2022 vom 16. März 2023 E. 2.2 mit Hinweisen). Dies gilt auch für die Gerichtsgebühren, welche den Beschwerdeführern vor Vorinstanz gestützt auf das Unterliegerprinzip auferlegt wurden.  
 
3.4. Ihre Behauptung wonach sie aufgrund der negativen Presseberichterstattung im Beobachter und im Blick einen kostspieligeren Kredit zu ihrer Finanzierung habe aufnehmen müssen, begründet die Beschwerdeführerin 1 im Weiteren nicht näher und unterlässt es einen diesbezüglichen Schaden zu substanziieren. Auch hier wird die Beschwerdelegitimation nicht hinreichend dargetan.  
 
3.5. Desgleichen lässt sich den Ausführungen zur Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin 5 nicht entnehmen, weshalb ihr ein Schaden durch die Stornierung von Hotelbuchungen entstanden sein soll, zumal nicht sie Hotelbetreiberin ist (vgl. schon E. 3.2 hiervor). Abgesehen davon sagen angebliche Hotelstornierungen nichts darüber aus, ob die Hotelbetreiberin ersatzweise andere Gäste und wenn ja zu welchen Konditionen gefunden hat. Auch insoweit bleibt die konkrete Schadensposition undurchsichtig. Inwieweit entstandene "Mieteinnahmen" (sic!) eine Schadensposition darstellen sollten, erschliesst sich nicht.  
 
3.6. Mit dem Hinweis, dass "sämtliche Parteien" gegenüber den publizierenden Organen "Genugtuungsansprüche, Schadenersatz- und Gewinnherausgabeansprüche" geltend machen werden (vgl. Beschwerde S. 5), legen die Beschwerdeführer den ihnen jeweils persönlich entstandenen Schaden in Bezug auf die einzelnen angezeigten Delikte schliesslich erneut in keiner Weise dar.  
 
3.7. Insgesamt genügt die Beschwerde damit den Begründungsanforderungen an die Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG nicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
4.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- sind den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Juli 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer