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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.370/2002 /leb 
 
Urteil vom 31. Juli 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichterin Yersin, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
A._______ Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonales Ausländeramt St. Gallen, Oberer Graben 32, 
9001 St. Gallen, 
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen. 
 
Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 25. Juni 2002. 
 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
1. 
1.1 Der nach eigenen Angaben aus Sierra Leone stammende A.________ (geb. 20. April 1972) reiste 1999 illegal in die Schweiz ein. Bei der Einreise war er im Besitz eines Geburtsscheines ("Birth Certificate"), der seine Identität beweisen sollte. Das Bundesamt für Flüchtlinge erwog am 8. November 2001 u.a., bei diesem Geburtsschein könne es sich nur um eine Fälschung handeln, und zog das Papier ein. Gleichzeitig lehnte das Bundesamt das Asylgesuch von A.________ ab und wies ihn aus der Schweiz weg, unter Ansetzung einer Ausreisefrist bis zum 6. Februar 2002. Auf eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde trat die Schweizerische Asylrekurskommission am 28. Januar 2002 nicht ein, weil A.________ den eingeforderten Kostenvorschuss von Fr. 600.-- auch nach Ansetzung einer Nachfrist nicht einbezahlt hatte. 
 
Am 29. Januar 2002 setzte das Bundesamt für Flüchtlinge A.________ eine neue Frist (bis zum 12. Februar 2002) zur Ausreise aus der Schweiz. Der Aufforderung des Ausländeramtes St. Gallen, zwecks Passbeschaffung am 11. Februar 2002 vorzusprechen, kam A.________ nicht nach. Seit diesem Datum galt er als untergetaucht. Am 13. März 2002 meldete er sich auf dem Fürsorgeamt X.________ und machte geltend, er werde die Schweiz nun selbständig verlassen. Am 7. April 2002 wurde er auf dem Flughafen Zürich festgenommen, nachdem er versucht hatte, mit einem verfälschten britischen Reisepass nach Boston/USA zu fliegen. 
 
Am 30. April 2002 weigerte sich A.________, ein Passantragsformular für Sierra Leone auszufüllen, und machte geltend, er sei auf medizinische Hilfe in der Schweiz angewiesen. Das Ausländeramt St. Gallen stellte daraufhin beim Bundesamt für Flüchtlinge ein Gesuch um Vollzugsunterstützung, welches am 10. Mai 2002 bewilligt wurde. Am 5. Juni 2002 wurde gegen A.________ Strafantrag wegen Reisens ohne gültigen Fahrausweis gestellt. 
 
Am 19. Juni 2002 teilte die Abteilung Vollzugsunterstützung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements dem Ausländeramt des Kantons St. Gallen mit, A.________ stamme vermutlich aus Nigeria. 
1.2 Inzwischen - am 12. Juni 2002 - hatte das Ausländeramt des Kantons St. Gallen gegenüber A.________ Ausschaffungshaft angeordnet. Nachdem ihm hierzu von der Kantonspolizei das rechtliche Gehör gewährt worden war, wurde er am 22. Juni 2002 in Ausschaffungshaft genommen. Der Einzelrichter (im Folgenden: Haftrichter) der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht) prüfte und bestätigte die Haft am 25. Juni 2002 "bis längstens 21. September 2002". 
 
1.3 Hiergegen wandte sich A.________ mit handschriftlicher, in englischer Sprache verfasster Eingabe vom 18. Juli 2002 an das Bundesgericht. Er verlangt sinngemäss, aus der Haft entlassen zu werden. Er trägt im Wesentlichen vor, er habe in "four interviews" bereits sehr viele Fragen beantwortet, er könne aber, wie die Schweizer Bürger auch, nicht alles über das Heimatland wissen. Sogar die hiesigen Behörden würden Fehler machen: So sei sein Geburtsdatum der 20. April 1972 und nicht der 8. April 1972, wie dies im Entscheid des Haftrichters stehe. Auch denke er nicht, dass der Geburtsschein Voraussetzung dafür sei, um Asyl zu erhalten. Sodann habe die Asylrekurskommission seinen Fall nicht fair behandelt: "I was asked to pay 600 SFrancs within about 10 days or my case will be closed they knew I was not working and I could not pay the 600 SF within that period". Im Weiteren macht A.________ geltend, er stehe immer noch in ärztlicher Behandlung, weshalb er nicht nach Sierra Leone zurückkehren könne. Dort würden im Übrigen immer noch die Rebellen die Lage kontrollieren und er wisse nicht, ob seine Familie noch im Land geblieben, an einen anderen Ort gezogen oder tot sei. 
 
Der Haftrichter und das Ausländeramt schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich innert Frist nicht geäussert. A.________ hat von der Möglichkeit, sich ergänzend vernehmen zu lassen, nicht Gebrauch gemacht. 
2. 
2.1 Gegenstand des Entscheids des Haftrichters ist einzig die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der angeordneten Ausschaffungshaft (vgl. Art. 13c Abs. 2 ANAG). Auch vor Bundesgericht stellt sich damit lediglich die Frage der Rechtmässigkeit der Haft (vgl. Art. 104 lit. a und c OG). Namentlich ist das Bundesgericht nicht (auch nicht als Beschwerdeinstanz) zuständig, Asylbegehren zu beurteilen (vgl. insbesondere Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 OG). Auch den Wegweisungsentscheid kann es nur dann überprüfen, wenn er offensichtlich rechtswidrig ist (BGE 121 II 59 E. 2c). 
2.2 Der Beschwerdeführer gelangt fast ausschliesslich mit Anliegen (vgl. E. 1.3) an das Bundesgericht, welche die Asyl- und Wegweisungsfrage bzw. die entsprechenden Verfahren betreffen. Da es keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Wegweisungsentscheides gibt (vgl. hierzu auch E. 3.2), kann nach dem Gesagten insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
3. 
3.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, sofern die Voraussetzungen von Art. 13b ANAG erfüllt sind. Danach ist im Einzelnen unter anderem erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 125 II 369 E. 3a S. 374; 122 II 148 E. 1 S. 150), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Sodann muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3) und die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5 S. 384). Auf Seiten der Behörden sind die für den Vollzug der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen (wie Identitäts- und Herkunftsabklärungen, Papierbeschaffung) umgehend zu treffen (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.). 
3.2 Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren weggewiesen worden. Die gegen ihn angeordnete Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs und damit dem vom Gesetz vorgesehenen Zweck. Wiewohl die für eine Rückreise in seine Heimat notwendigen Dokumente noch nicht vorliegen, erscheint die Heimreise tatsächlich möglich - sei es nach Sierra Leone (vgl. Entscheid der Eidgenössischen Asylrekurskommission vom 8. Mai 2002, E. 8c S. 11 ff., insbesondere S. 14), sei es nach Nigeria (vgl. Schreiben der Abteilung Vollzugsunterstützung vom 19. Juni 2002, Anhang S. 2) -, und es stehen dem Wegweisungsvollzug auch keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Die Massnahmen zur Beschaffung eines Reisepapiers sind unverzüglich eingeleitet worden und werden vorangetrieben (vgl. Schreiben der Abteilung Vollzugsunterstützung, a.a.O.), womit dem Beschleunigungsgebot Genüge getan ist. Damit ist die angeordnete Haft rechtmässig, wenn einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe besteht. 
3.3 Der Haftrichter stützt die Haft auf den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG. Danach ist Ausschaffungshaft dann zulässig, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass der Ausländer sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt (Untertauchensgefahr). Dies ist vorliegend der Fall: Der Beschwerdeführer - dessen Identität nicht feststeht - hatte offenbar bereits im Asylverfahren ein gefälschtes Papier (Geburtsschein) benutzt und später, nachdem er vorübergehend bereits einmal untergetaucht war, versucht, mit einem verfälschten Pass in die USA auszureisen. Darüber hinaus hatte er sich geweigert, ein Antragsformular für ein Reisepapier zu unterzeichnen. Zu berücksichtigen ist sodann, dass sich der Beschwerdeführer in der Schweiz strafbar gemacht hat (vgl. E. 1.1). Auch dadurch hat er zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt ist, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten. 
 
Angesichts seines gesamten bisherigen Verhaltens bietet der Beschwerdeführer keine Gewähr dafür, dass er sich ohne Haft zu gegebener Zeit, d.h. bei Vorliegen der Reisepapiere, für den Ausschaffungsvollzug zur Verfügung halten wird (vgl. BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.). Die Untertauchensgefahr wurde deshalb zu Recht bejaht. 
 
4. 
An diesem Ergebnis nichts zu ändern vermag der Umstand, dass das im Rubrum des angefochtenen Entscheides aufgeführte Geburtsdatum (8. April 1972) infolge eines Kanzleiversehens nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers (20. April 1972) übereinstimmt (vgl. Vernehmlassung des Haftrichters, Ziff. 1). 
 
Was schliesslich die behauptete fortdauernde medizinische Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers betrifft, so hätte er sich damit an den zuständigen ärztlichen Dienst zu wenden. Dass er nicht hafterstehungsfähig wäre, ist auf Grund seiner Vorbringen nicht anzunehmen. 
 
Die Anordnung der Ausschaffungshaft erweist sich daher als mit dem Bundesrecht vereinbar. 
5. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten als offensichtlich unbegründet abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Da sich eine Gerichtsgebühr als offensichtlich uneinbringlich erweisen würde, rechtfertigt es sich, von der Erhebung einer solchen abzusehen (vgl. Art. 153a Abs. 1 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Ausländeramt St. Gallen und der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht), sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 31. Juli 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: