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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_918/2018  
 
 
Urteil vom 17. Oktober 2019  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, 
nebenamtlicher Bundesrichter Geiser, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Benedikt Schneider, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Schumacher, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 27. September 2018 
(3B 18 16/3U 18 27/3U 18 47). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ und B.________ heirateten am 10. Oktober 1996 in U.________ in der heutigen Republik Kosovo. Sie haben die Kinder C.________ (geb. 1999), D.________ (geb. 2001), E.________ (geb. 2004) und F.________ (geb. 2009). Mit Eheschutzentscheid vom 26. November 2012 stellte das Bezirksgericht Hochdorf fest, dass der gemeinsame Haushalt der Ehegatten seit dem 2. Juni 2012 auf unbestimmte Dauer aufgehoben ist, und es genehmigte die Vereinbarung der Parteien über die Folgen des Getrenntlebens. 
 
B.  
Mit Klage vom 15. Juli 2015 beantragte der Ehemann die Scheidung der Ehe nach Art. 114 ZGB. Gleichzeitig reichte er ein Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen nach Art. 276 ZPO ein. Mit Entscheid vom 13. November 2015 genehmigte das Bezirksgericht Hochdorf im Verfahren nach Art. 276 ZPO die Vereinbarung der Parteien vom 21. Oktober 2015. 
Mit Urteil vom 29. Januar 2018 schied das Bezirksgericht Hochdorf die Ehe der Parteien und verpflichtete den Ehemann unter anderem zur Bezahlung monatlicher Unterhaltsbeträge für die vier Kinder. Bezüglich des nachehelichen Unterhalts stellte es fest, dass der Ehemann mangels finanzieller Leistungsfähigkeit bis Juli 2023 nicht in der Lage sei, Unterhaltszahlungen zu erbringen. Für die Zeit ab August 2023 setzte es nacheheliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 412.-- und für die Zeit von November 2025 bis 31. Juli 2030 solche von Fr. 860.-- fest. 
Auf Berufung des Ehemannes hin änderte das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 27. September 2018 die Regelung des Kinderunterhalts in einem Nebenpunkt ab, bestätigte jedoch das Urteil in den übrigen Punkten. 
 
C.  
Gegen das kantonsgerichtliche Urteil hat der Ehemann am 7. November 2018 Beschwerde erhoben mit dem Begehren um Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es ihn zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet. 
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend nachehelichen Unterhalt mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
In rechtlicher Hinsicht sind alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig, wobei in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Entscheides erfordert (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116). 
In tatsächlicher Hinsicht legt das Bundesgericht seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig eine offensichtlich unrichtige, d.h. willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, wobei hierfür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG); dies bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266). 
 
2.  
Für den nachehelichen Unterhalt ist das Kantonsgericht in Übernahme der bezirksgerichtlichen Erwägungen davon ausgegangen, dass der Ehefrau zunächst auf der Basis von 50 % ein Nettoeinkommen von Fr. 1'500.--, sodann ab Dezember 2021 bei 70 % ein solches von Fr. 2'100.-- und ab Dezember 2025 ausgehend von einem Vollzeiterwerb ein solches von Fr. 3'000.-- anzurechnen und dieses ab August 2030 zufolge Berufserfahrung und besseren Deutschkenntnissen auf Fr. 3'400.-- zu erhöhen ist. Es hat das Vorbringen des Beschwerdeführers verworfen, wonach ihr aufgrund einer Suchabfrage im Salarium (Lohnrechner des Bundesamtes für Statistik) ein höheres Einkommen anzurechnen seien, denn im Unterschied zum Bezirksgericht gehe er von Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten und insbesondere von einem Alter von 46 Jahren und fünf Dienstjahren aus, obwohl die Ehefrau aktuell 38 Jahre alt sei und keine anrechenbaren Dienstjahre aufweise; dass sie dereinst über Berufserfahrung verfügen werde, habe das Bezirksgericht insofern berücksichtigt, als es ab August 2030 das hypothetische Einkommen um Fr. 400.-- erhöht habe. Ferner hat es die Ausführungen der Ehefrau in der Berufungsantwort erwähnt, wonach sie von Ende März bis Ende April 2018 überraschend eine temporäre Anstellung bei G.________ gefunden habe und der Lohn mehr oder weniger dem vom Bezirksgericht angerechneten hypothetischen Einkommen entspreche. Ab Mai 2018 habe sie eine feste Anstellung in Aussicht; der Arbeitsvertrag liege noch nicht vor, es sei jedoch nicht mit einem höheren Einkommen zu rechnen. Im Übrigen sei bei der Einkommensfestsetzung zu berücksichtigen, dass sie keine Berufserfahrung und bloss einen C-Ausweis habe. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer macht in erster Linie eine Verletzung von Art. 55 Abs. 1 und Art. 58 Abs. 1 i.V.m. Art. 277 Abs. 1 ZPO geltend. 
Was die Dispositionsmaxime anbelangt, ist von vornherein keine Verletzung ersichtlich, hat doch die Ehefrau auf Abweisung der Berufung geschlossen. 
Was sodann die Verhandlungsmaxime anbelangt, hat sich die Ehefrau der Sichtweise des Beschwerdeführers offensichtlich nicht unterzogen, und es trifft auch nicht zu, dass sie seine Vorbringen zu wenig substanziiert bestritten hätte, stellte sie doch die Richtigkeit der Berechnungsweise des Beschwerdeführers ausdrücklich in Abrede, indem sie in genereller Hinsicht auf ihr Alter, die Erziehungspflichten gegenüber den gemeinsamen Kindern und die "sachgerechte und korrekte" Berechnung des Bezirksgerichts hinwies (Berufungsantwort, Ziff. 16) und indem sie spezifisch die Ausführungen des Beschwerdeführers bestritt und darauf hinwies, dass ihr Lohn bei G.________ mehr oder weniger dem vom Bezirksgericht angerechneten hypothetischen Einkommen entspreche, wobei auch ihre fehlende Ausbildung und die C-Bewilligung zu berücksichtigen seien, weshalb der vom Beschwerdeführer errechnete hypothetische Nettomonatslohn von Fr. 3'500.-- für eine Vollzeitstelle überhöht sei (Berufungsantwort, Ziff. 19). 
Ins Leere stösst im Zusammenhang mit den angerufenen Maximen der Verweis auf die Mindestlöhne bei G.________, welche sogar höher seien als das von ihm berechnete hypothetische Einkommen: Der Beschwerdeführer hatte im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht, dass auf Mindestlöhne bei G.________ oder jedenfalls auf einen Mittelwert zwischen diesen und seinen eigenen Berechnungen abzustellen sei, und er hatte auch nirgends erwähnt, wie hoch diese Löhne wären. Die Ehefrau hatte zwar darauf hingewiesen, dass sie überraschend bei G.________ eine Temporäranstellung gefunden und einen festen Vertrag in Aussicht habe; von konkreten Zahlen war allerdings auch von ihrer Seite nicht die Rede, sondern wie gesagt hielt sie in der Berufungsantwort vielmehr fest, dass der effektive Lohn in etwa den erstinstanzlichen Annahmen in Bezug auf ein hypothetisches Einkommen entspreche. 
 
4.  
Eingangs wird sodann unter dem Titel "Beschwerdegründe" abstrakt eine "offensichtlich falsche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes" genannt. Die unter dem anschliessenden Titel "Begründung" erfolgenden (nicht von der Begründung für die angeblich verletzten Prozessmaximen getrennten) Ausführungen sind jedoch rein appellatorisch. Weder wird das Wort "Willkür" oder "willkürlich" je verwendet noch genügen die Ausführungen inhaltlich den an Willkürrügen zu stellenden Substanziierungsanforderungen (dazu E. 1) : 
In erster Linie geht der Beschwerdeführer von einem deutlich höheren tatsächlichen Lohneinkommen bei G.________ aus (behauptet wird ein Bruttolohn von Fr. 4'330.--, Beschwerde S. 7, bzw. von Fr. 4'700.--, Beschwerde S. 10, und ein Nettolohn von mehr als Fr. 4'000.--, Beschwerde S. 9), als es von den kantonalen Instanzen (hypothetisch) angenommen wurde, und er unterstellt wiederholt, dass die Ehefrau bei G.________ eine Vollzeitstelle habe, wobei er im Widerspruch dazu gleichzeitig auch festhält, dass der Anstellungsgrad unbekannt sei (vgl. Beschwerde S. 4). Diese Ausführungen werden nicht nur appellatorisch und damit prozessual ungenügend vorgebracht, sondern sie sind auch neu und damit unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG), weil der Beschwerdeführer die Behauptungen im Berufungsverfahren wie in E. 3 erwähnt noch nicht erhoben hatte (vgl. dazu BGE 143 III 290 E. 1.1 S. 293). 
In zweiter Linie versucht der Beschwerdeführer zu rechtfertigen, weshalb im Zusammenhang mit dem Lohnrechner "Salarium" seine Prämissen und nicht diejenigen im angefochtenen Entscheid die Ausgangsbasis für die Berechnung bilden müssten. Allerdings bleiben auch diese Ausführungen rein appellatorisch und genügen den in E. 1 für die Sachverhaltsfeststellung geltenden Rügeanforderungen nicht, denn der Beschwerdeführer stellt bloss seine eigene Betrachtungsweise jener des Gerichts gegenüber. 
Gleiches gilt auch für die rein appellatorisch bleibenden Ausführungen im Zusammenhang mit dem Bedarf der Ehefrau, namentlich mit dem eingesetzten Betrag für die Steuern. Abgesehen davon müsste der Beschwerdeführer auch explizit aufzeigen, dass er diese Vorbringen bereits im Berufungsverfahren gemacht hat. 
 
5.  
Zusammenfassend ergibt sich, dass die - letztlich auf einem neuen Sachverhalt basierende, nämlich dass die Ehefrau bei G.________ einem Vollzeiterwerb nachgehe und dabei ein weit höheres Einkommen erziele als angenommen, was (Richtigkeit vorausgesetzt) allenfalls Grund für eine Abänderung nach Art. 129 Abs. 1 ZGB sein könnte - Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
 
6.  
Angesichts der konkreten Umstände ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG); in dieser Hinsicht ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde angesichts der durchwegs ungenügenden Rügen von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es im Zusammenhang mit der Verbeiständung an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. 
Der Gegenseite ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos ist. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Oktober 2019 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli