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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_236/2020  
 
 
Urteil vom 12. Juni 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, Pflegezentrum Bauma, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Ermächtigung zur Eröffnung einer Strafuntersuchung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 17. April 2020 
(TB200032-O/U/HUN). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ befindet sich zum Vollzug einer stationären Massnahme im Sinn von Art. 59 StGB im Pflegezentrum Bauma. Am 13. Mai 2019 reichte er eine Strafanzeige gegen den ihn behandelnden Arzt Dr. B.________ wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung und Gefährdung des Lebens ein. Zur Begründung führte er an, dieser habe es unterlassen, ihm Vitamin B3 (Niacin) zu verordnen, obschon er gewusst habe, dass der Niacin-Wert bei ihm sehr tief gewesen sei. Er habe seit anfangs März an qualvollen Beschwerden, Appetitlosigkeit etc. gelitten und ein schmerzhaftes Ziehen am Herzmuskel verspürt. Dr. B.________ habe Ende März seine Niacin-Werte überprüfen lassen. Obwohl das schlechte Ergebnis am 12. April 2019 vorgelegen sei, habe ihm Dr. B.________ erst am 3. Mai 2019 Vitamin B3 verordnet. 
Am 13. Februar 2020 überwies die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland die Strafanzeige via Oberstaatsanwaltschaft dem Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, es sei mangels relevanten Tatverdachts keine Ermächtigung zur Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen Dr. B.________ zu erteilen. 
Mit Beschluss vom 17. April 2020 erteilte das Obergericht die Ermächtigung zur Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Dr. B.________ nicht. 
 
B.   
Mit Beschwerde vom 11. Mai 2020 beantragt A.________, diesen Beschluss des Obergerichts aufzuheben und der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung zur Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Dr. B.________ zu erteilen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
C.   
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Nach Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. § 148 des Zürcher Gerichtsorganisationsgesetzes vom 10. Mai 2010 (GOG) entscheidet das Obergericht über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen Beamte im Sinn von Art. 110 Abs. 3 StGB wegen im Amt begangener Vergehen oder Verbrechen. Mit dem angefochtenen Entscheid hat es das Obergericht abgelehnt, die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung des angezeigten Arztes zu ermächtigen. Damit fehlt es an einer Prozessvoraussetzung für die Durchführung des Strafverfahrens, womit das Verfahren abgeschlossen ist. Angefochten ist damit ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), gegen den nach der Rechtsprechung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (BGE 137 IV 269 E. 1.3.1). Der Beschwerdeführer, der am kantonalen Verfahren als Partei beteiligt war und dessen Strafanzeige nicht mehr weiterbehandelt werden kann, ist als Geschädigter, der allenfalls Zivilansprüche geltend machen könnte (Art. 115, Art. 118 und Art. 122 Abs. 1 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO), befugt, sie zu erheben (Art. 89 Abs. 1 BGG). Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde allerdings insoweit, als Rügen nicht sachgerecht begründet werden (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1; 133 II 396 E. 3.2) oder am Streitgegenstand vorbeigehen. 
 
2.   
Im vorliegenden Verfahren ist zu prüfen, ob das Obergericht die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung der angezeigten Person ohne Verletzung von Bundesrecht verweigern konnte. Das Bundesgericht hatte sich im Urteil 1C_508/2019 vom 5. November 2019 bereits einmal mit einem gleichgelagerten Fall zu beschäftigen, bei dem der Beschwerdeführer gegen ihn behandelnde Ärzte Strafanzeige eingereicht hatte. Für die Vorgeschichte wird auf dieses Urteil verwiesen. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer wirft dem Beschwerdegegner im Wesentlichen vor, er habe ihm, nachdem sich am 12. April 2019 herausgestellt habe, dass er an einem gesundheitsschädlichen bzw. lebensbedrohlichen Niacin-Mangel leide, nicht zeitnah, sondern erst am 3. Mai 2019 und damit zu spät Vitamin B3 verordnet. Dadurch habe er eine schwere Körperverletzung begangen und sich der Gefährdung des Lebens schuldig gemacht. 
Das Obergericht hat dazu erwogen (E. V. S. 7), es sei nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer eine schwere Körperverletzung zugefügt oder gar sein Leben gefährdet habe, indem er ihm während der kurzen Zeitspanne vom 12. April bis zum 3. Mai 2019 kein Vitamin B3-Präparat verordnet habe. Der Beschwerdeführer habe zudem das ihm vom Beschwerdegegner am 12. April 2019 gemachte Angebot, ihm ein Vitamin-Präparat zu verordnen, abgelehnt mit der der Begründung, er müsse sich dies überlegen und zunächst seine Mutter fragen. Diese habe dann dem Vollzugs- und Bewährungsdienst Luzern am 16. März 2019 per E-Mail mitgeteilt, dass der Beschwerdegegner ihm Niacin verordnen solle. Mit diesem Verhalten habe er sich die von ihm nunmehr beanstandete Verzögerung selber zuzuschreiben. 
Der Beschwerdeführer setzt sich mit dieser Begründung nicht sachgerecht auseinander. Er legt nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise dar, inwiefern durch die um rund drei Wochen verzögerte Niacin-Abgabe seine Gesundheit im Sinn von Art. 122 StGB schwer geschädigt oder er in unmittelbare Lebensgefahr gebracht worden (Art. 129 StGB) sein könnte, geschweige denn, dass der Beschwerdegegner die Gesundheitsschädigung vorsätzlich bzw. die Lebensgefahr "in skrupelloser Weise" herbeiführen wollte. Unbestritten ist zudem, dass der Beschwerdeführer die Verschreibung von Niacin zunächst ablehnte und damit faktisch kundtat, dass er selber dessen Einnahme damals - anders als heute - nicht als vordringlich einstufte. Zusammenfassend ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht, inwiefern das Obergericht einen Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen des Beschwerdegegners zu Unrecht verneinte und dementsprechend die Ermächtigung zu dessen Strafverfolgung in bundesrechtswidriger Weise verweigerte. Das ist auch nicht ersichtlich. 
 
4.   
Auf die Beschwerde ist wegen Verletzung der Begründungspflicht nicht einzutreten. Auf die Erhebung von Kosten kann ausnahmsweise verzichtet werden, womit das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos wird. 
 
 
 Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Juni 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi