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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_4/2024  
 
 
Urteil vom 12. Januar 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, 
vertreten durch Migrationsamt, Ambassadorenhof, 
Riedholzplatz 3, 4509 Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung / Erlöschen der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 9. November 2023 (VWBES.2023.54). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der 1977 in Kenia geborene A.________ reiste am 18. Juli 1992 in die Schweiz ein, woraufhin ihm im Kanton Zürich eine Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Per 1. Oktober 2000 zog er von Zürich nach Zuchwil. Die Migrationsbehörde des Kantons Solothurn (heute: Migrationsamt Solothurn; nachfolgend: Migrationsamt) bewilligte den Kantonswechsel und stellte ihm am 25. April 2001 eine Niederlassungsbewilligung aus. Deren Kontrollfrist wurde in der Folge jeweils verlängert, letztmals am 9. März 2017 bis am 30. September 2021.  
Die 1982 ebenfalls in Kenia geborene B.________ reiste am 2. März 1998 in die Schweiz ein und erhielt im Rahmen des Familiennachzugs eine Niederlassungsbewilligung, deren Kontrollfrist in der Folge und letztmalig am 9. März 2017 bis am 28. Februar 2022 verlängert wurde. 
A.________ und B.________ haben drei gemeinsame Kinder (geb. 1999, 2004 und 2014). 
 
1.2. Mit Verfügung vom 25. Januar 2021 stellte das Migrationsamt fest, dass die Niederlassungsbewilligung von B.________ aufgrund eines über sechsmonatigen Auslandsaufenthalts erloschen sei. Nach Zustimmung des Staatssekretariats für Migration (SEM) wurde ihr im Rahmen einer Wiederzulassung unter verschiedenen Bedingungen eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeitsdauer bis 31. Januar 2022 erteilt.  
Mit Entscheid vom 31. Januar 2023 verfügte das Migrationsamt nach verschiedenen Abklärungen, dass die Aufenthaltsbewilligung von B.________ nicht verlängert werde und wies sie aus der Schweiz weg. Weiter stellte das Migrationsamt in derselben Verfügung fest, dass die Niederlassungsbewilligung von A.________ aufgrund eines Aufenthalts in Kenia von achteinhalb Monaten erloschen sei. Ihm wurde keine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen einer Wiederzulassung nach Art. 30 Abs. 1 lit. k AIG (SR 142.20) oder gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage erteilt. 
 
1.3. Eine gegen die Verfügung vom 31. Januar 2023 erhobene Beschwerde von A.________ und B.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 9. November 2023 ab.  
 
1.4. A.________ und B.________ gelangen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 3. Januar 2023 an das Bundesgericht und beantragen, es sei das Urteil vom 9. November 2023 aufzuheben und es sei das Migrationsamt anzuweisen, ihr Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu bewilligen bzw. die Aufenthaltsbewilligung wieder zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Prozessual ersuchen sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie um unentgeltliche Rechtspflege in dem Sinne, dass sie von der Bezahlung eines Kostenvorschusses zu befreien seien.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Sie ist ebenfalls unzulässig gegen Wegweisungsentscheide (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartun kann, dass ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht; ob die jeweils erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der inhaltlichen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
2.2. Gegenstand des angefochtenen Urteils bildet in Bezug auf den Beschwerdeführer primär die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. k AIG (Wiederzulassung von Ausländerinnen und Ausländern). Diese Bestimmung räumt keinen Bewilligungsanspruch ein, sondern betrifft die Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen, die unter den Ausnahmetatbestand von Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG fallen (vgl. Urteil 2C_521/2023 vom 29. September 2023 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit ausgeschlossen.  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin war im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung, die ihr gemäss dem angefochtenen Urteil im Rahmen einer Wiederzulassung erteilt und mit Gültigkeitsdauer bis 31. Januar 2022 aufgestellt worden war. Dabei handelt es sich nach dem Gesagten um eine Ermessensbewilligung, auf deren Erteilung bzw. Verlängerung kein Rechtsanspruch besteht (vgl. E. 2.2 hiervor). Weil diese Bewilligung keine Rechtswirkungen mehr entfaltet, stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin einen anderweitigen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung habe. Dass und inwiefern ein solcher Anspruch besteht, ist von den Beschwerdeführern gestützt auf ihre Begründungspflicht darzutun (vgl. E. 2.1 hiervor).  
 
2.4. Die Beschwerdeführer legen nicht in vertretbarer Weise dar, dass sie einen potenziellen Anspruch auf Bewilligungserteilung bzw. -verlängerung hätten und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. So behaupten sie zu Recht nicht, dass ihnen der Schutz des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV aufgrund ihrer langjährigen Anweseneheit in der Schweiz Bewilligungsansprüche einräumen würden. Denn Ausländer, die - wie hier - die Schweiz verlassen haben und deren ursprüngliche Bewilligung erloschen ist, können sich nicht auf die in BGE 144 I 266 aufgestellte Vermutung, wonach sie nach einem zehnjährigen rechtmässigen Aufenthalt als integriert gelten können, berufen, um aus dem Schutz des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abzuleiten (vgl. BGE 149 I 66 E. 4.5-4.8). Dass im Falle der Beschwerdeführer eine besonders ausgeprägte Integration vorliege, die ausnahmsweise einen potenziellen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf den Schutz des Privatlebens begründen könnte (vgl. im Einzelnen BGE 149 I 207 E. 5.3), machen sie nicht geltend. Insbesondere ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, dass sie während ihres Aufenthalts in der Schweiz grösstenteils mit Sozialhilfeleistungen unterstützt wurden und Schulden aufweisen, sodass eine erfolgreiche Integration klarerweise nicht vorliegt.  
Soweit sich die Beschwerdeführer auf den Schutz des Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV aufgrund ihrer Beziehung zu ihren Kindern berufen, ist Folgendes festzuhalten: Aus der Beziehung zu ihrer neuneinhalbjährigen Tochter können sie keinen Bewilligungsanspruch ableiten, zumal die minderjährigen Kinder das ausländerrechtliche Schicksal des sorge- und betreuungsberechtigten Elternteils teilen und grundsätzlich mit diesem auszureisen haben (BGE 143 I 21 E. 5.4; Urteil 2C_669/2020 vom 28. August 2020 E. 2.2.2). Unbehelflich ist auch der allgemeine Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (KRK; SR 0.107), da sich daraus rechtsprechungsgemäss keine über die Garantien von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV hinausgehenden eigenständigen Bewilligungsansprüche ergeben (vgl. z.B. BGE 144 I 91 E. 5.2; 143 I 21 E. 5.5.2). 
Das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern ist nur geeignet, einen Bewilligungsanspruch zu begründen, falls - über die üblichen Bindungen im Eltern-Kind-Verhältnis hinaus - ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht (BGE 147 I 268 E. 1.2.3 mit Hinweisen; 129 II 11 E. 2; Urteil 2C_283/2021 vom 30. September 2021 E. 4.1). Ein solches kann sich aus Betreuungs- oder Pflegebedürfnissen bei körperlichen oder geistigen Behinderungen und schwerwiegenden Krankheiten ergeben. Dabei genügt das Vorliegen eines Pflege- und Betreuungsbedürfnisses allein nicht; erforderlich ist zusätzlich, dass die betreffende Pflege- und Betreuungsleistung unabdingbar von den in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Angehörigen erbracht werden muss (vgl. Urteile 2C_406/2023 vom 5. September 2023 E. 2.3; 2C_283/2021 vom 30. September 2021 E. 4.1). Mit den blossen Behauptungen, zwischen ihnen, ihrer minderjährigen Tochter und ihren beiden erwachsenen Kindern bestehe ein sehr enges und tatsächlich gelebtes familiäres Verhältnis und dem Hinweis auf erhebliche psychische Probleme der minderjährigen Tochter aufgrund eines Traumas vermögen die Beschwerdeführer nicht hinreichend darzutun, dass und inwiefern ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis im Sinne der Rechtsprechung bestehen soll. 
 
2.5. Im Ergebnis gelingt es den Beschwerdeführern nicht in vertretbarer Weise darzutun, dass sie Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung haben und ein solcher ist auch nicht offensichtlich. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit ausgeschlossen.  
 
3.  
Zu prüfen bleibt, ob die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) entgegen genommen werden kann. 
Mangels Aufenthaltsanspruchs in der Schweiz sind in diesem Rahmen ausschliesslich Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte zulässig, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2). Solche bringen die Beschwerdeführer nicht vor. 
Sodann machen die Beschwerdeführer keine Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte im Zusammenhang mit ihrer Wegweisung geltend, sondern weisen lediglich in allgemeiner Weise auf die Schwierigkeiten hin, die eine solche nach sich ziehen würden, so insbesondere auf eine posttraumatische Belastungsstörung ihrer minderjährigen Tochter, die einen Verbleib in der Schweiz zwingend notwendig machen soll. Die Ausführungen der Beschwerdeführer bleiben weitgehend unsubstanziiert und genügen den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen nicht (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2). Insbesondere gelingt es ihnen damit nicht, eine ernsthafte und konkrete Lebensgefahr oder das Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland rechtsgenüglich darzutun. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als unzulässig (vgl. BGE 137 II 305 E. 3.3; Urteil 2C_564/2021 vom 3. Mai 2022 E. 1.4). 
Demzufolge kann auf die vorliegende Eingabe auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten werden. 
 
4.  
 
4.1. Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde ist durch die Abteilungspräsidentin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a) nicht einzutreten. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.  
 
4.2. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführer rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, mit welchem (sinngemäss) lediglich die Befreiung von den Gerichtskosten beantragt wird, gegenstandslos. Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Januar 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov