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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.475/2002 /bie 
 
Urteil vom 31. März 2003 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli, 
Gerichtsschreiber Schaub. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, 
Münstergasse 3, 3011 Bern, 
Steuerrekurskommission des Kantons Bern, Sägemattstrasse 2, Postfach 54, 3097 Liebefeld. 
 
Gegenstand 
Direkte Bundessteuer pro 1993/94 und 1995/96, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 20. August 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ deklarierte für die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 1993/94 ein steuerbares Einkommen von Fr. -232'549.-- und für die Steuerperiode 1995/96 ein solches von Fr. -2'424'922.--. Die Steuerverwaltung des Kantons Bern veranlagte ihn mit Fr. 1'185'100.-- für die Steuerperiode 1993/94 bzw. mit Fr. -2'992'785.-- für die Steuerperiode 1995/96. 
 
X.________ focht diese Verfügung bei der Steuerrekurskommission des Kantons Bern (nachfolgend: Rekurskommission) an. Dabei beanstandete er unter anderem die zeitliche Zuordnung von Grundstückgewinnen. Er hatte als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler mit Grundstückverkäufen in A.________, B.________ und C.________ Gewinne von Fr. 2'559'857.-- erzielt. Die Kaufverträge waren im Oktober 1992 beurkundet, jedoch erst im Januar 1993 im Grundbuch eingetragen worden. Nutzen und Schaden gingen per 1. bzw. 4. Januar 1993 auf die Käufer über. X.________ deklarierte die Gewinne in der Steuerperiode 1995/96. Die Rekurskommission wies sie der Steuerperiode 1993/94 (Bemessungsperiode 1991/92) zu, setzte die Einkommensveranlagung pro 1993/94 auf Fr. 2'583'000.-- fest und wies die erhobenen Beschwerden mit Entscheid vom 20. August 2002 ab. 
B. 
X.________ hat am 20. September 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben mit dem Antrag, die Gewinne aus den drei Liegenschaftenverkäufen in A.________, B.________ und C.________ im Jahr des Grundbucheintrages (1993) und nicht bereits im Jahr des Abschlusses des Kaufvertrages (1992) steuerlich zu erfassen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend die direkte Bundessteuer ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172.021] sowie Art. 98 lit. g OG und Art. 112 Abs. 2 des bis am 31. Dezember 1994 gültigen Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer [Bundessteuerbeschluss, BdBSt] bzw. Art. 146 des seit dem 1. Januar 1995 gültigen Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [Bundessteuergesetz, DBG; SR 642.11]). Als betroffener Steuerpflichtiger ist der Beschwerdeführer gemäss Art. 103 lit. a OG zur Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids befugt. Auf die frist- und formgerecht (vgl. Art. 106 und 108 OG) eingereichte Eingabe ist einzutreten. 
1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Es wendet im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an, ist an die von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG) und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (BGE 128 II 34 E. 1c S. 37). 
2. 
2.1 Nach Art. 21 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 41 Abs. 2 BdBSt ist in der Steuerperiode 1993/94 das in der Berechnungsperiode 1991/92 erzielte Einkommen und nach Art. 18 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 40 und 43 DBG in der Steuerperiode 1995/96 das in der Berechnungsperiode 1993/94 erzielte Einkommen zu versteuern. Weder der Bundessteuerbeschluss noch das Bundessteuergesetz sagen ausdrücklich, wann ein Einkommen als erzielt zu gelten hat. 
2.2 Bis zum 31. Dezember 1994 wurden Gewinne aus Liegenschaftenhandel gestützt auf Art. 21 Abs. 1 lit. a und, wenn der Steuerpflichtige zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichtet war, gestützt auf Art. 21 Abs. 1 lit. d und f sowie Art. 43 Abs. 1 BdBSt besteuert (vgl. BGE 125 II 113 E. 3b S. 117). Seither sind nach Art. 18 DBG steuerbar alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit (Abs. 1). Zu den Einkünften zählen auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen (Abs. 2 Satz 1). 
Für die steuerliche Gewinnermittlung bilden die handelsrechtlichen Bücher die Grundlage (vgl. Art. 87 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 3 BdBSt bzw. Art. 18 Abs. 3 und Art. 125 Abs. 2 DBG). Die schweizerische Steuerpraxis knüpft dabei an die handelsrechtliche Bilanz an, welche auch steuerrechtlich verbindlich ist (Massgeblichkeitsprinzip der Handelsbilanz), wenn bei deren Errichtung nicht gegen zwingende Bestimmungen des Handelsrechts verstossen wurde und sofern nicht spezielle steuerrechtliche Vorschriften für die Gewinnermittlung zu beachten sind (StE 2002 B 72.13.1 Nr. 3, 2A.157/2001, E. 2b, mit Hinweisen). 
3. 
3.1 Gewinne werden nach dem steuerrechtlichen Periodizitätsprinzip derjenigen Periode zugerechnet, in der sie - ungeachtet der handelsrechtlichen bzw. buchhalterischen Behandlung - anfallen: Ein Einkommen ist nach steuerrechtlichen Grundsätzen dann als erzielt zu betrachten, wenn der Steuerpflichtige Leistungen vereinnahmt oder einen festen Rechtsanspruch darauf erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann (grundlegend: BGE 105 Ib 238 E. 4a S. 242; StR 54/1999 S. 196, 2A.67/1997, E. 5b, S. 201; RADF 1998 2 374, 2P.14/1998, E. 3a; BGE 113 Ib 23 E. 2e S. 26). 
3.2 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts findet die Regel, dass der steuerrechtlich relevante Einkommenszufluss im Zeitpunkt der Begründung eines festen Anspruchs erfolgt, grundsätzlich auch Anwendung bei der Realisierung von Kapitalgewinnen, die aus der Veräusserung von Geschäftsvermögen entstehen. Wenn ein solcher Veräusserungsvertrag rechtsgültig abgeschlossen worden ist und seine Erfüllung nicht unsicher erscheint, wird der daraus resultierende Kapitalgewinn im Zeitpunkt der Begründung des Anspruchs besteuert. Dies gilt auch für Kapitalgewinne, die sich bei der Veräusserung von Geschäftsgrundstücken ergeben. In diesen Fällen entsteht mit dem Vertragsabschluss in der Regel ein fester Anspruch, der einen steuerbaren Einkommenszugang darstellt. Es ist deshalb mit der Besteuerung nicht bis zur Vertragserfüllung, d.h. bis zur Eintragung der Handänderung im Grundbuch zuzuwarten (BGE 105 Ib 238 E. 4b S. 242 f., mit Hinweisen; 113 Ib 23 E. 2e S. 26; ASA 61 S. 666, 2A.56/1991, E. 3b, S. 669; RADF 1998 2 374, 2P.14/1998, E. 3a; StR 54/1999 S. 196, 2A.67/1997, E. 5b, S. 201). 
4. 
Die Rekurskommission hat sich beim angefochtenen Entscheid auf diese Rechtsprechung, namentlich ASA 61 S. 666 ff. (2A.56/1991) gestützt und als Realisierungszeitpunkt die Beurkundung der Kaufverträge im Oktober 1992 angenommen. Dabei hielt sie in für das Bundesgericht nach Art. 105 Abs. 2 OG verbindlicher Weise fest, dass für die Liegenschaft in C.________ bereits im Jahr 1992 eine erste Anzahlung und der Rest der Kaufpreissumme für alle Liegenschaften zu Beginn des Jahres 1993 geleistet worden sind. Auch die Handänderungssteuer wurde in C.________ bereits im November 1992 abgerechnet. Es bestand mithin keine Gefahr, dass die Verträge seitens der Käufer nicht erfüllt würden. Der Beschwerdeführer macht denn auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht geltend, die Vertragserfüllung sei unsicher erschienen. War aber die Erfüllung nicht unsicher und der notarielle Vertrag abgeschlossen, gilt der Ertrag im Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung steuerrechtlich als realisiert. In diesem Zeitpunkt ist die definitive buchhalterische Berücksichtigung vorliegend auch bilanz- bzw. zivilrechtlich zulässig (vgl. Treuhand-Kammer, Schweizerisches Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Zürich 1998, S. 15 f., 130 f., 144 f. und 169 f., wonach verschiedene Buchungsmöglichkeiten bestehen). Die Rekurskommission nahm darum zu Recht eine steuerrechtliche Korrektur an der Handelsbilanz des Beschwerdeführers vor und erfasste die fraglichen Grundstückgewinne in der Steuerperiode 1993/94 (Bemessungsperiode 1991/92). 
5. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen. Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung und der Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 31. März 2003 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: