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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_190/2024  
 
 
Urteil vom 12. März 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel U. Walder, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Amt für Justizvollzug, 
Ambassadorenhof, Riedholzplatz 3, 4509 Solothurn, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, 4500 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, vom 15. Januar 2024 (BKBES.2024.9). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 14. Januar 2021 verurteilte das Obergericht des Kantons Solothurn A.________ wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, versuchter Nötigung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, unrechtmässiger Aneignung, Diebstahls, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Sachbeschädigung. Es stellte zudem fest, dass A.________ die Taten in schuldunfähigem Zustand verübt hat. Das Obergericht ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme von drei Jahren mit Beginn am 14. Januar 2021 an, unter Anrechnung des bereits erstandenen Freiheitsentzugs. 
 
B.  
Am 28. Juli 2023 beantragte das Amt für Justizvollzug (AJUV), Straf- und Massnahmenvollzug des Kantons Solothurn beim Amtsgericht Olten-Gösgen die Verlängerung der stationären Massnahme um zwei Jahre. Mit Nachentscheid vom 21. Dezember 2023 zum Urteil des Obergerichts Solothurn vom 14. Januar 2021 wies das Amtsgericht Olten-Gösgen den Antrag um Verlängerung der Massnahme ab. 
In der Folge beantragte das Amt für Justizvollzug am 8. Januar 2024 beim Richteramt Olten-Gösgen, es sei über A.________ ab der Höchstdauer der stationären Massnahme am 13. Januar 2024 für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens Sicherheitshaft im aktuellen Setting anzuordnen. Eventualiter seien für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens Ersatzmassnahmen im aktuellen Setting anzuordnen. Das Richteramt Olten-Gösgen leitete den Antrag am 9. Januar 2024 an die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn weiter. 
Mit Verfügung vom 15. Januar 2024 hiess die Beschwerdekammer das Gesuch gut und ordnete gegenüber von A.________ ab der Höchstdauer der Massnahme am 13. Januar 2024 für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens Sicherheitshaft im bisherigen Setting des Massnahmenvollzugs an. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 15. Februar 2024 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt zur Hauptsache die Feststellung der Nichtigkeit der Verfügung des Obergerichts vom 15. Januar 2024 und ihre sofortige Haftentlassung. Eventualiter sei die Verfügung vom 15. Januar 2024 aufzuheben und sei sie sofort aus der Haft zu entlassen, subeventualiter unter Anordnung geeigneter Ersatzmassnahmen. Subsubeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und das Amt für Justizvollzug beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführerin hat am 6. März 2023 repliziert. Die Vorinstanz informiert mit Schreiben vom 7. März 2024, dass sie mit Beschluss vom 6. März 2024 die für die Beschwerdeführerin mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 14. Januar 2021 angeordnete stationäre therapeutische Massnahme mit Wirkung ab 14. Januar 2024 um 15 Monate verlängert hat. Für den Fall einer allfälligen Beschwerde an das Bundesgericht sei zudem zur Sicherung des Massnahmenvollzugs mit separatem Beschluss vom 6. März 2024 die Sicherheitshaft verlängert worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegenstand der angefochtenen Verfügung ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über die Anordnung von Sicherheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. StPO grundsätzlich offen (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Art. 364b Abs. 4 und Art. 231 Abs. 2 lit. b StPO; Urteil 7B_434/2023 vom 29. August 2023 E. 1). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzung geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Vorab sind die formellen Rügen zu behandeln. 
 
2.1. Die Beschwerdeführerin stellt sich zur Hauptsache auf den Standpunkt, die angefochtene Verfügung sei aus zwei Gründen nichtig. Einerseits habe das Richteramt Olten-Gösgen mit Nachentscheid vom 21. Dezember 2023 das Gesuch des Amts für Justizvollzug um Verlängerung der stationären Massnahme um zwei Jahre abgewiesen, weshalb die originär für drei Jahre angeordnete Massnahme am 13. Januar 2024 abgelaufen sei. Im Rahmen des Antrags um Verlängerung der Massnahme vom 28. Juli 2023 habe das Amt für Justizvollzug auch einen Eventualantrag auf Anordnung von Sicherheitshaft gestellt. Zu diesem Antrag habe sich das Richteramt Olten-Gösgen im Nachentscheid vom 21. Dezember 2023 nicht geäussert. Damit habe es den Antrag des Amts für Justizvollzug um Anordnung von Sicherheitshaft konkludent abgewiesen. Nachdem gemäss Art. 222 StPO einzig die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft anfechten könne, sei der Antrag des Amts für Justizvollzugs um Anordnung von Sicherheitshaft unzulässig und hätte die Vorinstanz darauf nicht eintreten dürfen. Andererseits sei gemäss Art. 364b Abs. 2 StPO ohnehin nicht die Vorinstanz, sondern entweder das zuständige Zwangsmassnahmengericht oder das Berufungsgericht zuständig gewesen für die Beurteilung eines Antrags auf Anordnung von Sicherheitshaft.  
 
2.2. Diese Rügen sind unbegründet.  
 
2.2.1. Zunächst geht aus dem Nachentscheid des Richteramts Olten-Gösgen vom 21. Dezember 2023 hervor, dass das Amt für Justizvollzug einen Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft im aktuellen Setting nur für den Fall stellte, dass bis zum Ablauf der originär angeordneten Massnahmedauer am 13. Januar 2024 noch kein erstinstanzlicher gerichtlicher Nachentscheid vorliegen sollte. Nachdem das Richteramt seinen Nachentscheid am 21. Dezember 2023 und damit vor Ablauf der originären Massnahme anordnete, bestand für das Gericht kein Anlass mehr, diesen Antrag zu prüfen. Dies gilt umso mehr, als sich aus dem Nachentscheid vom 21. Dezember 2023 ergibt, dass sich das Amtsgericht nach Abschluss der öffentlichen Parteiverhandlung zur Urteilsberatung zurückzog und auf eine öffentliche Urteilsverkündung verzichtet wurde. Mithin bestand keine Gelegenheit für das Amt für Justizvollzug, anlässlich der Urteilsverkündung beim Richteramt gestützt auf Art. 231 Abs. 2 aStPO (in der damals noch massgebenden Fassung vom 5. Oktober 2007 [AS 2010 1881], in Kraft bis 31. Dezember 2023) zu Handen der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts bzw. vorliegend bei der Beschwerdeinstanz (vgl. nachfolgend E. 2.2.4) einen Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens zu stellen. Diese Möglichkeit stand dem Amt für Justizvollzug erst mit der schriftlichen Eröffnung des Entscheiddispositivs offen, hatte es doch erst ab diesem Zeitpunkt Kenntnis davon, dass der Antrag um Verlängerung der stationären Massnahme abgewiesen wurde und das erstinstanzliche Sachgericht auf die Anordnung von Sicherheitshaft verzichtete bzw. sich nicht dazu äusserte (siehe dazu auch BGE 139 IV 277 E. 2.2, wonach die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts in analoger Anwendung von Art. 232 StPO befugt ist, die beschuldigte Person in Haft zu belassen, wenn es das erstinstanzliche Gericht unterlassen hat, sich zur Frage der Sicherheitshaft zu äussern).  
 
2.2.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stand es dem Amt für Justizvollzug auch nach neuem Recht offen, nach der Eröffnung des Nachentscheids vom 21. Dezember 2023 einen Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens zu stellen. Wie die Beschwerdeführerin korrekt vorbringt, richtet sich das Verfahren um Anordnung von Sicherheitshaft während eines selbstständigen nachträglichen Verfahrens um Verlängerung einer stationären Massnahme nach Art. 364b StPO. Danach kann die Verfahrensleitung die verurteilte Person unter den Voraussetzungen von Art. 364a Abs. 1 StPO festnehmen lassen (Abs.1) und in sinngemässer Anwendung von Art. 224 StPO ein Haftverfahren durchführen, indem sie beim Zwangsmassnahmengericht bzw. der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Anordnung der Sicherheitshaft beantragt (Abs. 2).  
Vorliegend bestand zum Zeitpunkt des Haftantrags des Amts für Justizvollzug vom 8. Januar 2024 kein Anlass für eine Festnahme, bestand aufgrund der originär angeordneten stationären Massnahme bis am 13. Januar 2024 ein gültiger Titel für den Freiheitsentzug. Demgemäss richtete sich das Verfahren gestützt auf Art. 364b Abs. 4 StPO sinngemäss nach den Bestimmungen von Art. 222 StPO und Art. 230-233 StPO. Gemäss dem im Zeitpunkt des Haftantrags vom 8. Januar 2024 geltenden Art. 231 Abs. 2 lit. b StPO kann die Staatsanwaltschaft für den Fall eines erstinstanzlichen Freispruchs und einer verfügten Freilassung der beschuldigten Person beim erstinstanzlichen Gericht zu Handen der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Fortsetzung der Sicherheitshaft beantragten, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, dass sie durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet; in diesem Fall bleibt die betreffende Person bis zum Entscheid der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts in Haft; dieses entscheidet innert 5 Tagen seit der Antragstellung. 
 
2.2.3. In sinngemässer Anwendung auf das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass dem Amt für Justizvollzug - als zuständige Behörde für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass eines nachträglichen richterlichen Entscheids (vgl. Art. 364 a Abs. 1 StPO) - gestützt auf Art. 231 Abs. 2 lit. b StPO analog zur Staatsanwaltschaft das Recht zukam, beim Richteramt Olten-Gösgen, welches den Antrag um Verlängerung der stationären Massnahme abgewiesen hat, zu Handen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz die Fortsetzung bzw. im vorliegenden Fall aufgrund der damals noch andauernden originären stationären Massnahme für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens die Anordnung von Sicherheitshaft zu beantragen. Entgegen der Kritik der Beschwerdeführerin steht dieses Vorgehen nicht im Widerspruch zu Art. 222 StPO. Art. 231 Abs. 2 lit. b StPO trat in der vorgenannten Ausgestaltung zeitgleich mit Art. 222 StPO in Kraft und normiert kein Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft, sondern räumt ihr bzw. im gerichtlichen Nachverfahren der zuständigen Justizvollzugsbehörde die Möglichkeit ein, im Falle eines erstinstanzlichen Freispruchs oder vorliegend einer Nichtverlängerung einer stationären Massnahme in der Hauptsache für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens die Anordnung von strafprozessualer Sicherheitshaft zu beantragen. Der Zulässigkeit des vorliegend strittigen Antrags des Amts für Justizvollzug vom 8. Januar 2024 steht sodann auch nicht entgegen, dass das Amt im Zeitpunkt des Antrags noch gar kein Rechtsmittel gegen den Nachentscheid vom 21. Dezember 2023 ergriffen hatte. Art. 231 Abs. 2 lit. b StPO räumt ihm die Gelegenheit ein, bereits im Hinblick auf ein Rechtsmittelverfahren die Anordnung von Sicherheitshaft zu beantragen (siehe MARC FORSTER, in: Basler Kommentar StPO, 3. Aufl. 2023, N. 6 zu Art. 231 StPO).  
 
2.2.4. Schliesslich verletzt es in der vorliegenden Konstellation auch kein Bundesrecht, wenn die Beschwerdekammer anstatt die Berufungskammer des Obergerichts des Kantons Solothurn über den Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft entschieden hat. Es ist zwar zutreffend, dass nach der seit 1. Januar 2024 in Kraft getretenen Regelung von Art. 365 Abs. 3 StPO ein im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren ergangener Entscheid mittels Berufung anzufechten ist. Wie die Vorinstanz jedoch richtig festhält, erging der Nachentscheid des Richteramts Olten-Gösgen vom 21. Dezember 2023 indessen noch unter altem Recht. Das Bundesgerichts hat sich in jüngster Zeit wiederholt mit der Frage befasst, welches Recht im Zusammenhang mit der letzten Revision der StPO, welche per 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, im Rechtsmittelverfahren anwendbar ist. Es kam dabei zum Schluss, dass wenn ein erstinstanzlicher Entscheid noch vor dem 1. Januar 2024 und damit noch nach altem Recht ergeht, auch die dagegen erhobenen Rechtsmittel nach altem Recht zu beurteilen sind (siehe Urteile 7B_53/2024 vom 7. Februar 2024 E. 2.1; 7B_49/2024 vom 2. Februar 2024 E. 1; je mit Hinweisen). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung waren bzw. sind im selbständigen gerichtlichen Nachverfahren ergangene Entscheide nach dem bis am 31. Dezember 2023 geltenden Recht mit Beschwerde anzufechten (BGE 148 IV 1 E. 3.3.2; 145 IV 383 E. 1.2; 141 IV 396 E. 3.6 und E. 4.1 ff.). Mithin ist das zulässige Rechtsmittel gegen den Nachentscheid vom 21. Dezember 2023 die Beschwerde. Für den vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass das Richteramt Olten-Gösgen den Antrag des Amts für Justizvollzug vom 8. Januar 2024 gestützt auf Art. 364b Abs. 4 StPO in sinngemässer Anwendung von Art. 231 Abs. 2 lit. b StPO zu Recht an die Verfahrensleitung der Beschwerdekammer des Obergerichts weitergeleitet hat.  
 
2.2.5. Zusammengefasst beschlagen die angefochtene Verfügung der Beschwerdekammer vom 15. Januar 2024 keine Nichtigkeitsgründe (siehe dazu: BGE 147 IV 93 E. 1.4.4 mit Hinweisen). Die Beschwerde erweist sich in diesen Punkten als unbegründet.  
 
3.  
 
3.1. In einem zweiten formellen Rügenkomplex beanstandet die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres verfassungs- und konventionsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör. Diese sieht sie darin, dass die strittige Sicherheitshaft ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung angeordnet wurde, obwohl sie dies beantragt habe.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. c sowie Art. 107 StPO haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Im Verfahren betreffend die Anordnung von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft finden Art. 31 Abs. 4 BV bzw. Art. 5 Ziff. 4 EMRK Anwendung. Zu diesen verfahrensrechtlichen Minimalgarantien gehört insbesondere das (durch Art. 31 Abs. 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 2 BV geschützte) Recht der beschuldigten Person und ihres Verteidigers, zu den von Amtes wegen zu prüfenden Haftgründen und zum Antrag der Staatsanwaltschaft Stellung zu nehmen (vgl. BGE 126 I 172 E. 3c; Urteile 1B_192/2022 vom 12. Mai 2022 E. 3.1; 1B_574/2020 vom 3. Dezember 2020 E. 4.1; je mit Hinweisen). Dies gilt auch im Verfahren um Anordnung von Sicherheitshaft gemäss Art. 231 Abs. 1 und 2 StPO (Urteile 1B_192/2022 vom 12. Mai 2022 E. 3.1; 1B_143/2015 vom 5. Mai 2015 E. 3.2). Es ergibt sich aus den Akten, dass der Beschwerdeführerin der Antrag des Amts für Justizvollzug um Anordnung von Sicherheitshaft mit Verfügung vom 10. Januar 2024 zugestellt worden ist und sie sich am 14. Januar 2024 dazu geäussert hat. Die Beschwerdeführerin konnte sich somit schriftlich Stellung beziehen und es liegt mit Blick auf die vorgenannte Rechtsprechung insoweit keine Gehörsverletzung vor.  
 
3.2.2. Mit der Frage, ob darüber hinaus im Zusammenhang mit der Anordnung von Sicherheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren ein bedingungsloser Anspruch auf eine mündliche Haftverhandlung besteht - wie es die Beschwerdeführerin zu vertreten scheint - hat sich das Bundesgericht im Urteil 1B_375/2015 vom 12. November 2015 auseinandergesetzt. Es hat dies verneint. Zur Begründung führte es aus, im Hinblick auf die allfällige Aufhebung einer stationären Massnahme müsse deren bisheriger Erfolg und die weiteren Erfolgsaussichten beurteilt werden. Der Entscheid, eine Massnahme als gescheitert aufzuheben und wegen Therapieunfähigkeit und Rückfallgefahr die Verwahrung der betroffenen Person zu beantragen, stelle somit den Abschluss eines sich periodisch wiederholenden Verfahrens dar, an dem auch die betroffene Person beteiligt war (vgl. Art. 62d StGB). Dabei würden auch die für die vollstreckungsrechtliche Sicherheitshaft massgeblichen Haftgründe - hinreichende Wahrscheinlichkeit der Anordnung der Verwahrung, Rückfallgefahr und Verhältnismässigkeit - geprüft. Die Situation sei daher vergleichbar mit derjenigen bei der Anordnung von Sicherheitshaft bei einem Untersuchungsgefangenen, bei welchem die Haftgründe bereits vorgängig zumindest einmal geprüft wurden (a.a.O. E. 2.3). Dieses Urteil stiess auf Kritik (siehe JOSET/HUSMANN, forum poenale, 2016, S. 171 ff.) und weist auch die Lehre darauf hin, dass bei erstmaliger Anordnung von strafprozessualer Sicherheitshaft im gerichtlichen Nachverfahren eine mündliche Haftanhörung durchzuführen ist (siehe HEER/BERNARD/STUDER, in: Basler Kommentar StPO, 3. Aufl. 2023, N. 4 zu Art. 364b StPO). Dies entspricht im Hauptverfahren bereits der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach ohne vorbestehende Untersuchungshaft bei der erstmaligen Anordnung von Sicherheitshaft gestützt auf die Garantien von Art. 31 Abs. 3 BV eine mündliche Haftverhandlung durchzuführen ist (Urteil 1B_375/2015 vom 12. November 2015 E. 2.3; siehe auch MARC FORSTER, in: Basler Kommentar StPO, 3. Aufl. 2023, N. 1 zu Art. 225 StPO, N. 5 zu Art. 229 StPO. N. 3 zu Art. 231 StPO und N. 3 zu Art. 232 StPO; FREI/ ZUBERBÜHLER ELSÄSSER, in: Schulthess Kommentar StPO, 3. Aufl. 2020, N. 5 zu Art. 231 StPO; DANIEL LOGOS, in: Commentaire romand CPP, 2. Aufl. 2019, N. 28 zu Art. 229 StPO und N. 21 zu Art. 231 StPO).  
 
3.2.3. Ob angesichts der erwähnten Lehrmeinungen und der genannten Rechtsprechung im Hauptverfahren generell Abstand von der im Urteil 1B_375/2015 entwickelten Praxis zu nehmen ist, braucht hier nicht abschliessend beurteilt zu werden. Jedenfalls unter den gegebenen Umständen wäre die Vorinstanz dazu verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin mündlich anzuhören. Im Gegensatz zur Situation, die dem Urteil 1B_375/2015 zugrunde lag, musste die Beschwerdeführerin aufgrund des einem Freispruch gleichkommenden erstinstanzlichen Nachentscheids vom 21. Dezember 2023 nach Ablauf der originären Massnahme nicht zwingend mit einem weiteren Freiheitsentzug in der Form von strafprozessualer Sicherheitshaft rechnen. Mithin bestand die gleiche Ausgangslage, wie wenn im Rahmen des erstinstanzlichen Hauptverfahrens bzw. nach dem erstinstanzlichen Sachurteil erstmals strafprozessuale Sicherheitshaft angeordnet wird (siehe vorne E. 3.2.2). Infolgedessen hätte eine mündliche Haftverhandlung durchgeführt werden müssen, wie dies die Beschwerdeführerin gegenüber der Vorinstanz beantragt hatte.  
 
3.3. Zusammengefasst erweist sich die Rüge der Gehörsverletzung als begründet. Während die Vorinstanz über volle Kognition verfügt, ist jene des Bundesgerichts beschränkt (Art. 97 BGG). Für die Prüfung der Haftvoraussetzungen, insbesondere des besonderen Haftgrunds der Wiederholungsgefahr, sind hier auch Sachverhaltsfragen, namentlich betreffend der Würdigung der verschiedenen psychiatrischen Gutachten, von zentraler Bedeutung. Diese kann mitunter auch von der persönlichen Anhörung der Beschwerdeführerin durch das Gericht abhängig sein. Die Heilung der Gehörsverletzung im Verfahren vor Bundesgericht fällt daher ausser Betracht (BGE 126 I 68 E. 2; Urteile 1B_429/2019 vom 23. September 2019 E. 2.4; 1B_143/2015 vom 5. Mai 2015 E. 3.3). Ein Eingehen auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin erübrigt sich.  
 
4.  
 
4.1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und die Verfügung des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 15. Januar 2024 aufzuheben. Dieses wird nach Gewährung des rechtlichen Gehörs in Nachachtung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Art. 5 Abs. 2 StPO) unverzüglich neu zu entscheiden haben, ob die strafprozessualen Haftvoraussetzungen erfüllt sind. Eine Haftentlassung durch das Bundesgericht kommt unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht (Urteil 1B_429/2019 vom 23. September 2019 E. 4). Das Gesuch um sofortige Haftentlassung ist demnach abzuweisen.  
 
4.2. Bei diesem Verfahrensausgang obsiegt die Beschwerdeführerin teilweise. Insoweit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos. Im Übrigen ist es zu bewilligen (vgl. Art. 64 BGG). Unter diesen Umständen sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 und Art. 68 BGG). Der Kanton Solothurn hat der Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung zu entrichten (vgl. Art. 68 BGG). Diese ist praxisgemäss ihrem Rechtsvertreter auszurichten. Im Übrigen ist der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, die Verfügung des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 15. Januar 2024 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an dieses zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird der Beschwerdeführerin Rechtsanwalt Daniel U. Walder als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Der Kanton Solothurn hat dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Daniel U. Walder, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. 
 
5.  
Im Übrigen wird Rechtsanwalt Daniel U. Walder aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 500.-- entschädigt. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, dem Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, und dem Richteramt Olten-Gösgen, Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. März 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn