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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
8C_58/2012 {T 0/2} 
 
Urteil vom 6. Juni 2012 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
S.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Arbeitslosenversicherung, Stampfenbachstrasse 32, 8001 Zürich, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung, Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 20. Dezember 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Verfügung vom 16. Februar 2011, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 14. März 2011, stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) den 1961 geborenen S.________ wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen in der Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ab 17. Januar 2011 für die Dauer von zehn Tagen in der Anspruchsberechtigung ein. 
 
B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den Einspracheentscheid vom 14. März 2011 erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 20. Dezember 2011). 
 
C. 
S.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, es sei von einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung abzusehen. Auf die Kostenvorschussverfügung des Bundesgerichts vom 20. Januar 2012 hin ersucht er ferner mit Eingabe vom 24. Januar 2012 um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung. 
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der angefochtenen Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Gesetz und Rechtsprechung massgebenden Grundlagen zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. Es betrifft dies nebst der Einstellung in der Anspruchsberechtigung zufolge ungenügender Arbeitsbemühungen (Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG) namentlich die Pflicht der Arbeitslosenentschädigung beanspruchenden Person, Arbeit - allenfalls auch ausser-halb des bisherigen Berufs - zu suchen (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 AVIG; Art. 26 Abs. 1 AVIV in der vorliegend anwendbaren, bis Ende März 2011 in Kraft gestandenen Fassung) und ihre persönlichen Arbeitsbemühungen form- und fristgerecht nachzuweisen (Art. 17 Abs. 1 Satz 3 AVIG; Art. 26 Abs. 2 AVIV in der vorliegend anwendbaren, bis Ende März 2011 in Kraft gestandenen Fassung), wozu sie - nötigenfalls unter Ansetzung einer Nachfrist und unter Hinweis auf die Folgen bei unentschuldbarer Nichtbeachtung - durch die zuständige Amtsstelle aufzufordern ist (Art. 26 Abs. 2bis AVIV in der vorliegend anwendbaren, bis Ende März 2011 in Kraft gestandenen Fassung). Gleiches gilt für die Rechtsprechung, wonach die versicherte Person sich bereits vor der Meldung auf dem Arbeitsamt um einen neuen Arbeitsplatz bewerben muss (ARV 2005 S. 56, C 208/03; Urteil 8C_761/2009 vom 23. Dezember 2009 E. 2.1), und für die Bestimmungen zur Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung nach Massgabe des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 AVIV in der vorliegend anwendbaren, bis Ende März 2011 in Kraft gestandenen Fassung). 
 
3. 
3.1 Die Vorinstanz ist zum Schluss gelangt, die Einstellung in der Anspruchsberechtigung sei rechtmässig. Der Beschwerdeführer sei der schriftlichen Aufforderung des zuständigen Personalberaters des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) vom 2. Februar 2011, seine persönlichen Arbeitsbemühungen für die Monate November und Dezember 2010 innert fünf Arbeitstagen nachzureichen, unter Berufung auf die seiner Meinung nach bereits erfolgte Pflichterfüllung, nicht nachgekommen. Erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens habe er sich "die Mühe gemacht", in seinem Computer nachzuforschen, welche Bewerbungsunterlagen er für diesen Zeitraum noch gespeichert hatte, und nun den Nachweis für elf Bewerbungen im Zeitraum vom 16. November bis 14. Dezember 2010 erbracht. Es könne offen bleiben, ob diese Bemühungen qualitativ und quantitativ genügend seien, da der Beschwerdegegner aufgrund des verspäteten Nachweises für den massgebenden Zeitraum von ungenügenden persönlichen Arbeitsbemühungen habe ausgehen dürfen. Der Einwand des Beschwerdeführers, als Sozialhilfebezüger habe er seine Bemühungen um Arbeit bis Mitte Januar 2011 (also bis zur Anmeldung zur Arbeitsvermittlung am 17. Januar 2011) gegenüber der für ihn zuständigen Sozialarbeiterin ausgewiesen, ändere daran nichts. 
 
3.2 Gegen die Erwägungen des kantonalen Gerichts bringt der Versicherte nichts vor, woraus auf eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG oder einen Mangel in der vorinstanzlichen Feststellung des Sachverhalts gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG zu schliessen wäre: 
3.2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe den Nachweis genügender Arbeitsbemühungen mit dem von ihm veranlassten E-Mail vom 4. Februar 2011, in welchem die für ihn zuständige Mitarbeiterin des Sozialamts gegenüber seinem RAV-Berater bestätige, dass er sich während des ganzen Jahres 2010 ordnungsgemäss um Stellen bemüht habe, bereits erbracht. Deshalb habe er sich zunächst geweigert, die genügenden Arbeitsbemühungen erneut zu belegen. Die Nichtbeachtung der im kantonalen Beschwerdeverfahren nachgereichten Bewerbungsnachweise durch die Vorinstanz stelle eine willkürliche Beweiswürdigung dar. 
Nachdem der Versicherte der Aufforderung des RAV vom 25. Januar 2011, die persönlichen Arbeitsbemühungen für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2010 (vor Eintritt der Arbeitslosigkeit) nachzuweisen, nicht nachgekommen war, wurde ihm unbestrittenermassen mit Schreiben des RAV vom 2. Februar 2011 eine Nachfrist von fünf Arbeitstagen eingeräumt und er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die nach Ablauf dieser Frist eingereichten Arbeitsbemühungen unberücksichtigt bleiben würden, sofern kein entschuldbarer Grund geltend gemacht werden könne. Er übersieht bei seiner Argumentation, dass er im Brief vom 2. Februar 2011 ausdrücklich auf die Säumnisfolge der Unterlassung hingewiesen worden war. Die Nichtberücksichtigung der erst im kantonalen Beschwerdeverfahren nachgewiesenen Arbeitsbemühungen basiert auf einer korrekten Anwendung des Art. 26 Abs. 2bis AVIV (in der vorliegend anwendbaren, bis Ende März 2011 in Kraft gestandenen Fassung; zur Gesetzmässigkeit der Verordnungsbestimmung: BGE 133 V 89), zumal sich der Beschwerdeführer nicht auf einen entschuldbaren Grund für den bis dahin unterbliebenen Nachweis berufen konnte. Eine willkürliche Beweiswürdigung ist damit entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht verbunden. Bliebe nämlich die Berücksichtigung unentschuldbar nicht innert der Nachfrist im Sinne von Art. 26 Abs. 2bis AVIV eingereichter Beweisunterlagen möglich, so würden die fünftägige Frist und die notwendigenfalls von der Verwaltung angesetzte Nachfrist mitsamt der Androhung der vorgesehenen Säumnisfolgen zu reinen Empfehlungen degradiert. Dies entspricht nicht dem Sinn und Zweck von Art. 43 Abs. 3 ATSG, auf welchem die Verordnungs-bestimmung in Bezug auf die Androhung eines Aktenentscheides bei nicht rechtzeitiger Einreichung der geforderten Angaben beruht (BGE 133 V 89 E. 6.2.4 S. 94). 
3.2.2 Soweit der Versicherte vorbringt, es wolle ihm "nicht in den Kopf", dass zwei unterschiedliche Behörden, das Sozialamt und das RAV (welche im Übrigen beide die gleiche Aufgabe hätten, nämlich Bedürftigen zu helfen und Missbrauch zu verhindern), denselben Sachverhalt - genügende Arbeitsbemühungen für einen identischen Zeitraum - zweimal prüfen würden, und es ärgere ihn, dass das RAV sich nicht mit der Bestätigung einer anderen Behörde zufrieden geben wolle, sondern von ihm den erneuten Nachweis desselben Sachverhalts mittels eines entsprechenden Formulars verlange, was nicht nur unökonomisch sei, sondern auch als überspitzter Formalismus gelten müsse, vermag er daraus ebenfalls nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Art. 26 Abs. 2 AVIV (in der bis 31. März 2011 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung) bestimmt ausdrücklich, dass die versicherte Person mit der Anmeldung zum Taggeldbezug ihre Bemühungen um Arbeit gegenüber der zuständigen Amtsstelle nachweisen muss. Der Beschwerdeführer kann sich einzig auf eine innert der Nachfrist am 4. Februar 2011 an das RAV verschickte Mail der Sozialarbeiterin stützen, in welcher - ohne weitere Angaben - bestätigt wird, dass er sich "während des ganzen Jahres 2010 regelmässig beworben" habe "und die Bewerbungen (e-Mail) der Sozialbehörde" habe zukommen lassen. Diese kurze Nachricht ermöglichte den zuständigen Organen der Arbeitslosenversicherung keine zeitlich sinnvolle (vgl. Art. 26 Abs. 3 AVIV in der bis 31. März 2011 in Kraft gestandenen Fassung) Überprüfung der quantitativen und qualitativen Anstrengungen zur Vermeidung der im fraglichen Zeitraum November/Dezember 2010 absehbaren bzw. unmittelbar bevorstehenden Ganzarbeitslosigkeit. Eine solche - inhaltliche - Prüfung darf der Verwaltung nicht vorenthalten werden, weshalb die Berufung auf überspitzten Formalismus ins Leere geht. 
 
4. 
Auf die Kritik des Beschwerdeführers bezüglich zweier weiterer Einstellungen in der Anspruchsberechtigung kann nicht eingegangen werden, da Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich die mit Einspracheentscheid vom 14. März 2011 und vorinstanzlichem Urteil vom 20. Dezember 2011 bestätigte Einstellung in der Anspruchsberechtigung bildet. 
 
5. 
Es muss zusammenfassend bei der Feststellung sein Bewenden haben, dass die im Rahmen eines leichten Verschuldens für die Dauer von zehn Tagen verfügte Einstellung in der Anspruchsberechtigung kein Bundesrecht verletzt. 
 
6. 
Das bundesgerichtliche Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Versicherten auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten kann entsprochen werden, da die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten gewährt. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 6. Juni 2012 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Ursprung 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz