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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
B 102/03 
 
Urteil vom 23. Februar 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Jancar 
 
Parteien 
L.________, 1937, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Gerhard Lanz, Schwanengasse 8, 3011 Bern, 
 
gegen 
 
Fonds de Pensions Nestlé, Avenue Nestlé 55, 1800 Vevey, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hermann Walser, Talstrasse 20, 8001 Zürich 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 1. Oktober 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1937 geborene L.________ war seit 1. Januar 1977 bei der Firma X.________ S.A. in Y.________ angestellt und damit beim Fonds de Pensions Nestlé (nachfolgend Fonds) vorsorgeversichert. Per 1. Juli 2001 liess er sich mit Einverständnis der Arbeitgeberin vorzeitig pensionieren. Mit Gesuch an den Fonds vom 19. Juli 2001 verlangte der Versicherte die Kapitalisierung der Altersrente im Betrag von Fr. 50'000.- sowie die Erhöhung der Pension zu Gunsten seiner Ehefrau auf 70 %, falls sie ihn überleben sollte. Mit Schreiben vom 23. Juli 2001 lehnte der Fonds das Gesuch ab, da es verspätet gestellt worden sei. Gemäss Reglement sei der Antrag spätestens im Moment der Pensionierung, d.h. vor dem Eintritt in den Ruhestand einzureichen. Am 12. Februar 2002 erneuerte der Versicherte sein Gesuch vom 19. Juli 2001, worauf es vom Stiftungsrat des Fonds am 31. Mai 2002 abgewiesen wurde. 
B. 
L.________ erhob am 13. August 2002 beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern gegen den Fonds Klage mit den Anträgen, dieser sei zu verpflichten, von seiner Altersrente Fr. 50'000.- als Kapital auszuzahlen und die versicherte Pension zu Gunsten seiner überlebenden Ehegattin auf 70 % zu erhöhen; seine Altersrente sei neu zu berechnen. Der Fonds schloss auf Klageabweisung. Mit Replik reichte der Versicherte die Zustimmungserklärung seiner Ehefrau vom 20. November 2002 zum Gesuch vom 19. Juli 2000 ein. Am 18. Februar 2003 teilte der Versicherte dem Fonds mit, er habe sich weder bei einer Krankentaggeldversicherung noch bei der Invalidenversicherung angemeldet; zudem legte er einen Auszug aus dem Familienbüchlein auf. Am 14. März 2003 reichte der Fonds dem kantonalen Gericht alle im Zusammenhang mit der Pensionierung des Versicherten angelegten Akten ein und führte aus, der Fall sei von Anfang an als vorzeitige Pensionierung abgewickelt worden, weshalb kein medizinisches Gutachten des Vertrauensarztes eingeholt worden sei. Mit Eingabe vom 25. April 2003 hielt der Versicherte an seinen Klageanträgen fest. Mit Entscheid vom 1. Oktober 2003 wies das kantonale Gericht die Klage ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte die Aufhebung des kantonalen Entscheides und erneuert die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren. 
Der Fonds schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die vorliegende Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der in Art. 73 BVG erwähnten richterlichen Behörden, welche sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht zuständig sind (BGE 128 II 389 Erw. 2.1.1, 128 V 258 Erw. 2a, 120 V 18 Erw. 1a, je mit Hinweisen). 
In zeitlicher Hinsicht sind für das Eidgenössische Versicherungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse massgebend, wie sie sich bis zum Erlass des kantonalen Gerichtsentscheides entwickelt haben (nicht publ. Erw. 1b des Urteils BGE 127 V 373; SZS 1999 S. 149 Erw. 3 Ingress). 
2. 
Da ein Streit um Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG vorliegt, ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (BGE 126 V 470 Erw. 1b mit Hinweis). 
3. 
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die massgeblichen gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der Rechtsprechung zur Auslegung von Reglementen nach dem Vertrauensprinzip und ihre Bedeutung für den Vorsorgevertrag (BGE 122 V 145 Erw. 4b, 146 Erw. 4c mit Hinweisen) sowie zum Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV; BGE 127 I 36 Erw. 3a; ARV 2002 Nr. 15 S. 115 Erw. 2b). Darauf wird verwiesen. 
4. 
4.1 Zu prüfen ist vorerst die Frage nach der Interpretation von Art. 14 Abs. 3 des Reglements. Diese Bestimmung besagt, dass jedes Mitglied bei Erreichen des Pensionsalters beantragen kann, einen Teil seiner Pension als Kapitalabfindung zu beziehen. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, mit dem Ausdruck "bei Erreichen des Pensionsalters" handle es sich um eine ungefähre Zeitangabe. Der Anspruch auf Kapitalabfindung könne daher auch nach der Pensionierung geltend gemacht werden. 
 
Vorerst ist festzuhalten, dass unter Pensionsalter im vorgenannten Sinne nicht das gesetzliche Pensionsalter, sondern das Erreichen des reglementarisch massgeblichen Alters zu verstehen ist (BGE 120 V 309 Erw. 4a). 
 
Im Übrigen ist die Interpretation der Reglementsbestimmung im Sinne der vorinstanzlichen Erwägungen vorzunehmen. Danach ist ein Antrag auf Teilkapitalisierung der Altersrente vor dem effektiven Altersrücktritt zu stellen, d.h. vor dem ersten Tag des Folgemonats, in welchem die versicherte Person zuletzt einen regelmässigen Lohn oder entsprechend Lohnersatzzahlungen bezogen hat. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Art. 37 Abs. 3 BVG sieht grundsätzlich vor, dass für die Kapitalabfindung von Altersleistungen eine entsprechende Erklärung spätestens 3 Jahre vor Entstehung des Anspruches abzugeben sei. Nach der Stellungnahme des BSV vom 29. Oktober 1998 kann diese Frist von den einzelnen Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen verkürzt werden, sofern die Antiselektion für die betroffene Kasse keine negative Folgen hat und eine entsprechende Bestätigung des Experten dieser Einrichtung vorliegt (Mitteilung über die berufliche Vorsorge Nr. 42 vom 29. Oktober 1998, Rz 248; Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 7. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2000, S. 209). Mithin kann es also einzig darum gehen, die dreijährige Frist zu verkürzen. Da die Frist maximal bis zur Entstehung des Rentenanspruchs läuft, kann die entsprechende Erklärung bzw. ein entsprechendes Gesuch nicht nach Erreichen des Rentenalters abgegeben werden. Wie der Fonds in seiner Vernehmlassung zu Recht ausführt, würde dies bedeuten, dass die Wahl zwischen Rente und Kapitalabfindung noch nach dem Eintritt des Vorsorgefalls getroffen werden könnte. Dies verbietet sich mit Blick auf das Gebot der Rechtssicherheit. Danach soll die von der Vorsorgeeinrichtung geschuldete Leistung im Zeitpunkt des Versicherungsfalles feststehen. 
4.2 Gleiches gilt für die Interpretation von Art. 9.5 des Reglements, wonach bei Beginn der Alterspension das Mitglied beantragen kann, dass die versicherte Ehegattenpension von 60 % auf 65 % oder 70 % erhöht wird. 
4.3 Da der Versicherte per 1. Juli 2001 pensioniert wurde, ist nach dem Gesagten der Vorinstanz beizupflichten, dass das erst am 19. Juli 2001 gestellte Gesuch um Rentenkapitalisierung und Erhöhung der Ehegattenpension verspätet war. 
5. 
Schliesslich kann der Beschwerdeführer auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben etwas anderes zu seinen Gunsten ableiten. Dabei kann offen bleiben, ob mit der Äusserung eines Vertreters des Beschwerdegegners anlässlich einer Informationsveranstaltung vom 27./28. Juni 2001, dass ein Gesuch um Kapitalabfindung bzw. Teilkapitalisierung vor der "Fälligkeit der 1. Pensionsauszahlung" gestellt werden müsse, überhaupt eine falsche Auskunft erteilt worden sei (diese Aussage wäre nicht grundsätzlich falsch, besagt sie doch in erster Linie, dass das Begehren nach Fälligkeit der Altersrente nicht mehr gestellt werden kann. Die Information war allenfalls unpräzis, da von "Erreichen des Rentenalters" hätte gesprochen werden müssen). Denn auf den Vertrauensschutz kann sich der Beschwerdeführer nicht stützen, weil die Auskunft nicht individuell konkret war, d.h. sich nicht an ihn persönlich und unter Bezugnahme auf seine konkrete Lebenssituation richtete; vielmehr war sie generell abstrakt, d.h. sie erging im Rahmen einer allgemeinen Informationsveranstaltung an einen unbestimmten Teilnehmerkreis ohne Bezug auf konkrete Lebenssituationen. Unter diesen Umständen ist bereits die erste Voraussetzung für die Bindewirkung einer falschen Auskunft gemäss Rechtsprechung (BGE 124 V 220 Erw. 2b) nicht erfüllt. 
6. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen, weil der obsiegende Beschwerdegegner eine öffentlich-rechtliche Aufgabe im Sinne von Art. 159 Abs. 2 OG wahrnimmt und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zusprechung einer Entschädigung nicht gegeben sind (BGE 128 V 133 Erw. 5b, 123 V 309 Erw. 10). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Amt für Sozialversicherung und Stiftungsaufsicht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 23. Februar 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: