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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_458/2009 
 
Urteil vom 26. März 2010 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Zünd, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch PricewaterhouseCoopers AG, 
 
gegen 
 
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Mehrwehrtsteuer. 
 
Gegenstand 
MWST 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 (Leistungsaustausch, Dienstleistungsexport), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 8. Juni 2009. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die X.________ AG - am 26. Oktober 1998 mit Sitz in B.________ gegründet - bezweckt laut Handelsregisterauszug insbesondere die Errichtung und den Betrieb einer Golfplatz-Anlage inklusive Clubhaus in A.________. Sie ist zu diesem Zeitpunkt eine 100%-Tochtergesellschaft der Y.________ International Inc. mit Sitz in Dallas, USA (nachfolgend: Y.________). Seit dem 1. März 1999 ist sie im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen. 
 
B. 
Im Juni, Juli und September 2002 führte die ESTV bei der X.________ AG Kontrollen durch. Gestützt darauf forderte sie am 11. September 2002 für die Steuerperioden vom 1. März 1999 bis 31. Dezember 2000 Fr. 996'534.-- zuzüglich Verzugszins. Am 14. August 2003 bestätigte sie diese Forderung verfügungsweise. Dagegen hat die X.________ AG Einsprache erhoben. Die ESTV hiess diese im Betrag von Fr. 657'057.-- gut, darüber hinaus wies sie diese ab. Der für den Zeitraum 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 geschuldete Mehrwertsteuerbetrag belief sich noch auf Fr. 314'673.30 zuzüglich Verzugszins. Dagegen hat die X.________ AG beim Bundesverwaltungsgericht erfolglos Beschwerde geführt. 
 
C. 
Die X.________ AG beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2009 aufzuheben und die ESTV zu verurteilen, ihr für die Steuerperioden 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 eine Gutschrift in der Höhe von Fr. 314'673.30 auszustellen, sowie zu verpflichten, ihr zugunsten eine Gutschrift für die von ihr deklarierte Vorsteuerkürzung in Höhe von Fr. 46'669.-- nebst Vergütungszins von 5% ab 8. Mai 2002 zu erstellen. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung und auf einen Antrag verzichtet. Die ESTV beantragt Abweisung und verweist im Wesentlichen auf ihre Stellungnahme im Verfahren vor der Vorinstanz. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde ist innert der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht worden und richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG), die unter keinen Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG fällt. Die Beschwerdeführerin ist als Steuerpflichtige vor dem Bundesverwaltungsgericht unterlegen: Sie ist durch den angefochtenen Entscheid deshalb besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. 
 
1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht legt seinem Urteil zudem den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
1.3 Streitig sind Steuerbeträge des Zeitraums 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000. Anwendbar ist noch die Verordnung über die Mehrwertsteuer (MWSTV; AS 1994 1464) vom 22. Juni 1994 (vgl. Art. 93 und 94 des zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2009 in Kraft stehenden Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer [aMWSTG; AS 2000 1300]). 
 
2. 
2.1 Die ESTV und die Vorinstanz sind davon ausgegangen, dass die Beträge von Fr. 2'736'743.64 für die Jahre 1998/1999 und von Fr. 2'442'503.63 für das Jahr 2000, welche die Beschwerdeführerin von der Y.________ erhalten habe, als Entgelt eines mehrwertsteuerrechtlich relevanten Leistungsaustauschs zu verstehen seien. Die Beschwerdeführerin geht im Wesentlichen davon aus, dass die von der Y.________ geleisteten Zahlungen als Gesellschafterbeiträge in einem Sanierungsfall zu qualifizieren seien. 
2.1.1 Nach Art. 4 MWSTV unterliegen Lieferungen und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer nur, wenn sie im Inland gegen Entgelt erbracht werden. Gefordert ist somit ein Leistungsaustausch zwischen dem steuerpflichtigen Leistungserbringer und dem Empfänger, der für die Leistung (Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen) ein Entgelt (Art. 26 MWSTV) zahlt. Damit ein solcher Austausch vorliegt, muss zwischen Leistung und Gegenleistung eine innere wirtschaftliche Verknüpfung gegeben sein (vgl. dazu BGE 126 II 443 E. 6a S. 451). Zu deren Beurteilung ist auf die Sicht des Leistungsempfängers (Konzept der Mehrwertsteuer als Verbrauchssteuer) abzustellen (vgl. etwa Camenzind/Honauer/Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], 2. Aufl. 2003, S. 84 Rz. 182 mit weiteren Hinweisen). Die Beurteilung selbst orientiert sich vor allem an der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. Urteil 2C_229/2008 vom 13. Oktober 2008 E. 5.1 m.w.H.). Diese dargestellte Rechtslage gilt auch im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft (vgl. Urteil 2A.369/2005 vom 24. August 2007 E. 4.3; siehe auch dazu allgemein Camenzind/ Honauer/Vallender, a.a.O., S. 159 ff.). 
2.1.2 Das Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Muttergesellschaft, der Y.________, ist im Club Operation Service Agreement (nachfolgend: COSA) geregelt. Die Pflichten jener sind in Art. 3, diejenigen dieser in Art. 2 geregelt. Wie die verschiedenen Leistungen entgolten werden sollten, wird in Art. 5 COSA festgelegt. Danach wurde die Beschwerdeführerin berechtigt, als Gewinn einen nach Jahr und Mitgliederzahlen berechneten Prozentsatz ihrer normalen und fortlaufenden Ausgaben zu behalten. In einem Schreiben vom 23. September 1999 an die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau erläutert die Beschwerdeführerin diese vertraglich festgelegte Verrechnungspreismethode (sog. Cost-Plus-Methode) näher. 
2.1.3 Wie sich aus den Unterlagen ergibt, verbuchte die Beschwerdeführerin die beiden Zahlungen des Mutterhauses (Fr. 2'736'743.64 und Fr. 2'442'503.63) als Betriebsertrag so, dass ihr entsprechend Art. 5 COSA für die Jahre 1998/1999 ein Gewinn von 1% bzw. für das Jahr 2000 ein solcher von 4% verblieb. Angesichts dieses Verbuchungsbefunds und der Ausführungen im Schreiben vom 23. September 1999 an die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau muss mit der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass es sich bei den beiden Zahlungen nicht um Sanierungsleistungen, sondern vielmehr um ein ordentliches Entgelt des Mutterhauses handelt. Diese Auffassung ist auch aus Sicht der Leistungsempfängerin (oben E. 2.1.1) besonders naheliegend, haben doch die Leistungen der Beschwerdeführerin einen Gegenwert, der sich unabhängig vom jeweiligen Geschäftsgang ergibt. Aus diesem Grund steht der Beschwerdeführerin auch immer der nach Art. 5 COSA vereinbarte Gewinn zu. Wie sich aus den Verbuchungen ergibt, wird dies dadurch sichergestellt, dass sich das Entgelt aus zwei variablen Faktoren zusammensetzt: einerseits aus dem Gewinn nach Art. 5 COSA, andererseits aus einer zusätzlichen Zahlung, damit der Gewinn auch immer realisiert werden kann. Dafür spricht zudem auch, dass nach Art. 5 COSA der Beschwerdeführerin im Laufe der Jahre ein höherer Gewinn zugesprochen werden kann, weil der zweite variable Teil im Laufe der Jahre, d.h. nach einem positiven oder positiveren Geschäftsgang, reduziert werden kann. Die Vorinstanz ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei beiden Zahlungen um ein mehrwertsteuerrechtlich relevantes Entgelt handelt. 
 
2.2 Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Eventualbegründung geltend, dass ihre Leistungen an einen Empfänger im Ausland erbracht und auch dort zur Nutzung und Auswertung gelangt seien. Mit anderen Worten liege ein steuerbefreiter Dienstleistungsexport vor. 
2.2.1 Als Ort einer Dienstleistung gilt unter Vorbehalt von hier nicht interessierenden Konstellationen (Art. 12 Abs. 2 MWSTV) der Ort, an dem der Dienstleistende seinen Geschäftssitz oder eine Betriebsstätte hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Betriebsstätte sein Wohnort oder der Ort, von wo aus er tätig wird (Art. 12 Abs. 1 MWSTV). Zur Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips hält Art. 15 Abs. 2 lit. l MWSTV fest, dass andere steuerbare Dienstleistungen, die an Empfänger mit Geschäfts- oder Wohnsitz im Ausland erbracht werden, sofern sie dort zur Nutzung oder Auswertung verwendet werden, von der Mehrwertsteuer befreit sind (dazu auch BGE 133 II 153 E. 4.1 S. 157). Dabei bildet der Sitz des Leistungsempfängers lediglich ein Indiz für den Ort der Dienstleistung; es ist im Einzelfall zu prüfen, wo die Dienstleistung tatsächlich genutzt wird (Urteil 2A.541/2006 vom 21. Februar 2007 E. 2.3). 
2.2.2 Nach Art. 3 Ziff. 1 COSA soll die Beschwerdeführerin den Golfclub in Übereinstimmung mit den Regeln bzw. Politiken und Zielsetzungen der Y.________ betreiben, welche ihr von Zeit zu Zeit vorgegeben werden. Nach Art. 3 Ziff. 2 Satz 1 COSA ist das Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Y.________ ein solches zwischen Dienstleistungserbringer und Abnehmer; Art. 3 Ziff. 2 Satz 2 und Ziff. 3 COSA sind im vorliegenden Fall nicht interessierende negative Pflichten der Beschwerdeführerin. Im bereits erwähnten Schreiben vom 23. September 1999 an die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau werden die Dienstleistungen näher ausgeführt: "Club-Management vor Ort" (Personalmanagement, Budgeterstellung, Informatik, Personalausbildung) einerseits, "Marketing Aktivitäten auf dem Schweizer Markt" (Bildung eines Advisory Board, Pflege der Mitglieder, Anwerbung neuer Mitglieder und Öffentlichkeitsarbeit) andererseits. Bereits aus den Titeln ("vor Ort"; "auf dem Schweizer Markt"), welche den verschiedenen Tätigkeiten zugeordnet wurden, ist ersichtlich, dass deren Nutzung oder Auswertung nicht bei der Y.________ erfolgte, sondern in der Schweiz. Auch die einzelnen Tätigkeiten belegen dies: so betrifft die Personalausbildung und das Personalmanagement das Personal, das in der Schweiz arbeitet; die Informatik soll der Beschwerdeführerin und nicht der Y.________ dienen; dasselbe gilt für das Budget. Noch offensichtlicher ist dies bei der Beziehung zu den Mitgliedern der Beschwerdeführerin. Insofern hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie feststellte, dass die aufgeführten Dienstleistungen in der Schweiz genutzt und ausgewertet wurden. 
Die Beschwerdeführerin übersieht in ihrer Argumentation, dass der Sitz des Leistungsempfängers - wie bereits erwähnt (E. 2.2.1) - lediglich ein Indiz für die Beurteilung des Dienstleistungsortes darstellt. Massgebend ist die Beurteilung des Einzelfalls. Unbehelflich ist auch ihr Einwand, dass sie regelmässig Bericht an die Y.________ zu erstatten habe. Dieser stellt entsprechend der dargestellten Sachlage lediglich eine Beschreibung der Nutzung und Auswertung der in der Schweiz bereits erbrachten Dienstleistungen dar. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. 
 
3.2 Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 7'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 26. März 2010 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Müller Errass