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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1174/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 14. Mai 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Moses. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Serge Flury, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Liestal, Rheinstrasse 27, 4410 Liestal,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung von Verkehrsregeln, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 17. September 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ wird vorgeworfen, am 10. Oktober 2009 in der Einstellhalle eines Einkaufszentrums in Füllinsdorf das Vortrittsrecht des auf einem Fussgängerstreifen sich befindenden B.________ missachtet zu haben, indem er mit übersetzter Geschwindigkeit neben ihm vorbeifuhr. B.________ schlug auf die hintere Scheibe des Fahrzeuges von A.________, worauf Letzterer aus seinem Automobil ausstieg und B.________ einen Fusstritt in den Bauch versetzte. 
 
B.   
Das Strafgerichtspräsidium Basel-Landschaft erklärte A.________ am 15. April 2013 neben einem anderen Delikt der einfachen Körperverletzung und der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 80.-- und einer Busse von Fr. 1'500.--. Eine dagegen gerichtete Berufung wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft am 17. September 2013 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
D.   
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Liestal, verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer verweist auf seine Ausführungen im kantonalen Verfahren (Beschwerde, S. 3). Damit ist er nicht zu hören. Die Begründung der Beschwerde muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein, und der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 138 IV 47 E. 2.8.1; 133 II 396 E. 3.1; je mit Hinweisen). 
 
 
2.   
Nach aArt. 90 Ziff. 2 SVG macht sich strafbar, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Der objektive Tatbestand ist nach der Rechtsprechung erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer ist bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben. Diese setzt die naheliegende Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung voraus. Subjektiv erfordert der Tatbestand von aArt. 90 Ziff. 2 SVG ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrsregelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln mindestens grobe Fahrlässigkeit. Diese ist zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner Fahrweise bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kommt aber auch in Betracht, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht. Die Annahme einer groben Verkehrsregelverletzung setzt in diesem Fall voraus, dass das Nichtbedenken der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auf Rücksichtslosigkeit beruht. Rücksichtslos ist unter anderem ein bedenkenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Dieses kann auch in einem blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen bestehen (BGE 131 IV 133 E. 3.2 mit Hinweisen). Je schwerer dabei die Verkehrsregelverletzung objektiv wiegt, desto eher wird Rücksichtslosigkeit subjektiv zu bejahen sein, sofern keine besonderen Gegenindizien vorliegen (Urteil 6B_571/2012 vom 8. April 2013 E. 3.4 mit Hinweis). 
 
3.  
 
3.1. Der Fussgängerstreifen verläuft parallel zu den Parkplätzen und geht vor dem Ladeneingang in einen breiteren Fussgängerstreifen über. Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Beschwerdeführer nicht schneller als im Schritttempo fuhr und B.________ erst im Begriffe war, den breiteren Teil des Fussgängerstreifens zu betreten. Der Abstand zwischen dem Beschwerdeführer und dem Fussgänger habe kaum mehr als 60 cm betragen (Urteil, E. 2.1 und 2.2). Der Beschwerdeführer hätte B.________ ohne Weiteres sehen können, selbst wenn auf dem Parkfeld direkt neben dem Fussgängerstreifen ein sehr grosser Van abgestellt gewesen und B.________ ganz nah an diesem vorbeigelaufen wäre (Urteil, E. 4.3).  
 
3.2. Die Vorinstanz erachtet es als unbestritten, dass der objektive Tatbestand von aArt. 90 Ziff. 2 SVG erfüllt ist. Zum subjektiven Tatbestand erwägt sie, dass der Fussgängerstreifen sich in einer Einstellhalle unmittelbar vor dem Ladeneingang befindet. Bei derartigen Verhältnissen müsse jederzeit mit Fussgängern gerechnet werden. Automobilisten hätten sehr vorsichtig und langsam zu fahren und gleichzeitig auf andere Einstellhallenbenützer zu achten. Der Beschwerdeführer habe zugegeben, B.________ zu spät gesehen zu haben, obwohl er ihn ohne Weiteres hätte sehen können. Er sei somit seiner Vorsichts- und Aufmerksamkeitspflicht nicht nachgekommen. Das subjektiv rücksichtslose Verhalten des Beschwerdeführers zeige sich schliesslich durch sein Benehmen gegenüber B.________. Indem er Letzterem einen Fusstritt in den Bauch versetzte und ihn zu Fall brachte, offenbare er ein bedenkenloses, unachtsames Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Der Tatbestand der groben Verletzung der Verkehrsregeln sei auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei im Schritttempo, "in der Mitte eher rechts" der Fahrbahn auf den Fussgängerstreifen zugefahren. Trotz dieser Vorsichtsmassnahmen habe er den von links kommenden B.________ "etwas zu spät" bemerkt, sei mit einem Abstand von ca. 60 cm an ihm vorbeigefahren, habe sofort eine Vollbremsung eingeleitet und sei noch auf dem Fussgängerstreifen zum Stillstand gekommen. Es treffe daher nicht zu, dass er den Fussgänger nicht beachtet habe. Er habe ihn einfach zu spät gesehen. Indem er mit einem Abstand von ca. 60 cm an ihm vorbeigefahren sei, habe er keine erhöhte abstrakte Gefahr geschaffen. Der Beschwerdeführer rügt weiter, ihm sei kein rücksichtsloses Verhalten anzulasten. Einerseits verletze die Vorinstanz Bundesrecht, indem sie sein Nachtatverhalten zur Beurteilung des subjektiven Tatbestandes von aArt. 90 Ziff. 2 SVG heranzieht. Andererseits habe er die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um seiner Vorsichtspflicht nachzukommen. Als er auf den Fussgängerstreifen vor dem Ladeneingang zugefahren sei, habe er bemerkt, dass die Sicht nach links eingeschränkt war. Den Verhältnissen im Parkhaus Rechnung tragend, sei er im Schritttempo gefahren und habe sich eher in der Mitte der Fahrbahn gehalten, um den Sichtbereich nach links auszuweiten. Ihm könne einzig zur Last gelegt werden, nicht noch langsamer gefahren zu sein. Aus dem Umstand, dass er dies nicht getan habe, könne ihm kein schweres Verschulden vorgeworfen werden.  
 
3.4.  
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Fussgänger nach der Vortrittsverletzung angriff, betrifft nicht den zu beurteilenden Vorwurf der Verletzung von Verkehrsregeln. Daraus kann kein Schluss über das Verschulden des Beschwerdeführers gezogen werden. Die Vorinstanz begründet ein schweres Verschulden des Beschwerdeführers im Übrigen damit, dass Letzterer den Fussgänger nicht rechtzeitig sah, obwohl er ihn hätte sehen können. Weiter müsse an einem Fussgängerstreifen vor einem Ladeneingang jederzeit mit Fussgängern gerechnet werden. Dies genügt alleine nicht, um ein schweres Verschulden zu bejahen. Der Beschwerdeführer fuhr im Schritttempo und es liegen keine weiteren, erschwerenden Umstände vor. Ihm ist kein schweres Verschulden im Sinne von aArt. 90 Ziff. 2 SVG anzulasten. Es erübrigt sich, auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers einzugehen. 
 
4.   
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Basel-Landschaft hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 17. September 2013 wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Basel-Landschaft hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Mai 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Moses