Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 274/02 
 
Urteil vom 21. Januar 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold 
 
Parteien 
K.________, 1964, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
(Entscheid vom 11. September 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
K.________ (geboren 1964) arbeitete ab dem 20. März 1990 bei der Firma A.________ AG als Hilfsarbeiter und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 19. Mai 1990 war er Opfer eines Autounfalles, bei welchem sein Vater getötet wurde. Er selbst erlitt dabei unter anderem eine Fraktur des vorderen und hinteren Atlasbogens und klagt seither über Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule. In der Folge erbrachte die SUVA die gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 6. Mai 1994 (bestätigt mit Entscheid des Verwaltungsgericht des Kantons Luzern vom 8. Januar 1996) sprach die IV-Stelle Luzern K.________ für die Zeit vom 1. Mai 1991 bis 30. November 1991 eine ganze und ab 1. Dezember 1991 eine halbe Invalidenrente zu. Nachdem die SUVA am 8. September 1994 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 33.33 % sowie eine Integritätsentschädigung bei einem Integritätsschaden von 10 % verfügt hatte (bestätigt mit Einspracheentscheid vom 19. März 1997), wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die Sache mit Entscheid vom 10. März 1998 an die SUVA zur weiteren Abklärung zurück. Die SUVA holte beim Zentrum für Medizinische Begutachtung, Y.________ (ZMB), ein polydisziplinäres Gutachten ein, in welchem die Experten ein chronisches Zervikalsyndrom, eine leichte depressive Episode sowie die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen diagnostizierten (Gutachten vom 21. Dezember 2000). Gestützt darauf verfügte die SUVA am 11. April 2001 ab 1. Mai 1994 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 40 % und beliess die Integritätsentschädigung bei einem Integritätsschaden von 10 %. Im Einspracheentscheid vom 25. September 2001 erhöhte sie den Invaliditätsgrad auf 57 % und hielt an der Integritätsentschädigung im verfügten Umfang fest. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 11. September 2002 ab. 
C. 
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihm ab 1. Mai 1994 eine Invalidenrente gestützt auf den Invaliditätsgrad von 100 % sowie eine Integritätsentschädigung bei einem Integritätsschaden von 50 % auszurichten. Zudem ersucht er um unentgeltliche Verbeiständung. Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind verschiedene Bestimmungen im Unfallversicherungsrecht geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben, und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (hier: 25. September 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt, sind die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen). 
2. 
Die Vorinstanz hat die Grundsätze und Bestimmungen über den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 und 2 UVG), insbesondere die Bemessung des Invaliditätsgrades (BGE 129 V 472, 126 V 75, je mit Hinweisen), und den Anspruch auf eine Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 UVG; Art. 36 UVV; BGE 124 V 31 Erw. 1 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
3. 
Zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. 
3.1 Das Valideneinkommen von Fr. 55'238.20 ist - trotz der widersprüchlichen Bezeichnung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde - nicht bestritten. 
3.2 Der Versicherte beanstandet beim Invalideneinkommen insbesondere eine Arbeitsfähigkeit von 50 %, die Zumutbarkeit der Arbeitsstellen gemäss den DAP-Profilen sowie das Nichtgewähren eines leidensbedingten Abzugs bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades. 
3.2.1 Das Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung, Y.________ (ZMB), vom 21. Dezember 2000 ist für die streitigen Belange umfassend, beruht auf allseitigen Untersuchungen, berücksichtigt auch die geklagten Beschwerden, ist in Kenntnis der Vorakten ergangen, leuchtet in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation ein; auch sind die Schlussfolgerungen der Experten begründet. Es entspricht somit den Anforderungen der Rechtsprechung (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) und es kann vollumfänglich darauf abgestellt werden. 
3.2.2 Aus dem Gutachten geht hervor, dass dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der physischen und psychischen Einschränkungen eine körperlich adaptierte Tätigkeit von 50 % zumutbar ist. Dabei kommen Arbeiten in Frage, bei welchen er keine Verrichtungen über Kopf oder auf Leitern/Gerüsten auszuüben hat, keine Zwangshaltung mit Inklination des Kopfes einnehmen sowie keine Gewichte von über 10 kg heben oder tragen muss und das Einschalten von Pausen möglich ist. Somit ist für die Ermittlung des Invaliditätsgrades sehr wohl von der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit auszugehen. Der Versicherte hilft zuhause bei der Kindererziehung mit, erledigt kleinere Gartenarbeiten und geht einkaufen. Es kann nicht gesagt werden, er sei auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Vielmehr ist ihm eine Erwerbstätigkeit auch sozialpraktisch zumutbar. Gemäss den Angaben zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stand er zudem zu jenem Zeitpunkt kurz vor der Eröffnung seines Betriebes für Autowäsche in seinem Heimatland, was die Zumutbarkeit der Erwerbstätigkeit unterstreicht. 
3.2.3 Die von der SUVA für die Ermittlung des Invaliditätsgrades ausgewählten sieben Arbeitsstellen entsprechen, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, durchaus den ärztlich vorgegebenen Anforderungen an einen zumutbaren Arbeitsplatz: An vier Arbeitsplätzen müssen keine Gewichte von mehr als 5 kg, bei den übrigen drei gelegentlich Gewichte von 5 bis 10 kg gehoben werden; sämtliche Tätigkeiten sind ohne Zwangshaltung (Inklination des Kopfes) auszuüben und es handelt sich durchwegs um leichte Arbeiten, welche keine Verrichtungen auf Gerüsten oder Leitern verlangen und bei welchen das Einlegen von Pausen möglich ist. 
3.2.4 Gemäss den ausgewählten Arbeitsstellen könnte der Versicherte beim zumutbaren Arbeitspensum von 50 % ein durchschnittliches jährliches Einkommen von Fr. 24'066.35 erzielen. Was den Einwand des leidensbedingten Abzugs betrifft, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 129 V 472 festgehalten, dass bei der Ermittlung des Invalideneinkommens gestützt auf die DAP-Profile Abzüge vom System der DAP her nicht sachgerecht und somit auch nicht zulässig sind. Es bleibt somit beim Invalideneinkommen von Fr. 24'066.35. 
3.3 Bei einem Vergleich des massgeblichen Valideneinkommens mit dem Invalideneinkommen zeigt sich, dass der von der SUVA auf Grund der DAP-Unterlagen ermittelte und von der Vorinstanz bestätigte Invaliditätsgrad von 57 % nicht zu beanstanden ist. Wie das kantonale Gericht zu Recht nachweist, wird die Richtigkeit dieses gestützt auf die DAP-Zahlen ermittelten Invaliditätsgrades durch ein entsprechendes Ergebnis (54 %) bei einem Lohnvergleich gestützt auf die Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE) und unter Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzugs von 10 % bestätigt (BGE 129 V 483 Erw. 4.3.2). 
4. 
Während die Integritätsentschädigung für die physischen Beeinträchtigungen von 10 % unbestritten ist, verlangt der Beschwerdeführer für seine psychischen Leiden eine zusätzliche Integritätsentschädigung von 40 %. 
4.1 Gemäss Art. 36 Abs. 1 UVV gilt ein Integritätsschaden nur als dauernd, wenn er voraussichtlich während des ganzen Lebens mindestens im gleichen Umfang besteht. Diese Bestimmung ist gesetzeskonform (BGE 124 V 37 Erw. 4b/aa). 
4.2 Das psychiatrische Gutachten diagnostiziert beim Versicherten eine leichte depressive Episode und eine Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Die Dauerhaftigkeit dieser Beeinträchtigung wird hingegen nicht bejaht. Vielmehr führt der psychiatrische Experte aus, die Frage könne nicht zuverlässig beantwortet werden und es sei durchaus möglich, dass neue, positive Ereignisse im Verlaufe des Lebens des Beschwerdeführers ihm wieder mehr Sicherheit gäben und ihn beflügelten oder dass solche positiven Ereignisse in seinem Leben sich günstig auswirkten. Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, können derartige Ereignisse etwa in der erfreulichen Entwicklung der Familie des Versicherten liegen. So hat dieser zu seinen Kindern nach eigenen Angaben ein gutes Verhältnis und ist am 29. April 2001 zum vierten Mal Vater geworden. Des Weitern ist der Beschwerdeführer gesellschaftlich integriert und pflegt seine sozialen Kontakte. Nach dem Gesagten muss bezüglich seiner psychischen Leiden keine lebenslang schlechte Prognose gestellt werden. Damit hat es bei der für die physischen Beeinträchtigungen zugesprochenen Integritätsentschädigung sein Bewenden. 
5. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der unentgeltlichen Verbeiständung kann gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. In Anbetracht des aus den Akten hervorgehenden, gerechtfertigten Aufwandes erscheint eine Entschädigung von Fr. 1'500.- als angemessen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 21. Januar 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: