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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_157/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. Juli 2014  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Bovey, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Y.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Linus Jaeggi, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Uri, Zivilrechtliche Abteilung, 
vom 24. Januar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Landgericht Uri schied die Ehe zwischen X.________ und Y.________ mit Entscheid vom 21. Februar 2013, regelte die Nebenfolgen der Scheidung und errichtete dem Kind eine Beistandschaft nach Art. 308 ZGB. X.________ nahm den Entscheid am 18. März 2013 in Empfang und legte mit Eingabe vom 3. Mai 2013 gegen die erstinstanzlich angeordnete Beistandschaft sowie die Verweigerung von Unterhaltsbeiträgen Berufung ein. 
 
B.  
 
B.a. Das Obergericht des Kantons Uri nahm das eingereichte Rechtsmittel mit verfahrensleitender Verfügung vom 6. Mai 2013 in das Geschäftsprotokoll auf. Anschliessend führte es einen doppelten Schriftenwechsel durch, worauf X.________ zur Duplik noch einmal Stellung nahm.  
 
B.b. Am 19. Dezember 2013 teilte der verfahrensleitende Präsident X.________ mit, dass sie gemäss den dem Obergericht zur Verfügung stehenden Unterlagen das Rechtsmittel verspätet eingereicht habe und das Obergericht über die Eintretensfrage entscheiden werde.  
 
B.c. Mit Entscheid vom 24. Januar 2014 trat das Obergericht, infolge Fehlens einer Prozessvoraussetzung, auf die Berufung nicht ein. Zudem auferlegte es X.________ die Gerichtskosten von Fr. 400.-- und verurteilte sie zur Zahlung einer Parteientschädigung von Fr. 1'300.--.  
 
C.   
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 25. Februar 2014 beantragt X.________ (Beschwerdeführerin), das Obergericht sei unter Aufhebung des Urteils vom 24. Januar 2014 anzuweisen, auf ihre Berufung vom 3. Mai 2013 einzutreten. Sie beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu gewähren. Zudem ersucht sie für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege. Das Obergericht hat auf eine Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung verzichtet. Der Beschwerdegegner beantragt, das Gesuch abzuweisen. Mit Präsidialverfügung vom 14. März 2014 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung verweigert. Es sind die kantonalen Akten, in der Sache aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid, der neben vermögensrechtlichen Nebenfolgen der Scheidung auch die Errichtung einer Beistandschaft nach Art. 308 ZGB betrifft. Die Beschwerde in Zivilsachen steht damit unabhängig von einem Mindeststreitwert grundsätzlich offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6, Art. 75 und Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Insofern kann auf die Beschwerde eingetreten werden. 
 
2.   
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV), indem sie auf ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Entscheid nicht eingetreten sei. 
 
2.1. Zur Begründung führt sie aus, die Prüfung der Prozessvoraussetzungen gebiete sich grundsätzlich immer zu Beginn des Verfahrens. Das Obergericht habe eine gehörige Prüfung unterlassen, worauf das Verfahren während über siebeneinhalb Monaten den gewöhnlichen Lauf genommen habe. Es seien mehrere Schriftenwechsel angeordnet worden und der Prozess habe schon kurz vor dem Abschluss gestanden. Damit habe die Vorinstanz das Vertrauen begründet, den Rechtsschein erweckt und behördlich zugesichert, dass auf die Berufung eingetreten worden sei. Gestützt auf diese Zusicherung hätten die Parteien jeweils Dispositionen getroffen. Das Verhalten der Vorinstanz habe sich zudem auf eine konkrete, den Bürger berührende Angelegenheit bezogen. Somit seien die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes erfüllt. Trotz Fristversäumnisses habe die Vorinstanz wegen des erweckten Vertrauens ausnahmsweise ein Urteil in der Sache fällen müssen.  
 
2.2. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Berufung vom 3. Mai 2013 nicht innerhalb der in Art. 311 Abs. 1 ZPO statuierten Frist, sondern, unter Berücksichtigung der Gerichtsferien (Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO) vom 24. März 2013 bis 7. April 2013, um einen Tag verspätet eingereicht wurde. Aufgrund der nicht eingehaltenen Frist ist die Vorinstanz auf die Berufung zu Recht nicht eingetreten.  
 
2.3. Daran ändert der von der Beschwerdeführerin gerügte vorinstanzliche Verfahrensablauf nichts, der bei ihr ein Vertrauen begründet haben soll, das angeblich nicht enttäuscht werden darf. Denn vorliegend fehlt es, was die Fristwahrung betrifft, an der nach der Rechtsprechung für den Vertrauensschutz vorausgesetzten nachteiligen Disposition (vgl. dazu BGE 118 V 190 E. 3a S. 190 f.; 117 II 508 E. 2 S. 511; BENEDIKT SEILER, Die Berufung nach ZPO, 2. Aufl. 2013, N. 750). Weil das geltend gemachte Vertrauen erst in einem Zeitpunkt erweckt wurde, als die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen war, konnte es mit Bezug auf die rechtzeitige Einreichung der Berufung keinen Nachteil bewirkt haben.  
 
3.   
Die Beschwerdeführerin ficht die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung für das kantonale Verfahren nicht selbständig an, sondern nur im Zusammenhang mit dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens. Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, hat auch der Kostenspruch der Vorinstanz Bestand. Äusserungen dazu erübrigen sich (vgl. Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG). 
 
4.   
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführerin hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, muss die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos betrachtet werden. Damit fehlt es an einer materiellen Voraussetzung für die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG). Das entsprechende Gesuch der Beschwerdeführerin ist abzuweisen. Zudem hat sie den Beschwerdegegner für seine Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für seine Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung mit Fr. 300.-- zu entschädigen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Uri, Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Juli 2014 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss