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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_215/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. Juni 2016  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Dr. med. A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Wiget, 
 
gegen  
 
C.B.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Schmucki, 
 
Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, 
 
Prof. Dr. med. E.________. 
 
Gegenstand 
Entbindung vom Berufsgeheimnis, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen 
vom 23. Januar 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Dr. med. A.________ betreute D.B.________ ab 4. September 2002 während der Schwangerschaft. Am 15. März 2003 wurde die Schwangere positiv auf HIV getestet und am 21. März 2003 mittels Kaiserschnitt entbunden; einige Tage danach verstarb sie im Spital an einer durch einen Pilz hervorgerufenen Lungenentzündung. 
In der Folge erhoben der Ehemann, C.B.________, und das Kind der Verstorbenen einen Haftpflichtprozess gegen Dr. A.________. Im Revisionsverfahren vor dem Kantonsgericht war zum Beweis verstellt die Frage, ob die Eheleute B.________ anlässlich der ersten Konsultation bei Dr. A.________ einen HIV-Test als unnötig bezeichnet hatten. In diesem Zusammenhang beantragte Dr. A.________, Prof. Dr. med. E.________, den C.B.________ im Sommer 2003 aufgesucht hatte, als Zeugen einzuvernehmen. Prof. E.________ ersuchte das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen um Entbindung vom Berufsgeheimnis, um als Zeuge auszusagen. Mit Verfügung vom 19. September 2013 erteilte das Gesundheitsdepartement die beantragte Ermächtigung. 
 
B.  
C.B.________ erhob dagegen Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen mit dem Antrag, in Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei das Gesuch um Aufhebung des Berufsgeheimnisses abzuweisen. Das Verwaltungsgericht lud Dr. A.________ zum Verfahren bei; diese beantragte Abweisung der Beschwerde. 
Mit Urteil vom 23. Januar 2015 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde gut und hob die Verfügung des Gesundheitsdepartements vom 19. September 2013 auf. Die Verfahrenskosten auferlegte es je zur Hälfte an Prof. E.________ und an Dr. A.________ und verpflichtete diese beiden unter solidarischer Haftung zur Bezahlung einer Parteientschädigung an C.B.________. 
 
C.  
Dr. A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei Prof. Dr. med. E.________ zu ermächtigen, im Verfahren der Erbengemeinschaft C.________ gegen sie vor dem Kantonsgericht St. Gallen als Zeuge auszusagen. 
Das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen verzichtet auf Stellungnahme. C.B.________ beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Prof. E.________ äussert sich, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung. Dr. A.________ repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der kantonal letztinstanzliche Entscheid über die Entbindung vom Berufsgeheimnis ist ein Endentscheid, gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen steht (Art. 82 lit. c, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; Urteile 2C_1127/2013 vom 7. April 2014 E. 1.1; 2C_461/2014 vom 10. November 2014 E. 1.1).  
 
1.2. Der Beschwerdegegner bestreitet die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin. Nur der Geheimnisträger, Prof. E.________, könne sich vom Berufsgeheimnis entbinden lassen; nur er sei Verfügungsadressat, habe aber selber keine Beschwerde erhoben. Es könne nicht angehen, dass in dieser Situation ein Dritter unabhängig vom Geheimnisträger Beschwerde führe, um die Entbindung vom Geheimnis zu erwirken.  
 
1.2.1. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).  
 
1.2.2. Im Zusammenhang mit der Entbindung vom Berufsgeheimnis ist der Geheimnisherr legitimiert zur Beschwerde gegen die dem Geheimnisträger erteilte Entbindung (Urteile 2C_1127/2013 vom 7. April 2014 E. 1; 2C_587/2012 vom 24. Oktober 2012 E. 2.5), insbesondere auch der Patient gegen die Entbindung seines Arztes vom Berufsgeheimnis (Urteil 2P.77/1994 vom 23. Dezember 1994 E. 2b). Vorliegend geht es umgekehrt darum, dass eine Dritte, die weder Geheimnisherrin noch Geheimnisträgerin ist, die von der Vorinstanz verweigerte Entbindung anstrebt. Nach dem Wortlaut von Art. 321 Ziff. 2 StGB kann nur der "Täter", d.h. der Geheimnisträger selber, das Gesuch um Entbindung stellen (S. BURKHARDT ET AL, Secret professionnel: généralités, in: R. La Harpe et al [dir.], Droit de la santé et médecine légale, 2014, S. 332; NIKLAUS OBERHOLZER, in: NIGGLI/WIPRÄCHTIGER [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, Art. 321 Rz. 23; DUPUIS ET AL [éd.], petit commentaire CP, 2012, Art. 321 Rz. 46; TRECHSEL/ VEST, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar StGB, 2. Aufl. 2013, Art. 321 Rz. 31; JÜRG BOLL, die Entbindung vom Arzt- und Anwaltsgeheimnis, 1983, S. 53 f.; KARIN KELLER, Das ärztliche Berufsgeheimnis gemäss Art. 321 StGB, 1993, S. 150 f.), was vorliegend der potenzielle Zeuge auch getan hat. Die Zeugenaussage liegt jedoch typischerweise nicht im eigenen Interesse des Zeugen, sondern im Interesse derjenigen Partei, die den Zeugenbeweis anruft. Diese ist - wie hier die Beschwerdeführerin - von der abschlägigen Entbindungsverfügung noch stärker berührt als der Zeuge selbst und hat ein besonderes, schutzwürdiges Interesse daran, dass der Zeuge im Prozess aussagen kann. Sie ist daher legitimiert zur Beschwerde, auch wenn der potenzielle Zeuge selber nicht Beschwerde erhoben hat; anders als in den typischen Fällen, in denen eine Beschwerdeführung pro Adressat nicht zugelassen wird, geht es nicht darum, etwas durchzusetzen, das nur der Adressat selber realisieren könnte; der formelle Adressat - also der Zeuge - ist vielmehr in den Schranken von Art. 166 Abs. 1 lit. b ZPO zur Aussage verpflichtet (Art. 160 Abs. 1 lit. a ZPO), sofern er vom Berufsgeheimnis entbunden ist.  
Auf die Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin beantragt, es seien ihr die vollständigen Akten auszuhändigen und danach Gelegenheit für eine zusätzliche Eingabe zu geben. Sie begründet dies damit, sie sei im vorinstanzlichen Verfahren damit einverstanden gewesen, dass ihr auf Antrag des Beschwerdegegners keine volle Akteneinsicht gewährt werde; dies habe ihre Argumentation beeinträchtigt.  
Die Vorinstanz hat in der Präsidialverfügung vom 13. Februar 2014 erwogen, die Bekanntgabe von unter das Berufsgeheimnis fallenden Tatsachen im Verfahren der Geheimnisentbindung hätte zur Folge, dass das Berufsgeheimnis aufgehoben würde, bevor über die Entbindung entschieden wurde. Sie nahm daher Tatsachen, welche unter das Berufsgeheimnis fallen, vom Recht auf Akteneinsicht aus. Diese vorinstanzliche Beurteilung ist zutreffend. Es besteht kein Anlass, der Beschwerdeführerin weitergehende Akteneinsicht bzw. Gelegenheit für eine zusätzliche Eingabe einzuräumen. 
 
2.2. Die Beschwerdeführerin beantragt, das Kantonsgericht zur Vernehmlassung einzuladen. Sie will damit darlegen, dass dieses die Zeugenaussage von Prof. E.________ als entscheiderheblich betrachtet. Dies ist indessen gar nicht umstritten; auch die Vorinstanz geht davon aus, dass die Zeugenaussage der Erforschung der materiellen Wahrheit im hängigen Zivilprozess dienen könnte. Eine Vernehmlassung des Kantonsgerichts erübrigt sich.  
 
3.  
Nach Art. 40 lit. f des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) wahren Personen, die einen universitären Medizinalberuf ausüben, das Berufsgeheimnis nach Massgabe der einschlägigen Vorschriften. Diese Bestimmung enthält selber keine materiellen Vorschriften über das Berufsgeheimnis, sondern verweist auf die massgebenden anderen Vorschriften, so namentlich auf Art. 321 StGB. Ärzte, die ein Geheimnis offenbaren, das ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist oder das sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben, werden, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 321 Ziff. 1 StGB). Der Täter ist nicht strafbar, wenn er das Geheimnis auf Grund einer Einwilligung des Berechtigten oder einer auf Gesuch des Täters erteilten schriftlichen Bewilligung der vorgesetzten Behörde oder Aufsichtsbehörde offenbart hat (Art. 321 Ziff. 2 StGB). Vorbehalten bleiben die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Zeugnispflicht und über die Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde (Art. 321 Ziff. 3 StGB). 
Im Zivilprozess sind die aufgerufenen Zeugen grundsätzlich zur wahrheitsgemässen Aussage verpflichtet (Art. 160 Abs. 1 lit. a ZPO); sie können aber die Mitwirkung verweigern, wenn sie sich wegen Verletzung eines Geheimnisses nach Art. 321 StGB strafbar machen würden (Art. 166 Abs. 1 lit. b ZPO). Mit Ausnahme der Anwälte und der Geistlichen haben sie jedoch mitzuwirken, wenn sie von der Geheimhaltungspflicht entbunden worden sind, es sei denn, sie machen glaubhaft, dass das Geheimhaltungsinteresse das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt (Art. 166 Abs. 1 lit. b ZPO). 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin bestreitet in erster Linie, dass eine Entbindung vom Berufsgeheimnis überhaupt notwendig sei; der angerufene Zeuge sei vom Beschwerdegegner nicht als Arzt in einem Arzt-Patienten-Verhältnis aufgesucht worden, sondern als Spezialist für Aids-Fragen. Auch Prof. E.________ ist der Auffassung, der Beschwerdegegner habe ihn nicht als Arzt aufgesucht, weshalb das, was er ihm gesagt habe, nicht dem Arztgeheimnis unterstehe. 
 
4.1. Dem Berufsgeheimnis untersteht alles, was dem Arzt infolge seines Berufs anvertraut worden ist oder das er in dessen Ausübung wahrgenommen hat. Zwar dient das Arztgeheimnis insbesondere dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient (BGE 141 IV 77 E. 4.4 S. 82). Der Inhalt der geheim zu haltenden Tatsachen ist aber nicht streng auf das Medizinische beschränkt; einem Arzt werden oft auch andere Tatsachen offenbart, die einem beliebigen Dritten gegenüber nicht gemacht würden; sie gehören ebenfalls zu den geheim zu haltenden Gegenständen. Nicht unter das Berufsgeheimnis fällt demgegenüber, was dem Arzt als Privatperson oder in anderer nicht ärztlicher Funktion offenbart wurde (BGE 101 Ia 20 E. 5c S. 11 f.; Urteil 6S.650/1995 vom 13. Februar 1996 E. 2b, nicht publ. in BGE 122 IV 45; vgl. zum Anwaltsgeheimnis, das sich nur auf die anwaltliche, nicht auf eine kaufmännische oder sonstige geschäftliche Tätigkeit erstreckt, BGE 135 III 597 E. 3.3 S. 600 ff.; 132 IV 63 nicht publ. E. 2.4; 132 II 103 E. 2.1 S. 105; 126 II 495 E. 5e/aa S. 501 ff.; 120 Ib 112 E. 4 S. 118 f.).  
 
4.2. Thema der beantragten Zeugenaussage ist ein Gespräch, welches der Beschwerdegegner im Sommer 2003 nach dem Tod seiner Ehefrau mit Prof. E.________ geführt hat. Die Vorinstanz geht davon aus, dass im Detail noch nicht bekannt sei, was Gegenstand des Gesprächs war, doch sei nicht ausgeschlossen, dass in diesem Gespräch auch Angaben zur Biografie des Beschwerdegegners und seiner verstorbenen Frau, zum Verlauf der Schwangerschaft und zu Krankheiten sowie zum Inhalt der Beratungs- und Behandlungsgespräche mit der Beschwerdeführerin gemacht worden seien, die dem Berufsgeheimnis unterstünden. Jedenfalls habe der Beschwerdegegner Prof. E.________ bezüglich einer konkreten medizinischen Situation aufgesucht, was mit einer Zweitmeinung oder einer Begutachtung vergleichbar sei. Eine Befragung des Zeugen würde sich wohl nicht darauf beschränken, ob der Beschwerdegegner ihm bekanntgegeben habe, er habe der Beschwerdeführerin gegenüber am 4. September 2002 auf die Durchführung eines HIV-Tests verzichtet, weil in Thailand ein solcher mit negativem Ergebnis gemacht worden sei; wenn der Zeuge Aussagen zum Inhalt des Gesprächs machen wolle, welches er mit dem Beschwerdegegner im Sommer 2003 geführt habe, sei davon auszugehen, dass dabei auch Angaben des Beschwerdegegners bekannt würden, welche unter das Berufsgeheimnis fallen; deshalb unterliege der Inhalt des im Detail nicht bekannten Inhalt des Gesprächs zwischen Prof. E.________ und dem Beschwerdegegner dem Schutz des Arztgeheimnisses. Es sei nicht von Belang, ob der Beschwerdegegner selber für sich medizinische Behandlung oder Beratung gesucht habe.  
 
4.3. Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Meinung, Prof. E.________ sei vom Beschwerdegegner nicht im Rahmen eines Arzt- oder Begutachtungsvertrags angegangen worden, sondern einzig in seiner Funktion als Experte für Aids-Fragen, weil er von ihm Auskunft wollte über die Pflicht von Ärzten, im Falle einer Schwangerschaft die Patientinnen auf HIV zu testen. Die Mutmassungen der Vorinstanz über den Inhalt der Gespräche seien unzutreffend; denn solche Fragen seien nicht Thema der beabsichtigen Zeugenaussage; dort gehe es einzig um die Aussage des Beschwerdegegners gegenüber Prof. E.________, wonach die Beschwerdeführerin aus einem bestimmten Grund keinen HIV-Test habe durchführen müssen. Dies unterstehe nicht dem Arztgeheimnis. Es treffe auch nicht zu, dass der Beschwerdegegner selber für sich mit Prof. E.________ ein Arzt-Patienten-Verhältnis eingegangen sei.  
 
4.4. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass entgegen der missverständlichen Formulierung in der Verfügung des Departements vom 19. September 2013 wie auch im Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin ein Arzt nicht prinzipiell einer Ermächtigung bedarf, um als Zeuge vor Gericht auszusagen. Er unterliegt vielmehr grundsätzlich wie alle anderen Personen der Zeugnispflicht und hat nur ein beschränktes Verweigerungsrecht, indem er als Zeuge die Aussage verweigern muss,  soweit diese unter das Berufsgeheimnis fällt und er nicht vom Geheimnis entbunden ist. Für Aussagen, die nicht unter das Berufsgeheimnis fallen, benötigt er weder eine Entbindung vom Geheimnis noch eine Ermächtigung zur Aussage. Um sich nicht möglicherweise strafbar zu machen, wird der Arzt im eigenen Interesse vorsorglich die Entbindung beantragen, wenn er nicht genau weiss, was das Gericht ihn fragen wird und/oder wenn unklar ist, ob die Aussagen, die er machen möchte, unter das Berufsgeheimnis fallen. Auf sein eigenes Risiko hin kann er auch ohne Ermächtigung bzw. Entbindung als Zeuge aussagen. Soweit Prof. E.________ als fachkundiger Zeuge Aussagen machen möchte, die in genereller Weise die Frage betreffen, ob zu Beginn einer Schwangerschaft ein HIV-Test indiziert ist, fällt dies nicht unter das Berufsgeheimnis und setzt keine Entbindung voraus. Umgekehrt ist eine Entbindung nicht erforderlich in Bezug auf Aussagen, die zwar dem Berufsgeheimnis unterliegen, die aber nicht Thema der beabsichtigten Zeugeneinvernahme sind. Die von der Beschwerdeführerin kritisierten Mutmassungen der Vorinstanz über den Inhalt des Gesprächs sind daher unerheblich, soweit dieser Inhalt gar nicht Beweisthema im Zivilprozess ist.  
 
4.5. Das Kantonsgericht möchte gemäss seinem Urteil vom 11. März 2013 den Zeugen einvernehmen zur Frage, ob - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - der Beschwerdegegner dem Zeugen gegenüber geäussert habe, die Beschwerdeführerin habe damals keinen HIV-Test gemacht, weil der Beschwerdegegner ihr gesagt habe, seine Frau verfüge bereits über ein (negatives) Testergebnis. Die behauptete Aussage erfolgte zwar nicht im Rahmen eines eigentlichen Therapieverhältnisses zwischen dem Beschwerdegegner und dem Arzt, betrifft aber doch einen konkreten medizinischen Sachverhalt und wurde dem Zeugen gegenüber gemacht im Verlaufe eines Gesprächs, das der Erstere mit dem Letzteren in seiner Eigenschaft als Arzt geführt hatte. Sie unterliegt damit dem Berufsgeheimnis, unabhängig davon, ob ein Behandlungsvertrag zwischen dem Zeugen und dem Beschwerdegegner bestand.  
 
5. Streitig ist weiter, ob die Vorinstanz zu Recht die Entbindung vom Berufsgeheimnis verweigert hat.  
 
5.1. Art. 321 Ziff. 2 StGB sieht eine Bewilligung der vorgesetzten Behörde oder Aufsichtsbehörde vor, nennt selber aber keine Kriterien, nach denen diese Bewilligung erteilt oder verweigert werden soll. Nach Rechtsprechung und Literatur ist dafür eine Rechtsgüter- und Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die Entbindung nur zu bewilligen ist, wenn dies zur Wahrung überwiegender privater oder öffentlicher Interessen notwendig ist bzw. die Interessen an der Entbindung klar überwiegen (Urteil 2P.313/1999 vom 8. März 2000 E. 2b; NIKLAUS OBERHOLZER, a.a.O., Art. 321 Rz. 23; TRECHSEL/VEST, a.a.O., Rz. 34; DUPUIS ET AL, a.a.O., Art. 321 Rz. 48; BOLL, a.a.O., S. 57 ff.; KELLER, a.a.O., S. 154 f., 161 f.). Denn das Berufsgeheimnis, insbesondere das Arztgeheimnis, ist per se ein gewichtiges Rechtsgut (BGE 141 IV 77 E. 4.4 S. 82; KELLER, a.a.O., S. 155; BOLL, a.a.O., S. 57 f.). Das Interesse an der Ermittlung der materiellen Wahrheit ist nicht per se ein überwiegendes Interesse (TRECHSEL/VEST, a.a.O., Rz. 34). Denn andernfalls wäre bei jedem (nicht a priori untauglichen) Beweisantrag auf Zeugenanhörung die Entbindung zu gewähren, so dass der Grundsatz des Verweigerungsrechts in sein Gegenteil verkehrt würde. Indem die ZPO ein solches Verweigerungsrecht statuiert, geht sie davon aus und nimmt in Kauf, dass unter Umständen die materielle Wahrheit wegen des Berufsgeheimnisses nicht erstellt werden kann (NICOLAS JEANDIN, in: François Bohnet et al, CPC Commenté, 2011, Art. 166 Rz. 15).  
 
5.2. Nach der Rechtsprechung zum Anwaltsgeheimnis ist aber die Entbindung - jedenfalls dann, wenn der betroffene Anwalt dargelegt hat, weshalb ihm eine Kostendeckung z.B. über die Erhebung eines Kostenvorschusses nicht möglich war (Urteil 2C_586/2015 vom 9. Mai 2016 E. 4.3.3) - zu bewilligen, wenn der Anwalt sie beantragt, um selber eine Honorarforderung gegen seinen ehemaligen Klienten einzuklagen oder sich gegen Haftpflichtansprüche oder Strafanzeigen seiner ehemaligen Klienten zu wehren; zu verweigern ist eine verlangte Entbindung in diesen Fällen nur dann, wenn die Klientschaft ihrerseits ein höherrangiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Anwaltsgeheimnisses hat (Urteile 2C_1127/2013 vom 7. April 2014 E. 3.3.2; 2C_661/2011 vom 17. März 2012 E. 3.1; 2C_503/2011 vom 21. September 2011 E. 2.2; 2C_42/2010 vom 28. April 2010 E. 3.1; 2C_508/2007 vom 27. Mai 2008 E. 2.3; 2P.90/2002 vom 8. Juli 2002 E. 5; DUPUIS ET AL, a.a.O., Art. 321 Rz. 45). Analoges gilt für die Entbindung des Arztes, wenn es darum geht, seine eigenen Forderungen gegenüber Patienten durchzusetzen oder umgekehrt Schadenersatzforderungen von Patienten abzuwehren (KELLER, a.a.O., S. 160 f.). Abgelehnt hat das Bundesgericht die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis jedoch, wenn sie nur dazu dienen sollte, einen Dritten in einem Zivilprozess gegen einen ehemaligen Klienten des Anwalts zu unterstützen (Urteil 2P.313/1999 vom 8. März 2000 E. 2d).  
 
5.3. Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf das zit. Urteil 2P.313/1999 erwogen, Prof. E.________ sei im hier interessierenden Zivilprozess nicht als Partei beteiligt; dem Interesse des Geheimnisherrn an der Wahrung des Arztgeheimnisses stünden keine privaten Interessen des Geheimnisträgers gegenüber. Das öffentliche Interesse an der richtigen Sachverhaltsermittlung vermöge keine behördliche Entbindung vom Berufsgeheimnis zu rechtfertigen. Die Weigerung des Geheimnisherrn, den Geheimnisträger vom Geheimnis zu entbinden, könne allenfalls vom Zivilgericht im Lichte von Art. 163 und 164 ZPO gewürdigt werden.  
 
5.4. Die Beschwerdeführerin macht eine willkürliche Interessenabwägung geltend: Es gehe für sie um einen sehr grossen finanziellen Betrag von (inkl. Zinsen) rund 2,2 Mio. Franken und überdies um den Vorwurf, fahrlässig den Tod einer Patientin verschuldet zu haben. Trotz der Verhandlungsmaxime sei der Zivilprozess bemüht, die materielle Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Verweigerung der Ermächtigung verletze das Recht auf Beweis (Art. 8 ZGB und Art. 152 Abs. 1 ZPO), das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 53 ZPO) und den Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Das Kantonsgericht wolle mit der angestrebten Zeugenaussage eine entscheidrelevante Tatsache erhellen. Mit der Verweigerung der Ermächtigung werde dies verunmöglicht. Es sei auch für Prof. E.________ nicht zumutbar, ein in seinen Augen auf einem falschen Sachverhalt beruhendes Urteil hinzunehmen, mit dem eine Berufskollegin zu Unrecht für den Tod einer Patientin verantwortlich gemacht werde. Dieser Vorwurf stelle auch eine Persönlichkeitsverletzung (Art. 28 ZGB) dar; das Interesse daran, diese zu beseitigen, sei stärker zu gewichten als das Geheimhaltungsinteresse des Beschwerdegegners, das diesen nur davor schützen soll, einer mutmasslichen Falschaussage überführt zu werden.  
 
5.5. Der Beschwerdegegner unterstützt die vorinstanzliche Argumentation. Die blosse Berufung auf eine angebliche Verletzung von Art. 28 ZGB könne nicht ausreichen für eine Entbindung, könnte doch sonst das Berufsgeheimnis aus den Angeln gehoben werden. Würde hier eine Entbindung ausgesprochen, so hätte dies gravierende Auswirkungen auf sämtliche strafrechtlich geschützten Berufsgeheimnisse, namentlich auch auf das Anwaltsgeheimnis, das zur Makulatur würde, wenn unter Hinweis auf die Wahrheitsfindung im Zivilprozess vom Geheimnis entbunden werden könnte. Das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung sei höher zu gewichten.  
 
5.6. Eine Entbindung würde zwar entgegen den Befürchtungen des Beschwerdegegners keine Auswirkungen auf das Anwaltsgeheimnis haben, da der Anwalt nach Art. 166 Abs. 1 lit. b ZPO anders als der Arzt einem absoluten Zeugnisverweigerungsrecht unterliegt. Doch besteht auch an der Wahrung des Arztgeheimnisses grundsätzlich ein erhebliches Interesse (vorne E. 5.2). Das verfassungs- und gesetzmässige Recht auf Beweis schliesst nicht aus, dass die Gesetzgebung zur Wahrung anderer, als höherwertig erachteten Interessen bestimmte potenzielle Beweismittel ausschliesst (BGE 136 III 296 E. 3.1 S. 302 f.). Die vorinstanzliche Interessenabwägung entspricht jedenfalls derjenigen, die das Bundesgericht für die sachverhaltliche Konstellation im zit. Urteil 2P.313/1999 vorgenommen hat.  
 
5.7. Allerdings liegt dem vorliegend zu beurteilenden Fall ein anderer Sachverhalt zugrunde: Geheimnisherr ist hier - anders als in 2P.313/1999 - nicht ein unbeteiligter Dritter, sondern der Kläger in einem Zivilprozess. Man muss sich daher fragen, ob nicht der Kläger, der sich einer Entbindung vom Berufsgeheimnis widersetzt und dadurch der Gegenpartei einen ihr obliegenden Beweis verunmöglicht, sich rechtsmissbräuchlich verhält (vgl. zit. Urteil 2C_503/2011 E. 2.4). Vorliegend wirft der Kläger (hier Beschwerdegegner) der Beklagten (hier Beschwerdeführerin) vor, für den Tod seiner Ehefrau verantwortlich zu sein. In dem von ihm diesbezüglich selber angestrengten Zivilprozess beruft er sich - ohne hierfür konkrete Gründe glaubhaft oder eigene Schutzinteressen geltend zu machen - in rein abstrakter Weise (vorne E. 5.5) auf das Berufsgeheimnis des Zeugen Prof. E.________. Ein solches Verhalten verdient keinen Schutz und ist nicht erst im Zivilprozess, sondern bereits im Entbindungsverfahren - ansonsten dieses seines Sinnes entleert würde - zu berücksichtigen. Die Interessenabwägung fällt damit anders aus als im zit. Urteil 2P.313/1999: Unter den genannten Umständen ist die Entbindung von Prof. E.________ vom Berufsgeheimnis durch höherwertige Interessen gerechtfertigt (vgl. zit. Urteil E. 3 e contrario).  
Anzufügen bleibt, dass - wie dies schon in der Verfügung (Ziff. 5) des kantonalen Gesundheitsdepartements vom 19. September 2013 festgehalten ist - die Offenbarung des Berufsgeheimnisses durch Prof. E.________ "auf das erforderliche Mass zu beschränken ist", d.h. einzig das prozessrelevante Thema (vgl. vorne E. 4.4 und E. 4.5) der durch das Kantonsgericht beabsichtigten Zeugeneinvernahme, aber nicht etwa die gesamte Krankengeschichte der Betroffenen beschlägt. 
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich damit als begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Verfügung des kantonalen Gesundheitsdepartements vom 19. September 2013 ist - im Ergebnis - zu bestätigen. 
Bei diesem Ausgang trägt der unterliegende Beschwerdegegner die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG); und er hat der obsiegenden Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
Die Vorinstanz wird ausserdem über die Kostenliquidation des kantonalen Verfahrens neu zu befinden haben. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 23. Januar 2015 wird aufgehoben und die Verfügung des Gesundheitsdepartements des Kantons St. Gallen vom 19. September 2013 bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdegegner hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Diese Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, Prof. Dr. med. E.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Juni 2016 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein