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[AZA 7] 
H 69/01 Gr 
 
IV. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher 
Richter Bühler; Gerichtsschreiber Attinger 
 
Urteil vom 3. Dezember 2001 
 
in Sachen 
A.________, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Stefan Schmid, Dufourstrasse 5, 4052 Basel, 
 
gegen 
Ausgleichskasse Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 
 
A.- A.________ war einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Firma S.________ AG. Am 29. Dezember 1997 wurde über die Firma der Konkurs eröffnet, der mit Verfügung des Konkursrichters vom mangels Aktiven wieder eingestellt wurde. Mit Verfügung vom 29. April 1998 forderte die Ausgleichskasse Basel-Landschaft von A.________ Schadenersatz für in den Jahren 1996 und 1997 nicht entrichtete paritätische AHV/IV/EO/ALV-Beiträge (inkl. Verwaltungskosten, Verzugszinsen und Inkassokosten) von Fr. 126'207. 55 sowie für paritätische Sozialversicherungsbeiträge gemäss Nachzahlungsverfügungen vom 26. Februar 1998 im Betrage von Fr. 3568. 10, insgesamt also Fr. 129'775. 65. A.________ liess dagegen Einspruch erheben. 
 
B.- Am 24. Juni 1998 reichte die Ausgleichskasse beim Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft Klage ein mit dem Begehren, A.________ sei zur Bezahlung von Schadenersatz in der verfügten Höhe zu verpflichten. Nach Einholung einer Klageantwort führte das Versicherungsgericht am 17. November 1999 eine Verhandlung mit Befragung des Beklagten, des Mitbeklagten, einer Auskunftsperson und einer Vertreterin der Ausgleichskasse durch. Mit Entscheid vom 25. September 2000 verpflichtete das Gericht den Beklagten in teilweiser Gutheissung der Klage, der Ausgleichskasse Schadenersatz im Betrag von Fr. 122'602. 55 zu bezahlen. 
 
 
C.- A.________ lässt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventuell sei die Schadenersatzforderung angemessen zu reduzieren, subeventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Während die Ausgleichskasse ausdrücklich auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde verzichtet, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung hiezu nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
2.-Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf Gesetz (Art. 52 AHVG) und Rechtsprechung (BGE 108 V 183) die Voraussetzungen zutreffend dargelegt, unter denen ein verantwortliches Organ einer juristischen Person der Ausgleichskasse den durch qualifiziert schuldhafte Missachtung der Vorschriften über die Beitragsbezahlung (Art. 14 Abs. 1 AHVG; Art. 34 AHVV) entstandenen Schaden zu ersetzen hat. 
Darauf kann verwiesen werden. 
 
3.- Es steht fest und ist unbestritten, dass die konkursite Firma in Verletzung der gesetzlichen Beitragspflicht des Arbeitgebers die monatlich zu bezahlenden paritätischen Beiträge (Art. 34 Abs. 1 lit. a AHVV, in der vorliegend anwendbaren, bis Ende 2000 gültig gewesenen Fassung) ab Januar 1996 absichtlich nur noch unvollständig entrichtet hat. Dabei ist die Ausgleichskasse im Umfang von Fr. 122'602. 55 zu Schaden gekommen. Der Beschwerdeführer bestreitet sodann zu Recht nicht, dass ihm als subsidiär haftendem Organ der ehemaligen Firma B.________ AG grundsätzlich das fehlerhafte Verhalten des Arbeitgebers anzurechnen ist. Streitig ist einzig, ob Exkulpations- oder Rechtfertigungsgründe vorliegen. 
 
4.- a) Nach der Rechtsprechung ist die Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG im konkreten Fall nur begründet, wenn nicht Umstände gegeben sind, welche das fehlerhafte Verhalten des Arbeitgebers als gerechtfertigt erscheinen lassen oder sein Verschulden im Sinne von Absicht oder grober Fahrlässigkeit ausschliessen. In diesem Sinne ist es denkbar, dass ein Arbeitgeber zwar in vorsätzlicher Missachtung der AHV-Vorschriften der Ausgleichskasse einen Schaden zufügt, aber trotzdem nicht schadenersatzpflichtig wird, wenn besondere Umstände die Nichtbefolgung der einschlägigen Vorschriften als erlaubt oder nicht schuldhaft erscheinen lassen (BGE 108 V 186 Erw. 1b). So kann es sein, dass ein Arbeitgeber, der sich in schwieriger finanzieller Lage befindet, durch Nichtbezahlung der Beiträge versucht, die Existenz des Unternehmens zu bewahren. Ein solches Vorgehen führt allerdings nur dann nicht zu einer Haftung gemäss Art. 52 AHVG, wenn der Arbeitgeber zunächst für das Überleben des Unternehmens wesentliche andere Forderungen (insbesondere der Arbeitnehmer und Lieferanten) befriedigt, gleichzeitig aber auf Grund der objektiven Umstände und einer seriösen Beurteilung der Lage annehmen darf, die geschuldeten Beiträge innert nützlicher Frist nachzahlen zu können (BGE 108 V 188; ZAK 1992 S. 248 Erw. 4b, 1985 S. 577 Erw. 3a). 
 
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Liquiditätsprobleme der B.________ AG seien durch die Konkurse zweier Grosskunden, der X.________ AG im Sommer 1996 und der Y.________ GmbH im April 1997, entstanden. Trotz dem im Konkurs der X.________ AG erlittenen Debitorenverlust von Fr. 136'642. 10 sei die "Hoffnung ... finanziell über die Runden zu kommen" sachlich begründet gewesen und mit dem Konkurs der Y.________ GmbH habe er nicht rechnen müssen. 
Es steht fest, dass die B.________ AG bereits 1996 in erheblichen finanziellen Nöten stand und das nicht geschäftsführende Mitglied des Verwaltungsrates, Advokat C.________, deswegen im Januar 1997 aus dem Verwaltungsrat zurückgetreten ist. Zwischen ihm und dem Beschwerdeführer bestanden Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Firma wirtschaftlich überlebensfähig sei oder nicht. Advokat C.________ erachtete selbst die Gründung einer Auffanggesellschaft als sinnlos, da die B.________ AG über keinerlei Reserven verfügte und das laufende Geschäft kaum mehr kostendeckend geführt werden konnte. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass die Firma in den Augen des dem Verwaltungsrat angehörenden Wirtschaftsanwaltes bereits anfangs 1997 konkursreif war und der Verwaltungsrat gestützt auf Art. 725 Abs. 2 OR wohl bereits damals verpflichtet gewesen wäre, den Richter zu benachrichtigen. Der Beschwerdeführer substanziiert denn auch keinerlei objektive Gründe, welche anfangs 1997 und auch noch nach dem Konkurs der Y.________ GmbH im April 1997 eine Sanierung und wirtschaftliche Erholung begründet hätten. Ebenso wenig macht er, ausser der Überweisung von Fr. 80'000.- aus privaten Mitteln an die Ausgleichskasse im Februar 1997, irgendwelche Massnahmen geltend, die er zu diesem Zweck ergriffen hätte. 
Die Vorinstanz ist aus diesen Gründen zu Recht zum Schluss gelangt, dass keinerlei Rechtfertigungs- und Exkulpationsgründe im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 52 AHVG dargetan sind, welche den der Ausgleichskasse zufolge Zahlungsunfähigkeit der B.________ AG praktisch ausschliesslich im Jahre 1997 entstandenen Schaden als gerechtfertigt oder unverschuldet erscheinen lassen würden. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 5000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 3. Dezember 2001 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: