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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_756/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. Oktober 2013  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Winiger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau.  
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 25. Juni 2013. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der aus dem Kosovo stammende X.________ (geb. 1961) war seit 1986 als Saisonnier in der Schweiz tätig. 1992 erhielt er die Aufenthalts- und 1998 die Niederlassungsbewilligung. X.________ ist in der Schweiz wiederholt und in erheblichem Ausmass straffällig geworden. Zwischen November 1993 und Oktober 2011 erwirkte er insgesamt 22 Verurteilungen (u.a. Freiheitsstrafen von insgesamt 15 Monaten sowie Geldstrafen von insgesamt 340 Tagessätzen wegen Hehlerei, Diebstahls, SVG-Delikten, einfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten, Beschimpfung, Drohung, usw.). Die Fremdenpolizei (heute: Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau) verwarnte X.________ insgesamt drei Mal (1996, 1999 und 2002) und drohte ihm dabei fremdenpolizeiliche Massnahmen an. X.________ ist mit einer niederlassungsberechtigten Landsfrau verheiratet und hat fünf erwachsene Kinder.  
 
1.2. Das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau widerrief mit Verfügung vom 12. Dezember 2011 die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies diesen an, die Schweiz zu verlassen. Die vom Betroffenen hiergegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel wurden vom Amt für Migration und Integration (Einspracheentscheid vom 1. Juni 2012) sowie vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Urteil vom 25. Juni 2013) abgewiesen.  
 
1.3. Die von X.________ daraufhin beim Bundesgericht eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und Verweis auf die vorinstanzlichen Erwägungen zu erledigen ist.  
 
2.  
 
2.1. Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario] und Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG), weil grundsätzlich ein Anspruch auf deren Fortdauer besteht (vgl. BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4).  
 
2.2.  
 
2.2.1. Das Bundesgericht legt seinem Entscheid den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen - soweit entscheidrelevant - bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft - mit anderen Worten willkürlich - erscheint (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255). Willkür liegt nicht bereits dann vor, wenn eine andere Sicht ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erschiene, sondern nur, wenn sich die vorinstanzliche Beurteilung in ihrem Resultat als offensichtlich unhaltbar erweist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt bzw. in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht praxisgemäss nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.).  
 
2.2.2. Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beschränkt, bloss die bereits vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Einwände zu wiederholen, ohne sich sachbezogen mit den Darlegungen dazu im angefochtenen Entscheid im Einzelnen auseinanderzusetzen, ist auf seine Ausführungen nicht weiter einzugehen. Insofern er die Beweiswürdigung und eine unvollständige oder fehlerhafte Feststellung des Sachverhalts beanstanden möchte, müsste er darlegen, inwiefern diese als offensichtlich unhaltbar zu gelten hätten (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG "qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht"; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Dasselbe gilt für die Wegweisung: Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid wäre nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben (Art. 83 lit. c Ziff. 4 und Art. 113 BGG), soweit die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht wird (Art. 115 und 116 BGG; vgl. BGE 137 II 305 ff.). Der Beschwerdeführer erhebt diesbezüglich jedoch keine rechtsgenügend begründeten Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn eine ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist, wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert werden dürfen (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG [SR 142.20]; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2). Der Widerruf ist zudem möglich, wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen oder diese gefährdet hat (Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG). Dies ist der Fall, wenn die ausländische Person durch ihr Handeln besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht hat, sich von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zeigt, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an die Rechtsordnung zu halten (BGE 137 II 297 E. 3 S. 302 ff.; Urteile 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.2 und 2C_310/2011 vom 17. November 2011 E. 5). Die genannten Widerrufsgründe gelten selbst dann, wenn die ausländische Person sich bereits seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG). Die Beendigung des Aufenthalts muss jedoch verhältnismässig sein, d.h. das öffentliche Interesse am Widerruf der Bewilligung hat die privaten Interessen am Verbleib im Land zu überwiegen und in diesem Sinn zu rechtfertigen (vgl. Art. 8 Ziff. 2 EMRK; Art. 96 AuG; BGE 135 II 377 E. 4.3 u. 4.5 S. 381 f. u. 383).  
 
3.2. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift hat die Vorinstanz die bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend wiedergegeben und den Widerruf der Niederlassungsbewilligung - nach Vornahme einer sorgfältigen Interessenabwägung - zu Recht geschützt:  
 
3.2.1. Unbestrittenermassen ist der Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b AuG hier nicht gegeben, da keine einzelne Verurteilung von mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe vorliegt. Der Beschwerdeführer hat aber während einer Zeitspanne von gut 18 Jahren regelmässig eine Vielzahl strafbarer Handlungen (darunter Hehlerei und mehrfacher Diebstahl, Tätlichkeiten und Drohungen, einfache Körperverletzungen, zahlreiche SVG-Delikte, usw.) begangen und wurde zu Freiheitsstrafen von insgesamt 15 Monaten verurteilt. Dazu kommen Geldstrafen von insgesamt 340 Tagessätzen sowie diverse Bussen in Gesamtbetrag von über Fr. 7'000.--. Der Beschwerdeführer hat sich auch von keinen straf- oder migrationsrechtlichen Massnahmen beeindrucken lassen. Insbesondere haben ihn drei Verwarnungen durch die Migrationsbehörde nicht von weiteren Straftaten abhalten lassen. Dazu kommen noch Betreibungen in der Höhe von rund Fr. 280'000.-- (Stand Dezember 2011) und offene Verlustscheine von rund Fr. 320'000.-- (für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis 1. Dezember 2011). Somit ist der Vorinstanz ohne Weiteres zuzustimmen, wenn sie ausführt, der Beschwerdeführer habe eine beängstigende Gleichgültigkeit und Respektlosigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung gezeigt (vgl. angefochtener Entscheid E. 2.3.1). Der Beschwerdeführer ist offenbar nicht fähig oder nicht willens, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 137 II 297 E. 3.3 S. 303 f.; Urteile 2C_739/2011 vom 18. Oktober 2012 E. 3.2; 2C_673/2011 vom 3. August 2012 E. 3.1). Der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG ist damit erfüllt.  
 
3.2.2. Der Beschwerdeführer beruft sich sodann darauf, dass der angeordnete Bewilligungswiderruf unverhältnismässig sei. Die erhobene Rüge geht jedoch ins Leere: Richtig ist wohl, dass ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls verhältnismässig sein muss. Dies hat das Verwaltungsgericht aber nicht verkannt, sondern es hat die hier massgebenden öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Beschwerdeführers (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.2) und dessen private Interessen an einem Verbleib in der Schweiz (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.3) sachgerecht und umfassend gewürdigt und es für zumutbar erachtet, dass der Beschwerdeführer in seine Heimat zurückkehrt.  
Diese Schlussfolgerung der Vorinstanz ist weder im Lichte des Ausländergesetzes noch von Art. 8 EMRK zu beanstanden: Durch sein andauerndes kriminelles Verhalten hat der Beschwerdeführer unter Beweis gestellt, dass er nicht dazu in der Lage ist, sich während einer längeren Zeit an die in der Schweiz geltenden Regeln und Gesetze zu halten: Weder zahlreiche Warnstrafen (Geldstrafen, bedingte Freiheitsstrafen), der Vollzug einer Freiheitsstrafe noch drei fremdenpolizeiliche Verwarnungen vermochten ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Entgegen den bagatellisierenden Behauptungen des Beschwerdeführers kann vorliegend auch keine Rede von einem leichten Verschulden sein (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.2.3). Vielmehr entsteht vom Beschwerdeführer insgesamt das Bild eines uneinsichtigen Gewohnheitsdelinquenten, der die zahlreichen ihm eingeräumten Chancen nicht genutzt hat und bei welchem sämtliche in einem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Sanktionen wirkungslos sind. Sein weiterer Verbleib im Land ist mit den Sicherheitsinteressen der hiesigen Wohnbevölkerung nicht zu vereinbaren. 
 
3.2.3. Für den Beschwerdeführer spricht einzig seine relativ lange Aufenthaltsdauer in der Schweiz. Trotzdem vermochte er sich hier weder ökonomisch noch sozial übermässig zu integrieren (vgl. das EGMR-Urteil  Gezginci gegen Schweiz vom 9. Dezember 2010 [Nr. 16327/05], Ziff. 60 ff. [keine Verletzung von Art. 8 EMRK durch die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung bei einer Anwesenheit von 30 Jahren]). Obwohl der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben stets arbeitstätig war, hat einen Schuldenberg von mehreren Hunderttausend Franken angehäuft, wobei die Verlustscheine bis ins Jahr 1994 zurückgehen und damit entgegen seiner Darstellung nicht auf einen kürzlich erfolgten Schritt in die Selbstständigkeit zurückzuführen sind. Auch die Beziehung zu seiner Ehefrau und seinen Kindern hat ihn nicht stabilisieren können. Die Vorinstanz hat weiter verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer Kontakt zu Familienangehörigen in seiner Heimat hat, wo er auch die Kindheit und kulturell und sozial prägenden Jugendjahre verbrachte (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.3.4). Andere besondere Beziehungen zur Schweiz, welche die Aufenthaltsbeendigung als unverhältnismässig erscheinen liessen, sind nicht dargetan oder ersichtlich.  
Der Widerruf der Bewilligung ist damit auch im Lichte von Art. 8 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt, soweit ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vorliegt. Was den Schutz des Familienlebens betrifft, so sind die Beziehungen zu seinen volljährigen Kindern nicht von Belang, da eine besondere Abhängigkeit nicht dargetan ist. Der Ehefrau, die ebenfalls aus dem Kosovo stammt und bis zum 29. Altersjahr dort gelebt hat, ist eine Übersiedlung dorthin nach der vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Würdigung der Vorinstanz grundsätzlich zumutbar, auch wenn dies mit gewissen Schwierigkeiten verbunden wäre (vgl. angefochtener Entscheid E. 4.3). Aber selbst wenn sich die Ausreise als unzumutbar erwiese und von einem Eingriff in das Familienleben auszugehen wäre, würde sich der Eingriff angesichts des erheblichen öffentlichen Interesses an einer Fernhaltung des Beschwerdeführers rechtfertigen (vgl. BGE 135 I 143 E. 2.1 S. 147 mit Hinweisen). 
 
4.  
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Für alles Weitere wird ergänzend auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Oktober 2013 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Winiger