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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_334/2011 
 
Urteil vom 22. Juli 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Lippuner, 
 
gegen 
 
Interkantonale Prüfungskommission in Osteopathie, Haus der Kantone, Speichergasse 6, 3000 Bern 7. 
 
Gegenstand 
Ausübung der Osteopathie - Nichtzulassung zur Prüfung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Rekurskommission EDK/GDK vom 17. November 2010. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Um die Osteopathie und deren berufliche Anerkennung einheitlich zu regeln, erliess die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren mit Beschluss vom 23. November 2006 ein Reglement für die interkantonale Prüfung von Osteopathen in der Schweiz (nachfolgend: Prüfungsreglement). Dessen Übergangsregelung ermöglicht es den am 1. Januar 2007 bereits praktizierenden Osteopathen, das interkantonale Diplom zu erwerben, wenn sie bloss die praktische Prüfung des zweiten Teils der interkantonalen Prüfung bestehen; dabei muss diese Teil-Prüfung spätestens bis zum 31. Dezember 2012 absolviert werden. 
 
X.________ (geb. 1954) hat im Herbst 1978 an der Schule für Physiotherapie des Kantonsspitals Basel die Ausbildung zum Physiotherapeuten abgeschlossen. Er ist seit dem 25. November 2005 als Osteopath tätig. Seit dem 12. August 2008 verfügt er über eine bis 31. Dezember 2012 gültige provisorische Bewilligung des Gesundheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt für die selbständige Ausübung der Tätigkeit als Osteopath. Am 17. Juli 2009 beantragte er der interkantonalen Prüfungskommission in Osteopathie die Zulassung zur praktischen Prüfung, welche im Frühling 2010 durchgeführt wurde. Am 28. April 2010 stellte die Prüfungskommission fest, dass die vom Kandidaten eingereichten Dokumente bezüglich seiner berufsbegleitenden Ausbildung in Osteopathie nicht erlaubten zu eruieren, ob das für die Zulassung erforderliche Total von 1'800 Ausbildungsstunden erreicht worden sei; sodann sei das weitere Erfordernis einer (Osteopathie-)Tätigkeit zu 100% während wenigstens zwei Jahren nicht erfüllt. 
 
Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (Rekurskommission EDK/GDK) mit Entscheid vom 17. November 2010 ab. 
 
B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________ dem Bundesgericht, den erwähnten Entscheid der Rekurskommission EDK/GDK aufzuheben und ihn zur Prüfung zuzulassen. 
Die interkantonale Prüfungskommission in Osteopathie stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. 
Die Rekurskommission EDK/GDK schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit diese überhaupt zulässig sei. 
 
C. 
Mit Verfügung vom 31. Mai 2011 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen abgewiesen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Rekurskommission EDK/GDK ist eine letzte kantonale Instanz, die als richterliche Behörde nach den sinngemäss anwendbaren Vorschriften des Verwaltungsgerichtsgesetzes die Anwendung von interkantonalem Recht prüft; ihre Entscheide können mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 BGG) beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 24 des Prüfungsreglements in Verbindung mit Art. 9 des Reglements vom 6. September 2007 über die Rekurskommission der EDK und der GDK sowie Art. 10 Abs. 2 der interkantonalen Vereinbarung vom 18. Februar 1993 über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen). 
 
2. 
Nach dem Prüfungsreglement führt die Gesundheitsdirektorenkonferenz eine interkantonale Prüfung der Osteopathen in der gesamten Schweiz durch, welche die Gewährleistung der Qualität der beruflichen Fähigkeiten und der klinischen Erfahrung der Inhaber eines Diploms in Osteopathie auf einem einheitlichen Niveau bezweckt. Wer das interkantonale Examen bestanden hat, erhält das interkantonale Diplom und ist berechtigt, den Titel "Osteopath mit schweizerisch anerkanntem Diplom" zu tragen. Die Prüfung setzt sich aus zwei Teilen zusammen. In einem ersten Teil findet eine reine Theorieprüfung statt; in einem zweiten gemischten Teil werden sowohl die theoretischen Kenntnisse als auch die praktischen Fähigkeiten geprüft. Gemäss den Übergangsbestimmungen können praktizierende Osteopathen, die am 1. Januar 2007 diesen Beruf bereits ausübten, das interkantonale Diplom erwerben, wenn sie die praktische Prüfung des zweiten Teils bestehen. Die Prüfung muss innerhalb von fünf Jahren ab Durchführung der ersten interkantonalen Prüfung absolviert werden, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2012. Zur praktischen Prüfung zugelassen werden gemäss Art. 25 Abs. 3 des Reglements Osteopathen, die diesen Beruf am 1. Januar 2007 ausgeübt haben, wenn sie bei der Zulassung zur Prüfung in einem Umfang als Osteopath tätig sind, der mindestens zwei Jahren zu 100 % entspricht, und 
a) über eine mindestens vierjährige vollzeitliche oder diesem Leistungsumfang entsprechende theoretische und praktische Ausbildung in Osteopathie verfügen oder 
b) einen auf einem anerkannten Physiotherapiediplom aufbauenden strukturierten berufsbegleitenden Ausbildungsgang von mindestens 1800 Unterrichtsstunden in Osteopathie erfolgreich absolviert haben. 
 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst eine Rechtsverzögerung bzw. die Verletzung von Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 46a VwVG geltend. Diese erblickt er darin, dass ihm die Vernehmlassung der Prüfungskommission vom 31. August 2010 an die Vorinstanz von dieser erst am 13. Oktober 2010 und der angefochtene Entscheid erst vier Monate nach Urteilsfällung zugestellt worden seien; von Einreichung der Beschwerde an die Vorinstanz bis zur Zustellung des Entscheides habe das Verfahren ganze neun Monate gedauert. 
 
3.2 Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern das vorinstanzliche Verfahren durch die nicht unverzügliche Mitteilung der Stellungnahme der Prüfungskommission unrechtmässig bzw. in einem Ausmass verlängert worden wäre, der mit dem Gebot der Verfahrensbeschleunigung nicht mehr zu vereinbaren wäre. Dies ist auch nicht ersichtlich, benötigte die Vorinstanz doch nach Eingang der Stellungnahme lediglich zweieinhalb Monate bis zur Fällung des angefochtenen Entscheides, was durchaus als angemessen erscheint. Dass der begründete Entscheid erst nach vier Monaten zugestellt wurde, ist ebenfalls bundesrechtlich nicht zu beanstanden, musste doch die endgültige schriftliche Begründung des Entscheides durch alle drei mitwirkenden Richter genehmigt werden. Davon, dass dies nicht binnen einer Frist geschehen ist, welche nach der Natur der Sache und nach der Gesamtheit der übrigen Umstände als angemessen erscheint, kann offensichtlich nicht die Rede sein. Auch die Verfahrensdauer von neun Monaten erscheint keineswegs als unverhältnismässig. Im Übrigen legt der Beschwerdeführer ohnehin nicht dar, inwiefern er durch die behaupteten Verzögerungen überhaupt in seinen Rechten beeinträchtigt worden sein sollte. Eine aktuelle Rechtsverzögerung liegt zudem nicht mehr vor, nachdem der Entscheid gefällt und ihm zugestellt wurde. 
 
4. 
4.1 Der Beschwerdeführer rügt sodann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 29 VwVG). Diese Bestimmungen erachtet er dadurch als verletzt, dass ihm die beiden Beilagen der Vernehmlassung der Prüfungskommission durch die Vorinstanz nicht zugestellt worden seien. 
 
4.2 Die Rüge ist unbegründet. In der ihm am 13. Oktober 2010 zugestellten Vernehmlassung sind die beiden Beilagen ausdrücklich erwähnt. Es ist nicht verständlich, weshalb der Beschwerdeführer nicht unverzüglich um Zustellung dieser Beilagen ersuchte. Eine schriftliche Anfrage um Akteneinsicht befindet sich nicht in den Akten. Der Beschwerdeführer erklärt denn auch, er habe diese Unterlagen von Andreas Enggist erhalten, der sich in der gleichen Lage befinde. 
 
4.3 Soweit der Beschwerdeführer die unterlassene Übersetzung der Beilagen bemängelt, verkennt er die Tragweite von Art. 33a Abs. 3 VwVG. Diese Bestimmung verlangt lediglich, dass die eingereichten Urkunden in einer Amtssprache verfasst sind; dies ist hier der Fall, sind doch die Beilagen in italienischer und französischer Sprache abgefasst. Nicht erforderlich ist, dass die Urkunden in der Verfahrenssprache vorliegen (THOMAS PFISTERER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Hrsg. Christoph Auer und andere, 2008, N. 15 zu Art. 33a VwVG). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer auch nachdem er die Unterlagen erhalten hat, keine Übersetzung derselben verlangt. 
 
5. 
5.1 Der Beschwerdeführer macht sodann in Bezug auf die anrechenbaren Unterrichtsstunden eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes (Art. 97 BGG) geltend. 
 
5.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich". Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und 1.4.3) 
 
5.3 In Bezug auf die Bestätigung der (privaten) Libera Università degli Studi di Scienze Umane e Technologiche di Lugano über den Ausbildungsgang für den Bachelor in Osteopathie (Abschluss am 25. November 2005) hat die Vorinstanz deren Angaben übernommen, wonach jährlich bei Abzug der Pausenzeit 324 Unterrichtsstunden, somit für den dreijährigen Bachelor-Lehrgang 972 Unterrichtsstunden angerechnet werden können. Anhaltspunkte dafür, das die Angaben der Ausbildungsstätte über die Stundenzahlen des Bachelor-Lehrganges 2008/2009 nicht auch für den vom Beschwerdeführer besuchten Lehrgang gelten würden, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Dass die Vorinstanz dabei nur die effektive Unterrichtszeit ("Lezioni") berücksichtigt und die drei ausgewiesenen Pausen in Abzug gebracht hat, ist keineswegs unhaltbar. Die vom Beschwerdeführer hierzu vorgeschlagene Umrechnung der Unterrichtsstunden in Lektionen zu 45 Minuten ist nicht plausibel, wird doch die Unterrichtszeit klar in Stunden und nicht in Lektionen ausgewiesen. 
 
5.4 Der Beschwerdeführer besuchte weiter an derselben Ausbildungsstätte den zweijährigen Masterlehrgang, den er mit dem Examen vom 25. Juni 2008 abschloss. Die Anzahl der in diesem Lehrgang tatsächlich zu leistenden Ausbildungsstunden ist nach den Feststellungen der Prüfungskommission nicht bekannt (Vernehmlassung an die Vorinstanz). Die von der Ausbildungsstätte ausgestellte Bescheinigung durfte die Vorinstanz ohne Willkür als nicht überzeugend erachten, entsprächen die dort erwähnten 1'500 Stunden pro Jahr doch nahezu einem Vollzeitunterricht, der aufgrund der vollzeitlichen Berufstätigkeit des Beschwerdeführers ausgeschlossen erscheint. Die Vorinstanzen stützten sich in diesem Zusammenhang auf einen Bericht der Commission intercantonale de reconnaissance pour l'exercise de l'ostéopathie (CIREO), nach welchem für die Osteopathieausbildung im vierten und fünften Ausbildungsjahr an der hier in Frage stehenden Ausbildungsstätte jährlich 250 Unterrichtsstunden berücksichtigt werden können, also 500 Stunden für die zweijährige Ausbildung. Was der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, lässt das Abstellen auf diesen Bericht keineswegs als unhaltbar erscheinen. Dass der Bericht offensichtlich noch vor dem Erlass des Reglements verfasst worden ist, steht dem nicht entgegen. Ob zusätzlich die im Bericht vorgeschlagene Anrechnung von jährlich 50 Stunden praktischer Ausbildung (supervision clinique) vorzunehmen wäre, kann offenbleiben, da auch dadurch die erforderliche Stundenzahl nicht erreicht würde. 
 
5.5 Soweit der Beschwerdeführer als Novum vorbringt, es seien ihm für seine Doktorarbeit 300 Stunden anzurechnen, ist darauf nicht näher einzugehen. Er hätte dies bereits vor der Vorinstanz geltend machen können (Art. 99 Abs. 1 BGG). Im Übrigen wäre diese Arbeit entsprechend der Empfehlung im Bericht wohl zu berücksichtigen, wobei jedoch aufgrund des Umstandes, dass sie von zwei Verfassern stammt, höchstens 150 Stunden angerechnet werden könnten. Die Frage kann aber offengelassen werden, da die erforderliche Stundenzahl auch bei einer Anrechnung nicht erreicht wird. 
 
5.6 Die 64 Unterrichtsstunden des Vorbereitungskurses Interkantonalprüfung der O.S.S. - Osteopathie Seminare Schweiz hat die Vorinstanz als nicht anrechenbare Weiterbildung erachtet. Dies mit der Begründung, dass diese Stunden bei praktizierenden Osteopathen nicht als Ausbildungszeit gelten könnten. 
 
Diese Begründung leuchtet nicht ein und erscheint angesichts des Zwecks der Reglementsbestimmung, eine ausreichende Vorbildung sicherzustellen, kaum haltbar. Da der Beschwerdeführer jedoch auch bei Anrechnung dieser 64 Stunden die gemäss Reglement erforderliche Stundenzahl nicht erreichen würde, kann dies ebenfalls offenbleiben. 
 
5.7 Die Feststellung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe die vom Reglement geforderte Anzahl Stunden nicht erreicht, erweist sich demzufolge als nicht willkürlich. Die Rüge der offensichtlich unrichtigen oder unvollständigen Sachverhaltsfeststellung ist unbegründet. 
 
5.8 Die Anwendung des Prüfungsreglements auf den somit willkürfrei festgestellten Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer nicht beanstandet. 
 
5.9 Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz die Frage der Anrechnung der zwei Jahre Tätigkeit zu 100 % als Osteopath offenlassen. 
 
6. 
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Entsprechend diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und der Rekurskommission EDK/GDK schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 22. Juli 2011 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Zünd Küng