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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_416/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. Oktober 2015  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic, Buchserstrasse 12, 5000 Aarau, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, einfache Körperverletzung, Strafzumessung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 6. Februar 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 X.________ schlug am 19. Januar 2010 A.________ anlässlich einer verbalen Auseinandersetzung die Faust derart stark ins Gesicht, dass A.________ zu Boden ging und vorübergehend das Bewusstsein verlor. A.________ erlitt eine Hirnerschütterung und einen Schädelbruch. Die Verletzungen heilten vollständig aus (Nebendossier 1). 
 
 Drei Monate später schlug X.________ B.________ die Faust ins Gesicht, drückte ihn zu Boden, traktierte ihn mit weiteren vier Faustschlägen gegen den Kopf und versetzte ihm schliesslich einen Fusstritt an den Kopf. B.________ erlitt eine Beule mit Bluterguss an der Stirn, einen Bluterguss hinter dem Ohr und am Hinterkopf, eine Schürf- und Quetschwunde an der rechten Brust sowie ein Hämatom und eine Muskelquetschung an der Beckenschaufel (Nebendossier 2). 
 
 Am 30. September 2011 reiste X.________ von der Dominikanischen Republik in die Schweiz ein. Er hatte in seinem Gepäck 1'000 Gramm Kokaingemisch respektive 777 Gramm reines Kokain versteckt (Hauptdossier). 
 
B.  
 
 Das Bezirksgericht Bülach erklärte X.________ am 23. April 2014 der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, der versuchten vorsätzlichen schweren Körperverletzung (Nebendossier 2), der vorsätzlichen einfachen Körperverletzung (Nebendossier 1) und der Drohung schuldig. Das Verfahren betreffend Beschimpfung stellte es ein. Das Bezirksgericht verurteilte X.________ zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten. Den zu vollziehenden Teil der Freiheitsstrafe legte es auf 16 Monate und die Probezeit auf 3 Jahre fest. Zudem widerrief es den bedingten Vollzug einer Strafe aus dem Jahre 2009 (480 Stunden gemeinnützige Arbeit). 
 
 Das Obergericht des Kantons Zürich hiess eine von X.________ dagegen erhobene Berufung am 6. Februar 2015 teilweise gut. Es sprach ihn der einfachen Körperverletzung schuldig (Nebendossier 2) und stellte das Verfahren betreffend Drohung ein. Weiter stellte es fest, dass der Entscheid des Bezirksgerichts Bülach in mehreren Punkten (insbesondere betreffend die Verurteilungen wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und einfacher Körperverletzung [Nebendossier 1] und betreffend die Einstellung des Verfahrens wegen Beschimpfung) in Rechtskraft erwachsen war. Das Obergericht erkannte auf eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 32 Monaten. Den zu vollziehenden Teil der Freiheitsstrafe legte es auf 10 Monate und die Probezeit auf 2 Jahre fest. Gleichzeitig verlängerte es die Probezeit der im Jahre 2009 ausgefällten Strafe um ein Jahr. 
 
C.  
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts sei im Strafpunkt aufzuheben, und er sei zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten und einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu verurteilen unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung und rügt insbesondere eine Verletzung von Art. 47 und Art. 49 Abs. 1 StGB. Er macht zusammengefasst geltend, die Vorinstanz hätte keine Gesamtfreiheitsstrafe ausfällen dürfen. Im Bereich von sechs Monaten und einem Jahr sei die Geldstrafe die Hauptsanktion. Die Vorinstanz hätte deshalb für die Körperverletzungsdelikte je eine Geldstrafe aussprechen müssen. Zudem verletze die Vorinstanz ihre Begründungspflicht im Sinne von Art. 50 StGB. Sie lege nicht dar, weshalb sie für die einfachen Körperverletzungen auf je eine Freiheitsstrafe erkenne (Beschwerde S. 4 ff.).  
 
1.2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und die an sie gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatzstrafe und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2 S. 67; 132 IV 102 E. 8 f. S. 104 ff.; je mit Hinweisen; Urteil 6B_460/2010 vom 4. Februar 2011 E. 3.3.4 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 137 IV 57). Darauf kann verwiesen werden.  
 
 Es liegt im Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61 mit Hinweis). 
 
1.3. Die Vorinstanz prüft einleitend zur Strafzumessung die Möglichkeit einer Gesamtstrafenbildung respektive die Frage nach der Sanktionsart. Sie hält zutreffend fest, dass die Bildung einer Gesamtstrafe nur bei gleichartigen Strafen möglich ist (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f. mit Hinweisen). Die Vorinstanz gelangt zum Ergebnis, dass neben einer Freiheitsstrafe für das qualifizierte Betäubungsmitteldelikt (Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG) auch für die einfachen Körperverletzungen eine Freiheitsstrafe auszufällen sei. Bei einem mittelschweren Verschulden sei eine Strafe über 12 Monate und deshalb eine Freiheitsstrafe angezeigt. Im gleichen Sinne sei zu entscheiden, wenn die Freiheitsstrafe im Bereich von sechs bis zwölf Monaten zu liegen käme. Da für sämtliche Delikte nur eine Freiheitsstrafe in Betracht komme, sei eine Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB zu bilden.  
 
 In der Folge setzt die Vorinstanz die Einsatzstrafe für das Betäubungsmitteldelikt als schwerste Straftat fest. Sie geht insbesondere unter Berücksichtigung der eingeführten Drogenmenge von 1'000 Gramm Kokaingemisch (777 Gramm reines Kokain) und der untergeordneten Funktion des Beschwerdeführers als einmaliger Kurier von einem nicht mehr leichten Verschulden aus. In Anlehnung an in der Literatur skizzierte Kriterien (Fingerhuth/Tschurr, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz, 2. Aufl. 2007, N. 30 f. zu Art. 47 BetmG; Eugster/Frischknecht, Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel, AJP 2014 S. 327 ff.) gelangt sie zu einer (gegenüber der Erstinstanz um zwei Monate reduzierten) Einsatzstrafe von 24 Monaten. Diese erhöht sie aufgrund der Körperverletzungsdelikte und des in diesem Zusammenhang mittelschweren Verschuldens um 18 Monate. Sie unterstreicht, dass beide Taten zum Nachteil von A.________ und B.________ wegen der Erheblichkeit der Verletzungen und einer Risikobeurteilung nahe bei einer versuchten schweren Körperverletzung lägen. Die Vorinstanz berücksichtigt schliesslich das teilweise Geständnis und spricht dem Beschwerdeführer eine gewisse Reue und Einsicht zu. Diese Umstände überwiegen nach ihrer Einschätzung die Delinquenz während laufender Untersuchung, die dreifache Delinquenz während einer Probezeit und die nicht einschlägigen Vorstrafen, weshalb sie ihm eine leichte Strafminderung von fünf Monaten zubilligt. Im gleichen Umfang trägt sie einer Verletzung des Beschleunigungsgebots Rechnung (Entscheid S. 16 ff.). 
 
1.4.  
 
1.4.1. Die Vorinstanz begründet die Gesamtstrafenbildung und die Strafzumessung in nachvollziehbarer und sorgfältiger Weise. Sie gibt ihre Überlegungen in den Grundzügen wieder und kommt ihrer Begründungspflicht im Sinne von Art. 50 StGB nach. Der Beschwerdeführer beanstandet, die Vorinstanz missachte die Regeln der Gesamtstrafenbildung. Die Rüge erfolgt ohne Grund. Wohl hält der Beschwerdeführer richtig fest, werde "für beide Körperverletzungen je einzeln eine Geldstrafe [ausgesprochen], führt die Asperation nicht etwa zur Bildung einer Freiheitsstrafe [...]". Eine solche Vorgehensweise widerspräche der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Voraussetzungen von Art. 49 Abs. 1 StGB nur erfüllt sind, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f. mit Hinweisen). Die Vorinstanz spricht für die einzelnen Delikte gedanklich aber keine Geldstrafen aus. Daran ändert nichts, dass sie das Verschulden für die einfachen Körperverletzungen gesamthaft beleuchtet. Vielmehr hält sie ausdrücklich fest, dass sie für die beiden Körperverletzungsdelikte im konkreten Fall je eine Freiheitsstrafe in Betracht zieht. Damit geht sie im Ergebnis methodisch korrekt vor.  
 
1.4.2. Die Vorinstanz hält zudem fest, für die gravierenden Körperverletzungen sei mit Blick auf die Zweckmässigkeit der Strafe und aus generalpräventiven Gründen als Sanktionsart eine Freiheitsstrafe zu wählen, selbst wenn diese im Bereich von sechs bis zwölf Monaten zu liegen käme. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz hätte auf je eine Geldstrafe erkennen müssen. Die Rüge dringt nicht durch. Im Bereich von sechs Monaten bis zu einem Jahr sieht das Gesetz Freiheitsstrafen oder Geldstrafen vor (vgl. Art. 34 Abs. 1 und Art. 40 StGB). Zwar stellt die Geldstrafe nach den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdeführers die Hauptsanktion dar (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 123; 134 IV 82 E. 4.1 S. 85, 97 E. 4.2 S. 100 ff.; je mit Hinweisen). Sie ist jedoch nicht die allein mögliche Strafe. Wichtiges Kriterium für die Wahl der Strafart ist die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz. Dem Richter steht ein weiter Spielraum des Ermessens zu (BGE 134 IV 82 E. 4.1 S. 85, 97 E. 4.2 S. 100 ff.; je mit Hinweisen; 120 IV 67 E. 2b S. 71).  
 
 Aus den vorinstanzlichen Entscheiden geht hervor, dass A.________ durch den Faustschlag ins Gesicht vorübergehend das Bewusstsein verlor. Er erlitt nebst Blutergüssen im Bereich des unteren linken Augenlids und der linken Wange eine Hirnerschütterung sowie einen unkomplizierten Schädelbruch und war während sechs Tagen vollständig arbeitsunfähig (erstinstanzlicher Entscheid S. 7, 10 und 19). B.________ verpasste der Beschwerdeführer ebenfalls einen Faustschlag ins Gesicht sowie vier weitere Faustschläge und einen Fusstritt gegen den Kopf. B.________ erlitt eine Beule an der Stirn, verschiedene Blutergüsse (an der Stirn, hinter dem Ohr und am Hinterkopf), eine Schürf- und Quetschwunde an der rechten Brust sowie ein Hämatom und eine Muskelquetschung an der Beckenschaufel (Entscheid S. 11). Während die erste Instanz den Übergriff auf B.________ als versuchte schwere Körperverletzung einschätzte, wird die Tat von der Vorinstanz als einfache Körperverletzung qualifiziert. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass ungeklärt blieb, ob der Beschwerdeführer die Schläge mit massiver Kraft, ungehemmt und unkontrolliert ausgeführt hat und ob er beim Fusstritt gegen das ungeschützte Gesicht zielte oder das am Boden liegende Opfer nur an den schützenden Armen oder Händen traf. Gleichwohl unterstreicht die Vorinstanz, dass beide Vorfälle nahe bei einer versuchten schweren Körperverletzung liegen. Bei der Wahl der Sanktionsart gilt es auch in Rechnung zu stellen, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit unter anderem mit einer Geldstrafe sanktioniert wurde, deren bedingter Vollzug später widerrufen wurde. Dies hat den Beschwerdeführer offensichtlich nicht genügend beeindruckt. Zu berücksichtigen ist auch die Delinquenz während einer Probezeit und einer laufenden Untersuchung. Indem die Vorinstanz für den Fall einer zwölf Monate respektive 360 Tagessätze nicht übersteigenden Strafe für die Körperverletzungsdelikte einzig eine Freiheitsstrafe als angemessene und zweckmässige Sanktion in Betracht zieht, verletzt sie ihr Ermessen zweifelsohne nicht. 
 
1.4.3. Die Bemessung der Einsatzstrafe für das Betäubungsmitteldelikt von 24 Monaten und die Strafminderung von insgesamt zehn Monaten beanstandet der Beschwerdeführer nicht. Ebenso wenig macht er geltend, die Vorinstanz habe die Einsatzstrafe aufgrund der Körperverletzungsdelikte in einem unzulässigen Mass erhöht. Eine Ermessensverletzung im Rahmen der Asperation ist zudem nicht ersichtlich. Die Freiheitsstrafe von 32 Monaten hält sich auch bei einer Gesamtbetrachtung innerhalb des sachrichterlichen Ermessens.  
 
2.  
 
 Die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe ihm in Verletzung von Art. 42 StGB den vollbedingten Strafvollzug verweigert, ist abzuweisen. Sie beruht auf dem Rechtsbegehren, es sei eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten (nebst einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen) festzusetzen. Es bleibt aber bei der ausgefällten Gesamtfreiheitsstrafe von 32 Monaten. Aufgrund der Strafhöhe ist ein vollbedingter Strafvollzug nach Art. 42 StGB nicht möglich. 
 
3.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Oktober 2015 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Faga