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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_423/2020  
 
 
Urteil vom 5. August 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Merz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________ SA, 
2. B.________ SA, 
Beschwerdeführerinnen, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Peter Burckhardt 
und Rechtsanwältin Eva Wyler, 
 
gegen  
 
Bundesanwaltschaft. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; 
Teilnahme am Verfahren und Akteneinsicht, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 21. Juli 2020 (RR.2020.11, RR.2020.12). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Bundesanwaltschaft führte gegen die A.________ SA und weitere Personen wegen Bestechung und anderen Delikten eine Strafuntersuchung. In deren Rahmen stellte sie ab dem 1. März 2016 bei der C.________ SA und der D.________ Sàrl, die beide in Genf domiziliert sind, Daten sicher. Diese Daten befanden sich auf Datenträgern in von der E.________ Ltd angemieteten Racks. 
In der Folge gingen bei der Bundesanwaltschaft Rechtshilfeersuchen verschiedener Staaten ein, die um die Auswertung der durch die Bundesanwaltschaft im erwähnten schweizerischen Strafverfahren sichergestellten Daten baten. Die Bundesanwaltschaft trat auf die Ersuchen ein und zog die Daten in den eröffneten Rechtshilfeverfahren bei. Sie gewährte der C.________ SA und der D.________ Sàrl Parteirechte. Am 30. September 2019 verlangten auch die A.________ SA und die B.________ SA (beides Gesellschaften der A.________ -Gruppe) Parteistellung. Am 2. Dezember 2019 verfügte die Bundesanwaltschaft Folgendes: 
 
"Der Antrag vom 30. September 2019 bezüglich der Parteistellung von A.________ SA und B.________ SA in (passiven) Rechtshilfeverfahren im Zusammenhang mit der C.________ SA und D.________ Sàrl be schlagnahmten Servern, wird abgelehnt und A.________ SA und B.________ SA werden damit keinerlei Parteirechte, insbesondere Akteneinsicht, gewährt." 
Eine von der A.________ SA und der B.________ SA gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht mit Entscheid vom 21. Juli 2020 ab. 
 
B.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 27. Juli 2020, ergänzt am 3. August 2020, beantragen die A.________ SA und die B.________ SA, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben. Ihnen sei in sämtlichen hängigen und zukünftigen Rechtshilfeverfahren, die von der Bundesanwaltschaft auf den Servern bei der C.________ SA und der D.________ Sàrl beschlagnahmte Daten und Dokumente von ihnen und von mit ihnen verbundenen Gesellschaften zum Gegenstand haben, Parteistellung einzuräumen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Bundesanwaltschaft zurückzuweisen. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten das zutreffende Rechtsmittel. Der angefochtene Entscheid schliesst für die Beschwerdeführerinnen das Verfahren ab und stellt insofern einen Endentscheid dar (Art. 90 BGG).  
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). 
Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2; BGE 145 IV 99 E. 1 S. 104 ff. mit Hinweisen). 
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (zum Ganzen: BGE 145 IV 99 E. 1.2 S. 104 f. mit Hinweisen). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 S. 107 mit Hinweisen). 
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3 BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
1.2. Zwar geht es um die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Es handelt sich jedoch um keinen besonders bedeutenden Fall.  
Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 80h IRSG (SR 351.1). Sie bringen vor, dass sie aufgrund der konkreten technischen Einrichtung exklusiven Zugriff auf die auf den Servern gespeicherten Daten gehabt hätten und dieser Zugriff unabhängig vom unmittelbaren Besitz an den Servern gewesen sei. 
An die in Art. 80h IRSG und Art. 9a IRSV (SR 351.11) normierte Beschwerdebefugnis bei Angelegenheiten der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist ein restriktiver Massstab anzulegen (BGE 137 IV 134E. 6.4 S. 141 mit Hinweisen). Die Rechtsprechung hält sich an möglichst einfache und klare Regeln, damit die zuständige Behörde das Rechtshilfeersuchen beförderlich erledigen kann (s. Art. 17a IRSG; Urteil 1C_460/2019 vom 17. September 2019 E. 2.1). Entscheidend ist bei einer Beschlagnahme, wer in deren Zeitpunkt die tatsächliche Verfügungsgewalt besitzt (a.a.O.). Wie das Bundesstrafgericht zu Recht ausgeführt hat, ist insofern bei Daten auf den unmittelbaren Besitz am Datenträger abzustellen. Dies muss auch dann gelten, wenn Dritte einen Fernzugriff auf die Daten haben. Stattdessen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerinnen zu folgen, würde zum einen bedeuten, das Beschwerderecht im Einzelfall auf einen potenziell grossen Personenkreis auszudehnen. Die Beschwerdeführerinnen verkennen zum andern, dass ihr Datenzugriff gerade nicht unabhängig vom unmittelbaren Besitz an den Servern war, was ihnen spätestens im Zeitpunkt, als die Verbindung getrennt wurde, bewusst geworden sein musste. 
Das Bundesstrafgericht hat die bundesgerichtliche Praxis zur Beschwerdelegitimation korrekt dargelegt. Sein Entscheid, auf den im Übrigen verwiesen werden kann, überzeugt in jeder Hinsicht. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht. Auch sonst kommt dem Fall keine aussergewöhnliche Tragweite zu. 
 
 
2.   
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführerinnen die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Bundesanwaltschaft, dem Bundesstrafgericht und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. August 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold