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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_661/2022  
 
 
Urteil vom 26. Juni 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterinnen Heine, Viscione, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Prozessvoraussetung; Neuanmeldung, berufliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. Oktober 2022 (IV 2022/23). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1972) meldete sich im März 2016 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung (berufliche Integration/Rente) an. Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die Medizinische Abklärungsstelle Bern ZVMB GmbH am 3. Februar 2020 ein polydisziplinäres Gutachten. Mit Vorbescheid vom 26. März 2020 teilte die IV-Stelle A.________ mit, dass sie eine Abweisung des Begehrens auf Leistungen der Invalidenversicherung vorsehe. Mit Verfügung vom 10. September 2020 entschied die IV-Stelle im Sinne des Vorbescheids. Diese Verfügung wurde unangefochten rechtskräftig.  
 
A.b. Am 14. September 2021 gelangte A.________ erneut an die IV-Stelle des Kantons St. Gallen und ersuchte um Versicherungsleistungen. Mit Vorbescheid vom 21. Oktober 2021 kündigte ihr die IV-Stelle an, mangels Glaubhaftmachens einer relevanten Sachverhaltsveränderung nicht auf das Leistungsbegehren einzutreten. Mit Verfügung vom 12. Januar 2022 trat sie auf das Leistungsbegehren um berufliche Massnahmen und Rentenleistungen nicht ein.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 12. Oktober 2022 insofern teilweise gut, als es die Verfügung der IV-Stelle vom 12. Januar 2022 mit Bezug auf den Nichteintretensentscheid betreffend berufliche Massnahmen aufhob und die Sache zur materiellen Prüfung des Gesuchs an die IV-Stelle zurückwies (Dispositiv-Ziff. 2). Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Dispositiv-Ziff. 1 und 3). 
 
C.  
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei unter Bestätigung der Verfügung vom 12. Januar 2022 vollumfänglich aufzuheben. Eventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen beantragt sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. A.________ lässt auf Nichteintreten auf die Beschwerde bzw. auf deren Abweisung schliessen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung des Anspruchs auf eine Invalidenrente gemäss Replik im vorinstanzlichen Verfahren an das Versicherungsgericht zurückzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen beantragt die Gutheissung der Beschwerde der IV-Stelle und die Aufhebung des Urteils des Versicherungsgerichts. 
Mit Eingabe vom 3. Mai 2022 bekräftigt A.________ ihren Standpunkt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 V 380 E. 1 Ingress mit Hinweis). 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin beantragt die vollumfängliche Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids unter Bestätigung der Verfügung vom 12. Januar 2022. Die Beschwerdebegründung bezieht sich indessen nur auf die vorinstanzliche Nichtbestätigung des Nichteintretensentscheids betreffend berufliche Massnahmen und somit auf Ziffer 2 des vorinstanzlichen Dispositivs. Da es zudem der Beschwerdeführerin mit Bezug auf den Rentenpunkt ohnehin an einem Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids fehlt, zumal die Vorinstanz die Verfügung vom 12. Januar 2022 in diesem Punkt bestätigt hat (vgl. Dispositiv-Ziffer 3), ist insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
2.2. Die Beschwerdegegnerin beantragt im Eventualpunkt, die Sache sei zur Neubeurteilung des Anspruchs auf eine Invalidenrente gemäss Replik im vorinstanzlichen Verfahren an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Im Verfahren vor Bundesgericht gibt es keine Anschlussbeschwerde (BGE 138 V 106 E. 2.1, 346 E. 2). Wer mit dem angefochtenen Urteil nicht einverstanden ist, muss dieses selbst innert der Beschwerdefrist (Art. 100 BGG) anfechten. Sodann kann das Bundesgericht nicht über die fristgerecht gestellten Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG), wobei Ausgangspunkt der Bindungswirkung das Rechtsbegehren der Beschwerde führenden Partei, nicht jenes des Beschwerdegegners ist (MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar zum BGG, 3. Aufl. 2018, N. 2 zu Art. 107 BGG). Die Beschwerdegegnerin kann daher im Rahmen der Vernehmlassung zur vorliegenden Beschwerde nicht wieder diejenigen Anträge stellen, mit denen sie im vorinstanzlichen Verfahren unterlegen ist (zum Ganzen: BGE 138 V 106 E. 2.1; Urteile 8C_2/2022 vom 4. Juli 2022 E. 2.1; 8C_402/2019 vom 14. Januar 2020 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 146 V 1). Vielmehr hat sie sich in der Vernehmlassung auf ihre Verteidigung zu beschränken und kann nur Nichteintreten oder vollumfängliche bzw. teilweise Abweisung des Rechtsbegehrens beantragen (Urteile 8C_2/2022 vom 4. Juli 2022 E. 2.1; 8C_710/2019 vom 11. März 2020 E. 2.1 mit Hinweis).  
 
3.  
 
3.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich bezüglich der beruflichen Massnahmen um einen Rückweisungsentscheid. Die IV-Stelle wird darin angewiesen, auf die Neuanmeldung der Beschwerdegegnerin einzutreten und deren Begehren um berufliche Massnahmen materiell zu prüfen.  
 
3.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG) sowie gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren (Art. 92 Abs. 1 BGG). Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, sofern - alternativ - der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 140 V 282 E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 138 V 271). Darunter fallen auch Entscheide, mit denen die Verwaltung verpflichtet wird, auf ein Leistungsgesuch einzutreten und dieses materiell zu beurteilen (vgl. Urteile 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 2; 8C_91/2019 vom 16. April 2019 E. 2.3).  
 
3.3. Der Eintretensgrund von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ohne Weiteres ausser Betracht und wird auch nicht geltend gemacht. Mit Blick auf das in Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG festgehaltene Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils gilt es folgende Konstellationen zu unterscheiden: Dient die Rückweisung einzig noch der Umsetzung des vom kantonalen Gericht Angeordneten und verbleibt dem Versicherungsträger somit kein Entscheidungsspielraum mehr, handelt es sich materiell nicht - wie bei Rückweisungsentscheiden sonst grundsätzlich der Fall - um einen Zwischenentscheid, gegen den ein Rechtsmittel letztinstanzlich bloss unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig ist, sondern um einen sowohl von der betroffenen versicherten Person wie auch von der Verwaltung anfechtbaren Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Enthält der Rückweisungsentscheid demgegenüber Anordnungen, die den Beurteilungsspielraum der Verwaltung zwar nicht gänzlich, aber doch wesentlich einschränken, stellt er einen Zwischenentscheid dar. Dieser bewirkt in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die rechtsuchende Person ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Anders verhält es sich für den Versicherungsträger, da er durch den Entscheid gezwungen wird, eine seines Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Während er sich ausserstande sähe, seinen eigenen Rechtsakt anzufechten, wird die versicherte Person im Regelfall kein Interesse haben, einem zu ihren Gunsten lautenden Endentscheid zu opponieren. Der kantonale Rückweisungsentscheid könnte mithin nicht mehr korrigiert werden. Der irreversible Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG wird in diesen Fällen deshalb regelmässig bejaht. Das gilt aber nur, soweit der Rückweisungsentscheid materiellrechtliche Vorgaben enthält, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss. Erschöpft sich der Rückweisungsentscheid darin, dass eine Frage ungenügend abgeklärt und deshalb näher zu prüfen ist, ohne dass damit materiellrechtliche Anordnungen verbunden sind, so entsteht der Behörde, an die zurückgewiesen wird, kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Die Rückweisung führt lediglich zu einer das Kriterium nicht erfüllenden Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens (BGE 140 V 282 E. 4.2 mit Hinweisen; Urteile 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 3.2.1; 8C_91/2019 vom 16. April 2019 E. 2.2).  
 
3.4. Vom Grundsatz der Nichtanhandnahme direkter Beschwerden gegen erwiesenermassen ungerechtfertigte Rückweisungsentscheide mangels Vorliegens der Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG kann eine Ausnahme gemacht werden, wenn sich zeigt, dass ein Gericht regelmässig in entsprechender Weise vorgeht (BGE 139 V 99 E. 2.5 mit Hinweis; SVR 2020 IV Nr. 30 S. 107, 8C_503/2019 E. 1.2 mit Hinweisen; Urteil 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 3.2.2). Dahinter steht die Überlegung, dass eine strikte Einzelfallbehandlung der Eintretensvoraussetzungen es verunmöglichen würde, eine Fehlpraxis zu korrigieren. Es verhält sich insofern ähnlich, wie wenn unter bestimmten Bedingungen auf das Eintretenserfordernis des aktuellen praktischen Interesses (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG) verzichtet wird, damit eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse überhaupt je einmal beurteilt werden kann (BGE 139 V 99 E. 2.5; Urteile 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 3.2.2; 9C_287/2020 vom 22. September 2020 E. 1.1.2; 8C_503/2019 vom 19. Dezember 2019 E. 1.2; je mit Hinweisen).  
 
3.5. Gemäss Rechtsprechung besteht in Fällen wie dem Vorliegenden kein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (SVR 2009 IV Nr. 14 S. 35, 9C_898/2007 E. 2.1; Urteile 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 3.2.1; 9C_287/2020 vom 22. September 2020 E. 1.2.1; 8C_91/2019 vom 16. April 2019 E. 2.3). Denn die beschwerdeführende IV-Stelle wird lediglich angewiesen, auf die Neuanmeldung einzutreten und das Leistungsbegehren materiell zu behandeln. Verbindliche Anordnungen für die Durchführung dieser materiellrechtlichen Behandlung sind jedoch mit der Rückweisung nicht verknüpft (vgl. BGE 140 V 282). Der Rückweisungsentscheid führt damit bloss zu einer Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens, was indes das Kriterium des nicht wiedergutzumachenden Nachteils praxisgemäss nicht erfüllt (BGE 140 V 282 E. 4.2 in fine mit Hinweisen). Ebenso wenig ist damit das Merkmal des bedeutenden Verfahrensaufwands gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG gegeben (Urteil 9C_287/2020 vom 22. September 2020 E. 1.2.1 mit Hinweisen).  
 
3.6.  
 
3.6.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den in E. 3.4 hiervor dargelegten Ausnahmefall. Das Bundesgericht habe auf die Beschwerde einzutreten, weil das kantonale Gericht mit Bezug auf die Eintretensfrage bei einer Neuanmeldung für berufliche Massnahmen regelmässig und systematisch eine bundesrechtswidrige Praxis anwende. Gemäss ständiger Rechtsprechung sei eine Neuanmeldung nach vorangegangener Ablehnung eines Leistungsgesuchs (um Rente, Hilflosenentschädigung oder Eingliederungsmassnahmen) nur zu prüfen, wenn eine leistungsrelevante Änderung der tatsächlichen Verhältnisse glaubhaft gemacht worden ist. Es bestehe kein Anlass, von dieser Praxis abzuweichen. Das kantonale Gericht vertrete hingegen die Auffassung, dass auf Neuanmeldungen betreffend berufliche Massnahmen Art. 87 Abs. 3 IVV offensichtlich nicht angewendet werden könne. Gemäss Vorinstanz sei auf ein Gesuch um Gewährung beruflicher Massnahmen jederzeit einzutreten, unabhängig davon, ob eine relevante Veränderung seit der letzten rechtskräftigen Leistungsablehnung glaubhaft gemacht worden sei.  
 
3.6.2. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht, ist gemäss jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung eine Neuanmeldung nach vorangegangener Ablehnung eines Leistungsgesuchs (um Rente, Hilflosenentschädigung oder Eingliederungsmassnahmen) nur zu prüfen, wenn eine leistungsrelevante Änderung der tatsächlichen Verhältnisse glaubhaft gemacht worden ist. Diese Gerichtspraxis soll verhindern, dass sich die IV-Stellen immer wieder mit gleichlautenden und nicht näher begründeten, d.h. keine Veränderung des Sachverhalts darlegenden Leistungsgesuchen befassen muss (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV). Dieselben Grundsätze gelten praxisgemäss in analoger Weise auch für Eingliederungsleistungen (BGE 130 V 64 E. 2; 125 V 410 E. 2b; 117 V 198 E. 4b; 109 V 119 E. 3a und 3b, 262 E. 3; Urteile 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 4.2; 9C_287/2020 vom 22. September 2020 E. 1.3.1; 9C_291/2017 vom 20. September 2018 E. 7.2; I 55/07 vom 26. November 2007 E. 2; I 166/01 vom 23. Dezember 2002 E. 1; I 472/00 vom 29. Januar 2001 E. 1a).  
 
3.6.3. Die Beschwerdeführerin benennt mehrere kantonale Gerichtsentscheide, in denen die Vorinstanz die Streitsache in gleicher Weise wie im hier angefochtenen Entscheid abweichend von der dargelegten Bundesgerichtspraxis beurteilte. Das kantonale Gericht wies die Sache jeweils an die Verwaltung zur materiellen Prüfung des Anspruchs auf berufliche Eingliederungsmassnahmen zurück, ohne dass es seinerseits geprüft hatte, ob überhaupt eine zwischenzeitlich eingetretene wesentliche Sachverhaltsänderung glaubhaft gemacht worden war oder nicht. Das Bundesgericht hatte sich denn auch wiederholt mit solchen Beschwerden der IV-Stelle zu befassen (vgl. etwa Urteile 9C_9/2022 vom 8. März 2022; 9C_287/2020 vom 22. September 2020). Im Urteil 9C_287/2020 wurde auf die Beschwerde der IV-Stelle mit der Begründung nicht eingetreten, es könne nicht bereits anhand von drei Fällen geschlossen werden, das kantonale Gericht übergehe die bundesgerichtliche Rechtsprechung systematisch. Das Bundesgericht sah daher in jenem Fall keinen Grund, vom Prinzip der Nichtanhandnahme direkter Beschwerden gegen ungerechtfertigte Rückweisungsentscheide abzuweichen (Urteil 9C_287/2020 vom 22. September 2020 E. 1.3.2 mit Hinweis auf SVR 2015 IV Nr. 29, 8C_929/2014 E. 4.4 in fine; vgl. auch Urteil 9C_100/2020 vom 12. Februar 2020). Im Urteil 9C_9/2022 nahm das Bundesgericht auf das erwähnte Urteil Bezug und hielt fest, anders als in jenem Fall, berufe sich die IV-Stelle nunmehr auf insgesamt sechs derartige Entscheide der Vorinstanz. Es konnte aber die Frage offen lassen, ob gestützt darauf von einer Ausnahmesituation bezüglich Eintretensvoraussetzungen auszugehen sei, weil es bereits aus einem anderen Grund auf die Beschwerde der IV-Stelle nicht eintrat (Urteil 9C_9/2022 vom 8. März 2022 E. 4.2).  
 
3.6.4. Inzwischen liegt eine nicht mehr unerhebliche Anzahl Fälle vor, in denen die Vorinstanz von der in E. 3.6.2 angeführten Rechtsprechung abgewichen ist. Hinzu kommt, dass das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid im Wesentlichen erwog, auf Neuanmeldungen betreffend berufliche Massnahmen könne Art. 87 Abs. 3 IVV nicht angewendet werden, denn die Prüfung einer entsprechenden Neuanmeldung erfordere in aller Regel keinen Sachverhaltsabklärungsaufwand, der mit jenem betreffend Rente, Hilflosenentschädigung oder Assistenzbeitrag verglichen werden könne. Die Beschwerdeführerin hätte folglich auf das Begehren um berufliche Eingliederungsmassnahmen eintreten müssen, auch wenn keine Veränderung des massgebenden Sachverhalts seit der letzten Leistungsverweigerung glaubhaft gemacht worden sei. Das Versicherungsgericht macht mit dieser Begründung deutlich, dass es nach wie vor nicht gewillt ist, sich an die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu halten. Da es somit seine abweichende Praxis unbeirrt fortsetzt, rechtfertigt es sich nun, vom Grundsatz der Nichtanhandnahme direkter Beschwerden gegen ungerechtfertigte Rückweisungsentscheide eine Ausnahme im Sinne von E. 3.4 zu machen und auf die vorliegende Beschwerde einzutreten. Soweit die Vorinstanz festhält, für ein ausnahmsweises Eintreten auf die Beschwerde im Falle eines Zwischenentscheids bestehe gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG kein Raum, ist dem entgegenzuhalten, dass eine strikte Einzelfallbehandlung der Eintretensvoraussetzungen es verunmöglichen würde, eine Fehlpraxis zu korrigieren.  
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht begründet seine Praxis wie folgt:  
Art. 29 ATSG sehe ein jederzeitiges Anmelderecht in Bezug auf Sozialversicherungsleistungen und damit notwendigerweise auch einen Anspruch auf das Eintreten auf jede Anmeldung resp. auf eine materielle Behandlung jeder Anmeldung vor. Da die Bestimmung nicht zwischen einer erstmaligen Anmeldung und einer sogenannten Neu- oder Wiederanmeldung, also einer erneuten Anmeldung nach einer formell rechtskräftigen Abweisung eines früheren Gesuchs, unterscheide und sich eine solche Differenzierung auch nicht mit dem Sinn und Zweck des Anmelderechts vereinbaren liesse, müsse der uneingeschränkte Anspruch auf das Eintreten auf ein Leistungsbegehren auch für Neuanmeldungen gelten. Dieser Anspruch werde durch Art. 87 Abs. 3 IVV nur für ganz bestimmte Leistungsarten eingeschränkt, nämlich für die Rente, für die Hilflosenentschädigung und für den Assistenzbeitrag. Die ratio legis dieser Norm bestehe darin, die IV-Stellen vor jenem Aufwand zu schützen, mit dem diese konfrontiert wären, wenn Versicherte repetitiv Anmeldungen zum Leistungsbezug einreichen könnten, die von den IV-Stellen jedes Mal wieder umfassend materiell geprüft werden müssten. Art. 87 Abs. 3 IVV habe eine Durchbrechung des jederzeitigen Anspruchs auf eine materielle Prüfung einer Anmeldung zur Folge. Die Bestimmung könne gerade noch als gesetzmässig und als vom Vollzugsverordnungsauftrag (Art. 86 Abs. 2 Satz 1 IVG) erfasst qualifiziert werden. Denn die Sachverhaltsabklärung bezüglich der genannten Leistungen - Rente, Hilflosenentschädigung und Assistenzbeitrag - erweise sich in aller Regel als äusserst aufwändig, weshalb diesbezüglich ein gewisser "Schutzbedarf" der Verwaltung vor repetitiven Neuanmeldungen anerkannt werden könne. 
Demgegenüber entstehe bei anderen Leistungsarten, wie zum Beispiel bei der Hilfsmittelversorgung oder der Umschulung, nur selten ein vergleichbar hoher Abklärungsaufwand. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Art. 87 Abs. 3 IVV auf von dessen Wortlaut nicht erfasste Leistungen der Invalidenversicherung und damit einhergehend die Beschränkung des Eintretensgrundsatzes sei daher unverhältnismässig und nicht zu rechtfertigen. Selbst wenn der Wortlaut von Art. 87 Abs. 3 IVV alle Leistungsarten umfassen würde, wäre die Verordnungsbestimmung gesetzeswidrig, da keine Anhaltspunkte bestünden, dass der Gesetzgeber Art. 29 ATSG hätte einschränken wollen. Ebenso wenig sei davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber es versehentlich versäumt hätte, in Art. 87 Abs. 3 IVV weitere Leistungsarten zu erwähnen. Mithin fehle für die Annahme einer entsprechenden ausfüllungsbedürftigen Verordnungslücke jeder Hinweis. Im Rahmen der IV-Revision 6a habe der Verordnungsgeber bewusst nur den Assistenzbeitrag als dritte Leistungsart in Art. 87 Abs. 3 IVV ergänzt. Die Aufzählung müsse deshalb als vollständig und abschliessend qualifiziert werden. Auf Neuanmeldungen betreffend berufliche Massnahmen könne Art. 87 Abs. 3 IVV also offensichtlich nicht angewendet werden. Mithin sei auf jede Neuanmeldung einzutreten, was eine materielle Prüfung nach sich ziehe. 
 
4.2. Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV lauten in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung wie folgt:  
 
2 Wird ein Gesuch um Revision eingereicht, so ist darin glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der Invalidität oder Hilflosigkeit oder die Höhe des invaliditätsbedingten Betreuungsaufwandes oder Hilfebedarfs des Versicherten in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. 
3 Wurde eine Rente, eine Hilflosenentschädigung oder ein Assistenzbeitrag wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades, wegen fehlender Hilflosigkeit oder weil aufgrund des zu geringen Hilfebedarfs kein Anspruch auf einen Assistenzbeitrag entsteht, verweigert, so wird eine neue Anmeldung nur geprüft, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind. 
Vor Einführung des Assistenzbeitrages mit der IV-Revision 6a, das heisst bis zum 31. Dezember 2011, waren das Revisionsgesuch und die Neuanmeldung in Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV wie folgt geregelt: 
 
3 Im Revisionsgesuch ist glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der Invalidität oder der Hilflosigkeit des Versicherten in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. 
4 Wurde eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades oder wegen fehlender Hilflosigkeit verweigert, so wird eine neue Anmeldung nur geprüft, wenn die Voraussetzungen gemäss Absatz 3 erfüllt sind. 
Weder in der früher noch in der aktuell geltenden Fassung der IVV werden demnach die Eingliederungsmassnahmen in Art. 87 IVV erwähnt. 
 
4.3.  
 
4.3.1. Mit BGE 105 V 173 dehnte das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) die Revisionsvorschriften (Art. 41 aIVG, Art. 86, Art. 88a und Art. 88bis aIVV), die sich lediglich auf Renten und Hilflosenentschädigungen bezogen, auf die Eingliederungsleistungen aus (E. a mit Verweis auf ein nicht veröffentlichtes Urteil vom 25. Oktober 1966 i.S. Knecht). Eine nähere Begründung lässt sich dem Entscheid nicht entnehmen.  
 
4.3.2. In BGE 109 V 119 hielt das EVG unter Bezugnahme auf BGE 105 V 173 fest, Art. 87 Abs. 4 aIVV betreffe - trotz seiner Stellung im Abschnitt E ("Die Revision der Rente und der Hilflosenentschädigung") - zwar nicht die eigentliche materiellrechtliche Revision laufender Leistungen, sondern einen anderen Sachverhalt, nämlich die Neuprüfung nach vorangegangener Leistungsverweigerung. Es rechtfertige sich aber, die Rechtsprechung gemäss BGE 105 V 173 auch auf Art. 87 Abs. 4 aIVV auszudehnen und diese Bestimmung ebenfalls in analoger Weise auf Eingliederungsleistungen anzuwenden. Aufgrund der dortigen Verweisung auf Art. 87 Abs. 3 aIVV sei daher, wenn eine Eingliederungsleistung verweigert worden sei, eine neue Anmeldung nur zu prüfen, wenn die versicherte Person glaubhaft mache, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hätten (BGE 109 V 119 E. 3a). Mit Art. 87 Abs. 4 aIVV solle verhindert werden, dass sich die Verwaltung nach vorangegangener rechtskräftiger Leistungsverweigerung immer wieder mit gleichlautenden und nicht näher begründeten Gesuchen befassen müsse. Nach Eingang einer Neuanmeldung sei die Verwaltung zunächst zur Prüfung verpflichtet, ob die Vorbringen des Versicherten überhaupt glaubhaft seien; verneine sie dies, so erledige sie das Gesuch ohne weitere Abklärungen durch Nichteintreten. Dabei habe sie unter anderem zu berücksichtigen, ob die frühere Verfügung nur kurze oder schon längere Zeit zurückliege, und werde dementsprechend an die Glaubhaftmachung höhere oder weniger hohe Anforderungen stellen (BGE 109 V 119 E. 3b).  
 
4.3.3. Seither bestätigten das EVG und das Bundesgericht wiederholt, dass für Eingliederungsmassnahmen analoge Revisionsvoraussetzungen wie für Renten gelten (vgl. BGE 135 I 161; 113 V 22; Urteil 9C_411/2019 vom 12. Juli 2019 E. 5.1).  
 
4.4. Die vorinstanzliche Ansicht, bei einer Neuanmeldung betreffend berufliche Massnahmen müsse keine Sachverhaltsänderung glaubhaft gemacht werden, widerspricht nach dem Gesagten langjähriger bundesgerichtlicher Rechtsprechung, welcher die Lehre - soweit ersichtlich - mit wenig Kritik begegnet ist.  
 
4.5. Eine Änderung der Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 147 V 342 E. 5.5.1; 146 I 105 E. 5.2.2; 145 V 50 E. 4.3.1; 141 II 297 E. 5.5.1; 140 V 538 E. 4.5; je mit Hinweisen).  
 
4.6. Die Vorinstanz scheint von einer besseren Erkenntnis des Gesetzeszwecks auszugehen. Der von ihr zur Begründung ihres Standpunktes herangezogene Art. 29 ATSG hält in Absatz 1 das Anmeldeprinzip fest. Es entspricht dabei einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts, dass der Leistungsanspruch eine Anmeldung voraussetzt und eine Leistungsausrichtung nicht von Amtes wegen erfolgt. Dabei handelt es sich um eine besondere Auswirkung der (notwendigen) Mitwirkung der versicherten Person (Urteil 8C_878/2018 vom 21. August 2019 E. 4.5.1 mit Hinweisen). Solange keine Anmeldung erfolgt ist, werden auch keine Sozialversicherungsleistungen ausgerichtet (KURT PÄRLI/LAURA KUNZ, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 9 zu Art. 29 ATSG). Auch wenn der Wortlaut von Art. 29 ATSG nicht zwischen erstmaliger und erneuter Anmeldung zum Leistungsbezug unterscheidet, besteht doch ein bedeutender Unterschied zwischen den beiden Anmeldungsarten: So liegt im Fall einer Neuanmeldung eine in Rechtskraft erwachsene Verfügung vor, mit welcher eine Leistung verweigert wurde. Die Ablehnung des Leistungsanspruchs durch eine negative Verfügung schliesst die erneute Einreichung des Begehrens nicht aus. Jedoch steht die Rechtsbeständigkeit der rechtskräftigen Verwaltungsverfügung einer neuen Prüfung so lange entgegen, als der seinerzeit beurteilte Sachverhalt - ohne Rücksicht auf allenfalls anhaftende Rechtsmängel - sich in der Zwischenzeit nicht verändert hat (vgl. Urteil I 489/05 vom 4. April 2007 E. 4.3, nicht publ. in: BGE 133 V 263, aber in: SVR 2007 IV Nr. 40 S. 135). Dementsprechend sieht Art. 87 Abs. 3 IVV die Hürde des Glaubhaftmachens vor im Falle einer Neuanmeldung nach rechtskräftiger Leistungsverweigerung. Damit soll verhindert werden, dass sich die Verwaltung nach vorangegangener rechtskräftiger Rentenverweigerung immer wieder mit gleichlautenden und nicht näher begründeten, d.h. keine Veränderung des Sachverhalts darlegenden Gesuchen befassen muss (BGE 130 V 64 E. 5.2.3; 117 V 198 E. 4b mit Hinweisen). Für die Eintretenshürde besteht somit ein sachlicher Grund, nämlich die Vermeidung eines unnötigen Verfahrensaufwandes bei repetitiven Neuanmeldungen, wie auch die Vorinstanz für die in Art. 87 Abs. 3 IVV ausdrücklich genannten Leistungsarten anerkennt.  
Die versicherten Personen haben somit jederzeit die Möglichkeit, nach rechtskräftiger Verweigerung einer Leistung ein neues Leistungsgesuch zu stellen. Die IV-Stelle hat in der Folge zu prüfen, ob eine erhebliche Tatsachenänderung glaubhaft gemacht ist. Das Recht auf jederzeitige Neuanmeldung eines Leistungsbegehrens bleibt damit auch unter Anwendung von Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV gewahrt. 
 
4.7. Das Erfordernis des Glaubhaftmachens einer rechtserheblichen Tatsachenveränderung hat auch im Falle einer Neuanmeldung für Eingliederungsmassnahmen seine Berechtigung. Auch hier wurde vorgängig ein Leistungsanspruch rechtskräftig verneint, womit eine Anpassung der ergangenen Verfügung ebenfalls unter dem Vorbehalt einer späteren Sachverhaltsveränderung steht. Es mag zwar sein, dass bei Eingliederungsmassnahmen der Abklärungsaufwand in der Regel geringer ausfällt als bei den in Art. 87 Abs. 3 IVV ausdrücklich aufgeführten Leistungsarten (Rente, Hilflosenentschädigung, Assistenzbeitrag). Das BSV weist in seiner Vernehmlassung aber zu Recht auf den engen Konnex zwischen Eingliederungs- und Rentenverfahren hin (gemeinsames Anmeldeformular; ineinander verworbener Bearbeitungsprozess; gegenseitige Beeinflussung und Abhängigkeit der jeweiligen Abklärungsergebnisse). Diese sachlogische Nähe der Rente zur Eingliederung und der im Sozialversicherungsrecht geltende Untersuchungsgrundsatz haben zur Folge, dass der jeweils andere (rechtskräftige) Entscheid in der Regel ebenfalls zu überprüfen ist. Es rechtfertigt sich daher, an der langjährigen Rechtsprechung festzuhalten, wonach Art. 87 Abs. 3 IVV analog auch auf Eingliederungsmassnahmen anzuwenden ist (zum Analogieschluss vgl. BGE 130 V 71 E. 3.2.1 mit Hinweisen). Hinzu kommt, dass mit dem Beweismass des Glaubhaftmachens herabgesetzte Anforderungen an den Beweis verbunden sind; die Tatsachenänderung muss also nicht nach dem im Sozialversicherungsrecht sonst üblichen Grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b; Urteil 8C_465/2022 vom 18. April 2023 E. 3.2) erstellt sein. Es genügt, dass für das Vorhandensein des geltend gemachten rechtserheblichen Sachumstandes wenigstens gewisse Anhaltspunkte bestehen, auch wenn durchaus noch mit der Möglichkeit zu rechnen ist, bei eingehender Abklärung werde sich die behauptete Änderung nicht erstellen lassen. Erheblich ist eine Sachverhaltsänderung, wenn angenommen werden kann, der Anspruch auf eine Invalidenrente (oder deren Erhöhung) resp. auf Eingliederungsmassnahmen sei begründet, falls sich die geltend gemachten Umstände als richtig erweisen sollten (SVR 2016 IV Nr. 57 S. 188, 9C_367/2016 E. 2.2 mit Hinweisen).  
 
4.8. Soweit die Beschwerdegegnerin geltend macht, bei der Invalidenversicherung handle es sich um eine Eingliederungsversicherung mit dem Grundsatz "Eingliederung vor Rente", weshalb der Verordnungsgeber die Eingliederungsmassnahmen in Art. 87 Abs. 3 IVV bewusst nicht erwähnt habe, ist Folgendes festzuhalten: Die langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung hat kaum für Kritik gesorgt, weshalb mit dem BSV davon auszugehen ist, dass der Verordnungsgeber im Rahmen der letzten IV-Revisionen ("Eingliederung vor Rente", "Eingliederung statt Rente", WEIF [Weiterentwicklung der Invalidenversicherung]) keinen Regelungsbedarf erkannt und auf eine Ergänzung des Katalogs der Leistungsarten in Art. 87 Abs. 3 IVV allein deshalb verzichtet hat. Mit anderen Worten kann das Untätigbleiben des Verordnungsgebers im Rahmen der letzten IV-Revisionen mit Blick auf die langjährige, weitestgehend unbestrittene Rechtsprechung nicht als qualifiziertes Schweigen betrachtet werden.  
 
4.9. Zusammenfassend liegen entgegen der vorinstanzlichen Auffassung keine triftigen Gründe für eine Abkehr von der langjährigen und konstanten Rechtsprechung vor.  
 
5.  
 
5.1. Soweit die Beschwerdegegnerin vorbringt, das erste Gesuch um Durchführung von Eingliederungsmassnahmen sei damals mangels Eingliederungsfähigkeit verneint worden, kann ihr nicht gefolgt werden. Mit Verfügung vom 10. September 2020 wurde das Leistungsgesuch insgesamt (berufliche Integration/Rente) abgewiesen, da gemäss eingeholtem polydisziplinärem Gutachten kein "andauerndes Krankheitsbild mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit erhoben werden" konnte. Mit anderen Worten wurde ein invalidenversicherungsrechtlich relevanter Gesundheitsschaden verneint. Diese Verfügung blieb unangefochten. Im Neuanmeldungsverfahren (berufliche Integration/Rente) wäre demnach glaubhaft zu machen gewesen, dass sich zwischenzeitlich die tatsächlichen Verhältnisse in einer für den Anspruch erheblichen Weise verändert haben. Inwiefern darin eine rechtswidrige Benachteiligung von psychisch Kranken gegenüber anderen Kranken zu sehen sein soll, ist nicht ersichtlich.  
 
5.2. Das kantonale Gericht gelangte in Bezug auf die Neuanmeldung betreffend die Rente zum Schluss, die Beschwerdegegnerin habe eine relevante Sachverhaltsveränderung nicht glaubhaft gemacht, so dass die IV-Stelle zu Recht auf das neue Rentenbegehren nicht eingetreten sei. Die Beschwerdegegnerin hat den vorinstanzlichen Entscheid nicht angefochten, weshalb kein Anlass besteht, von dieser Beurteilung abzuweichen. Regelmässig dürfte die Einschätzung der Frage des Glaubhaftmachens einer erheblichen Sachverhaltsveränderung für das Rentenbegehren und die Eingliederungsmassnahmen gleich ausfallen. Ausnahmen sind aber denkbar, etwa, wenn das Gesuch um Eingliederungsmassnahmen wegen fehlender subjektiver Eingliederungsfähigkeit und das Rentengesuch mangels rentenbegründenden Invaliditätsgrades abgewiesen worden ist. Es ist Sache der Vorinstanz, darüber zu befinden, wie es sich im vorliegenden Fall verhält. In diesem Sinne ist die Angelegenheit an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es prüfe, ob in Bezug auf die Eingliederungsmassnahmen eine erhebliche Sachverhaltsveränderung glaubhaft gemacht ist.  
 
6.  
Zusammenfassend verletzte die Vorinstanz Bundesrecht, indem sie erkannte, auf eine Neuanmeldung für Eingliederungsmassnahmen nach vorgängiger rechtskräftiger Abweisung des Leistungsgesuchs sei voraussetzungslos einzutreten. Die Beschwerde der IV-Stelle ist demnach begründet. 
 
7.  
Hinsichtlich der Prozesskosten gilt die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid mit offenem Ausgang praxisgemäss als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1). Die Beschwerdegegnerin hat daher die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. Oktober 2022 hinsichtlich der Eingliederungsmassnahmen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Juni 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest