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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 730/03 
 
Urteil vom 20. Januar 2004 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Meyer; Gerichtsschreiberin Amstutz 
 
Parteien 
M.________, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Ilg, Rämistrasse 5, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn 
 
(Entscheid vom 10. Oktober 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 18. März 2002 sprach die IV-Stelle des Kantons Solothurn dem 1949 geborenen, von 1990 bis 1998 als Maschinist in der Fabrik B.________ AG tätig gewesenen und aufgrund diverser gesundheitlicher Leiden seit dem 14. Mai 1999 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldeten M.________ nach medizinischen und beruflichen Abklärungen sowie Durchführung des Vorbescheidverfahrens rückwirkend ab 1. Mai 1999 eine halbe Invalidenrente zu (Invaliditätsgrad 66 %). 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde mit dem sinngemässen Antrag auf Zusprechung einer unbefristeten ganzen Rente, eventualiter Rückweisung der Streitsache an die Verwaltung zwecks Durchführung zusätzlicher polydisziplinärer Abklärungen und subeventualiter Gewährung beruflicher Massnahmen, wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 10. Oktober 2003 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M.________ sein vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren erneuern. Des Weitern ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente. 
1.1 Im angefochtenen Entscheid werden die - bis zum Inkrafttreten des am 6. Oktober 2000 erlassenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) am 1. Januar 2003 gültig gewesenen und nach den Regeln des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts hier anwendbaren (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) - Bestimmungen und Grundsätze über Voraussetzungen und Umfang des Anspruchs auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) sowie die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Berichte und Gutachten für die Bestimmung des Invaliditätsgrades (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) sowie die Grundsätze der Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 f. Erw. 1c, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
2.1 Gestützt auf das polydisziplinäre Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ (MEDAS) vom 11. Juli 2000 gelangten Vorinstanz und Verwaltung zum Schluss, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines polymorbiden Gesundheitszustands, namentlich der fachärztlich diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom sowie eines chronischen zervikobrachialen und lumbospondylogenen Schmerzsyndroms körperlich schwere Arbeiten verwehrt sind, ihm dagegen leichte bis knapp mittelschwere Tätigkeiten mit leichter Wechselbelastung und ohne unüblichen Stress - einschliesslich solche im bisherigen Berufszweig als Maschinist - im Ausmass von 50 % der Norm weiterhin zumutbar bleiben. Der Versicherte bestreitet dies unter Verweis auf die fehlende Beweistauglichkeit des MEDAS-Gutachtens vom 11. Juli 2000. 
2.2 Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, die MEDAS-Gesamteinschätzung der Restarbeitsfähigkeit beruhe auf nicht aktuellen (somatischen) Befunderhebungen, kann dem nicht beigepflichtet werden. Die Schlussfolgerungen der Gutachter stützen sich sowohl auf die medizinischen Vorakten als auch auf die subjektiven Angaben des Versicherten und die im Rahmen eigener Untersuchungen anlässlich des MEDAS-Aufenthalts vom 30. bis 31. Mai 2000 erhobenen Befunde. Weder vor- noch letztinstanzlich vermag der Beschwerdeführer Beweismittel zu benennen, welche auf eine relevante Veränderung des Gesundheitszustands seit der MEDAS-Begutachtung im Jahre 2000 bis zum Verfügungserlass am 18. März 2002 hindeuten. Entsprechendes lässt sich nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz namentlich auch nicht dem Bericht des Dr. med. H.________, Facharzt für Herzkrankheiten FMH, vom 4. März 2003 entnehmen, dessen Diagnosen im Zeitpunkt der MEDAS-Begutachtung bereits allesamt bekannt waren. Unbegründet ist ferner der nicht näher substantiierte Einwand, die MEDAS-Beurteilung des verbleibenden Leistungsvermögens stehe in Widerspruch zu den Stellungnahmen des Hausarztes. Dieser veranschlagt die Arbeitsunfähigkeit im bisherigen Beruf in seinem letzten aktenkundigen Bericht vom 8. Juni 1999 zwar generell auf 100 %, räumt aber implizit ein, dass diese Schätzung durch weitere Abklärungen durchaus eine Korrektur erfahren könnte. 
2.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers trägt die MEDAS-Gesamteinschätzung der Restarbeitsfähigkeit auf 50 % den anerkannten psychischen Leiden hinreichend Rechnung. Das von den Gutachtern beigezogene Konsilium des Dr. med. Y.________, Facharzt FMH für Psychiatrie, vom 7. Juni 2000 attestiert eine krankheitswertige mittelschwere depressive Episode mit somatischem Syndrom, verneint indes Anhaltspunkte für kognitive der gar psychotische Störungen. Die aus psychiatrischer Sicht für sämtliche Tätigkeiten auf 50 % eingeschätzte Restarbeitsfähigkeit gründet mithin nicht auf einem eigenständigen, losgelöst von der komplexen, zumindest teilweise durch organische Befunde erklärbaren Schmerzsymptomatik bestehenden psychischen Leiden, sondern ist mit dieser verknüpft, was auch durch die eigenen Angaben des Beschwerdeführers untermauert wird. Vor diesem Hintergrund ist die Schlussfolgerung der MEDAS-Gutachter, wonach die psychisch bedingte Leistungseinbusse von 50 % sich mit der aus rheumatologischer Sicht - bezogen auf ein- und dasselbe Beschwerdebild - bescheinigten 50 %igen Restarbeitsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (z.H. der MEDAS erstelltes Konsilium des Dr. med. Z.________, Facharzt FMH für Innere Medizin und Rheumaerkrankungen, vom 7. Juni 2000) gleichsam deckt, mit andern Worten die körperlichen und psychischen Befunde ohne gegenseitigen Verstärkungseffekt gleichermassen limitierend wirken, nachvollziehbar und überzeugend. Anlass zu Weiterungen besteht nicht. 
3. 
3.1 Das trotz Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbare Einkommen (Invalideneinkommen) ermittelte die Vorinstanz zulässigerweise (BGE 126 V 76 Erw. 3b/bb) gestützt auf die Tabellenlöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE). Dabei ging sie vom durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn von Männern aus, welche im verabeitenden Gewerbe oder in der Industrie einfache und repetitive Tätigkeiten ausüben (LSE 2000: TA1/Kat. 15-37/Anforderungsniveau 4: Fr. 4'618.-). Angepasst an die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit und die Lohnentwicklung bis ins Jahr 2002 (Verfügungserlass) sowie unter Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzugs (vgl. BGE 126 V 78 ff. Erw. 5; AHI 2002 S. 67 ff. Erw. 4) ergab dies bei einer 50 %igen Restarbeitsfähigkeit einen Betrag von Fr. 25'854.-. 
3.2 Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, im Lichte der gesamten Umstände wäre anstelle des vorinstanzlich gewährten 15 %igen leidensbedingten Abzugs ein solcher in der maximalen Höhe von 25 % angebracht gewesen, kann dem im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 lit. a und 104 lit. a OG; BGE 123 V 152 Erw. 2) nicht beigepflichtet werden. Hinsichtlich der von der Rechtsprechung zugelassenen Abzüge mit Einfluss auf das Invalideneinkommen (siehe AHI 2002 S. 70 Erw. 4b/cc) fällt beim Beschwerdeführer nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz, worauf verwiesen wird, lediglich der Umstand lohnmindernd ins Gewicht, dass er keine Schwerarbeit mehr verrichten kann und nach ärztlicher Einschätzung selbst in körperlich leichten (bis knapp mittelschweren) Tätigkeiten nur noch teilzeitlich einsetzbar ist (vgl. auch LSE 1998, Tabelle 6*, S. 20), was mit dem vorinstanzlich gewährten Abzug von 15 % ausreichend abgegolten wird. Triftige Gründe, welche eine abweichende Ermessensausübung im Sinne des höchstmöglichen Abzugs zu rechtfertigen vermöchten, sind keine ersichtlich (vgl. BGE 126 V 81 Erw. 6 123 V 152 Erw. 2), zumal in dem in Betracht fallenden Arbeitssegment weder der Ausländerstatus (Niederlassungsbewilligung C; vgl. LSE 2000, TA12, S. 47 [Anforderungsniveau 4/ Männer]) noch das Alter (vgl. LSE 2000, TA9, S. 43 [Anforderungsniveau 4/Männer]) die Möglichkeit des Beschwerdeführers, das Lohnniveau gesunder Hilfskräfte zu erreichen, zusätzlich schmälern. 
3.3 Hingegen hält die vorinstanzliche Bemessung des Invalideneinkommens aus andern Gründen einer Überprüfung nicht stand. Dem Beschwerdeführer steht mit Blick auf einfache und repetitive, körperlich angepasste Tätigkeiten grundsätzlich der gesamte private Arbeitsmarkt offen. Es ist ihm aufgrund seiner Fähigkeiten und im Rahmen der ärztlichen Zumutbarkeitsbeurteilung nicht nur möglich, sondern er ist im Lichte der Schadenminderungspflicht auch gehalten, seine verbleibende Arbeitskraft in sämtlichen ihm zumutbaren Arbeitssegmenten zur Verfügung zu stellen und bei gegebener Möglichkeit auch tatsächlich zu verwerten. Bei der Festsetzung des Invalideneinkommens ist daher - der Praxis entsprechend (vgl. Urteile E. vom 15. Dezember 2003 [I 573/01] Erw. 3.2.4.2), G. vom 12. Februar 2003 [I 366/01] Erw. 4, L. vom 19. Oktober 2001 [I 289/01] Erw. 3c und K. vom 7. August 2001 [U 240/99], Erw. 3c/cc) - auf die Lohnverhältnisse im (gesamten) privaten Sektor abzustellen. Dass die Vorinstanz einzig den Durchschnittslohn in der Kategorie "verabeitenden Gewerbe/Industrie" ins Auge gefasst hat, kommt einer Verengung des für die Ermittlung des hypothetischen Invalideneinkommens massgebenden "ausgeglichenen Arbeitsmarktes" gleich, die sich im vorliegenden Fall weder aus medizinischen noch aus anderweitigen objektiven Gründen rechtfertigt. 
 
Nach dem Gesagten beträgt das Invalideneinkommen im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns im Jahre 1999 (vgl. BGE 129 V 223 f. Erw. 4.1 und 4.2 [= SVR 2003 IV Nr. 24 S. 73) Fr. 22'869.- (4'268.- [=LSE 1998: TA1/TOTAL/Männer/Anforderungsniveau 4] x 41.9/40 [=betriebsübliche Arbeitszeit im Privatsektor im Jahre 1998; Tabelle B 9.2, in: Die Volkswirtschaft, Heft 12/2002, S. 88] x 12 x 1.003 [=Lohnentwicklung bis 1999; vgl. Bundesamt für Statistik (Hrsg.), Lohnentwicklung 2002, T1.93, S. 30] x 0.5 x 0.85). Für das Verfügungsjahr 2002 (vgl. BGE 121 V 366 Erw. 1b, 129 V 223 f. Erw. 4.1 und 4.2) ergibt sich ein Wert von Fr. 24'674.- (4'437.- [=LSE 2000: TA1/ TOTAL/Männer/Anforderungsniveau 4] x 41.8/40 [=betriebsübliche Arbeitszeit im Privatsektor im Jahre 2000; Tabelle B 9.2, in: Die Volkswirtschaft, Heft 12/2002, S. 88] x 12 x 1.025 x 1.018 [Lohnentwicklung 2000 bis 2002; vgl. Bundesamt für Statistik (Hrsg.), Lohnentwicklung 2002, T1.93, S. 30] x 0.5 x 0.85). 
 
Das ohne Gesundheitsschaden hypothetisch erzielbare Einkommen (Valideneinkommen) hat die Vorinstanz gestützt auf die Angaben des ehemaligen Arbeitgebers auf Fr. 69'758.- im Jahre 1999 und auf Fr. 73'879.- im Verfügungsjahr 2002 festgesetzt, worauf angesichts der Vorbringen des Beschwerdeführers sowie der Aktenlage nicht zurückzukommen ist (BGE 110 V 53 Erw. 4b). Damit resultiert für den Zeitpunkt des Rentenbeginns (1999) ein Invaliditätsgrad von 67.2 %, und für das Verfügungsjahr 2002 ein solcher von 66,6 %, aufgerundet 67 % (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmtes Urteil R. vom 19. Dezember 2003 [U 27/02] Erw. 3.3). Demnach hat der Beschwerdeführer ab 1. Mai 1999 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente. 
4. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, einschliesslich um unentgeltliche Verbeiständung, ist damit gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 10. Oktober 2003 sowie die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Solothurn vom 18. März 2002 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit Wirkung ab 1. Mai 1999 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente hat. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die IV-Stelle des Kantons Solothurn hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Solothurn wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 20. Januar 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: