Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_31/2018  
 
 
Urteil vom 23. Mai 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Krapf, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Zusatzleistungen zur AHV/IV, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV 
(Berechnung des Leistungsanspruchs; Vermögensverzicht), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 8. Dezember 2017 (ZL.2016.00135). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Einspracheentscheid vom 14. September 2016 sprach die Stadt Opfikon, Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, A.________ für den Monat Dezember 2015 Beihilfe nach kantonalem Recht von Fr. 199.- sowie für 2016 eine jährliche Ergänzungsleistung (EL) von Fr. 5'076.- zu. Der Anspruchsberechnung hatte sie ein Verzichtsvermögen von Fr. 221'250.- (2015) und Fr. 211'250.- (2016) zugrunde gelegt. 
 
B.   
Die Beschwerde des A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 8. Dezember 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 8. Dezember 2017 sei aufzuheben; die Sache sei an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie den Anspruch auf Zusatzleistungen ab Dezember 2015 berechne, indem sie kein hypothetisches Vermögen anrechne; eventualiter sei für 2015 ein Vermögen von Fr. 149'476.-, für 2016 von Fr. 134'520.- (vor Abzug des Freibetrags) anzurechnen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Begehren in der Beschwerde (Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und Rückweisung der Sache an die Beschwerdegegnerin zur Neuberechnung des Anspruchs auf Zusatzleistungen ab Dezember 2015 ohne Anrechnung eines hypothetischen Vermögens, eventualiter eines Vermögens von Fr. 149'476.- für 2015 und Fr. 134'520.- für 2016 [vor Abzug des Freibetrags]) ist zulässig (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG und Urteil 9C_304/2016 vom 23. Mai 2017 E. 1.1 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 143 V 208, aber in: SVR 2017 BVG Nr. 34 S. 155, zur grundsätzlich reformatorischen Natur der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten). 
 
2.   
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann u.a. wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). 
 
3.   
Streitgegenstand bildet der Anspruch des Beschwerdeführers auf Zusatzleistungen (EL, Beihilfe nach kantonalem Recht [vgl. §§ 15 ff. des zürcherischen Zusatzleistungsgesetzes vom 7. Februar 1971 (ZLG; LS 831.3)]) zur Altersrente der AHV für Dezember 2015 sowie ab 1. Januar 2016 (bis 31. Dezember 2016; BGE 128 V 39). 
 
4.  
 
4.1. Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG). Bei Altersrentnerinnen und Altersrentnern werden nach Art. 11 Abs. 1 ELG als Einnahmen angerechnet u.a. Einkünfte aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen (lit. b), ein Zehntel des Reinvermögens, soweit es bei alleinstehenden Personen 37 500 Franken übersteigt (lit. c), sowie Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist (lit. g). Der anzurechnende Betrag von Vermögenswerten, auf die verzichtet worden ist, wird jährlich um 10 000 Franken vermindert, und zwar erstmals zum 1. Januar des zweiten Jahres, das dem Verzicht folgt (Art. 17a Abs. 1 und 2 ELV).  
Für die Berechnung der Beihilfe wird auf die Bedarfsrechnung für die jährliche Ergänzungsleistung abgestellt, wobei a. die tatsächlich ausgerichteten Ergänzungsleistungen als anrechenbare Einnahmen behandelt werden; b. der Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf bei zu Hause wohnenden Personen um den Höchstbetrag der Beihilfe erhöht wird (§ 17 Abs. 1 ZLG). 
 
4.2. Nach der Rechtsprechung zu Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG können vom rohen Vermögen alle Schulden abgezogen werden, soweit sie im massgebenden Zeitpunkt tatsächlich und nicht bloss möglicherweise bestehen und ihr Rechts- und Entstehungsgrund erfüllt ist; Fälligkeit ist nicht vorausgesetzt. Es können jedoch lediglich Schulden berücksichtigt werden, welche die wirtschaftliche Substanz des Vermögens belasten. Das trifft zu, wenn der Schuldner ernsthaft damit zu rechnen hat, dass er sie begleichen muss. Diese Voraussetzung ist bei Schulden, für die ein Pfändungsverlustschein nach Art. 149 Abs. 1 SchKG ausgestellt wurde, gegeben, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Gläubiger seine Forderung geltend macht, sobald der Schuldner über neues Vermögen verfügt (BGE 142 V 311 E. 3.3 S. 314).  
 
5.   
Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat zum einzig noch umstrittenen Reinvermögen als Grundlage für die Bestimmung des anrechenbaren Vermögensverzehrs nach Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG erwogen, der Beschwerdeführer habe 2008 durch Abtretung seines Miteigentumsanteils an seinen Sohn schenkungshalber auf Vermögen von Fr. 281'250.- verzichtet. Unter Berücksichtigung der jährlichen Amortisationsrate von Fr. 10'000.- ab 1. Januar 2010 ergebe sich für 2015 ein anrechenbares Verzichtsvermögen von Fr. 221'250.-, für 2016 von Fr. 211'250.-. Dazu komme bewegliches Vermögen von Fr. 14'061.- bzw. Fr. 715.-. Von der Summe von Fr. 235'311.- bzw. Fr. 211'965.- sei der Freibetrag von Fr. 37'500.- abzuziehen, was zu einem Vermögensverzehr von Fr. 19'781.- bzw. Fr. 17'446.- führe. Die geltend gemachten Schulden aus Betreibungen und Verlustscheinen von insgesamt Fr. 234'859.65 (richtig: Fr. 234'909.65) hat die Vorinstanz nicht zum Abzug zugelassen, da sie die wirtschaftliche Substanz des Vermögens nicht belasteten (E. 3.2). Es sei zwar anzunehmen, dass die Gläubiger versuchen würden, die bestehenden Forderungen durchzusetzen, wenn der Beschwerdeführer zu (neuem) Vermögen komme, was aufgrund der gesamten Umstände allerdings nicht überwiegend wahrscheinlich sei. Dasselbe gelte für den hypothetischen Fall, dass er immer noch Miteigentümer der Liegenschaft sei. Dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass er seinen Miteigentumsanteil ohne adäquate Gegenleistung verschenkt habe. 
 
6.  
 
6.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, Verzichtsvermögen nach Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG müsse im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG jährlich um einen Zehntel vermindert werden. Art. 17a Abs. 1 ELV, welcher einen Betrag von 10 000 Franken vorsehe, sei gesetzeswidrig, "weil er EL-Bezüger, die ihr Vermögen behalten haben, nicht gleich behandelt wie EL-Bezüger, die auf ihr Vermögen verzichtet haben". Daraus ergebe sich ein anrechenbares Verzichtsvermögen von Fr. 149'467.- (2015) und Fr. 134'520.- (2016).  
 
6.1.1. Ein Verzicht im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG liegt u.a. vor, wenn die versicherte Person ohne rechtliche Verpflichtung oder (vgl. dazu BGE 131 V 329 E. 4.4 in fine S. 336) ohne adäquate Gegenleistung auf Vermögen verzichtet hat (BGE 140 V 267 E. 2.2 S. 270 mit Hinweisen). In BGE 118 V 150 erkannte das damalige Eidg. Versicherungsgericht, dass Art. 17a Abs. 1 ELV, wonach der anzurechnende Betrag von Vermögenswerten, auf die verzichtet worden ist, jährlich um 10 000 Franken vermindert wird, weder dem Grundsatz der (vollen) Anrechenbarkeit von Verzichtsvermögen nach Art. 3 Abs. 1 lit. f aELG (heute: Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG) widerspricht noch rechtsungleich oder willkürlich ist. Darauf wies bereits das kantonale Gericht hin. Die Verordnungsbestimmung trägt dem Gedanken der Gleichbehandlung aller Versicherten - jener, die verzichtet haben, und jener, die nicht verzichtet haben - Rechnung, indem Verzichts- wie effektives Vermögen grundsätzlich verringert werden kann (BGE 118 V 150 E. 3c/cc S. 156). Daran ist festzuhalten.  
 
6.1.2. Aus dem Wortlaut und der Gesetzessystematik kann gefolgert werden, dass Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, grundsätzlich ungeschmälert zum tatsächlichen Vermögen dazu zu zählen und bei der Berechnung des Vermögensverzehrs nach Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG zu berücksichtigen sind. Nichts weist darauf hin, der Gesetzgeber habe darüber hinaus Verzichtsvermögen jährlich um einen Zehntel (bezogen auf den jeweiligen alten Vermögensstand) vermindern wollen, oder das Gesetz enthalte eine in diesem Sinne zu füllende echte Lücke. Mit Art. 17a Abs. 1 ELV wollte der Verordnungsgeber aus sozialpolitischen Überlegungen die Amortisation von Verzichtsvermögen zulassen (BGE 118 V 150 E. 3a und 3c/bb S. 153 ff.). Soweit die getroffene Regelung nach Auffassung des Beschwerdeführers EL-Bezüger, die ihr Vermögen noch haben und verbrauchen können, gegenüber solchen, die nur noch hypothetisch über Vermögen verfügen, welches sie nicht "verzehren" können, verschieden behandelt, ist diese Ungleichbehandlung im Gesetz angelegt, welches für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden verbindlich ist (Art. 190 BV).  
 
6.2. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ein Widerspruch, auf der einen Seite hypothetisches Vermögen anzurechnen, wie wenn er nicht darauf verzichtet hätte, auf der anderen Seite Schulden mit der Begründung nicht zu berücksichtigen, sie würden die wirtschaftliche Substanz des Vermögens, das effektiv nicht vorhanden sei, nicht belasten. Würden die Gläubiger für den hypothetischen Fall, dass er immer noch Miteigentümer der Liegenschaft sei, versuchen, die bestehenden Forderungen durchzusetzen, wie die Vorinstanz festgestellt habe (E. 5 am Ende), sei die Rechtsfolge daraus zwingend, dass diese Schulden im Rahmen der Vermögensberechnung abzuziehen seien.  
Mit dem beantragten Abzug der Schulden (Fr. 234'909.65) vom Verzichtsvermögen (Fr. 221'250.- [2015] bzw. Fr. 211'250.- [2016]; E. 5) würde der Beschwerdeführer so gestellt, wie wenn er 2008 seinen Miteigentumsanteil im Wert von (netto) Fr. 281'250.- nicht verschenkt und er diese Summe dazu verwendet hätte, die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Damit erfolgte nie eine Anrechnung von Vermögenswerten, auf die im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG verzichtet worden ist. Mit anderen Worten bliebe diese Bestimmung in Konstellationen wie der vorliegenden toter Buchstabe. Ein solches Ergebnis kann schon deshalb nicht der Konzeption des Gesetzes entsprechen, weil es dem Grundsatz der Anrechenbarkeit von Vermögenswerten, auf die verzichtet worden ist (E. 6.1.1), widerspricht und der Vermögensverzicht gewissermassen der Hauptgrund dafür ist, dass aus Sicht der EL die Schulden die wirtschaftliche Substanz des Vermögens nicht belasten, was deren Abzugsfähigkeit ausschliesst (E. 4.2). Das Gesetz will EL-Bezüger, die auf Vermögenswerte verzichtet haben, gerade nicht gleich behandeln wie solche, die ihr Vermögen behalten haben. 
 
6.3. Die Vorbringen in der Beschwerde vermögen somit keine Bundesrechtsverletzung darzutun. Die EL-Berechnung der Vorinstanz ist im Übrigen nicht bestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
7.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Mai 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler