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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.594/2004 /leb 
 
Urteil vom 28. Oktober 2004 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Aargau, Anwaltskommission, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau, 
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5000 Aarau. 
 
Gegenstand 
Disziplinarstrafe, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 25. August 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 10. August 2002 starb B.________. Er hinterliess fünf Kinder aus erster Ehe, von denen vier (teils zu seinen Lebzeiten, teils kurz nach seinem Ableben) ausgekauft wurden und einzig C.________ als Erbe übrig blieb. B.________ hatte sodann mit seiner späteren Lebenspartnerin, D.________, eine Tochter, E.________. Die Erbengemeinschaft setzte sich somit zusammen aus C.________ und E.________. B.________ hatte ein Testament verfasst. Darin wird E.________ auf den Pflichtteil gesetzt, wird an D.________ (zu Lasten der B.________ AG) ein Vermächtnis in Form einer lebenslänglichen Rente ausgerichtet und ist ein Willensvollstrecker eingesetzt. 
Über den Nachlass bzw. den Vollzug der testamentarischen Bestimmungen kam es zu Auseinandersetzungen. Dabei ging D.________ davon aus, dass ihre und ihrer Tochter Interessen denjenigen von C.________ entgegenstünden und der Willensvollstrecker Letzteren unterstütze. Sie zog im Oktober 2002 Rechtsanwalt A.________ bei; der am 16. Juni 2003 bestellte Beistand von E.________ erteilte Rechtsanwalt A.________ am 12. August 2003 ein Mandat zur Prozessführung in Sachen Erbteilung, Herabsetzung usw. 
 
Am 20. August 2003 gelangte Rechtsanwalt A.________ an den Friedensrichter F.________. Er ersuchte um Durchführung von Vermittlungsverfahren; einerseits für E.________ gegen C.________ betreffend Erbteilung, Herabsetzung usw. mit den Anträgen, der Nachlass sei gerichtlich festzustellen und es sei die Erbteilung durchzuführen, weiter sei festzustellen, dass der Erblasser den Pflichtteilsanspruch verletzt habe, und die angeordneten Begünstigungen seien herabzusetzen; andererseits für D.________ gegen die Erbengemeinschaft B.________, bestehend aus C.________ und E.________, betreffend Forderung mit dem Hauptantrag, die Beklagten seien solidarisch zu verpflichten, D.________ zu Lasten des Nachlasses die (testamentarisch verfügte) Rente von monatlich Fr. 3'000.- zu bezahlen. 
B. 
Nachdem C.________ gegen A.________ Anzeige an die Anwaltskommission des Kantons Aargau erstattet hatte, weil er unzulässigerweise sowohl D.________ wie auch E.________ vertrete, legte dieser die Vertretung von D.________ und E.________ am 27. August bzw. 26. September 2003 nieder. Am 23. März 2004 bestrafte die Anwaltskommission des Kantons Aargau A.________ mit einer Busse von Fr. 500.--. Sie warf ihm vor, er habe widerstreitende Interessen vertreten und dadurch Art. 12 lit. c des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) verletzt. Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 25. August 2004 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 11. Oktober 2004 beantragt A.________ dem Bundesgericht, das verwaltungsgerichtliche Urteil aufzuheben und das gegen ihn erhobene Disziplinarverfahren einzustellen. 
 
Es ist weder ein Schriftenwechsel durchgeführt noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG), wobei insbesondere auf die umfassenden Erwägungen des angefochtenen Urteils verwiesen wird (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gemäss Art. 17 Abs. 1 BGFA kann die kantonale Anwalts-Aufsichtsbehörde bei Verletzung des Anwaltsgesetzes verschiedene Disziplinarmassnahmen anordnen. Art. 17 Abs. 1 lit. c BGFA sieht eine Busse bis zu 20'000 Franken vor. Dem Beschwerdeführer wird eine Verletzung von Art. 12 lit. c BGFA vorgeworfen. Danach vermeiden die Anwälte jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen. Diese Bestimmung steht im Zusammenhang mit Art. 12 lit. a BGFA, welcher die Anwälte zu sorgfältiger und gewissenhafter Berufsausübung verpflichtet, sowie mit Art. 12 lit. b BGFA, welcher ihnen vorschreibt, den Beruf unabhängig auszuüben. Der Anwalt, der in derselben Streitsache Parteien mit einander zuwiderlaufenden Interessen vertritt, bietet keine Gewähr dafür, dass sämtliche Handlungen, die er in dieser Angelegenheit vornimmt, ausschliesslich vom Interesse des einzelnen Mandanten bestimmt sind, wie ihm dies die Berufsregeln gemäss Art. 12 BGFA gebieten (vgl. BGE 130 II 87 E. 4.2 S. 95). 
1.2 Das Verwaltungsgericht erläutert in E. 3b seines Urteils umfassend und zutreffend Inhalt und Zweck von Art. 12 lit. c BGFA und legt dessen teils unterschiedliche Bedeutung bei beratender Tätigkeit und bei Prozessvertretungen richtig dar. Es kann vollumfänglich auf die entsprechenden Ausführungen und auf die dort zitierte einschlägige Literatur verwiesen werden, denen nichts beizufügen ist. In E. 4 befasst sich das Verwaltungsgericht mit der konkreten Situation. Es hat dabei (s. auch E. 2b) keine im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG qualifiziert mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Zu beurteilen ist nach dem für das Bundesgericht somit verbindlich festgestellten Sachverhalt eine Doppelvertretung im Prozess in dem Sinn, dass die beiden Klientinnen sich in einem von zwei Verfahren als Klägerin bzw. Beklagte gegenüberstehen. Das Verwaltungsgericht nimmt zu Recht an, dass eine derartige Doppelvertretung in einem Prozess im Grundsatz ausgeschlossen ist, ohne dass geprüft werden muss, wo konkret tatsächliche Interessengegensätze bestehen. Nur dies ist mit dem Anwaltsgesetz vereinbar, welches die Vermeidung jeglicher Konfliktsituation vorschreibt; von einer solchen ist im Zweifelsfall auszugehen. In der Lehre besteht hierüber völlige Einigkeit (Giovanni Andrea Testa, Die zivil- und standesrechtlichen Pflichten des Rechtsanwaltes gegenüber dem Klienten, Zürich 2001, S. 106 ff.; Lucien W. Valloni/Marcel C. Steinegger, Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte, Zürich 2002, S. 46 f.; Martin Sterchi, Kommentar zum bernischen Fürsprecher-Gesetz, Bern 1992, Rz 5 zu Art. 13; Walter Fellmann/Oliver Sidler, Standesregeln des Luzerner Anwaltsverbandes, Bern 1996, S. 58; Felix Wolffers, Der Rechtsanwalt in der Schweiz, Zürich 1986, S. 141 f.; Niklaus Studer, Die Doppelvertretung nach Art. 12 lit. c BGFA, in: Anwaltsrevue 2004 S. 234 f.; Hans Nater, Anwaltsrecht, in: Walter Fellmann/Tomas Poledna [Hrsg.], Aktuelle Anwaltspraxis 2003, Bern 2004, S. 724 f.). 
 
Ob und unter welchen besonderen Voraussetzungen vom grundsätzlichen Verbot der Doppelvertretung abgewichen werden darf, muss vorliegend nicht abschliessend geprüft werden. Erforderlich wäre jedenfalls, dass die Möglichkeit eines Interessenkonflikts wegen der Natur der Streitsache zum Vornherein ausser Betracht fällt. Dies ist etwa im in der Beschwerde angesprochenen Bereich des Scheidungsrechts, sofern überhaupt, weit eingeschränkter der Fall, als der Beschwerdeführer dies annimmt; auch in Erbschaftsstreitigkeiten kann eine Doppelvertretung nur bei gewissen Konstellationen zulässig sein; erforderlich wäre immer, dass noch eine übereinstimmende Zielsetzung der gemeinsam vertretenen Parteien in den hauptsächlichen Streitpunkten angenommen werden kann (Näheres zu derartigen Fällen findet sich in den vorne angegebenen Literaturstellen, s. für Erbteilungsprozesse insbesondere Testa, a.a.O. S. 110 f.). Was den Fall des Beschwerdeführers bzw. seiner beiden Klientinnen betrifft, stehen sich diese als (auf den Pflichtteil gesetzte) Erbin einerseits (E.________), als Vermächtnisnehmerin (die Mutter von E.________, D.________), deren Begehren zwingend auf eine Herabsetzung der den Erben zur Verfügung stehenden Vermögensmasse abzielen, andererseits gegenüber. Die jeweiligen Interessenlagen und Zielsetzungen sind zum Vornherein nicht miteinander vereinbar. Es mag unter den konkreten Umständen zwar allenfalls so sein, dass es für die Tochter günstiger sein könnte, wenn ihrer Mutter zu Lasten der Erbmasse möglichst viel zugesprochen wird. Dies in aller Unbefangenheit abzuschätzen, kann aber nicht Sache des Anwalts sein, der die Mutter vertritt. Es liegt offensichtlich kein die Doppelvertretung zulassender Ausnahmefall vor. 
1.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Verbot der Doppelvertretung greife nicht schon im Verfahren vor dem Friedensrichter, sondern erst - nach Scheitern der Vermittlung - für die Einreichung der Klage beim zuständigen Gericht. Dieser Einwand entbehrt jeglicher Grundlage: Wird an den Friedensrichter gelangt, ist das Stadium der Beratung bzw. der privaten Einigungsversuche beendet; es wird, durch Stellung konkreter Rechtsbegehren vor einer staatlichen Instanz, der förmliche Prozess eingeleitet. Dass der Anwalt bereits in diesem Stadium nicht als Vertreter zweier Parteien auftreten und Rechtsbegehren stellen kann, die auf einer potentiell gegenläufigen Interessenlage der Parteien gründen, liegt auf der Hand. 
1.4 Der Beschwerdeführer hat damit die ihm durch Art. 12 lit. c BGFA auferlegte Berufspflicht verletzt, und er war gemäss Art. 17 Abs. 1 BGFA zu disziplinieren. Angesichts des Katalogs der Sanktionen, insbesondere der Möglichkeit, Bussen bis zu 20'000 Franken auszusprechen, ist eine Busse in der Höhe von Fr. 500.-- nicht zu beanstanden; es kann diesbezüglich auf E. 6 und 7 des angefochtenen Urteils verwiesen werden. 
2. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in jeder Hinsicht offensichtlich unbegründet und abzuweisen. Dementsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 OG); bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dieser nicht ernsthaft mit einer Gutheissung der Beschwerde rechnen konnte (Art der Prozessführung, vgl. Art. 153a Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Anwaltskommission und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. Oktober 2004 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: