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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_342/2020  
 
 
Urteil vom 2. Juni 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiber A. Brunner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Postfinance AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Dr. Marcel Meinhardt und/oder Dr. Astrid Waser und/oder Sinem Süslü, 
 
gegen  
 
Wettbewerbskommission. 
 
Gegenstand 
Verfügung vom 27. November 2018 in Sachen Untersuchung 22-0492 (Boykott: Apple Pay); 
Vorladung als Zeuge, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, 
vom 13. März 2020 (B-7017/2018). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 13. November 2018 eröffnete das Sekretariat der Wettbewerbskommission (WEKO) im Einvernehmen mit dem Präsidenten gegen mehrere Unternehmen, darunter die PostFinance AG und ihre konzernmässig verbundenen Unternehmen, eine Untersuchung gemäss Art. 27 des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG; SR 251). Die WEKO hegte den Verdacht, dass die Untersuchungsadressaten unzulässige Wettbewerbsabreden getroffen hätten, um mobile Bezahllösungen internationaler Anbieter wie Apple Pay und Samsung Pay zu boykottieren ("Verfahren 22-0492: Boykott Apple Pay"). 
 
B.   
Mit Verfügung vom 27. November 2018 luden die Wettbewerbsbehörden A.________ in seiner Rolle als B.________ bei der PostFinance AG für den 13. Dezember 2018 zu einer Zeugeneinvernahme vor. Einer allfälligen Beschwerde gegen die Vorladung wurde die aufschiebende Wirkung entzogen. 
 
Gegen diese Anordnung gelangte die PostFinance AG mit Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Mit Urteil vom 13. März 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. Mai 2020 gelangt die PostFinance AG ans Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2020 und der Zwischenverfügung der WEKO vom 27. November 2018. Der WEKO und deren Sekretariat sei zu untersagen, A.________ in der Untersuchung "22-0492: Boykott Apple Pay" als Zeuge einzuvernehmen; stattdessen sei er als Parteivertreter, eventualiter als Auskunftsperson nach Art. 12 lit. c VwVG einzuvernehmen. Subeventualiter seien die WEKO und deren Sekretariat anzuweisen, A.________ im Falle einer Zeugeneinvernahme nur Fragen zu stellen, welche nicht zu einer impliziten Schuldanerkennung der PostFinance AG führen könnten und welche sich mit Blick auf eine mögliche Sanktionierung für die PostFinance AG nicht belastend auswirken könnten. 
 
Verfahrensrechtlich ersucht die PostFinance AG um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das vorliegend angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat eine verfahrensleitende Verfügung der WEKO vom 27. November 2018 zum Gegenstand, mit welcher A.________ in seiner Rolle als B.________ bei der PostFinance AG für den 13. Dezember 2018 im "Verfahren 22-0492: Boykott Apple Pay" als Zeuge vorgeladen wurde. Bei der Verfügung der WEKO vom 27. November 2018 handelt es sich prozessual gesehen um einen Zwischenentscheid. Dies hat zur Folge, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG zulässig ist. 
 
2.  
 
2.1. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Gutheissung der vorliegenden Beschwerde dazu beitragen könnte, im Hauptsacheverfahren 22-0492 betreffend Boykott Apple Pay sofort einen Endentscheid herbeizuführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren zu ersparen (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Zu prüfen ist deshalb nachfolgend einzig, ob der PostFinance AG aufgrund des angefochtenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, das die Zeugenbefragung A.________s zuliess, ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG).  
 
2.2. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang die ständige (strafprozessuale) Praxis des Bundesgerichts, wonach bei Streitigkeiten über die Beweiserhebung in der Regel kein Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG droht, da die Rechtssuchende ihre diesbezüglichen Einwände im Rahmen des Hauptsacheverfahrens gegenüber der erkennenden Behörde vorbringen kann (BGE 144 IV 127 E. 1.3 S. 130 f.; 143 IV 387 E. 4.4 S. 394 f.; je mit Hinweisen). Eine allfällige Verletzung von Beweisverwertungsverboten durch die erkennende Behörde kann sodann im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden, wobei erwartet werden darf, dass die damit befasste Behörde in der Lage ist, die unzulässigen Beweise von den zulässigen zu unterscheiden und sich bei der Würdigung ausschliesslich auf Letztere zu stützen (vgl. für das Strafverfahren BGE 141 IV 284 E. 2.2 S. 287, 289 E. 1.2 S. 291 f.). Aus diesen Gründen kann eine Beweisanordnung grundsätzlich erst zusammen mit dem Endentscheid vor das Bundesgericht gezogen werden.  
 
2.3. In der Literatur wird (mit Blick auf Art. 46 Abs. 1 lit. a VwVG) die Auffassung vertreten, die aus dem Verbot des Selbstbelastungszwangs (nemo-tenetur-Grundsatz; Art. 6 Ziff. 1 EMRK) abzuleitenden Auskunfts- und Verweigerungsrechte seien eigenständiger Natur und nicht etwa subsidiär gegenüber der Beweisverwertungseinrede; die drohende Verletzung des Auskunfts- und Editionsverweigerungsrechts sei deshalb als nicht wiedergutzumachender Nachteil zu qualifizieren (vgl. CHRISTIAN MEYER, Die Mitwirkungsmaxime im Verwaltungsverfahren des Bundes, Zürich 2019, Rz. 964). Für natürliche Personen, die sich an einem Strafverfahren bzw. einem strafrechtsähnlichen Verwaltungsverfahren beteiligen müssen, mag dies zu erwägen sein. Die vorliegend interessierende Kartellrechtsuntersuchung richtet sich jedoch ausschliesslich gegen Finanzdienstleister, die als juristische Personen organisiert sind. Ihren Interessen wird durch ein allfälliges Beweisverwertungsverbot hinreichend Rechnung getragen, zumal der nemo-tenetur-Grundsatz in solchen Fällen nicht auch den Schutz der Menschenwürde bezweckt (vgl. BGE 140 II 384 E. 3.3.4 S. 392 f.) und der PostFinance AG insoweit durch die Zeugenbefragung ihrer (ehemaligen) Mitarbeiter kein Eingriff droht, der nicht mehr korrigiert werden könnte.  
 
2.4. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Da die Unzulässigkeit offensichtlich ist, kann die Sache im vereinfachten Verfahren durch Entscheid des präsidierenden Mitglieds als Einzelrichter erledigt werden (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).  
 
3.   
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 65 i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, und dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Juni 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Brunner