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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_266/2020, 1B_270/2020, 1B_276/2020  
 
 
Urteil vom 22. Dezember 2020  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Kneubühler, Th. Müller, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1B_266/2020 
B.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Sandro Horlacher, 
 
1B_270/2020 
C.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Daniel Wagner, 
 
1B_276/2020 
D.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Ramón Eichenberger, 
 
gegen  
 
Drazen Kondzic, Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung BM/OK, Rheinstrasse 27, Postfach, 4410 Liestal, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Ausstandsgesuch, 
 
Beschwerden gegen die Beschlüsse des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 21. April 2020 (490 19 254, 490 19 263, 490 19 264). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung BM/OK (Betäubungsmittel/Organisierte Kriminalität), führt gegen B.________, C.________, D.________ und A.________ ein grösseres Strafverfahren wegen des Verdachts der qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Das Verfahren wird von Staatsanwalt Drazen Kondzic geführt. Gegen diesen reichten am 31. Oktober 2019 B.________, am 7. November 2019 D.________ und am 8. November 2019 C.________ je ein Ausstandsbegehren ein. Am 4. November 2019 beantragte auch A.________ den Ausstand von Drazen Kondzic und zusätzlich den Ausstand des Leitenden Staatsanwalts Urs Geier sowie von Enrico Rosa, Gerichtspräsident an der Abteilung Strafrecht des Kantonsgerichts Basel-Landschaft. 
 
B.   
Mit Beschluss vom 2. April 2020 wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, in ausserordentlicher Besetzung das Ausstandsgesuch von A.________ gegen Enrico Rosa ab, soweit es darauf eintrat (Beschluss 460 20 39). Mit jeweils gesonderten Beschlüssen vom 21. April 2020 wies es sodann die Ausstandsgesuche von B.________ (490 19 254), D.________ (490 19 264) und A.________ (490 19 258) gegen Drazen Kondzic ab und trat im Falle von A.________ auf dasjenige gegen Urs Geier sowie auf das Gesuch von C.________ (490 19 263) nicht ein. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, das Ausstandsgesuch von C.________ sei verspätet und diejenigen von B.________, D.________ und A.________ seien in der Sache unbegründet beziehungsweise verspätet. 
 
C.   
Gegen die Entscheide vom 21. April 2020 führen B.________ (bundesgerichtliches Verfahren 1B_266/2020), C.________ (1B_270/2020), D.________ (1B_276/2020) und A.________ (1B_246/2020) in je separaten Eingaben Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Sie beantragen jeweils für ihr Strafverfahren, den Entscheid des Kantonsgerichts aufzuheben, das Ausstandsgesuch gutzuheissen und den Ausstand von Staatsanwalt Drazen Kondzic sowie im Falle von A.________ zusätzlich des Leitenden Staatsanwalts Urs Geier anzuordnen. A.________ ficht überdies in der gleichen Beschwerdeschrift ausdrücklich," (eventualiter mittelbar) ", die Abweisung seines Ausstandsgesuchs gegen Gerichtspräsident Enrico Rosa an, weshalb insofern ein zusätzliches bundesgerichtliches Verfahren (1B_248/2020) eröffnet wurde. Verschiedentlich wird um Vereinigung aller oder mehrerer Verfahren ersucht. In der Sache wird im Wesentlichen eine Verletzung der völker-, verfassungs- und bundesrechtlichen Bestimmungen über den Ausstand in Strafverfahren geltend gemacht. Mit Ausnahme von B.________ ersuchen alle Beschuldigten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Das Kantonsgericht schliesst je auf Abweisung der Beschwerden, soweit darauf einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft stellt jeweils Antrag auf Abweisung der Beschwerden. 
 
Im zweiten Schriftenwechsel halten alle Beteiligten, soweit sie sich nochmals äussern, im Wesentlichen an ihren Standpunkten fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Alle Ausstandsbegehren stehen in engem inhaltlichen Zusammenhang, was auch im Fall von C.________ gilt, obwohl die Vorinstanz insofern im Unterschied zu den anderen Fällen auf die Beschwerde nicht eingetreten ist. Soweit die Verfahren einzig den Ausstand von Staatsanwalt Drazen Kondzic zum Gegenstand haben, rechtfertigt es sich, sie zusammenzulegen. Das trifft auf die bundesgerichtlichen Verfahren 1B_266/2020 (B.________), 1B_270/2020 (C.________) und 1B_276/2020 (D.________) zu, die demgemäss zu vereinigen sind. Hingegen unterscheidet sich der Streitgegenstand im Falle von A.________, da dieser zusätzlich hauptfrageweise den Ausstand des Leitenden Staatsanwalts Urs Geier und ergänzend, eventuell bloss vorfrageweise, denjenigen von Gerichtspräsident Enrico Rosa am Kantonsgericht mit einschliesst. Die entsprechenden Verfahren 1B_246/2020 und 1B_248/2020 können daher nicht mit den übrigen Verfahren zusammengelegt werden. In diesem Sinne sind im vorliegenden Verfahren die Anträge auf Verfahrensvereinigung hinsichtlich der bundesgerichtlichen Verfahren 1B_266/2020, 1B_270/2020 und 1B_276/2020 gutzuheissen, im Übrigen jedoch abzuweisen. 
 
2.   
 
2.1. Bei den angefochtenen Beschlüssen handelt es sich um kantonal letztinstanzliche, selbständig anfechtbare Zwischenentscheide über den Ausstand im Rahmen der jeweiligen Strafverfahren. Dagegen steht jeweils die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 78 ff. bzw. Art. 92 Abs. 1 BGG).  
 
2.2. Die Beschwerdeführer waren als Gesuchsteller am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt und sind als solche sowie als Adressaten der angefochtenen Beschlüsse zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 81 Abs. 1 BGG).  
 
2.3. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Bei den von den Beschwerdeführern angerufenen Bestimmungen handelt es sich um massgebliches Bundesrecht. Dessen Einhaltung überprüft das Bundesgericht von Amtes wegen (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition.  
 
3.   
 
3.1. Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Justizpersonen sind in Art. 56 StPO geregelt. Diese Bestimmung konkretisiert Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 29 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 BV. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Organe der Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Von den in Art. 56 lit. a-e StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen (persönliches Interesse an der Strafsache, Vorbefassung in anderer Stellung, persönliche Beziehung zu Parteien usw.), tritt ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin in den Ausstand, wenn diese Justizperson "aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte" (Art. 56 lit. f StPO).  
 
3.2. Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2 S. 74 f.; 141 IV 178 E. 3.2.3 S. 180; 138 IV 142 E. 2.3 S. 146; 125 I 119 E. 3e S. 124; 115 Ia 400 E. 3b S. 404; 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158; Urteil 1B_375/2017 vom 7. Februar 2018 E. 2; je mit Hinweisen). Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (vgl. BGE 143 IV 69 E. 3.2 S. 75; 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158 f.; je mit Hinweisen).  
 
3.3. Auch voreilige präjudizielle Äusserungen der Untersuchungsleitung können in begründeten Einzelfällen geeignet sein, objektive Zweifel an ihrer Unparteilichkeit zu begründen. Dies kann zum Beispiel zutreffen, wenn die Untersuchungsleitung nicht gewillt erscheint, ihren unzulässigen, vom zuständigen Verfahrensgericht gerügten Standpunkt zu ändern (vgl. BGE 138 IV 142 E. 2.4 S. 146 f.). Sodann können sich Verfahrenssituationen ergeben, in denen die Staatsanwaltschaft bereits vor Abschluss der Strafuntersuchung in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht zum Gegenstand der Untersuchung Stellung nimmt und dabei unter Umständen auch ihre aufgrund des jeweiligen Verfahrensstandes vorläufig gebildete Meinung offenlegt. Dabei darf und muss aber, sofern nicht besondere gegenteilige Anzeichen vorhanden sind, vorausgesetzt werden, dass die Untersuchungsleitung in der Lage ist, ihre vorläufige Beurteilung des Prozessstoffes entsprechend dem jeweils neusten Stand des Verfahrens ständig zu überprüfen und bei Vorliegen neuer Tatsachen und Argumente auch zu revidieren. Ein solches Vorgehen vermag in der Regel keine Parteilichkeit oder Befangenheit objektiv zu begründen. "Ungeschickte Äusserungen" eines Staatsanwaltes kommen als Ausstandsgrund nur in Frage, wenn es sich dabei um eine schwere Verfehlung gegenüber der betroffenen Partei handelt (BGE 141 IV 178 E. 3.2.3 S. 180; 127 I 196 E. 2d S. 200; 116 Ia 14 E. 6 S. 21 f.; je mit Hinweisen; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_535/2018 vom 16. April 2019 E. 3).  
 
4.   
 
4.1. Das Kantonsgericht hat in den die Beschuldigten B.________ und D.________ betreffenden Strafverfahren die Einreichung des jeweiligen Ausstandsgesuchs als rechtzeitig beurteilt. Es hielt jedoch fest, in beiden Fällen genüge der jeweils zuletzt geltend gemachte Umstand nicht, um eine Ausstandspflicht zu begründen. Hinsichtlich der angerufenen früheren Verhaltensweisen seien die Gesuche verspätet und nicht weiter zu prüfen. Im Falle von C.________ erachtete das Kantonsgericht das Ausstandsgesuch insgesamt als verspätet, weil seit dem letzten angerufenen, den Beschuldigten betreffenden Umstand schon zu viel Zeit verstrichen sei und überdies zu wenig konkret dargelegt werde, inwiefern sich die jüngeren beanstandeten Verhaltensweisen des Staatsanwalts gegen den Beschuldigten richten würden und eine Ausstandspflicht in seinem Verfahren begründen könnten.  
 
4.2. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es entsprechend dem Prinzip von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs nicht zulässig, formelle Rügen, die in einem früheren Prozessstadium hätten geltend gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang erst später vorzubringen (BGE 135 III 334 E. 2.2 S. 336 mit Hinweisen). Das trifft insbesondere auf den Vorwurf zu, eine Behörde sei nicht rechtskonform besetzt worden oder in der Sache unzuständig (vgl. zur Frage der Zuständigkeit auch etwa Art. 92 Abs. 2 BGG). Vorbehalten bleiben derart krasse Formfehler, dass geradezu von Nichtigkeit des fraglichen behördlichen Akts auszugehen ist, was im Übrigen von Amtes wegen zu berücksichtigen wäre (vgl. BGE 136 II 489 E. 3.3 S. 495).  
 
4.2.1. Diese Verwirkungsfolge gilt grundsätzlich auch für Ausstandsbegehren und korreliert mit der Anforderung, die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen, sowie mit Art. 58 Abs. 1 StPO, wonach Ausstandsgesuche "ohne Verzug" zu stellen sind (vgl. auch diesfalls Art. 92 Abs. 2 BGG). Es besteht mithin eine Pflicht zur Anfechtung von Verfahrensmängeln, deren Rechtswidrigkeit ausreichend erkennbar ist bzw. bei denen wahrscheinlich erscheint, dass die Rechtsmittelinstanz eine solche Rechtswidrigkeit anerkennen würde. Diesfalls mit einer Anfechtung zuzuwarten, um den Mangel erst später in einem Ausstandsgesuch geltend zu machen, wäre treuwidrig und rechtsmissbräuchlich. Bei groben Verfahrensfehlern, die für sich allein eindeutig eine Ausstandspflicht begründen, muss ein entsprechendes Gesuch spätestens dann unverzüglich gestellt werden, nachdem die Rechtsmittelinstanz auf Rechtswidrigkeit erkannt hat.  
 
4.2.2. Bei Ausstandsgesuchen, die auf einer Gesamtwürdigung ungewöhnlich häufiger Fehlleistungen der Untersuchungsleitung beruhen, ergibt sich insofern hingegen ein Spannungsfeld, wovon auch das Kantonsgericht zu Recht ausgeht. Es kann von den Betroffenen nicht verlangt werden, jeden einzelnen potentiellen Verfahrensmangel für sich vorsorglich anzufechten, um sich am Ende die Möglichkeit offenzuhalten, ein Ausstandsgesuch zu stellen, das auf der Würdigung des Gesamtverhaltens der Person beruht, deren Ausstand verlangt wird. Das wäre nicht nur unzumutbar, sondern auch prozessual unangebracht, da sich Hinweise auf Befangenheit insgesamt ebenfalls aus fragwürdigen Verfahrenshandlungen ergeben können, die für sich allein noch nicht rechtswidrig sind, aber in ihrer Häufigkeit massgeblich werden. Für jeden einzelnen Akt eine Anfechtung vorauszusetzen, erschiene prozessökonomisch nicht sinnvoll, würden die Strafverfahren doch dadurch übermässig belastet, da ein seriöser Verteidiger sich verpflichtet sähe, jedes fragwürdige Verhalten der Staatsanwaltschaft formell anzufechten und überdies jedesmal noch ein Ausstandsgesuch einzureichen. Ist demnach vernünftigerweise nicht damit zu rechnen, dass ein möglicherweise problematisches Verhalten der Staatsanwaltschaft zu einer Ausstandspflicht führt, besteht keine Verpflichtung, unverzüglich ein Ausstandsgesuch zu stellen. Dadurch verwirkt zwar die Möglichkeit, das Gesuch allein mit diesem einen Ereignis zu begründen; nicht ausgeschlossen wird aber, darauf später zusammen mit neu hinzugetretenen Umständen zurückzukommen, sofern nicht missbräuchlich ein bloss vorgeschobener neuer Grund angerufen wird, der nicht ernstlich für die Begründung eines Ausstands geeignet ist. Hingegen genügt die Anrufung von Umständen, die prima facie aufgrund einer provisorischen Einschätzung grundsätzlich tauglich erscheinen, in einer Gesamtwürdigung den Anschein von Befangenheit zu erwecken, selbst wenn sich nachträglich aufgrund einer vertieften Prüfung der Ausstandsfrage ergeben sollte, dass sie dafür nicht ausreichen.  
 
4.3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist es demnach nicht zulässig, das erkannte Spannungsfeld in dem Sinne aufzulösen, dass der zeitlich letzte Umstand, der den Ausschlag für ein Ausstandsgesuch gibt, für sich allein materiell begründet sein, also für den Ausstand ausreichen muss. Träfe dies zu, wäre der Tatbestandsvariante, in der ein Ausstand auf dem Gesamtverhalten einer Justizperson unter Einschluss der Staatsanwaltschaft beruhen kann, der Boden entzogen. Würde der zeitlich letzte Umstand für sich allein zur Begründung eines Ausstands genügen, bräuchte es die Variante eines Gesamtverhaltens, das zur Ausstandspflicht führt, gar nicht mehr. Vielmehr kennzeichnet sich diese gerade dadurch, dass ein fragwürdiges Verhalten, das für sich allein keinen Ausstand rechtfertigt, zusammen mit früheren Handlungen den ausreichenden Anschein von Befangenheit begründet (vgl. etwa das Urteil des Bundesgerichts 1B_278/2020 vom 18. August 2020). Es handelt sich dabei um den entscheidenden Faktor, der zu einer die Ausstandspflicht bejahenden Gesamtwürdigung führt, bzw. sozusagen um den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Eigentliche Rechtswidrigkeit oder krasse Fehlerhaftigkeit der zuletzt beanstandeten Verhaltensweise ist demnach nicht erforderlich. Diese hat einzig grundsätzlich tauglich zu erscheinen, zusammen mit früheren Umständen den Anschein von Befangenheit zu begründen. Es genügt, dass die gesuchstellende Prozesspartei bei Einreichung des Gesuchs in guten Treuen davon ausgehen darf, insgesamt bestehe eine zureichende Grundlage für ein Ausstandsgesuch, selbst wenn sich nachträglich ergeben sollte, dass das Gesamtverhalten doch nicht für eine Ausstandspflicht ausreicht. So lässt etwa eine einmalige deplatzierte, aber nicht allzu schwerwiegende Äusserung eines Staatsanwalts diesen noch nicht als befangen erscheinen; hat er jedoch schon früher wiederholt solche Bemerkungen gemacht oder sich sonst deplatziert verhalten, kann die für sich allein nicht ausreichende Äusserung genügend Anlass für ein Ausstandsgesuch bilden, mit dem auch alle früheren fragwürdigen Verhaltensweisen geltend gemacht werden können. In der Folge sind denn auch alle diese Umstände für die Beurteilung des Anscheins von Befangenheit gesamthaft zu würdigen und es ist gestützt darauf über die Ausstandspflicht zu befinden.  
 
5.   
 
5.1. Aus den dargelegten Gründen ergibt sich in den Fällen von B.________ und D.________, dass das Kantonsgericht nicht bereits deshalb das Ausstandsgesuch abweisen durfte, weil das zeitlich zuletzt beanstandete Verhalten des Staatsanwalts Drazen Kondzic als im Ergebnis nicht ausreichend beurteilt wurde, um eine Ausstandspflicht zu begründen. Die grundsätzliche Eignung des erhobenen Vorwurfs, den Anschein der Befangenheit zu schaffen, stellt das Kantonsgericht nicht in Frage. Die Beschwerdeführer machen als Auslöser für ihre Ausstandsgesuche geltend, der Beschwerdegegner erschwere als die Untersuchung führender Staatsanwalt in rechtlich fragwürdiger Weise die Verteidigung, zuletzt indem er bei der Terminierung ihrer Befragungen nicht genügend Rücksicht auf die Verfügbarkeiten ihrer Rechtsvertreter genommen und damit die Teilnahme an den Einvernahmen verhindert habe. Dieses Verhalten schliesse an mehrere frühere Handlungen an, die zusammen ein faires Verfahren ausschlössen sowie eine verteidigungshindernde und gegenüber den Beschwerdeführern voreingenommene Grundhaltung offenbaren liessen. Die Beschwerdeführer berufen sich dazu namentlich auf folgende angeblichen Verfahrensmängel: überlange Einzelhaft, selektive Einschränkungen der Akteneinsicht, wiederholte Verletzung der Teilnahmerechte sowie Einschüchterung von Mitbeschuldigten und Zeugen. Die angerufenen Umstände sind grundsätzlich tauglich, insgesamt den Anschein der Befangenheit zu begründen. Es ist daher nicht zulässig, die Gesamtwürdigung zu verweigern. Vielmehr ist im Rahmen einer solchen zu prüfen, ob die behaupteten Verfehlungen auch zutreffen, welche Gewichtung ihnen zukommt und ob sie im Ergebnis für die Annahme von Voreingenommenheit genügen. Die zwei Streitsachen sind deshalb an das Kantonsgericht zurückzuweisen, das je in beiden Verfahren alle gegenüber dem Beschwerdegegner erhobenen Vorwürfe zu prüfen und im Rahmen einer Gesamtwürdigung über dessen allfällige Ausstandspflicht zu entscheiden haben wird.  
 
5.2. Im Falle von C.________ ist die Ausgangslage etwas anders.  
 
5.2.1. Das Kantonsgericht erachtete sein Ausstandsgesuch als verspätet. Es hielt namentlich fest, die von ihm angerufenen Verhaltensweisen des Staatsanwalts, die sich unmittelbar gegen den Beschuldigten gerichtet hätten, lägen zeitlich alle zu weit zurück. Es sei treuwidrig und daher unzulässig, sich jetzt erst darauf zu berufen. Die jüngsten Ereignisse, die angeblich Anlass für das Ausstandsgesuch gegeben hätten, beträfen die anderen Beschuldigten und nicht den Gesuchsteller selbst und seien daher nicht geeignet, eine Ausstandspflicht des Staatsanwalts in seinem Fall zu begründen. Konkret hält das Kantonsgericht fest, einzig die Beanstandung, wonach nun zwar die Teilnahmerechte gewährt, dafür aber die Einvernahmen derart willkürlich terminiert würden, dass diese Rechte faktisch nicht wahrgenommen werden könnten, weise einen aktuellen Bezug auf. Allerdings lasse es der Gesuchsteller in diesem Zusammenhang vermissen, eine konkrete und datumsmässig einzuordnende Verfahrenshandlung zu benennen, die angeblich einen Verstoss gegen seine Teilnahmerechte darstellen soll.  
 
5.2.2. Die Strafuntersuchung mit den damit verbundenen Tatvorwürfen richtet sich gegen vier Beschuldigte, die bei der Begehung der verfolgten Straftaten gemeinsam vorgegangen bzw. alle daran beteiligt gewesen sein sollen. Wie sich die Tatbeiträge allenfalls aufteilen, bildet Gegenstand der Strafuntersuchung. Dabei können sich die Aussagen jedes einzelnen Beschuldigten auf die anderen auswirken. Für jeden Beschuldigten besteht daher ein erhebliches Interesse, im Rahmen der in der Strafprozessordnung dafür vorgesehenen Verfahrensregeln an den Einvernahmen aller Beschuldigten teilzunehmen. Für jeden der vier Beschuldigten und hier namentlich für C.________ ist demnach von Bedeutung, ob die Staatsanwaltschaft bei den Befragungen in den anderen Fällen die Teilnahmerechte aller gewährleistet oder nicht. Zwar könnten sie ein entsprechendes Manko im Verfahren eines anderen Beschuldigten kaum selbst anfechten; sie müssen es aber jedenfalls im eigenen Strafverfahren geltend machen und gestützt darauf auch ein Ausstandsgesuch einreichen können, sollte daraus der Anschein von Befangenheit ihnen gegenüber entstehen. Es erweist sich daher nicht als zulässig, von einem Beschuldigten bereits vorweg den Nachweis zu verlangen, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft wirke sich konkret zu seinem Nachteil aus. Dass ein solcher auch für den Beschwerdeführer entstehen könnte, wenn die anderen Beschuldigten jeweils ihre Teilnahmerechte nicht korrekt wahrzunehmen vermögen, kann aufgrund des Gesamtzusammenhangs bzw. des Tatvorwurfs, der allen vier Beschuldigten aufgrund mutmasslicher gemeinsamer Tatbegehung entgegengehalten wird, nicht ernsthaft fraglich sein. Auch ist verständlich, dass ein Beschuldigter erst dann ein Ausstandsgesuch stellen kann, nachdem er bzw. sein Rechtsvertreter von der möglichen Gefährdung der Teilnahmerechte der anderen Beschuldigten erfahren hat. Der Verteidiger von C.________ legt nachvollziehbar dar, dies auch unverzüglich getan zu haben. Das Kantonsgericht durfte C.________ demnach die Berechtigung, ein Ausstandsgesuch zu stellen, nicht absprechen. Damit befindet er sich in einer vergleichbaren Lage wie B.________ und D.________. Das Kantonsgericht wird deshalb auf sein Ausstandsgesuch gegenüber dem Beschwerdegegner einzutreten und dieses analog wie in den beiden anderen Fällen zu prüfen und darüber zu entscheiden haben.  
 
5.3. Die angefochtenen Beschlüsse verletzen demnach Bundesrecht. Die Vorinstanz wird über die Ausstandsgesuche im Sinne der Erwägungen nochmals zu entscheiden haben.  
 
6.   
Die weiteren Rügen und Anträge sind nicht mehr von Belang, weshalb darauf nicht eingegangen zu werden braucht. 
 
7.   
Die Beschwerden erweisen sich als begründet und sind gutzuheissen. Die Streitsachen sind an das Kantonsgericht zurückzuweisen zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. Das Kantonsgericht wird auch über die Verlegung der Kosten und Entschädigungen in den vorinstanzlichen Verfahren neu zu befinden haben. 
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Hingegen hat der Kanton Basel-Landschaft die Rechtsvertreter der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren jeweils angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 68 BGG). Demgemäss braucht über die gestellten Anträge auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht entschieden zu werden. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die bundesgerichtlichen Verfahren 1B_266/2020 (B.________), 1B_270/2020 (C.________) und 1B_276/2020 (D.________) werden vereinigt. Die weiteren Anträge auf Verfahrensvereinigung werden abgewiesen. 
 
2.   
Die Beschwerden in den bundesgerichtlichen Verfahren 1B_266/2020, 1B_270/2020 und 1B_276/2020 werden gutgeheissen, und die Beschlüsse des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, 490 19 254 (B.________), 490 19 263 (C.________) und 490 19 264 (D.________) vom 21. April 2020 werden aufgehoben. Die Streitsachen werden an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, zurückgewiesen zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. 
 
3.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.   
Der Kanton Basel-Landschaft hat die Rechtsvertreter der Beschwerdeführer, Advokat Sandro Horlacher (im Verfahren 1B_266/2020), Advokat Daniel Wagner (im Verfahren 1B_270/2020) sowie Advokat Ramón Eichenberger (im Verfahren 1B_276/2020) für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Dezember 2020 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax