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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_86/2022  
 
 
Urteil vom 13. Juli 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Nina Langner, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, 
Postfach, 8036 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 
Zwangsmassnahmengericht, vom 16. August 2022 
(GT220079-L / U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-SihI führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen Verdachts von Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und weiteren Delikten. Anlässlich einer Hausdurchsuchung vom 11. bzw. 12. Juli 2022 wurden in der Wohnung des Beschuldigten zwei Mobiltelefone, ein Laptop sowie ein Personal Computer (PC) sichergestellt und auf Antrag des Beschuldigten vom 13. Juli 2022 gesiegelt. Am 19. Juli 2022 zog der Beschuldigte das Siegelungsbegehren betreffend den Laptop und den PC zurück, während er an der Siegelung der beiden Mobiltelefone festhielt. Das diesbezügliche Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft vom 29. Juli 2022 hiess das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht (ZMG), mit Urteil vom 16. August 2022 gut, indem es die beiden Mobiltelefone zur Durchsuchung und weiteren Verwendung durch die Staatsanwaltschaft freigab. 
 
B.  
Gegen das Urteil des ZMG gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 16. September 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Aussonderung von "geheimnisgeschützten und nicht verfahrensrelevanten Akten". 
Am 28. September 2022 hat das ZMG auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet. Innert der auf den 11. Oktober 2022 angesetzten fakultativen Frist ist von der Staatsanwaltschaft keine Vernehmlassung eingegangen. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2022 hat das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde bewilligt. Am 19. Dezember 2022 orientierte das Bundesgericht den Beschwerdeführer auf dessen Anfrage hin über den Stand des Verfahrens. 
Seit dem 1. Juli 2023 (Beginn der gerichtlichen Geschäftstätigkeit der Zweiten strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes) wurde das bisher von der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes unter der Verfahrensnummer 1B_501/2022 instruierte Beschwerdeverfahren von der unterdessen neu geschaffenen Zweiten strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes unter der neuen Verfahrensnummer 7B_86/2022 fortgesetzt. Am 5. Juli 2023 wurden die Verfahrensbeteiligten und die Vorinstanz darüber informiert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher strafprozessualer Zwischenentscheid. Gemäss Art. 35a des Reglementes vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (SR 173.110.131, Art. 35a eingefügt durch Ziff. I der V des BG vom 27. April 2023, in Kraft seit 1. Juli 2023, AS 2023 268) behandelt die Zweite strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes die Beschwerden in Strafsachen sowie Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerden in Strafsachen betreffend Entscheide des Straf- und Massnahmenvollzuges (lit. a), strafprozessuale Zwischenentscheide (lit. b) sowie Nichtanhandnahmeverfügungen und Verfahrenseinstellungen (lit. c). 
 
2.  
Wenn Mobiltelefone und andere digitale Kommunikationsgeräte physisch sichergestellt werden und die Staatsanwaltschaft die gespeicherten Daten auswerten will (Kontaktnummern, Verbindungsdaten, vom Empfänger abgerufene SMS- und E-Mail-Nachrichten, abgerufene Kommunikation über abgeleitete Internetdienste usw.), liegt nach der Praxis des Bundesgerichtes grundsätzlich keine Fernmeldeüberwachung (Art. 269-279 StPO) vor und auch keine rückwirkende Randdatenerhebung (Art. 273 StPO). Der Rechtsschutz erfolgt hier in der Weise, dass die betroffene Person die Siegelung (Art. 248 Abs. 1 StPO) des edierten oder sichergestellten Gerätes verlangen kann. Die Staatsanwaltschaft, welche die elektronischen Aufzeichnungen durchsuchen und beschlagnahmen will, muss dann beim ZMG ein Entsiegelungsgesuch stellen (BGE 144 IV 74 E. 2.4; 143 IV 270 E. 4.6; 140 IV 181 E. 2.4 und E. 2.10; je mit Hinweisen). 
 
3.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entsiegelungsentscheid (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 3 StPO). Zu prüfen ist, ob und inwieweit die gesetzlichen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 78 ff. BGG). Das Bundesgericht beurteilt diese Frage von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 1-2 BGG; BGE 145 I 239 E. 2; 142 IV 196 E. 1.1; je mit Hinweisen). 
 
3.1. Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab. Die Beschwerde in Strafsachen gegen Entsiegelungsentscheide der Zwangsmassnahmengerichte ist nur zulässig, wenn dem Betroffenen wegen eines Eingriffs in seine rechtlich geschützten Geheimnisinteressen ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil droht (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO; BGE 143 I 241 E. 1; 141 IV 289 E. 1.1-1.2 mit Hinweisen; nicht amtl. publ. E. 1 von BGE 144 IV 74, E. 2.1 von BGE 143 IV 270, und E. 2 von BGE 142 IV 207).  
Nach der bundesgerichtlichen Praxis trifft den Inhaber von zu Durchsuchungszwecken sichergestellten Aufzeichnungen und Gegenständen, der ein Siegelungsbegehren gestellt hat, die prozessuale Obliegenheit, die von ihm angerufenen Geheimhaltungsinteressen (im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO) spätestens im Entsiegelungsverfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht ausreichend zu substanziieren. Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungs- und Substanziierungsobliegenheit im Entsiegelungsverfahren nicht nach, ist das Gericht nicht gehalten, von Amtes wegen nach allfälligen materiellen Durchsuchungshindernissen zu forschen. Tangierte Geheimnisinteressen sind wenigstens kurz zu umschreiben und glaubhaft zu machen. Auch sind diejenigen Aufzeichnungen und Dateien zu benennen, die dem Geheimnisschutz unterliegen. Dabei ist der Betroffene nicht gehalten, die angerufenen Geheimnisrechte bereits inhaltlich offenzulegen (BGE 142 IV 207 E. 7.1.5 und E. 11; 141 IV 77 E. 4.3, E. 5.5.3 und E. 5.6 S. 87; 138 IV 225 E. 7.1; 137 IV 189 E. 4.2 und E. 5.3.3; nicht amtl. publ. E. 6 von BGE 144 IV 74). 
Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht sind in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit sie nicht offensichtlich erfüllt erscheinen (Art. 42 Abs. 1-2 BGG; BGE 141 IV 1 E. 1.1; 284 E. 2.3; 289 E. 1.3; je mit Hinweisen). Pauschale Hinweise auf angebliche Privatgeheimnisse genügen nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes nicht zur Substanziierung von konkreten schutzwürdigen Geheimnisinteressen (Urteile 1B_534/2022 vom 5. Juni 2023 E. 2; 1B_208/2021 vom 17. Januar 2022 E. 3.2-3.4; 1B_28/2021 vom 4. November 2021 E. 1.8; 1B_427/2020 vom 19. Mai 2021 E. 1.2; 1B_423/2019 vom 5. März 2020 E. 1.4; 1B_153/2019 vom 11. Dezember 2019 E. 1.6; 1B_2/2019 vom 11. Juli 2019 E. 2; 1B_196/2018 vom 26. November 2018 E. 1.3-1.5; je mit Hinweisen). 
 
3.2. Schon im vorinstanzlichen Verfahren hat das ZMG festgestellt, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers zu den tangierten Geheimnisrechten zu pauschal und zu wenig substanziiert waren. Er habe es insbesondere versäumt, "die Namen seiner privaten Kontaktpersonen und die Speicherorte der jeweiligen Korrespondenz bzw. des Bild- und Videomaterials auf seinen iPhones zu bezeichnen" (angefochtener Entscheid, E. 5.4 S. 10).  
Zum Sachurteilserfordernis des nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteils (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) macht der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer vor Bundesgericht geltend, auf den sichergestellten Mobiltelefonen befinde sich "persönliche Korrespondenz, welche den Beschwerdeführer und unbeteiligte Dritte zeigen". Es handle sich dabei um "höchstpersönliche Aufzeichnungen im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. b StPO". Er berufe sich "mithin auf besondere Geheimhaltungsinteressen". Nach der oben (E. 3.1) dargelegten ständigen Rechtsprechung genügen solche pauschalen Vorbringen nicht zur Substanziierung von gesetzlich geschützten eigenen Geheimnisinteressen. Ein drohender nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil wird damit nicht dargetan (Art. 93 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 42 Abs. 1-2 BGG und Art. 248 Abs. 1 StPO). 
 
4.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Juli 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster