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[AZA] 
C 28/99 Hm 
 
I. Kammer  
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Spira, Bundesrichte- 
rin Widmer, Bundesrichter Meyer und Borella; Gerichts- 
schreiberin Hostettler 
 
Urteil vom 25. Februar 2000  
 
in Sachen 
 
K.________, 1941, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, Davidstras- 
se 31, St. Gallen, Beschwerdegegner 
 
In Erwägung,  
 
    dass das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit des 
Kantons St. Gallen (seit 1. Juli 1999: Amt für Arbeit) mit 
Verfügung vom 9. April 1998 den Anspruch des 1941 geborenen 
K.________ auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 
1. Januar 1998 wegen fehlender Vermittlungsfähigkeit ver- 
neinte, 
    dass K.________ hiegegen am 1. Mai 1998 beim Ver- 
sicherungsgericht des Kantons St. Gallen Beschwerde einrei- 
chen liess mit dem Antrag auf Aufhebung der Verfügung und 
Zusprechung der Arbeitslosentaggelder für die Zeit vom 
1. Januar bis zum 30. April 1998 und am 9. Juni 1998 ferner 
um Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung ersuchen 
liess, 
    dass die Vorinstanz das Begehren um unentgeltliche 
Verbeiständung mit Zwischenentscheid vom 16. Dezember 1998 
mangels Bedürftigkeit abgewiesen hat, 
    dass K.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führt 
mit dem Antrag, es sei ihm für das Verfahren vor dem Ver- 
sicherungsgericht des Kantons St. Gallen die unentgeltliche 
Rechtsverbeiständung zu bewilligen, eventualiter sei er als 
bedürftig im Sinne der Rechtsprechung zu bezeichnen und die 
Sache sei zur weiteren Prüfung an die Vorinstanz zurück- 
zuweisen, 
    dass das kantonale Gericht auf Abweisung der Verwal- 
tungsgerichtsbeschwerde schliesst und das Amt für Arbeit 
auf eine Stellungnahme verzichtet, während sich das 
Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (BWA; ab 1. Juli 1999 
Staatssekretariat für Wirtschaft [seco]) nicht hat 
vernehmen lassen, 
    dass der kantonale Entscheid über die Verweigerung der 
unentgeltlichen Rechtspflege zu den Zwischenverfügungen 
gehört, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil 
bewirken können und daher selbständig mit Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht 
angefochten werden kann (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit 
Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und 
Art. 128 OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115; SVR 1994 IV 
Nr. 29 S. 75), 
    dass im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der 
unentgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Gericht 
keine Versicherungsleistungen streitig sind, weshalb das 
Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob 
die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich 
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 104 
lit. a in Verbindung mit Art. 132 OG), oder ob der rechts- 
erhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvoll- 
ständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbe- 
stimmungen festgestellt worden ist (Art. 104 lit. b in 
Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 und Art. 132 OG; BGE 100 
V 62 Erw. 2), 
    dass sich im AVIG weder eine ausdrückliche Regelung 
über den Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege im kan- 
tonalen Rechtsmittelverfahren noch eine diesbezügliche Ver- 
weisungsnorm findet (vgl. Art. 103 Abs. 4 und 6 AVIG), 
    dass nach der Rechtsprechung des Eidgenössische Ver- 
sicherungsgerichts indessen ein solcher Anspruch unter 
bestimmten Voraussetzungen aufgrund eines allgemein gülti- 
gen Verfahrensgrundsatzes in allen Zweigen der bundesrecht- 
lichen Sozialversicherung auch für das Beschwerdeverfahren 
auf kantonaler Ebene gewährleistet ist und das Fehlen einer 
entsprechenden Bestimmung in einzelnen Sozialversicherungs- 
gesetzen daran nichts ändert (BGE 103 V 46; SVR 1995 ALV 42 
S. 119 Erw. 4; RKUV 1987 S. 96 Erw. 2b, je mit Hinweisen; 
Rüedi, Allgemeine Rechtsgrundsätze des Sozialversicherungs- 
prozesses, in: Recht, Staat und Politik am Ende des zweiten 
Jahrtausends, Festschrift zum 60. Geburtstag von Bundesrat 
Arnold Koller, Bern 1993, S. 469 f.), 
    dass der Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand 
in der auf den 1. Januar 2000 in Kraft getretenen neuen 
Bundesverfassung ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 29 
Abs. 3 Satz 2 BV), 
    dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der un- 
entgeltlichen Verbeiständung im kantonalen Verfahren pra- 
xisgemäss erfüllt sind, wenn der Prozess nicht aussichts- 
los, die Partei bedürftig und die Verbeiständung durch 
einen Anwalt notwendig oder doch geboten ist (BGE 103 V 
47), 
    dass die Bedürftigkeit als eine der Voraussetzungen 
für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung gleich 
ausgelegt werden muss wie der Begriff der Bedürftigkeit im 
Sinne von Art. 152 Abs. 1 OG
    dass danach eine Person als bedürftig gilt, wenn sie 
ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie nötigen 
Lebensunterhaltes nicht in der Lage ist, die Prozesskosten 
zu bestreiten (BGE 124 I 98 Erw. 3b), 
    dass für die Beurteilung der Bedürftigkeit grundsätz- 
lich nur die eigenen Mittel des Gesuchstellers sowie allen- 
falls jene von ihm gegenüber unterstützungspflichtigen 
Personen (z.B. Eltern, Ehegatten) zu berücksichtigen sind 
(BGE 115 Ia 195 Erw. 3a mit Hinweisen), 
    dass die Frage, welche wirtschaftlichen Verhältnisse 
massgebend seien, jene zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung 
oder jene im Zeitpunkt des Entscheids über das Gesuch um 
unentgeltlichen Rechtsbeistand, offenbleiben kann, da vor- 
liegend kantonales Verfahrensrecht zur Anwendung kommt 
(Art. 103 Abs. 6 AVIG), 
    dass die Vorinstanz die Bedürftigkeit des Beschwerde- 
führers verneint hat mit der Begründung, er habe im einge- 
reichten Formular betreffend Gewährung der unentgeltlichen 
Rechtsverbeiständung vom 25. August 1998 ein Vermögen von 
Fr. 42'551.- (Liegenschaftsanteil) angegeben, wobei jedoch 
in der Steuererklärung per 1. Januar 1997 ein steuerbares 
Vermögen (der Ehegatten) von Fr. 1'040'863.- deklariert 
worden sei, 
    dass das kantonale Gericht dabei einzig auf die dem 
Begehren beigelegten Akten betreffend die Vermögenssitua- 
tion in den Jahren vor 1998 abgestellt hat, ohne weitere 
Abklärungen durchzuführen, 
    dass indessen die wirtschaftlichen Verhältnisse von 
1998 massgebend sind, 
    dass die Vorinstanz damit einerseits den Sachverhalt 
unvollständig festgestellt und anderseits Bundesrecht ver- 
letzt hat, indem sie ihrem Entscheid nicht die Vermögens- 
verhältnisse von 1998 zu Grunde gelegt hat (Art. 104 lit. a 
und Art. 105 Abs. 2 OG), 
    dass auch die der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei- 
gelegten Unterlagen nicht zur Klärung der Vermögensver- 
hältnisse von 1998 beitragen, 
    dass die Sache daher an das kantonale Gericht zurück- 
geht, damit es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Be- 
schwerdeführers im Jahr 1998 abkläre und hernach über den 
Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung neu entscheide, 
    dass gemäss Praxis (SVR 1994 IV Nr. 29 Erw. 4) in Ver- 
fahren, welche die Frage der Gewährung der unentgeltlichen 
Rechtspflege für das kantonale Gerichtsverfahren zum Gegen- 
stand haben, keine Gerichtskosten erhoben werden, 
 
erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne  
    gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid vom 
    16. Dezember 1998 aufgehoben und die Sache an das Ver- 
    sicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewie- 
    sen wird, damit dieses, nach erfolgter Abklärung im 
    Sinne der Erwägungen, über den Anspruch auf unentgelt- 
    liche Verbeiständung neu befinde. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Amt für Arbeit,  
    St. Gallen, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft 
    zugestellt. 
 
 
Luzern, 25. Februar 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: