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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_595/2023  
 
 
Urteil vom 31. August 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, 
Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Vogel-Etienne, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Rüegsegger, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Obhut und Besuchsrecht (vorsorgliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 10. August 2023 (LZ230030-O/Z02). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien sind die unverheirateten Eltern der am 22. Mai 2021 geborenen C.________. Sie stehen sich seit dem 9. Juli 2022 vor dem Bezirksgericht Zürich in einem Verfahren betreffend Kindesbelange gegenüber. An der Verhandlung vom 19. Juli 2022 schlossen sie eine Vereinbarung, in welcher sie sich auf die alternierende Obhut mit je hälftiger Betreuung für die Dauer des Verfahrens einigten. Die vereinbarte Regelung wird seither so gehandhabt. 
 
B.  
Am 8. Juni 2023 ersuchte die Mutter im Rahmen vorsorglicher Massnahmen um Zuteilung der alleinigen Obhut. Das Bezirksgericht hiess dieses Begehren mit Verfügung vom 19. Juli 2023 gut. 
Im Rahmen des hiergegen vom Vater hängig gemachten Berufungsverfahrens erteilte das Obergericht mit Verfügung vom 10. August 2023 die aufschiebende Wirkung. 
 
C.  
Gegen diese Verfügung hat die Mutter am 16. August 2023 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit dem Begehren, sie in Bezug auf die Erteilung der aufschiebenden Wirkung aufzuheben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Beschwerdegegenstand bildet ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die aufschiebende Wirkung (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG). Er ist, da nicht verfahrensabschliessend, ein Zwischenentscheid (vgl. BGE 134 II 192 E. 1.5), der nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann. Allerdings vermögen Obhutsfragen typischerweise einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu bewirken (vgl. Urteile 5A_550/2018 vom 20. November 2018 E. 1.2; 5A_514/2018 vom 20. Februar 2019 E. 1.2.2; 5A_1058/2021 vom 6. Mai 2022 E. 1.1). 
Gleichzeitig ist der Entscheid über die aufschiebende Wirkung - wie vorliegend aber ohnehin bereits die Hauptsache - eine vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 134 II 192 E. 1.5; 137 III 475 E. 2), weshalb nur verfassungsmässige Rechte als verletzt gerügt werden können, wofür das strikte Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG gilt und bloss appellatorische Ausführungen ungenügend sind (zu den diesbezüglichen Begründungsvoraussetzungen namentlich BGE 134 II 244 E. 2.2; 142 II 369 E. 2.1; 142 III 364 E. 2.4). 
 
2.  
Weitestgehend mangelt es an Verfassungsrügen und die Ausführungen gehen zum grössten Teil auch inhaltlich an der Sache vorbei: 
Das Obergericht hat in seiner immerhin 10-seitigen Verfügung über die aufschiebende Wirkung mit ausführlicher Begründung festgehalten, dass der Entscheid in der Sache möglichst nicht präjudiziert werden sollte und es deshalb einzig darum gehe, ob eine Kindeswohlgefährdung die sofortige Umsetzung des erstinstanzlichen Entscheides gebiete. Der Elternkonflikt sei dem Wohl von C.________ abträglich und auch die Gutachterinnen hätten festgehalten, dass der Elternkonflikt mit hohem Bindungsstress für C.________ einhergehe und die noch im Aufbau befindliche Bindungsentwicklung zumindest anteilig gefährde. Indes drohe durch die praktizierte alternierende Obhut keine konkrete und unmittelbare Kindeswohlgefährdung, welche eine sofortige Abkehr vom bisherigen Betreuungsmodell gebieten würde. 
Die Ausführungen in der Beschwerde bleiben zum grössten Teil rein appellatorisch und beziehen sich im Übrigen auf die Obhutszuteilung als solche, die nicht Gegenstand der Verfügung über die aufschiebende Wirkung war. Eine allgemeine Willkürrüge in Bezug auf die Beweiswürdigung findet sich einzig auf S. 9, indem dem Obergericht vorgeworfen wird, das Gutachten nicht richtig verstanden zu haben, denn wenn die Gutachterinnen von einer inskünftigen Zunahme des Risikos schreiben würden, heisse dies, dass die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadenseintrittes zunehme, und nicht, dass der Schadenseintritt noch nicht unmittelbar bevorstehe. Keine andere Schlussfolgerung hat indes das Obergericht gezogen, wenn es anerkannt hat, dass der Elternkonflikt für das Kind schädlich und die Gefahr im Wachsen begriffen sei. Dass jedoch die Gutachterinnen Aussagen gemacht hätten, welche es als willkürlich erscheinen liesse, wenn der Kammerpräsident nicht bereits im Rahmen der Verfügung über die aufschiebende Wirkung eine Alleinzuteilung des Kindes verfügt und damit den der Kammer vorbehaltenen Entscheid in der Sache vorweggenommen hat, zeigt die Mutter nicht auf. Vielmehr hat das Obergericht festgehalten, dass die Gutachterinnen keine akute Kindeswohlgefährdung ausgemacht, sondern von einem Risiko bzw. der Möglichkeit einer beeinträchtigten Entwicklung gesprochen und nach Abschluss der Gespräche und Interaktionsbeobachtungen mit Schreiben vom 19. April 2023 festgehalten hätten, dass kein akuter Handlungsbedarf bestehe; damit setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander, weshalb die Willkürrüge unsubstanziiert bleibt. Eine Willkürrüge in Bezug auf die Rechtsanwendung und eine Gehörsrüge werden auf S. 11 ferner dahingehend erhoben, dass die Erteilung der aufschiebenden Wirkung vor dem Hintergrund von Art. 315 Abs. 5 ZPO die Ausnahme bleiben müsse. Indes hat das Obergericht den Ausnahmecharakter nicht nur explizit erwähnt, sondern (nebst der allgemeinen ausführlichen Begründung) auch ganz spezifisch dargelegt, wieso die Ausnahme angezeigt erschien, nämlich um den Kammerentscheid nicht ohne Not zu präjudizieren und weil mehrfache Obhutswechsel dem objektiv verstandenen Kindeswohl entgegenstünden. Damit ist die Anwendung von Art. 315 Abs. 5 ZPO genügend begründet (vgl. zu den Begründungsanforderungen BGE 141 III 28 E. 3.2.4; 142 III 433 E. 4.3.2; 143 III 65 E. 5.2) und stösst nicht nur die Gehörsrüge im Sinn einer Verletzung der Begründungspflicht ins Leere, sondern bleibt auch die Willkürrüge unsubstanziiert. 
 
3.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde mangels hinreichender Substanziierung von Verfassungsrügen nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. August 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli