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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1290/2018  
 
 
Urteil vom 4. April 2019  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern, 
2. X.________, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Dino Degiorgi, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (sexuelle Belästigung, sexuelle Nötigung etc.), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 12. November 2018 (BK 18 363). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerdeführerin erstattete am 8. Mai 2018 Strafanzeige gegen den Beschwerdegegner 2. Sie machte zusammengefasst geltend, sie habe am 10. Mai 2017 anlässlich einer Ultraschalluntersuchung in der 34. Schwangerschaftswoche einen sexuellen Übergriff durch ihren Gynäkologen (den Beschwerdegegner 2) erlebt. Die Untersuchung sei erforderlich gewesen, um zur Hebammengeburt zugelassen zu werden. 
Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland verfügte am 28. Juni 2018 die Nichtanhandnahme des Verfahrens gegen den Beschwerdegegner 2 wegen sexueller Belästigung, sexueller Nötigung, Schändung sowie Ausnützung der Notlage. Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern mit Beschluss vom 12. November 2018 ab. 
Die Beschwerdeführerin gelangt dagegen mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. 
 
2.   
Mit der Rechtsschrift vom 19. März 2019 samt Beilagen ist die Beschwerdeführerin nicht zu hören (act. 16 f.). Der vorinstanzliche Entscheid ging ihr am 15. November 2018 zu. Die 30-tägige Frist zur Einreichung der Beschwerde endete am 17. Dezember 2018 (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 44 Abs. 1 und 45 Abs. 1 BGG). Die ergänzende Eingabe ist verspätet. 
 
3.   
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Richtet sich die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme oder die Einstellung eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung erhoben. In jedem Fall muss sie im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung des Beschwerderechts strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen). 
Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR. Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 131 I 455 E. 1.2.4 S. 461; 128 IV 188 E. 2.2 f. S. 191 f.). Das Bundesgericht tritt deshalb auf solche Beschwerden der Privatklägerschaft gegen Ärzte, Spitäler oder Mitarbeiter der Spitaldirektion in konstanter Rechtsprechung nicht ein (Urteile 6B_730/2017 vom 7. März 2018 E. 1.6, 6B_1181/2017 vom 13. November 2017 E. 3 f., 6B_603/2016 vom 26. Juni 2017 E. 1.1 und 6B_465/2016 vom 17. März 2017 E. 1.1). 
Die Beschwerdeführerin führt zu ihrer Legitimation aus, der angefochtene Beschluss der Vorinstanz, womit die Nichtanhandnahmeverfügung geschützt werde, wirke sich direkt auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche aus, da sie diese adhäsionsweise im Strafprozess geltend mache. Sie habe bislang ihre Zivilansprüche noch nicht beziffert, werde dies im Verlauf des Verfahrens, das bisher zu Unrecht nicht eröffnet worden sei, aber noch vornehmen. Infolge des zur Anzeige gebrachten Übergriffs habe sie erheblichen finanziellen Schaden erlitten, weil z.B. nur ein Teil ihrer Therapiekosten von der Krankenkasse übernommen worden sei. Weiter seien beispielsweise Fahrspesen und Betreuungskosten angefallen. Infolge der mindestens zehn Monate andauernden PTBS-Erkrankung seien überdies die Voraussetzungen für eine Genugtuung gegeben (Beschwerde S. 2 f.). Zivilansprüche, welche die Beschwerdeführerin adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen könnte, bestehen aber nicht. Zum einen geht aus der Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Y.________ AG vom 12. April 2018 bzw. 7. Mai 2018 betreffend gynäkologische Untersuchung vom 10. Mai 2017 unter anderem hervor, dass die Y.________ AG der Beschwerdeführerin per Saldo aller Ansprüche aus der Untersuchung vom 10. Mai 2017 innert Zweitunterzeichnung der Vereinbarung Fr. 4'000.-- bezahlte (vorinstanzliche Akten, Beweismittel Nr. 5). Zum anderen ist aufgrund der in Frage stehenden Vorwürfe nicht ohne Weiteres ersichtlich, und die Beschwerdeführerin legt dies auch nicht dar, inwiefern die von ihr geltend gemachten Ansprüche zivilrechtlicher und nicht vielmehr öffentlich-rechtlicher Natur sind. Die Beschwerdeführerin wurde vom Beschwerdegegner 2 an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des Inselspitals Bern untersucht. Die ihm vorgeworfenen Handlungen soll der Arzt im Rahmen seiner Tätigkeit an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des Inselspitals Bern begangen haben. Gemäss Art. 34 Abs. 1 des bernischen Spitalversorgungsgesetzes vom 13. Juni 2013 (SpVG/BE; BSG 812.11) stellen die Universitätsspitäler die Versorgung des ganzen Kantonsgebiets mit hoch spezialisierten Spitalleistungen sicher. Als Universitätsspitäler gelten nach Art. 35 SpVG/BE das Inselspital und die Universitären Psychiatrischen Dienste in Bern (UPD). Die beiden Universitätsspitäler sind hinsichtlich der nach KVG und SpVG/BE geregelten Leistungserbringung administrativ der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zugeordnet (Art. 14 der bernischen Spitalversorgungsverordnung vom 23. Oktober 2013 [SpVV; BSG 812.112]). Der Kanton Bern schliesst mit den öffentlich subventionierten Erbringern von Leistungen der Gesundheitsversorgung, namentlich mit den Spitälern, die gestützt auf die Versorgungsplanung auf die Spitalliste aufgenommen worden sind, verwaltungsrechtliche Leistungsverträge ab, womit unter anderem eine gesetzliche Leistungspflicht greift, was auf das Inselspital Bern zutrifft (vgl. Urteil 1B_491/2012 vom 30. November 2012 E. 2.5.2). Der Kanton Bern regelt die Haftung für Schädigungen durch seine Mitarbeitenden im Personalrecht (Art. 100 ff. des bernischen Personalgesetzes vom 16. September 2004 [PG/BE; BSG 153.01]). Nimmt der Kanton seine Aufgaben nicht selbst wahr, sondern überträgt er deren Erfüllung einem rechtlich selbstständigen Dritten, so haben allfällige Geschädigte zunächst diesen zu belangen, wobei unerheblich ist, ob es sich um eine öffentlich- oder privatrechtliche juristische Person handelt (Art. 101 Abs. 1 PG/BE; JÜRG WICHTERMANN, in: Müller/Feller [Hrsg.], Bernisches Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2013, S. 121). Bei nichtgewerblicher Tätigkeit gilt dabei eine ausschliessliche Haftung des Staates bzw. eine vorrangige Haftung der selbstständigen Organisationseinheit mit subsidiärer Ausfallhaftung des Kantons (JÜRG WICHTERMANN, a.a.O., S. 122 f.). Diese Haftung erstreckt sich insbesondere auf die Tätigkeiten der Mitarbeitenden (Art. 100 Abs. 1 PG/BE); deren persönliche Haftung ist ausgeschlossen (Art. 102 Abs. 1 PG/BE). Grundsätzlich keine Anwendung findet das Personalrecht des Kantons Bern für den überwiegenden Teil des Personals der Spitäler, deren Statut in den entsprechenden Leistungsverträgen bzw. in den darin vorgesehenen gesamtarbeitsvertraglichen oder in gleichwertigen Regelungen festgelegt wird. Für Haftungsansprüche finden allerdings weitgehend die entsprechenden Bestimmungen des Personalgesetzes Anwendung. Der Kanton bzw. seine selbstständigen Organisationseinheiten haften für alle Mitarbeitenden unabhängig von der Art und dem Umfang von deren Arbeitsverhältnis. So unterstehen auch Haftungsansprüche im Zusammenhang mit der Erbringung medizinischer Versorgungsleistungen den einschlägigen Bestimmungen des Personalrechts, gelten als solche öffentlich-rechtlicher Natur und sind auf dem Weg des öffentlichen Verfahrens geltend zu machen (siehe Urteil 1B_491/2012 vom 30. November 2012 E. 2.5.2 ff. mit Hinweisen). Die ihm von der Beschwerdeführerin angelasteten Delikte soll der Beschwerdegegner 2 im Rahmen seiner Tätigkeit als Arzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des Inselspitals Bern begangen haben. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Ansprüche erscheinen somit öffentlich-rechtlicher Natur. 
Die Beschwerdeführerin macht im Zusammenhang mit ihrer Legitimation nicht geltend, ihr Strafantragsrecht hinsichtlich der dem Beschwerdegegner 2 vorgeworfenen Straftaten sei beeinträchtigt worden. Somit kann sie auch aus Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG nichts für ihre Beschwerdebefugnis ableiten. 
 
4.   
Die Privatklägerschaft kann mit Beschwerde in Strafsachen ungeachtet der Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 79 f.; 136 IV 29 E. 1.9 S. 40). 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren (Beschwerde S. 11). Da es ihr aber auch bei dieser Kritik nicht um eine formelle Rechtsverweigerung, sondern um eine materielle Überprüfung geht, ob die Nichtanhandnahme gerechtfertigt war, kann auch darauf nicht eingetreten werden. 
 
5.   
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. April 2019 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini